„Zero Emission“: keine Träumerei
Das ebenfalls 2019 neu gebaute, eingeschossige Spa-Areal auf etwa 3.000 m² hat man unterhalb der Chalets in den Hang hineingesetzt. Angeknüpft ist ein dreigeschossiger Hütten-Turm mit weiteren Saunen, Ruhe- und Massageräumen sowie einer Sonnenterrasse. Das Wellness-Hauptgebäude – in bewährter Holzrahmenbauweise errichtet – verschwindet allerdings überwiegend in der bestehenden Hangkante.
Auch der Innenausbau ist wesentlich durch das Naturmaterial Holz bestimmt. Das umfassende Areal und alle Flachdach-Bereiche hat man üppig mit Gräsern und Sträuchern bepflanzt. Die bepflanzten Dachbereiche tragen dazu bei, die visuelle Wirkung des Gebäudes zu verringern. Aber auch das Meta-Thema „Energieeffizienz“ kommt hier natürlich zum Tragen: Die Pflanzen ermöglichen eine verbesserte Wärmedämmung im Winter und einen Hitzeschutz im Sommer. Die naturnah angelegte Begrünung ist demnach eine „natürliche Klimaanlage“ und entwickelt sich naturgemäß selbst weiter.
Bei all der Ursprünglichkeit steht aber ein sehr präziser Fahrplan für das energetische „Weiterkommen“ im Vordergrund aller Aktionen und Investitionen: Der Schlüssel zum Erfolg ist das virtuose Zusammenspiel von fünf verschiedenen Energieerzeugersystemen, die sieben natürliche Energiequellen nutzen. Das bedingte freilich eine saubere und entsprechend aufwändige Planung, Vorbereitung sowie eine Testphase – beteiligt waren hierbei 20 Gebäudetechnik-Experten.
Gebäudetechnik: alles im Einklang
Das zukunftsweisende Projekt wurde in seiner vollen Komplexität simuliert. Mittels komplexer Berechnungsprogramme wurde sowohl die aktuelle Situation als auch der mögliche zukünftige Energieverbrauch dargestellt. Die daraus resultierenden Ergebnisse stellten die Grundlage für die Dimensionierung der Energie- und Gebäudetechnik dar.
Die beteiligten TGA-Planer stellten sicher, dass die Stromerzeugung wirtschaftlich optimal auf den zukünftigen Bedarf abgestimmt ist. Bedarfsabhängig ist dieser Anlagenteil zudem jederzeit erweiterungsfähig. Den Entscheidern war es wichtig, die Wärmeerzeugung so auszulegen, dass sie so klein wie irgend möglich, aber auch so groß wie nötig in ihrer Leistungsfähigkeit dimensioniert wird.
„Wir haben darauf geachtet, dass die verhältnismäßig trägen Biomasse-Energiesysteme nur im Winterbetrieb benötigt werden“, erklärt Thomas Pesendorfer, Vertriebs- und Planungsingenieur der Viessmann Ges.m.b.H. und verantwortlicher Projektleiter für die Energiesysteme seitens der Viessmann Group.
Neben der Herausforderung der hohen Investitionskosten für die Betreiber stellte es sich als zusätzliche große Aufgabe heraus, die einzelnen Wärmeerzeuger, Wärmequellen und -abnehmer effizient zu steuern. Ein Monitoring-System zur permanenten Optimierung des „Gesamtkunstwerks“ wurde inzwischen etabliert, in welches die Energieerzeuger (komplett aus dem Portfolio der Viessmann Group) ihre Betriebsdaten einspeisen.
Sieben Energiequellen: Luft, Sonne, Erdwärme, Eis, Abwasser, Biomasse und Biogas
Die Wärmegewinnung aus der Luft wird über drei Luftwärmepumpen mit einer Gesamtleistung von etwa 50 kW umgesetzt. Zusätzlich können die Sole/Wasser-Wärmepumpen über einen Rückkühler ebenfalls die Energie-quelle „Luft“ nutzen. Hier können Leistungen bis zu 110 kW erreicht werden, jedoch erst bei Lufttemperaturen größer 10 °C. Während die Wärmepumpen Energie aus der Umgebungsluft ziehen, werden diese gleichzeitig über die PV-Anlage mit eigenem Strom versorgt. In Kombination mit den Wärmequellen „Abwasser“ und „Eisspeicher“ erfolgt eine kontinuierliche Nutzung von Umweltenergie. Dadurch werden vor allem in der Übergangszeit die geothermischen Tiefenbohrungen nicht beansprucht. Im Bedarfsfall wird die Erdwärme über die beiden Sole/Wasser-Wärmepumpen genutzt.
