Im Interview: Bernd Quiel, Vorsitzender BVF-Arbeitskreis Technik
- Seite 1
- Seite 2
Schnittstellen bei Flächenheizungen und -kühlungen optimieren
Mittwoch, 17.04.2019
Die Installation von Flächenheizungen und -kühlungen ist nicht zu unterschätzen. Das liegt in der Tatsache begründet, dass es sich hierbei um ein System handelt, bei dem diverse Gewerke zusammenarbeiten müssen. Gelingt dies nicht, sind oft teure Mängel und Ärger die Folgen. Eine klare Struktur, wer für was die Verantwortung trägt, gibt die neu aufgelegte Schnittstellenkoordination für Modernisierungen in bestehenden Gebäuden des Bundesverbands für Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF): Die enthaltenen Checklisten und Protokolle dienen der Dokumentation der einzelnen Planungs- und Arbeitsschritte bis zur Übergabe eines mangelfreien Gewerks. Bernd Quiel, Vorsitzender des BVF-Arbeitskreises Technik, war maßgeblich an der Erstellung beteiligt und steht im Interview mit dem HeizungsJournal Rede und Antwort.
Die BVF-Schnittstellenkoordination für Modernisierungen in bestehenden Gebäuden liegt nun in einer aktualisierten Form vor. 1999 erschien die erste Version. Was war der Beweggrund, solch ein Werk zu erstellen und was hat sich seitdem verändert?
Die Notwendigkeit, sich dem Einsatz der Flächenheizung auch in bestehenden Gebäuden zu widmen, war dem stetigen Zuwachs der Fußbodenheizung in den 1980er- und 1990er-Jahren im Neubau geschuldet. Die gestiegenen Komfortwünsche der Nutzer sind heizungstechnisch eng mit der Fußbodenheizung im Neubau verknüpft. Um dem Markt das Zusammenspiel der unterschiedlichen Gewerke näher zu bringen, ist damals die Schnittstellenkoordination im Neubau entstanden. Diese positive Entwicklung übertrug sich vom Neubau auch auf den Bestand. Im Bestand sind jedoch meist ganz andere Randbedingungen maßgebend für die ordnungsgemäße Erstellung des Gewerks Fußbodenheizung. Diesen besonderen Rahmenbedingungen hat man mit der ersten Ausgabe der Schnittstellenkoordination für bestehende Gebäude im Jahr 2002 Rechnung getragen.
Welche Vorteile bietet die Schnittstellenkoordination bei der Herstellung raumflächenintegrierter Heiz- und Kühlsysteme und für wen ist das Werk gedacht? Gehören auch Endverbraucher zur Zielgruppe?
Aus meiner Sicht gibt es zwei besonders erwähnenswerte Vorteile: Zum einen findet man in diesem Werk die einzelnen Arbeitsschritte chronologisch folgend, die zur Entstehung des Gewerks notwendig sind. Selbst nicht so in der Materie Bewanderte können aufgrund dieser Auflistung das System kennenlernen und den Bauablauf nachvollziehen – Schritt für Schritt.
Den anderen gravierenden Vorteil sehe ich in der Herstellerneutralität. Ähnlich wie im Normenwesen werden das System und die einzelnen Gewerke unabhängig vom Hersteller/Produzenten beschrieben. Nur so hat sich das Werk den Status nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik erarbeitet.
Die breite Entwicklung der Fußbodenheizung sollte zunächst Planern und dem verarbeitenden Handwerk dienen. Mit den eingearbeiteten Normvorgaben und allgemeinen Hinweisen haben sie ein fundiertes Arbeitspapier an der Hand. Der Endverbraucher ist, damals wie heute, nicht Teil der Zielgruppe. Allerdings kommt er auf der Suche nach Informationen zur Flächenheizung mit der frei zugänglichen Schnittstellenkoordination über die BVF-Website in Kontakt und informiert sich ausführlich.
Die aktuelle Fassung hat 230 Seiten. Kritische Stimmen sagen, dass das zu viel sei und niemand Zeit hätte, alles zu lesen. Was würden Sie dem entgegnen?
Die zunehmende Anzahl von Anbietern von Flächenheizungen bedingen ein erweitertes Systemangebot. Das spiegelt sich in der erweiterten Systemvielfalt wider. Parallel dazu entwickelten sich auch die daran beteiligten Gewerke, wie zum Beispiel Estriche, Bodenbeläge und deren Verarbeitung. Das alles auf dem aktuellen Stand der Technik zu halten, dazu bedarf es Platz. So ist die Seitenzahl zwar enorm gestiegen, aber die Übersichtlichkeit ist geblieben. Jedes System kann für sich einzeln betrachtet werden, plus zwei oder drei Protokolle, mehr ist nicht notwendig. Das sind im Schnitt 15 von den 230 Seiten. Ein Umfang, der jedem zuzumuten ist, um ein ordnungsgemäßes Gewerk abzuliefern. Die allgemein gefasste Einleitung muss nicht jedes Mal ausgedruckt werden. Diejenigen, die sich mit Flächenheizung und -kühlung beschäftigen, sollten die zugehörigen Normen kennen oder wenigstens solche Essenzen wie die Einleitung.
In den letzten Jahren haben auch Wand- und Deckenheizungen an Bedeutung gewonnen. Sind diese ebenfalls in der Neuauflage vertreten?
Wie schon erwähnt, treten bei Fußbodenheizungen im Bestand oft nicht kalkulierbare Überraschungen auf, im Besonderen aus dem Untergrund. In den Protokollen ist hierfür das Kapitel "die Bestandsaufnahme" zuständig. Die fehlende Aufbauhöhe oder der alte (Holz-)Bodenbelag, der weiter genutzt werden soll, sind oft ein weiteres Kriterium, um die Ausrichtung zu wechseln.
So ist die Wandheizung als Alternative zur Fußbodenheizung entstanden. Um dem Rechnung zu tragen, ist die Fußbodenheizungsnorm um die Wandheizung erweitert und auch in die Schnittstellenkoordination aufgenommen worden. Die Umsetzung ist wohl aus Gewohnheiten sehr zaghaft angelaufen, heutzutage wird sie aufgrund der niedrigen spezifischen Heizlasten viel öfters eingeplant. Die Klimaentwicklungen des letzten Jahrzehnts rücken die Ausrichtung "Decke" verstärkt in den Vordergrund, wobei nicht die Heizung, sondern die moderate Kühlung interessant ist. Ein System, zwei Möglichkeiten und das noch ohne raumlufttechnische Zusatzmittel.
Man muss aber auch sehen, dass zur klassischen Konstruktion "Rohre direkt an der Decke im Putz" mehrere abgehängte Varianten hinzugekommen sind. Nicht nur andere Normen, sondern auch andere Gewerke sind jetzt mit im Boot. Um dies anwendungsfreundlich aufzuarbeiten, wurde im BVF der neue Arbeitskreis "Decke" gegründet.
Weiterführende Informationen: https://www.flaechenheizung.de
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!