Licht und Schatten kennzeichnen die Entwicklung bei stationären Brennstoffzellen für den Einsatz zur Hausenergieversorgung. Nach Ceramic Fuel Cells und Hexis hat mit Viessmann ein weiterer Anbieter mit der Markteinführung begonnen. Buderus und Junkers wollen im kommenden Jahr folgen. Mit Solidpower ist zur Hannover Messe ein neuer Anbieter hinzugekommen. Während Vaillant und Elcore weitere Fortschritte verzeichnen können und Baxi Innotech mit einem neuen Systempartner aufwartet, befand sich Ceramic Fuel Cells Ende März überraschend in einem vorläufigen Insolvenzverfahren.
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Stationäre Brennstoffzellen mit Licht und Schatten
Anlagen für die Hausenergieversorgung suchen ihren Markt
Donnerstag, 28.05.2015
Die deutsche Brennstoffzellenindustrie hat inzwischen einige 100 Notstromversorgungsanlagen, über 1.000 Brennstoffzellenheizgeräte und mehrere 10.000 portable Brennstoffzellen zur netzunabhängigen Stromversorgung von Freizeitfahrzeugen und Sicherheitstechnik auf den Markt gebracht, gab die VDMA Arbeitsgemeinschaft Brennstoffzellen (VDMA AG BZ) – ein Industrienetzwerk für gut 60 Hersteller von Brennstoffzellen-Systemen und -Komponenten in Deutschland – anlässlich ihrer Mitgliederversammlung Anfang April bekannt. "Es gilt nun, den Markthochlauf zu beschleunigen", bekräftigt der Vorsitzende Dr. Manfred Stefener (Elcore). Dazu brauche die Industrie verlässliche Rahmenbedingungen und eine möglichst geschlossene Lieferkette.
Die Umsätze der Brennstoffzellenindustrie in Deutschland mit kommerziell verfügbaren Brennstoffzellen-Heizgeräten und Stromversorgungsanlagen waren in 2014 mit 70 Mio. Euro noch moderat. Doch der VDMA erwartet für das laufende Jahr ein Wachstum von 80 Prozent. Die Brennstoffzellenindustrie könne daher optimistisch voraus blicken. "Im laufenden Jahr rechnen wir allein mit Brennstoffzellen zur Stromerzeugung mit einem Umsatzvolumen in dreistelliger Millionenhöhe", erklärt Stefener wenige Tage später auf der Hannover Messe. Doch gebe es gegenüber früheren Prognosen Verzögerungen bei der kurz- bis mittelfristigen Technologieeinführung. Die Unternehmen erwarten für 2020 nun einen von 2,0 Mrd. Euro leicht auf 1,8 Mrd. Euro reduzierten Branchenumsatz.
Die Zahl der aktuell Beschäftigten in der deutschen Brennstoffzellenindustrie decke sich hingegen mit den Erwartungen. "Bereits in 2015 arbeiten etwa 1.900 Menschen in der Brennstoffzellenindustrie. Bis zum Jahr 2020 können allein mit Brennstoffzellen für stationäre Anwendungen und spezielle Märkte in Deutschland knapp 5.000 Menschen beschäftigt werden", betont Johannes Schiel, Geschäftsführer der VDMA AG BZ. Hier war man zuletzt noch von etwa 6.000 Beschäftigten in 2020 ausgegangen. Transportanwendungen sind bei der Umfrage noch nicht berücksichtigt.
Die Technologien sind weitgehend ausgereift und die Kosten bereits deutlich gesunken, unter anderem dank der Unterstützung durch das Nationale Innovationsprogramm für Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien (NIP) der Bundesregierung. „Für den erfolgreichen Sprung zur Serienfertigung braucht die Brennstoffzellenindustrie verlässliche Rahmenbedingungen zur weiteren Kostensenkung und Systemoptimierung – auch jenseits des aktuellen NIP“, betont Stefener. "Systemhersteller und Lieferanten stehen wie Anwender und Betreiber für weitere Investitionen bereit."
