Packen wir es an – aber wo und wie? Was(?) ist klar: die Wärmewende! Auf dem Forum Wärmepumpe im vergangenen November kamen die notwendigen Strategien zur Sprache. Und dass es schon eine Minute vor Zwölf ist, um noch die Pariser Umweltziele zu erreichen, beziehungsweise, noch entscheidender, ein Umweltdebakel zu vermeiden: eine Klima-Pandemie.
Schach der Klima-Pandemie
Sanierte Gebäudehülle keine Voraussetzung für Wärmepumpen-Einsatz
Dienstag, 16.03.2021
Alle Macht geht vom Volk aus. Das wählt aus seinen Reihen die Vertreter für das Parlament, von dem es erwartet, dass es im politischen Raum Entscheidungen trifft, die ihm eine lebenswerte Umwelt sichern. An den Schalthebeln sitzen allerdings derzeit zu wenig Weichensteller mit Weitblick und Stärke. Auf dem digitalen Forum Wärmepumpe 2020 des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) im November formulierte es Rainer Baake so: „Deutschland hat zwar beschlossen, bis 2050 klimaneutral zu werden, aber die Bundesregierung hat bisher keinen Plan vorgelegt. Es herrscht Orientierungslosigkeit, sprich, es wird in alle möglichen Richtungen marschiert, ohne dass wir schauen, ob die Dinge zusammenpassen.“ Einen Hauptgrund für die Orientierungslosigkeit sieht er in dem massiven Lobbyismus, der an den Berliner Beschlüssen entscheidend mitwirke: „Es laufen eine ganze Reihe von Interessensvertretern durchs Land, die versuchen, unter dem Stichwort »Klimaneutralität« Strategien zu propagieren, die im Endergebnis darauf hinauslaufen, die bestehenden Technologien beizubehalten und lediglich den Brennstoff zu ersetzen. Das kann nicht funktionieren.“
Das Sechsfache
Mit „bestehenden Technologien“ meint Energie- und Umweltexperte Baake unter anderem die bestehenden Strukturen, wie die Zentralität. Und damit die Abhängigkeit von Großversorgern, „die sich als Klimaschützer feiern lassen, wenn sie in einem Kohlekraftwerk die Blöcke alt gegen neu tauschen.“ Im Wärmebereich habe die Gasindustrie vorgeschlagen, Wasserstoff bis an den Hausanschluss zu liefern. Und das wolle sie auch noch subventioniert bekommen. „Wer öffentliche Subventionen verlangt, muss natürlich die Frage nach Kosten und Effizienz einer gebotenen Technologie beantworten. So sieht die Effizienz im Wärmebereich aus: Wenn Sie eine Kilowattstunde Strom vom Windrad nehmen und daraus Wasserstoff herstellen, kommen 50 Prozent am Wärmeerzeuger an. Wenn Sie denselben Strom in eine Wärmepumpe stecken, werden aus einer Kilowattstunde Strom drei Kilowattstunden Wärme.“ Das Sechsfache an Effizienz. „Beim Wasserstoff-Auto wären das, was ankommt, gerade mal 19 Prozent.“
Nun ist Politik immer das Aushandeln eines tragfähigen Kompromisses zwischen allen Interessensgruppen. Rainer Baake kennt sich im politischen Geschäft aus. Unter Jürgen Trittin war der Grünen-Politiker sieben Jahre Staatssekretär im Umweltministerium. Später, als der Energiebereich mit Sigmar Gabriel ins Wirtschaftsressort wechselte, hatte er drei Jahre lang die gleiche Position im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi). Das verließ er 2018, weil er, nach eigenen Angaben, die vertraglich fixierte Klimapolitik der Großen Koalition nicht mittragen wollte. Zwischendurch war er der zentrale Kopf bei Gründung und Aufbau der seit 2012 bestehenden Denkfabrik Agora Energiewende, die wissenschaftlich fundierte und politisch umsetzbare Wege zu den beschlossenen nationalen Klimazielen erarbeitet. Aktuell leitet er als Direktor die seit 2020 tätige Stiftung Denkfabrik Klimaneutralität in Berlin. Die entwickelt unter anderem mit US-amerikanischem Geld Sektor übergreifende Strategien für ein klimagerechtes Deutschland: Träger ist die ebenfalls erst 2020 „von wohlhabenden Amerikanern“ (Baake) gegründete kalifornische Stiftung „Climate Imperative Foundation“ (www.energyinnovation.org).
Die Institution sieht sich als Ergänzung zu Agora: „Aktuell liegt unser Fokus darauf, bis Sommer 2021 eine Roadmap mit konkreten Instrumenten vorzulegen, wie Deutschland klimaneutral werden kann. Unsere Arbeit ist sektorübergreifend, sodass wir zum Teil Bereiche beleuchten, mit denen die Agora sich bislang nicht beschäftigt hat, wie etwa der Landwirtschaft. Grundsätzlich können Sie es so sehen: Wir bringen zusätzliche Kompetenz und Geld zur Finanzierung von wissenschaftlichen Studien mit. Dabei stimmen wir uns eng mit der Agora ab, um Doppelarbeit zu vermeiden und kooperieren in manchen Bereichen zusammen, wie bei der Studie »Klimaneutrales Deutschland 2050«“, so die Antwort auf die Frage, wie sich denn die beiden Baake-Gründungen voneinander unterscheiden.
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