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Wärme

Solarthermie im energieautarken Haus

Freitag, 12.12.2014

Energieautarkes Haus versus Passiv-, Plusenergie- und Nullenergiehaus

Im Gegensatz zu dem energieautarken Haus gehen viele andere geläufige Energiekonzepte, wie das Passiv-, Plusenergie-, Nullenergiehaus, einen grundsätzlich anderen Weg. Ihr Effizienzansatz lautet: wenig Wärme verbrauchen – und den verbleibenden Heizbedarf mit Strom decken.

Dementsprechend setzen sie darauf, mittels hoher Investition in die Gebäudehülle, Heizenergie einzusparen. Die trotz allem benötigte Heizenergie decken sie zumeist über eine Luft/Wasser-Wärmepumpe, also mit Strom.

Häufig sind diese Gebäude mit einer Photovoltaikanlage ausgestattet. Naturgemäß erzeugt diese den meisten Strom im Sommer. Antizyklisch dazu benötigt die Wärmepumpe den meisten Strom im Winter, was den Stromverbrauch in dieser Zeit häufig um das zwei- bis fünf­fache ansteigen lässt. Ein öffentlicher Strom­anschluss ist daher zwingend. Über diesen Anschluss wird überschüssiger Solarstrom ins Netz eingespeist und an die Energieversorger verkauft. Um die Wärmepumpe zu betreiben, muss der Strom vor allem im Winter aus dem Versorgungsnetz wieder entnommen werden.

Je nachdem, wie viel Strom die Photovoltaikanlage jährlich erzeugt, spricht man für den Fall, dass die jährliche Strombilanz auf dem Papier ausgeglichen ist, von einem Nullenergiehaus; wenn es eine Überschussproduktion gibt, von einem Plusenergiehaus. Physikalisch handelt es sich hier um das Phänomen einer "saisonalen Illusion".

Wegen des Antizyklus von Stromerzeugung und -verbrauch und des damit einhergehenden notwendigen Anschlusses an die öffentliche Stromversorgung, ist tatsächliche Autarkie nicht möglich. Bei Stromausfall gibt es keine Versorgung. Selbst die eigene Photovoltaikanlage auf dem Dach schaltet sich, gemäß den Vorschriften für netzgekoppelte Solarstromanlagen, ab.

Die strombasierten Heiz-Konzepte erhöhen wegen des Antizyklus darüber hi­naus den Überfluss im Sommer, im Winter indes den Mangel (Bedarf der Wärmepumpen). Die Energieversorger müssen, um den hohen Energiebedarf im Winter zu decken, den fossilen Kraftwerkspark hochfahren. Der erhöhte Bedarf kann, aufgrund der typischen, sechs bis acht Wochen währenden Windflaute, mittels erneuerbarer Energien nicht gedeckt werden.

Im Gegensatz dazu entlastet das Energiekonzept der beiden Gebäude in Freiberg die öffentlichen Stromnetze und begründet auf diese Weise nicht nur die Freiheit und Unabhängigkeit seiner Bewohner, sondern ist der Allgemeinheit von Nutzen.

Speicher nutzt der Allgemeinheit

Die Bauherren und Solarexperten ­gehen sogar noch einen Schritt weiter: sie kooperieren mit den regionalen Ener­gieversorgern und stellen diesen den Warmwasserspeicher eines Gebäudes zur Lagerung von Energieüberschüssen zur Verfügung.

Der Wärmespeicher wurde (testweise) mit einer Elektroheizpatrone ausgestattet, den die Versorger für ihr Energiemanagement nutzen können. Die Stadtwerke Freiberg praktizieren dieses Prinzip bereits mit einem riesigen Pufferspeicher (3.200 m³) innerhalb ihres Fernwärmenetzes. Wie ein großer "Tauchsieder" erwärmt die Elektroheizpatrone das Wasser in dem Pufferspeicher. Strom wird so zu Wärme.

Die Vorteile liegen auf der Hand: Energieaufkommen und -verbrauch sind häufig antizyklisch. Produzieren fluktuierende alternative Stromerzeuger, wie zum Beispiel Windkraftanlagen, zu viel Strom, bleibt den Versorgungsunternehmen meist nur, diese abzuschalten. Dennoch muss in diesen Fällen die Einspeisevergütung gezahlt werden, obwohl sie keinen Strom für ihre Kunden haben. Das bedeutet für die Versorger "doppelte"Kosten, ohne jeden Nutzen.