Über das NIP wurden seit 2007 gemeinsam von Politik und Industrie 1,4 Mrd. Euro bereitgestellt und zahlreiche Demonstrationsvorhaben realisiert. Unter anderem konnte in der Hausenergie- und der Bordstromversorgung in Deutschland der Übergang von Prototypen zu Kleinserien umgesetzt werden. "Das Etappenziel, Alltagstauglichkeit und technologische Marktfähigkeit in Häusern und Fahrzeugen nachzuweisen, wurde erreicht", so der VDMA. "Nun gilt es, die zweite Etappe bis zum kommerziellen Marktdurchbruch zu organisieren."
Im Zentrum der künftigen Forschungs-, Entwicklungs- und Demonstrationsaktivitäten stehe die Kostenreduktion der Systeme. Für die Fortsetzung des NIP sind laut VDMA zusätzlich befristete, degressiv gestaltete und an Zielen orientierte Markteinführungsinstrumente erforderlich. Ziel der Weiterentwicklung des NIP sei die sukzessive Technologieeinfüh-rung von Brennstoffzellentechnologien in energie- und volkswirtschaftlich entscheidenden Bereichen. Mit den Erfahrungen des NIP könnte bei Brennstoffzellen für stationäre Energieversorgung mit Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) bis zum Jahr 2025 der Meilenstein von mehr als 0,5 Mio. Brennstoffzellenheizgeräten und damit tragfähige Geschäftsmodelle erreicht werden. "Brennstoffzellen werden so zur tragenden Säule der Energiewende 2.0 in Deutschland."
In den nächsten zehn Jahren würden Unternehmen in Deutschland entsprechend dem Commitment im Maßnahmenkatalog für das Folgeprogramm NIP 2.0 für den Zeitraum 2016 bis 2025 mindestens 2 Mrd. Euro in die Forschung & Entwicklung, Demonstration sowie den Markthochlauf investieren. Die im Koalitionsvertrag angekündigte Weiterführung des NIP werde mit der Umsetzung helfen, die Serienfertigung in Deutschland für den Heimmarkt und Exportmärkte aufzubauen.
Maßgeblich zur Marktvorbereitung habe der Praxistest Callux beigetragen, berichtet die Initiative Brennstoffzelle (IBZ).
Aktuell sei rund jede zweite in Deutschland installierte Brennstoffzelle für die Hausenergieversorgung ein Projekt von Callux. Der Praxistest, der bis Mitte 2016 läuft und an dem die Hersteller Baxi Innotech, Hexis und Vaillant sowie die Energieversorger EnBW, E.On, EWE, MVV Energie und VNG – Verbundnetz Gas teilnehmen, zeichne für bislang fast 500 der rund 1.000 in Deutschland installierten Geräte verantwortlich.
Wie die IBZ im Vorfeld der Hannover Messe betont, wurden die Anlagen bei Callux neben der herkömmlichen wärmegeführten Betriebsweise auch stromgeführt eingesetzt und zusammen mit der Callux-Box zur Fernsteuerung auch in virtuellen Kraftwerken erprobt. "KWK-Anlagen auf Brennstoffzellenbasis erfüllen so eine wichtige Aufgabe für die Energiewende: Die innovativen Anlagen lassen sich bei Bedarf, wenn regenerative Energieerzeuger nicht genügend Strom zur Verfügung stellen, zur Netzstabilisierung und als Stromlieferant zuschalten." Zusätzlich zur Praxisdemonstration habe Callux auch Themen wie Schulung, Marktforschung und Kommunikation verfolgt. "Für Hauseigentümer ist es faszinierend, den eigenen Strom zu erzeugen", erläutert Callux-Sprecher Alexander Dauensteiner (Vaillant). "Brennstoffzellen-Heizgeräte sind ausgereift, gut positioniert, benötigen aber zur Markteinführung mehr staatliche Unterstützung in Form eines Technologieeinführungsprogramms."
