Blockheizkraftwerke suchen ihre Rolle in der Energiewende.
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Ruhige Stimmung kennzeichnet den KWK-Markt
Donnerstag, 19.09.2019
Es ist ruhig geworden um die KWK (Kraft-Wärme-Kopplung). Im Vergleich mit früheren Jahren haben viele Hersteller von BHKW (Blockheizkraftwerken) ihren Auftritt auf der ISH 2019 und der Hannover Messe stark zurückgefahren. Allgemein wirkte die Stimmung bedrückt. Über lange Jahre litt die Branche unter den politischen Unsicherheiten in Bezug auf die Fördersituation, nun ist sie scheinbar auf der Suche nach ihrer Rolle in der Energiewende.
"Die Märkte bleiben weiterhin volatil", so fasste Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems – ein Fachverband des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau), auf der Hannover Messe die Ergebnisse der Mitgliederumfrage "Konjunkturtrend Energieanlagenbau 2019" zusammen. So gebe es zwar leicht positive Trends, doch seien diese bei den thermischen Großkraftwerken außerhalb Europas und bei Industriekraftwerken außerhalb Deutschlands zu verzeichnen. Und es handele sich vor allem um Ersatzanlagen. "Es gibt einen generellen Trend zu dezentralen und erneuerbaren Erzeugungstechnologien", kommentierte Rainer Kiechl, Stellvertretender Vorsitzender von VDMA Power Systems und Executive Vice President von Mitsubishi Hitachi Power Systems Europe, die Umfrageergebnisse.
Um die Transformation des Energiesystems zu einem von erneuerbaren Energien dominierten System mit ausrei-chend gesicherter Leistung zu gewährleisten, benötige der Energiemarkt Klarheit für zukünftige Investitionen. Grundsätzlich müsse Versorgungssicherheit technologieneutral gewährleistet werden. Neben Kapazitäten für erneuerbare Energien würden auch zusätzliche Gaskapazitäten benötigt sowie Effizienz- und Lastflexibilität (auch durch Speicher). "Gleichzeitig wird wohl ein zusätzliches Marktinstrument für gesicherte Leistung gestaltet werden müssen, denn bisher sehen wir nicht, dass rein aus dem Strommarkt motivierte Projekte entstehen", erklärte Kiechl. Darüber hinaus müsse für die KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) die Verlängerung des KWK-Gesetzes bestätigt werden, um einerseits die Effizienz auch in der Wärmeversorgung zu sichern und andererseits auch hier gesicherte Leistung im System zu haben.
Bei Motorenanlagen setze sich global gesehen die positive Marktentwicklung fort, besonders in Nord- und Südamerika sowie auch in Afrika. "Hohe Effizienz, hohe Flexibilität und Modularität passen hervorragend zum Energiesystem der Zukunft", betonte Kiechl. Wie die Umfrageergebnisse gezeigt hätten, halte der positive Trend auch bei den Speichern (ohne Pumpspeicher) an, obwohl sich die Geschäftserwartungen für große Netzspeicher zuletzt deutlich eingetrübt hätten. "Mit der Zunahme erneuerbarer Energien wächst die Bedeutung von Energiespeichern. Insbesondere die Einstufung von Energiespeichern als »Letztverbraucher« belastet Speicherbetreiber jedoch mit Entgelten und Abgaben." In einem zunehmend dezentralen Energiemarkt seien innovative Technologien notwendig, die das Stromsystem flexibler machen, Sektoren intelligent koppeln und neue Marktteilnehmer einbinden.
Doch welche Rolle kann die KWK im Zuge der Energiewende noch einnehmen? Die KWK biete nach wie vor großes Effizienzpotential, unterstrich Zelinger. Damit biete sie sich gerade bei Wärmenetzen an, beispielsweise mit BHKW (Blockheizkraftwerken) bei Quartierslösungen in Neubaugebieten. "Voraussetzung ist aber, dass die Anlagen in Bezug auf den Strommarkt deutlich flexibler werden." Dies betreffe auch den Einsatz der KWK im Einfamilienhaussegment. Einerseits spiele hier in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit bei Privatinvestoren der individuelle Wärmebedarf eine wesentliche Rolle. Andererseits könne die KWK auch hier nur funktionieren, wenn sie mit dem Gesamtsystem interagiert, so Zelinger. "Für einen isolierten, rein statischen Betrieb sehe ich auf Dauer keine Logik." Generell könnten bei kleinen Anlagen eventuell Wärmespeicher mit integrierter Elektroheizung zur Flexibilität beitragen. Aber es müsse auf jeden Fall vermieden werden, dass – solange jedenfalls rein fossiler Brennstoff zum Einsatz kommt – eine beliebig große Kapazität aufgebaut wird, die nicht auf den Strommarkt reagieren kann. Zudem müsste man sich für neue Anlagen, die noch rund 20 Jahre betrieben werden sollen, darauf gefasst machen, dass diese eines Tages auch mit alternativen Brennstoffen mit hohem Bio- oder Wasserstoffanteil zurechtkommen müssen.
