„Wir denken deshalb an eine Kundenanlage, quasi an ein eigenes Stromnetz innerhalb des Quartiers. Das macht uns zu Eigenverbrauchern. Deshalb müssen wir das Netz auch selbst managen. Mit einer Kundenanlage nehmen Sie natürlich dem eigentlichen Netzbetreiber ein Stück von seinem Kuchen weg. Deshalb ist die Zulassung an verschiedene Bedingungen geknüpft. So muss sie den Wettbewerb zulassen, darf mithin den Haushalt nicht zum Anschluss zwingen. Für die physische Netznutzung darf sie kein verbrauchsabhängiges Netznutzungsentgelt verlangen, auch nicht von einem externen Lieferanten“, erklärt Rosinger und ergänzt: „Zu den Bedingungen gehört ferner, dass Sie den Strom spürbar preiswerter anbieten als jener, der aus dem öffentlichen Netz kommt. Wenn es Ihnen gelingt, das Netz mit all seinen Komponenten, inklusive den Absorbern, mit relativ niedrigen Investitionskosten aufzubauen, ist die Unterschreitung der öffentlichen Tarife kein Problem. Sie sparen das Netzentgelt, sie sparen Konzessionsabgaben und anderes. Das macht das Konstrukt hoch attraktiv, von der Handelsseite her. Aber es müssen natürlich auch genügend Produzenten und Konsumenten ein- und ausspeisen. Denn der Status einer Kundenanlage setzt eine prozentuale Mindestmenge an selbsterzeugter Energie voraus, bezogen auf den Gesamtverbrauch. Alternativen wären eine Bürgergenossenschaft, die Absorber auf den Dächern platziert, oder ein Contractor.“
Die Bedingungen
Tatsächlich tauchen Kundenanlagen nach § 3 Nr. 24a Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) mehr und mehr in Masterplänen für Quartiere und Bebauungsgebiete auf. Sie haben den Charme, dass innerhalb der Gemeinschaft der Eigenstrom verschoben werden darf, ohne formal Gewerbetreibender zu sein. Die einzelnen Häuser hängen nicht direkt am öffentlichen Stromnetz, wohl aber indirekt dadurch, dass der interne Quartiersnetzbetreiber den einzigen Knoten mit einer Verbindung nach außen kontrolliert.
Der EnWG-Paragraph bezieht sich auf Kundenanlagen, bei denen Erzeuger und Nutzer nicht eine einzige natürliche oder juristische Person sind, was zum Beispiel im industriellen Bereich bei der Versorgung der Verbraucher im Werksgelände aus einem eigenen Kraftwerk der Fall ist.
Folgende Bedingungen müssen erfüllt sein:
▪ Erzeuger und Kunden müssen sich auf einem räumlich zusammengehörenden Gebiet befinden.
▪ Die Kunden müssen mit einem öffentlichen Energieversorgungsnetz verbunden sein.
▪ Die Erzeugung darf keine größere Bedeutung für die Sicherstellung eines wirksamen und unverfälschten Wettbewerbs bei der Versorgung mit Elektrizität und Gas haben.
Diffuse Rechtslage
Letztlich wollen diese Auflagen eine Monopolisierung sowohl zum Nachteil der Wettbewerber als auch zum Nachteil der Mieter und Wohnungseigentümer in solch einem Verbund verhindern. Nur – und darauf ging auch Sven Rosinger im Gespräch mit dem HeizungsJournal ausführlicher ein – handelt es sich um sehr dehnbare Abgrenzungen der Kundenanlage zum öffentlichen Netz.
„Ab wie vielen Anschlussteilnehmern ist eine Kundenanlage unbedeutend für die öffentliche Versorgung und damit für den Wettbewerb? Ab 20 Haushalten, ab 100, ab 200?“ Die aktuelle Rechtsprechung ist sich da tatsächlich uneins. Während die Regulierungskammer Hessen die wettbewerbliche Bedeutung noch bei knapp 400 angeschlossenen Letztverbrauchern verneint hat (Landesregulierungsbehörde Hessen, Beschluss vom 29.8.2016), befand das OLG Frankfurt – ohne sich auf konkrete Schwellenwerte festzulegen –, dass bei einer Anzahl von 397 versorgten Wohnungen und einer jährlichen Stromentnahme von 1 Mio. kWh nicht mehr von einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz ausgegangen werden könne (Az 11 W 40/16). Die Bundesnetzagentur zog in einem Beschwerdeverfahren die Linie schon bei 20 Reihenhäusern (Az. BK6-16-279).