Dies sieht Walter Bornscheuer, Leiter Technologie der Viessmann Group, ähnlich. Derzeit fehlten verlässliche politische Rahmenbedingungen. Seit Sommer vergangenen Jahres bietet Viessmann das in Kooperation mit dem japanischen Unternehmen Panasonic entwickelte Brennstoffzellen-Heizgerät Vitovalor 300-P im Markt an – Zielgruppe sind Besitzer von Ein- und Zweifamilienhäusern.
Doch bis zur Messe ISH wurden nur weniger als 100 Anlagen verkauft. Man hatte sogar mit Radiowerbung versucht, das Produkt bei den Endkunden bekannter zu machen. Die Technologie brauche noch Anschub. Das Unternehmen habe jetzt den Brutto-Endkundenlistenpreis von rund 26.000 Euro auf unter 20.000 Euro gesenkt, um die Attraktivität zu steigern.
Bei dem Gerät handele es sich um "sichere und erprobte Technologie". Seit sieben Jahren sei das Brennstoffzellenmodul in Japan im Einsatz, über 50.000 Anlagen wurden mittlerweile installiert. Das Brennstoffzellenmodul hat eine elektrische Leistung von 750 W und eine thermische Leistung von 1 kW. Der elektrische Wirkungsgrad wird mit 37 Prozent angegeben. Der integrierte Spitzenlastkessel mit Gasbrennwert schaltet sich bei erhöhtem Wärmebedarf mit einer thermischen Leistung von 5,5 bis 19 kW hinzu.
Mit dem KWK-System spare der Immobilienbesitzer im Vergleich zu einem Gasbrennwertkessel und dem üblichen Bezug von Netzstrom bis zu 40 Prozent seiner Energiekosten ein – und reduziere nebenbei die CO2-Emissionen um rund 50 Prozent. Die "stromerzeugende Heizung" produziere im Tagesverlauf bis zu 15 kWh Strom, mit dem ein Großteil des Bedarfs im Haushalt gedeckt werden kann. Die bei der Stromerzeugung in der Brennstoffzelle gleichzeitig anfallende Wärme wird der Heizung oder Trinkwassererwärmung zugeführt.
Bei dem Brennstoffzellenmodul handelt es sich um eine mit Erdgas betriebene PEM-Brennstoffzelle (Polymerelektrolytmembran). Sie ist für eine Lebensdauer von mindestens 60.000 Betriebsstunden ausgelegt, was einem Zeitraum von etwa zehn Jahren entspricht. Für die Installation besteht das Vitovalor 300-P aus zwei Einheiten, dem Brennstoffzellenmodul und dem Spitzenlastmodul, die sich separat einbringen lassen und zusammen nur 0,65 m² Aufstellfläche beanspruchen. Beide Module sind komplett vormontiert. Es müssen nur noch ein Erdgasanschluss, eine Abgas-/Zuluftleitung, Heizungsvor- und -rücklauf sowie die Trinkwasserleitungen angeschlossen werden. Hinzu kommt noch der elektrische Anschluss für den Bezug von Strom bzw. für die Netzeinspeisung des erzeugten Stroms.
Viessmann empfiehlt für das Gas-Brennwertgerät eine Wartung im Zweijahres-Rhythmus. Ebenfalls alle zwei Jahre sei die Brennstoffzelle zu warten. Die dabei anfallenden Tätigkeiten würden sich auf den Austausch des Luft- und des Wasserfilters beschränken. Die Einrichtung zur Entschwefelung des Erdgases für die Brennstoffzelle sei wartungsfrei.
Als Ergänzung des Vitovalor 300-P bietet Viessmann für mehr Unabhängigkeit vom Stromnetz auch einen wandhängenden Stromspeicher mit Lithium-Ionen-Zellen. Bei einer Speicherkapazität von bis zu 5,5 kWh und einer möglichen Entladetiefe von 90 Prozent stünden 4,95 kWh nutzbare elektrische Energie zur Verfügung. Ein integriertes Batteriemanagement regelt die Lade- und Entladevorgänge. Ausgelegt auf mindestens 5.000 Ladezyklen sei ein Speicherbetrieb für die Dauer von bis zu 20 Jahren gewährleistet. Bei einem Ausfall der öffentlichen Stromversorgung ergänze der Stromspeicher die Stromversorgung durch das Mikro-KWK-System.
