„Erster Punkt: Wir müssen Fehlinvestitionen, wie etwa in neue fossile Kraftwerke, vermeiden.
Zweiter Punkt: Wir müssen die Effizienzen in den Vordergrund rücken und den Primärenergieverbrauch in den nächsten drei Jahrzehnten halbieren.
Dritter Punkt: Wir müssen Strom aus erneuerbaren Energien in anderen Sektoren zur Dekarbonisierung einsetzen, also zum Beispiel Wärmepumpen im Wärmemarkt oder batterieelektrische Autos für die Mobilität.
Vierter Punkt: In den Bereichen, und nur in jenen Bereichen, wo wir keine Alternative haben, wo wir fossile Energien nicht ersetzen können durch Energieeffizienz oder durch den direkten Einsatz von Strom, werden Wasserstoff und aus Wasserstoff hergestellte Brennstoffe eine wesentliche Rolle spielen. Etwa in der Stahlindustrie.“
Es geht auch ohne Sanierung
Was heißen diese Gebote für die nächsten zehn Jahre? Im Zentrum der Studie „Klimaneutrales Deutsch-land“ steht eine Grafik zum Weg von heute bis zur Klimaneutralität im Jahr 2050, mit dem Zwischenziel von 65 Prozent im Jahr 2030. „Sie sehen einen vollständigen Ausstieg aus der Kohleverstromung. Die Kohle darf nicht mehr in der Klimabelastung im Jahr 2030 auftauchen. Wir müssen bis dahin die erneuerbaren Energien massiv ausbauen, Wind an Land auf 80 GW, Offshore 25 GW und PV 150 GW.“
„Im Wärmesektor werden wir fossil betriebene Heizungen im Umfang von ungefähr 6 Mio. Anlagen durch Wärmepumpen ersetzen müssen. Das ist möglich. Die neue Erkenntnis ist ja die, dass die energetische Sanierung nicht mehr der limitierende Faktor für den Einsatz von Wärmepumpen ist. So hat man früher argumentiert. Und wir wissen alle, die Sanierung ist ein sehr mühsames Geschäft. Mittlerweile sind wir aber zu einer anderen Erkenntnis gekommen. Das Fraunhofer-Institut hat den neuesten Stand der Technik sehr genau unter die Lupe genommen und sich in Bestandsgebäuden mit und ohne energetische Sanierung die Performance des Heizens mit Wärmepumpen angeschaut. Klare Aussage: Wir brauchen eben nicht die energetische Sanierung, bevor wir eine Heizung auf der Basis der Wärmepumpentechnologie dort einbauen.“
Enddatum für Fossile
Diese Feststellung eröffne der Politik die Möglichkeit, „zumindest für die Ein- und Zweifamilienhäuser ein Enddatum für den Neueinbau von fossil betriebenen Heizungen zu bestimmen. Ob dieses Enddatum 2023, 2024 oder 2025 ist, muss sorgfältig abgewogen werden. Auf der einen Seite muss man natürlich den Beteiligten genügend Vorlaufzeit geben. Auf der anderen Seite will man natürlich auch nicht, dass jetzt noch alle möglichen Eigentümer und Investoren fossile Energie für ihre Heizung nehmen.“
Die Studie geht in ihrem Hauptszenario davon aus, dass sich in Deutschland die Zahl der betriebenen Wärmepumpen von 1,0 Millionen im Jahr 2020, über rund 6 Millionen im Jahr 2030, auf über 14 Millionen Anlagen im Jahr 2050 erhöht. Matthias Deutsch: „Die eingebauten Wärmepumpen werden im Zeitverlauf aufgrund von technischen Weiterentwicklungen und Optimierungen zusehends effizienter. Die mittlere Jahresarbeitszahl (JAZ) im Segment Wohngebäude steigt von rund 3 im Jahr 2018 auf 3,9 im Jahr 2050. Bei Neubauten liegen dann die JAZ im Mittel bei annähernd 5,5. Ein zunehmender Anteil der elektrischen Wärmepumpen wird flexibel gesteuert und der Betrieb dem Angebot an fluktuierender Stromerzeugung aus Windenergie und Photovoltaik angepasst. Als Speicher dienen dabei einerseits Warmwasserspeicher, wie zum Beispiel Pufferspeicher, andererseits wird auch die Masse der Gebäudehüllen als kurzzeitiger thermischer Speicher genutzt.“ Und der Fortschritt lasse den Wärmepumpen-Einsatz auch in mäßig gedämmten Objekten zu, „sodass mittel- und längerfristig auch bei Vorlauftemperaturen von 50 bis 55 °C Jahresarbeitszahlen von 3,5 oder sogar höher erzielt werden können, wenn die Anlagen fachgerecht eingebaut werden“.