Zahlen des BAFA zeigen weiteren Marktrückgang für die KWK auf
Die Unsicherheit über die künftige Rolle in der Energiewende spiegelt sich auch im Marktgeschehen der vergangenen Jahre wider. So informiert das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) regelmäßig über die Zulassung von KWK-Anlagen nach dem KWK-Gesetz. Die Anzahl der beim BAFA zugelassenen neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen, zu denen auch Motor-BHKW zählen, werden nach Größenklassen und Inbetriebnahmejahren differenziert. Zwar sind die ausgewiesenen Zulassungszahlen für 2017 und 2018 nur eingeschränkt aussagekräftig, da nicht alle eingegangenen Anträge abschließend geprüft wurden, doch weisen die bislang (Stand: März 2019) vorliegenden Zahlen schon zwei Trends aus: zum einen war der Markt weiter rückläufig und zum anderen ist davon vorrangig der höhere Leistungsbereich betroffen. Nach bisheriger Erkenntnis konnten demnach die Zulassungszahlen der Boomjahre 2013 und 2014 bei Weitem nicht erreicht werden. Besonders im Megawatt-Bereich wurde kaum Bewegung verzeichnet. Allein die Größenklassen der Mikro- und Mini-KWK (bis zu 50 kW elektrische Leistung) konnten sich sehen lassen, vor allem gestützt durch einen leichten Anstieg im kleinsten Leistungsbereich (bis zu 2 kW elektrische Leistung).
Dies bestätigen denn auch Zahlen des BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie). Konnten die kleinen Anlagen der Mikro- und Mini-KWK den Abwärtstrend im Markt in 2017 durch einen Absatz von knapp 6.000 Anlagen wieder umdrehen, stabilisierte sich in 2018 die Nachfrage bei gut 6.000 Stück. Wobei diese Zahlen nebenbei auch verdeutlichen, dass motorbetriebene BHKW einen weiter rückläufigen Trend aufwiesen. Denn man muss berücksichtigen, dass in den vergangenen beiden Jahren das Fördergeld der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) im Rahmen des Förderprogramms 433 "Energieeffizient Bauen und Sanieren – Zuschuss Brennstoffzelle" zum Tragen kam: So wurden in 2017 über 1.500 Brennstoffzellenheizgeräte und in 2018 etwa 2.500 Brennstoffzellenheizgeräte verkauft.
Bosch Thermotechnik setzt auf den mittleren Leistungsbereich
Die gedämpfte Marktnachfrage bei den Motor-BHKW machte sich, wie schon im Vorjahr, auch in diesem Jahr wieder im Verhalten der Hersteller auf der ISH 2019 und der Hannover Messe bemerkbar. In puncto KWK wurde der Auftritt zum Teil stark zurückgefahren. Teilweise wurde nicht mehr an beiden Messen teilgenommen, einige Hersteller waren gar auf beiden Messen nicht mehr präsent. Bei Bosch Thermotechnik zeigten sich die Auswirkungen der Marktentwicklung sowohl im kleinen als auch im hohen Leistungsbereich. Das Geschäft mit motorbetriebenen BHKW ist bei der Tochter Bosch KWK Systeme konzentriert. Bislang reichte das Angebotsspektrum von 12 kW bis 2 MW elektrische Leistung. Wie auf den Messen zu erfahren war, habe man nun zum einen die beiden Kompaktmodule mit 12 kW und mit 19 kW elektrischer Leistung als auch das komplette Angebot oberhalb von 400 kW elektrischer Leistung eingestellt. Bei Bosch KWK Systeme wolle man sich auf die Fertigung von BHKW-Modulen im mittleren Leistungsbereich fokussieren, sprich von 50 kW bis 400 kW elektrischer Leistung. Die Anlagen würden unter den Marken Bosch und Buderus vertrieben.