Ein besonderes Highlight in Priesteregg stellt das installierte Eisspeicher-System dar: Die beiden ungedämmten Betonzisternen ruhen unterirdisch im Hang vor dem neuen Spa-Gebäude. Sie verwandeln, mittels der angeschlossenen Wärmepumpen, das eingefüllte Wasser in Eis und gewinnen dadurch Wärme zum Heizen. Dieses zum Ende der Heizperiode entstandene Eis wird dann vorrangig im Sommer zum Kühlen des Restaurants verwendet. Der unterirdische Wassertank dient also als Wärme- und Kältepuffer.
Ein weiteres besonderes Augenmerk gilt der Erdwärmenutzung: Insgesamt zwölf Bohrungen mit je 140 m Tiefe wurden für die Ausnutzung der Geothermie ausgeführt. Die Sole/Wasser-Wärmepumpen „veredeln“ die Energie aus dem Boden und erzeugen Heizungswasser mit einer Temperatur von bis zu 65 °C. Die thermische Belastung (Entnahme) der Tiefenbohrungen ist im Bergdorf auf etwa 2200 h pro Jahr beschränkt.
Die installierte Mess-, Steuer- und Regeltechnik für die komplexen Energiesysteme ermittelt, welche der vielen Quellen jeweils effizienter bzw. wirtschaftlicher zu nutzen ist. Sprich: Je nach Außentemperatur und Last wird dann zum Beispiel zwischen der Wärmequelle Luft und Erdwärme umgeschaltet.
Energie satt: Grünstrom aus PV und BHKW
Noch einige Details zur schon erwähnten PV- und KWK-Anlage: Das BHKW bewährt sich im Resort schon seit 2019. Das kompakte Heizkraftwerk wandelt Bio-Flüssiggas in elektrischen Strom um und produziert dabei (Ab-)Wärme. Die thermische Energie aus dem KWK-Prozess wird konventionell in einem Pufferspeicher „geparkt“ und steht so jederzeit für die Nutzung zur Verfügung. Kernkomponente für die Versorgung mit Elektrizität ist im Projekt „Priesteregg“ aber die Photovoltaik mit in Summe 129,6 kWp (300 Wp pro Modul, 432 Module).
Zwei Holzpelletskessel (300 kW und 150 kW Heizleistung) runden das TGA-Konzept schließlich ab. Sie kommen in erster Linie zur Deckung von Spitzenlasten, hoher benötigter Temperaturen sowie in der Heizperiode an sehr kalten Tagen und Wochen zum Einsatz. Drei Niedertemperatur-Wärmespeicher sowie zwei Hochtemperatur-Wärmespeicher (80 °C) sind ebenfalls in das Energiesystem integriert. Das BHKW speist dabei in die Hochtemperatur-Wärmespeicher ein.
Inzwischen ist das gesamte Resort stromautark bzw. im „Energieplus“: Die Menge des selbst erzeugten, erneuerbaren Stroms überschreitet den Jahresstrombedarf der Anlagen. So werden auch die in Summe sechs im Resort aufgestellten Wärmepumpen stromautark und damit in der Jahresbilanz regenerativ betrieben.
Fazit: Experimentierfreude lohnt sich
Die regionale wie globale Bedeutung dieses „Greentech“-Musterbeispiels wird selbstverständlich an die Gäste kommuniziert: Das gesunde Gebäudeklima, die gute CO2-Bilanz und auch die niedrigen Betriebskosten sorgen bei den Bewohnern für positive Resonanz. Regenerative Energien, lokale Energiequellen, die Grauwassernutzung und vieles mehr zeigen die Gastgeber auf einem Lehrpfad.
„Wir waren schon immer experimentierfreudig und haben bewusst weit höhere Kosten als für herkömmliche Anlagen vorgesehen in Kauf genommen“, betont Hubert Oberlader. „Wir sparen mit der Photovoltaik-Anlage und zugleich mit dem durch Biogas erzeugten Strom viele Tonnen CO2 ein. Das erfüllt uns mit Stolz! Der Klima-schutz-Gedanke zieht sich durch unsere gesamte Unternehmensgeschichte. Wir möchten die neuen, klimafreundlichen Technologien nicht nur unterstützen, wir wollen dafür Maßstäbe setzen und hoffen, dass uns viele Gastgeber folgen. Wir wollen mit unserer Pionierarbeit dazu beitragen, dass wir – aber auch andere Unternehmer – in diesem Prozess dazulernen, um den nachfolgenden Generationen lebenswerte Orte zu hinterlassen.“