Die Speicherkapazität des Freiberger Hauses ermöglicht es den Stadtwerken, im Winter bis zu 550 Kilowattstunden als Wärme einzulagern. Dies hat gleich mehrere Vorteile: Die Windkraftanlagen können weniger gedrosselt werden und die Versorger können den Bewohnern die Wärme, die mittels dieses Stroms von der Elektroheizpatrone erzeugt wird, verkaufen. Den Hausbewohnern kommt die Energie zu gute; sie brauchen den Kamin­ofen seltener einzuheizen. Dies führt zu einer Kosten- und Arbeitsersparnis. Auch Elektrospeicher und Akku des E-Mobils sollen zukünftig von außen angesteuert werden.

Die Vision der beiden Energieexperten macht auch an dieser Stelle nicht Halt: in einem nächsten Schritt stellen sie sich vor, dass die Energieversorger einen Anteil des Gewinns, den sie durch die Einlagerung oder die Entnahme von Energie erwirtschaften, auf die Hauseigentümer, die in den Speicherplatz investieren, umlegen. Statt über staatliche Subventionen, werden auf diese Weise echte ­Anreize geschaffen, sich bei der Entscheidung für ein Hausmodell in die allgemeine Versorgungslage aktiv mit einzubringen.

Bezahlbare Unabhängigkeit durch energieautarkes Haus

Der Prototyp des energieautarken Hauses wurde von einer Projektgruppe der Helma Eigenheimbau AG unter Leitung von Prof. Timo Leukefeld entwickelt. Mit 161 m² Wohnfläche kostet es schlüsselfertig 398.000 Euro (inkl. Bodenplatte, ohne Keller und ohne Grundstück).

In Bezug auf Gesamtkosten, tatsächliche Autarkie und niedrigen Primärenergieverbrauch ist das eine revolutionäre Entwicklung im Markt. Andere Modelle, die sich in einem weiten Rahmen energetisch selbst versorgen, liegen preislich deutlich höher: zum Beispiel das "Effizienzhaus Plus" in Berlin mit Projektkosten von etwa 2,5 Millionen Euro oder das "Haus der Zukunft E-lab" in Stuttgart mit Projektkosten von etwa 5 Millionen Euro.

Ausdrückliches Ziel des Projektes ist es, vielen Menschen eine bezahlbare Alternative im Neubaubereich zu bieten und bei Wärme- wie bei Stromerzeugung auf die Nutzung des krisensicheren Rohstoffs Sonne zu setzen.

Die Bewohner erreichen größtmögliche Unabhängigkeit von Öl, Gas und Strom und den damit einhergehenden Preissteigerungen. Sie entscheiden sich gegen den Verbrauch endlicher Ressourcen und für eine Kultur des Gebrauchens.

Neben der tatsächlichen Unabhängigkeit bietet ein energieautarkes Haus seinen Bewohnern ein hohes Maß an Sicherheit. Zum einen sorgen Speicher und intelligente Verbrauchssteuerung dafür, dass das Gebäude selbst bei Stromausfällen weiterhin zuverlässig mit Energie versorgt ist.

Zum anderen bieten die Häuser eine sichere und werthaltige Altersvorsorge: In Zukunft verlieren Einnahmen immer mehr an Wert. Die Kaufkraft generell, somit auch die der Einnahmen aus dem Verkauf von selbst erzeugtem Strom, geht zurück. Ursachen dafür sind neben der Inflation die steigende Besteuerung und die sinkende Einspeisevergütung.

Einsparungen indes werden in Zukunft den Lebensstandard sichern. Bewohner eines energieautarken Hauses sparen derzeit jährlich rund 5.000 Euro an Kosten für Heizung, Strom und Mobilität. Dieser Betrag steuerfreier Einsparungen, durch die vollständige Eigennutzung der selbst erzeugten Energie, steigt proportional mit der jährlichen Energiepreissteigerung. Die Kaufkraft gewinnt auf diese Weise an Wert.

Das Diagramm zeigt, wie die Kaufkraft bei Einsparungen gewinnt.
Quelle: Prof. Timo Leukefeld
Die Kaufkraft gewinnt bei Einsparungen.

Um dieses Modell noch mehr Menschen zugänglich zu machen, arbeiten die Projektentwickler derzeit an verschiedenen Adaptionen. Ein teilautarkes Modell verspricht geringere Baukosten als das vollständig energieautarke Haus.

Entsprechend konzipierte Mehrfamilienhäuser bieten Vermietern den Vorteil, über Jahre stabile Warmmieten auszuhandeln. Gleichzeitig bleiben Mieter von der Umlage hoher Wartungs- und Folgekosten verschont. Darüber hinaus sollen die vielen Bestandsgebäude, deren energetische Sanierung ansteht, in dieses Konzept mit einbezogen werden.

Von Timo Leukefeld
Gründer und Inhaber Firma Timo Leukefeld – Energie verbindet
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