Viessmann ist über ein Jointventure mit der Schweizer Stiftung für Kunst, Kultur und Geschichte auch zu 50 Prozent an Hexis beteiligt. Das auf SOFC (Festoxid-Brennstoffzelle) basierende System Galileo befindet sich in einer "Pilot-Markteinführung".
Insgesamt wurden in den vergangenen Jahren mehr als 250 Geräte im Feld getestet. Die Brennstoffzellen liefern eine Leistung von 1 kW elektrisch und etwa 1,8 kW thermisch. Überschreitet der Wärmebedarf diesen Wert, so kann ein integrierter kondensierender Zusatzbrenner modulierend 7 bis 19 kW thermische Leistung bereitstellen. Aktuell arbeitet man an einem Galileo-Nachfolger, der im Wesentlichen über Viessmann vertrieben werden soll. Die in die Viessmann-Systemwelt integrierte neue Gerätegeneration soll 2016 in den Pilottest gehen. 2017 könnte dann die Markteinführung starten.
Innerhalb der BDR Thermea Gruppe hat SenerTec Kraft Wärme Energiesysteme den Vertrieb und den Service des neuen Brennstoffzellen-Heizgeräts Dachs InnoGen für den deutschen und europäischen Markt übernommen.
Es entstand nach dem Wechsel des Systempartners von Baxi Innotech (ebenfalls BDR Thermea Gruppe) in Kooperation mit Toshiba Fuel Cell Power Systems. Toshiba weist weltweit über 50.000 installierte Brennstoffzellen-Heizgeräte auf. "Wir haben mit Toshiba einen Partner an unserer Seite, der uns als europaweiter Marktführer für hocheffiziente KWK-Anlagen auf ganzer Linie optimal ergänzt", betont Michael Boll, Geschäftsführer von SenerTec. "Toshiba steht für einen reichhaltigen Erfahrungsschatz im Bereich der Brennstoffzellen-Technologie, für erstklassige Qualität und hervorragende Leistungsdaten. Wir bieten mit unserem umfangreichen KWK Know-how und unserem bewährten Vertriebs- und Servicesystem die idealen Voraussetzungen für eine breite und schnelle Marktdurchdringung."
Der auf der ISH und der Hannover Messe erstmals der Öffentlichkeit präsentierte Dachs InnoGen überzeugt mit einem elektrischen Wirkungsgrad von mehr als 35 Prozent, unterstreicht Hagen Fuhl, Leiter Marketing und Vertrieb bei SenerTec. Die PEM Brennstoffzelleneinheit weist bis zu 700 W elektrische und bis zu 960 W thermische Leistung auf. Bei einer Höhe von 1,80 m passt der Dachs InnoGen auch in niedrige Kellerräume. Der modulare Aufbau umfasst neben der Brennstoffzelleneinheit einen 300 l Pufferspeicher mit Frischwasserstation, ein Hydraulikmodul, ein Energiemanager sowie einen zusätzlichen 20 kW Spitzenlastwärmeerzeuger. Dank des Pufferspeichers und einer Modulationsfähigkeit von 250 bis 700 W sei ein ganzjähriger Betrieb möglich, so Fuhl. Einmal im Jahr ist eine kleine Inspektion erforderlich, die Brennstoffzellen-Einheit muss alle drei Jahre gewartet werden. "In der zweiten Hälfte dieses Jahres wird die neue Anlage für neue und sanierte Einfamilienhäuser mit niedrigem Energiebedarf in die Systemerprobung gehen", erklärt Fuhl. "Ihre Markteinführung ist für das zweite Quartal 2016 geplant. Der Markt wird zeigen, wie das System angenommen wird. Das Potential halten wir für enorm."
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