Erneuerbare Energien

Solar-Keymark-Kollektorerträge sind faires Kriterium

Kritik der Kritik…

Dienstag, 13.09.2016

Seit 1.4. 2015 gibt es alternativ zur vertrauten Bruttokollektorflächen-Förderung für große Solarthermieanlagen auch eine ertragsabhängige Förderung im MAP und seit 1.9. 2015 hat sich als Antwort auf das europäische ErP-Label, das thermische Kollektoren zu indifferenten Anhängseln von Kesseln zur Verbesserung derer Label herabsetzt, ein freiwilliges Kollektoreffizienzlabel etabliert [1]. Beides beruht auf dem sogenannten ACO (Annual Collector Output) aus Datenblatt 2 der Solar-Keymark-Kollektorzertifikate.

Mit der Solar-Keymark (SK)-Zertifizierung hat sich ein weltweit anerkanntes Instrument zur Angabe standardisierter Kollektorjahreserträge etabliert. Standardisiert sind dabei die Betriebstemperaturen, Standortwetterdaten, Ausrichtung, Wasser als Betriebsmittel und ein Mindestbedarf, bei dem die gesamte Einstrahlung genutzt wird. Das dazu von allen Testinstituten einheitlich verwendete Werkzeug heißt „ScenoCalc“ und ist frei im Internet verfügbar, so dass von jedermann auch der Jahresertrag beliebiger Standorte, beliebiger Temperaturen und beliebiger Ausrichtung einheitlich und eindeutig bestimmt werden kann [2].

Das freiwillige „SOLERGY“- Kollektorertragslabel.
Quelle: Ritter XL Solar GmbH
Das freiwillige „SOLERGY“- Kollektorertragslabel.

Die Etablierung einer ertragsabhängigen MAP-Förderung und des Kollektorertragslabels erfährt den erbitterten Widerstand der großen Heizungskonzerne. Das dabei verwendete Hauptargument, man dürfe Kollektoren entweder gar nicht oder nur im System vergleichen, muss jedoch als ziemlich heuchlerisch entlarvt werden. Die Gegner von solarthermischer Effizienz- und Ertragstransparenz argumentieren schon immer, dazu müsse man die Systemerträge, das ist de facto nichts Komplizierteres als die Primärenergieersparnis, messen – wissend, dass beim Betrieb mit Glykol bereits die Messung von Kollektorerträgen nur sehr aufwändig und fehlerhaft möglich ist, geschweige denn der Primärenergieersparnis im System. Man kann dies scheinheilig getrost zu bedenken geben, solange diese Option ewig in weiter Ferne ruht.

Das Paradoxe dabei besteht in Folgendem:

  1. Grundsätzlich werden beim standardisierten SK-Kollektorertrag gegenüber dem Systemertrag Kollektoren umso besser gestellt, je ertragsschwächer sie sind. Denn alle ungefähr gleich dimensionierten Kollektoranlagen haben in absoluten Zahlen auch etwa die gleichen, nicht unerheblichen Wärmeverluste über ihre Rohre, Armaturen und Speicher. Weniger effiziente Kollektoren schneiden deshalb im System nach Abzug der Verluste automatisch sowohl absolut und erst recht prozentual noch schlechter ab.

  2. Das Dilemma weniger effizienter Kollektoren besteht darin, dass dies vor allem unter anspruchsvollen Bedingungen gilt, also bei suboptimalem Wetter, niedrigen Außentemperaturen, hohen Speichertemperaturen und bei Starkwind. Kompensiert man dies mit mehr Kollektorfläche, liefert die größere Anlage im Sommer bei wenig Wärmebedarf mehr Überschüsse als die effizientere kleinere, so dass mit den Kollektoren auch Rohre, Speicher usw. größer ausgelegt werden müssen. Dann hat diese insgesamt größere Anlage aber automatisch größere Verluste als die kleinere Anlage mit den effizienteren Kollektoren.

  3. Der SK-Kollektorertrag stellt automatisch auch Glykol-Systeme besser. Erstens müssen diese größere Rohre verwenden als Wassersysteme, zweitens brauchen sie immer einen Solarwärmeübertrager und stärkere Pumpen und drittens sind mit Glykol höhere Absorbertemperaturen notwendig, was den Wirkungsgrad senkt. Nur um eine Dimension größere Rohrdurchmesser haben den doppelten Leitungsinhalt und die knapp anderthalbfache Oberfläche gegenüber Wassersystemen, woraus deutlich größere Wärmeverluste folgen, denn die meisten Verluste entstehen beim Aufwärmen am Morgen und nach dem Abschalten am Abend.

Deshalb erscheint es unlogisch, wenn sich ausgerechnet Verfechter von Glykolsystemen gegen die Kollektorertragsvergleiche mit Hinweis auf deren Unzulänglichkeit gegenüber Systemvergleichen wehren, denn ein Systemvergleich wäre für sie nur noch nachteilhafter. Sofern sie nicht weiterhin jeden Ertragsvergleich vermeiden können, müssten sich auch die Verteidiger weniger effizienter Kollektoren grundsätzlich eher für Kollektor¬erträge einsetzen und die Vertreter der effizientesten Kollektoren für Systemerträge. Wenn sich aber die Lobby der stärksten Kollektoren für den standardisierten Kollektorertrag einsetzt, kommt sie allen leistungsschwächeren Kollektoren sowie Glykolsystemen pragmatisch weit entgegen, damit es wenigstens überhaupt erst einmal zu einer Ertrags- und Effizienz-diskussion in der Solarthermie kommt.

Von Rolf Meißner
Leiter Forschung & Entwicklung, Ritter XL Solar
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