Bei dem hohen Leistungsbereich über 400 kW elektrischer Leistung handele es sich überwiegend um projektspezifische Lösungen. "Der Markt für dieses Projektgeschäft ist nicht besonders groß und passt auch nicht wirklich zu unserem Geschäft", erläuterte Uwe Glock, Vorsitzender der Geschäftsführung von Bosch Thermotechnik, die Entscheidung. Und auf die Chancen motorbetriebener BHKW im kleinsten Leistungsbereich angesprochen, sah Glock eine eingeschränkte Marktakzeptanz. Motoren, die Geräusche machen und einen regelmäßigen Ölwechsel benötigten, würden allein schon aus Komfortgründen im Keller eines Einfamilienhauses keine ideale Lösung darstellen. "Endkunden suchen eigentlich eine Heizung, die möglichst störungsfrei und wartungsarm ist, das ist bei einem wartungsintensiven Motor schwierig." Den Bereich Mini-KWK wolle man seitens Buderus über BHKW von EC Power abdecken, was man denn auch bereits bei Buderus auf der ISH 2019 mit einem Exponat deutlich machte.
Und auf der Hannover Messe stellte Bosch KWK Systeme auf dem Themenstand "Dezentrale Energieversorgung" wieder das Konzept "Druckluft und Wärme" statt "Strom und Wärme" in den Fokus. Dazu präsentierte man das Druckluft-Wärme-Kraftwerk CHP CA 570 NA. Druckluft verursache in der Industrie rund zehn Prozent der gesamten Energiekosten. Besteht gleichzeitig Bedarf an Heiz- und Prozesswärme, so biete sich die kombinierte Erzeugung von Druckluft und Wärme an. Dabei werde ein ölgekühlter Schraubenverdichter mit einem Gasmotor kombiniert und fast die gesamte Abwärme nutzbringend an den Heizungskreislauf übertragen.
EC Power bietet Mini-BHKW in Kaskade bis 80 kW
EC Power bot auf der ISH 2019 einen Überblick über das Spektrum ihrer Mini-BHKW-Anlagen vom Typ XRGI. Die maximale elektrische Leistung der Geräte betrage je nach Modell 6, 9, 15 oder 20 kW. Modulierend und kaskadiert könnten sie im Stromerzeugungsbereich von 4 bis 80 kW eingesetzt werden. Trendforscher würden davon ausgehen, dass unsere Wohnungen immer kleiner werden. Damit werde auch der Raum im Keller immer begehrter, Platz für eine Heizung oder ein BHKW werde immer knapper. Als eine Lösung stellte EC Power das Konzept einer externen All-In-One-Energiezentrale vor: das Power House. Es stehe auf einem 200 mm Zementsockel. Aufgestellt werde es auf einem Sandpolster, zusätzliche Fundamentarbeiten entfielen. Das Power House könne individuell zugeschnitten und so den Wärme- und Energiebedürfnissen des Gebäudes angepasst werden. Dazu biete es Platz für die Installation mehrerer Komponenten, beispielsweise ein oder mehrere BHKW, Wärmepumpen, Heizkessel und Lagertanks. Auch die Fassade könne individuell mit Holz, Stein oder Aluzink gestaltet werden. Weiterer Vorteil der externen Energiezentrale: Servicekräfte hätten für Wartung und Service leichten Zugang zur Anlage.
RMB/Energie erweitert ihr Produktspektrum
Zuversichtlich über den Erfolg der KWK zeigte man sich bei der seit 2015 zur Yanmar Group gehörenden RMB/Energie. "Es gibt viele moderne Heizungen, doch keine erzeugt Strom und Wärme so effizient wie ein BHKW", bekräftigte Henning Brake, Geschäftsführer von RMB/Energie. "Durch diese Art der dezentralen Energieversorgung sind unsere neoTower-Produkte ein wichtiger Baustein der Energiewende." Der Einsatz eines BHKW empfehle sich vor allem bei Gebäuden mit höherem kontinuierlichen Wärme- oder/und Strombedarf. Im gewerblichen Bereich sei dies beispielsweise häufig bei produzierenden Unternehmen, bei Hotels, Krankenhäusern, Sporthallen, Schwimmbädern oder Einkaufszentren der Fall, ansonsten aber auch in Mehrfamilienhäusern sowie bei größeren Einfamilienhäusern, wo die Technik auch für den Heizkesseltausch prädestiniert sei.
So hat man das Portfolio überarbeitet und zur ISH 2019 mit dem neoTower 9.5 eine neue Leistungsgröße für die besonders nachgefragte mittlere Leistungsklasse vorgestellt.
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