Erneuerbare Energien

Thermische Solaranlagen für Wärmenetze - Teil 1: Dimensionierung

Montag, 25.07.2016

Kollektor- und Systemerträge, Technologievergleich

Bisher wurde nur der CPC-Vakuumröhrenkollektor "XL 50 P" von Ritter XL Solar betrachtet, der zusammen mit einem Vakuumflachkollektor von TVP aus der Schweiz als Benchmark mit Abstand das Maximum des technisch möglichen Ertrags definiert. Für andere Kollektor-Technologien sehen alle bisherigen Diagramme anders aus. Abb. 8 ist hauptsächlich einer aktuellen Studie vom ITW der Universität Stuttgart entnommen [1]. Mit dem Programm "ScenoCalc" wurden die Kollektor-Jahreserträge mehrerer Kollektortypen für den Standort Würzburg gerechnet. "ScenoCalc" ist ein unabhängiges wissenschaftliches Simulationsprogramm, das von drei skandinavischen Forschungsinstituten entwickelt wurde und offiziell von sämtlichen europäischen Kollektor-Testinstituten zur Berechnung der Kollek-tor-Jahreserträge (Collector Annual Output, CAO) auf Seite 2 der Solar-Keymark-Zertifikate genutzt wird. Die Eingangsparameter liefern Kollektortests nach ISO 9806, welche seit 2013 den früheren Standard EN 12975-2 ersetzt. "ScenoCalc" ist auch frei im Internet verfügbar [2]. Der für das konkrete Wärmenetzmodell bisher angenommene Kollektorertrag von 626 kWh/m² Bruttokollektorfläche wird in Abb. 8 bei ca. 70 °C mittlerer Netz- bzw. Kollektortemperatur gekennzeichnet.

Kollektorvergleich-Jahresertragsvergleich (Abb.8).
Quelle: Stephan Fischer: Comparison of Thermal Performance of Different Solar Collector Technologies for Solar District Heating Systems Based on Solar Keymark Certificates and SCEnOCalc, Poster SDH Hamburg (2014)
Kollektorvergleich-Jahresertragsvergleich (Abb.8).

Der Solarnutzungsgrad ɳ (linke y-Achse) zeigt, wie viel der Jahreseinstrahlung in Jahreswärmeertrag verwandelt wird, dazu proportional zeigt die rechte y-Achse den spezifischen Bruttokollektorflächen-Jahresertrag. Die untere x-Achse zeigt die mittlere Kollektortemperatur, welche identisch ist mit der mittleren Netztemperatur, wenn es keinen Solarwärmeübertrager gibt. Mit Solarwärmeübertrager wird bei gleicher Netztemperatur einfach nur eine höhere Kollektortemperatur benötigt, z. B. um zehn Kelvin bei einer guten Planung. Deshalb wurde bei der oberen x-Achse (blau) die Netztemperatur einfach nur um 10 K nach unten verschoben, womit sie die Jahresertragsverhältnisse mit Solarwärmeübertrager widerspiegelt. Neben den Spitzen-Vakuumkollektoren (grün, SK-Zertifikat 011-7S2031 R, [3]) als Benchmark werden zum Vergleich die Bruttokollektorflächen-Jahreserträge der besten dänischen Großanlagen-Flachkollektoren (braun, 011-7S1520 F), von Standard-Großanlagen-Flachkollektoren (blau), von Heat-Pipe-Kollektoren (rot, 011-7S2122 R) und von Photovoltaik-Kollektoren (gelb) dargestellt.

Die Bruttokollektorflächen-Jahreserträge sind sehr sicher vorhersagbar. Bei den Systemerträgen nach Abzug der Wärmeverluste gibt es viel zu bedenken, was eine Pauschalierung sehr schwer macht:

Die Verluste sind von absoluter Natur und im Wesentlichen unabhängig von der Kollektortechnologie. Sie hängen vor allem von den Temperaturen, dem Rohrnetz und dessen Wärmedämmung sowie auch von der Regelung ab.

Je minimalistischer und schlanker eine Solaranlage ist, umso geringer sind die Verluste.

Solaranlagen, die mit Glykol-Wasser-Gemisch arbeiten, haben bereits drei bis fünf Prozent geringere Kollektorerträge als Abb. 8 angibt, weil die Solar-Keymark-Daten mit Wasser ermittelt werden, was jede Simulation stark schönt.

Solaranlagen mit Glykol-Wasser-Gemisch benötigen überall um eine Dimension größere Rohre, um zu den gleichen Druckverlusten wie mit Wasser zu kommen. Andernfalls erhöht sich der Pumpen-strombedarf wesentlich. Größere Rohre haben aber größere Wärmeverluste zur Folge, einmal wegen der größeren Oberfläche, in stärkerem Maße aber wegen der näherungsweisen Verdopplung ihres Inhalts bzw. ihrer Wärmekapazität, was bei jedem morgendlichen Warmlaufen und nächtlichen Abkühlen die Verluste erhöht.

Solaranlagen mit Wasser brauchen ein bis vier Prozent ihres Jahresertrages für aktiven Frostschutz.

Wärmeübertrager senken den Kollektorertrag, wie Abb. 8 und 9 zeigen. Wärmeübertrager für Glykol-Wasser-Gemische müssen zudem zwei- bis dreimal so groß sein wie Wasser-Wasser-Wärmeübertrager.

Von Rolf Meißner
Leiter Forschung & Entwicklung, Ritter XL Solar
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