Das Haus als Tankstelle
Der Strom aus der Photovoltaikanlage wird auch für das Elektroauto genutzt. Die Familie fährt damit rund 7.000 km im Jahr. In zehn bis elf Monaten tankt sie ausschließlich Solarstrom. Das Elektroauto und die Ladesäule hat die envia Mitteldeutsche Energie AG zu Forschungszwecken zur Verfügung gestellt. Im Rahmen der Forschung hat der Energieversorger und -dienstleister auch den Wärmespeicher in dem Haus, das als Büro genutzt wird, mit dem "power-to-heat"-Prinzip bewirtschaftet.
"Ein Haus als Tankstelle für Solarstrom: Das ist die Zukunft", betont Leukefeld. Mit kleinen Extras leistet er weitere Beiträge zum Klimaschutz. So gibt es beispielsweise für jedes Haus eine eigene Brunnenwasser-Versorgung für das WC und die Gartenbewässerung.
"Um eine möglichst hohe Gesamtenergie- und Kosteneffizienz eines Gebäudes zu erreichen, wird die Kopplung der Sektoren Strom, Wärme und Mobilität in den eigenen vier Wänden in Zukunft eine wichtige Rolle spielen", lautet ein Fazit in dem Abschlussbericht der TU Bergakademie Freiberg. Die Forscher kommen aber auch zu diesem Schluss: "Für eine bessere Wirtschaftlichkeit werden zukünftig bei Mehrfamilienhäusern wahrscheinlich nicht einzelne Konzepte von Niedrigenergiehäusern den Wohnungsmarkt dominieren, sondern es wird der Zusammenschluss mehrerer Gebäude zu einem Quartier an Bedeutung gewinnen." An genau diesen Einsatzgebieten arbeitet Leukefeld bereits.
Energieautarke Mehrfamilienhäuser als weiterer Schritt
Mit seinen Plänen haben die Wohnungsgenossenschaft eG Wohnen 1902 in Cottbus und die Spar- und Baugesellschaft eG in Wilhelmshaven die ersten energieautarken Mehrfamilienhäuser Deutschlands gebaut. Trotz des unterschiedlichen Baustarts waren die drei Gebäude alle im vergangenen Dezember bezugsbereit.
Mit 96 m² Solarkollektoren, einem 20-m³-Langzeitwärmespeicher, einer PV-Anlage mit 28,8 kW Leistung und zwei Solarstrom-Akkus mit jeweils 22 kWh Speicherkapazität können im Wilhelmshavener Mehrfamilienhaus rund 70 Prozent des Energiebedarfs für Wärme und Strom solar gedeckt werden. Der PV-Strom kann auch für das Beladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden.
Durch den hohen solaren Deckungsgrad sind die Energiekosten niedrig und langfristig kalkulierbar. Die Wohnungsgenossenschaft an der Nordsee hat sich deshalb zu einem neuen Vermietungskonzept, das ebenfalls von Leukefeld entwickelt wurde, entschlossen. Ihre Mieter zahlen keine Betriebs- und Heizkosten, sondern eine verbrauchsunabhängige Pauschalmiete von 10,50 Euro je Quadratmeter und Monat. Das ist ein Novum in Deutschland. "Mit den Mietern wurden auskömmliche Verbrauchsobergrenzen vereinbart", räumt Peter Krupinski, Vorstandsmitglied der Spar- und Baugesellschaft, ein. Für Strom und die Heizung liegt die Obergrenze bei jeweils 3.000 kWh pro Jahr, beim Wasser beträgt sie 100 m³ im Jahr. Darüber hinausgehende Verbräuche würden individuell abgerechnet – Displays in den Wohnungen zeigen den Mietern ihre Verbrauchsdaten tagesaktuell an.
Die eG Wohnen bietet ihren Mietern eine Pauschalmiete mit "Energieflatrate" in der gleichen Höhe an. Das Unternehmen hat zwei solcher Gebäude mit jeweils sieben Wohnungen und einem ganz ähnlichen Energiekonzept gebaut. Hier geben die Solarthermieanlagen im Sommer aber auch noch Solarwärme in ein benachbartes Quartier ab. Über eine mangelnde Nachfrage kann Timo Leukefeld sich also nicht beklagen. Allein für 2019 hat er Planungsaufträge für energieautarke Gebäude mit 180 Wohneinheiten und drei Gewerbeobjekte.