Der Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) schreitet zwar stetig voran. Doch der Absatz neuer Anlagen war zuletzt stark rückläufig. Gründe werden in einer Verunsicherung der Verbraucher bei der Förderung durch die Politik sowie in einer komplexen Bürokratie gesehen. Angesichts eines hohen Marktpotentials für die KWK zeigten sich viele Hersteller auf den diesjährigen Frühjahrsmessen aber optimistisch, was die weitere Marktentwicklung betrifft.
Verunsicherung trübt den KWK-Markt
Gütesiegel sollen für neuen Schub sorgen
Montag, 05.09.2016
Anlagen der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) waren auf den diesjährigen Frühjahrsmessen in Essen, Nürnberg und Hannover reichlich zu sehen (Abb.1).
Doch die Stimmung unter den Anbietern war zwiespältig. Enttäuschung ob der zuletzt rückläufigen Marktnachfrage stand Optimismus ob der weiteren Marktentwicklung gegenüber. Eigentlich sollte sich die KWK als Effizienztechnologie längst als eine tragende Säule der Energiewende positionieren. Doch der große Boom ist bislang ausgeblieben. Im vergangenen Jahr gab es nach ersten Erkenntnissen gar einen deutlichen Markteinbruch – und zwar über alle Leistungsbereiche hinweg.
Die eingesetzte Technik reicht von Blockheizkraftwerken (BHKW) mit Verbrennungsmotoren, Gasturbinen, Stirlingtechnik oder Brennstoffzellen bis hin zu großen Kraftwerken in der Industrie oder Energieversorgung. Die elektrische Leistung liegt bei der Mikro-KWK um 1 kW, bei der Mini-KWK zwischen rund 3 kW und 50 kW. Einsatz findet sich überall dort, wo die selbsterzeugte Wärme und der Strom möglichst auch selbst genutzt werden können, ob im Einfamilienhaus, Gewerbebetrieb oder Krankenhaus. Bei Anwendungen in der Industrie erreichen KWK-Anlagen elektrische Leistungen bis in den MW-Bereich, bei Energieversorgern in der Fernwärme gar über 100 MW. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) informiert regelmäßig über die Zulassung von KWK-Anlagen nach dem Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz (KWKG). Die Anzahl der beim BAFA zugelassenen neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen werden dabei nach Größenklassen und Inbetriebnahmejahren differenziert. Die jüngsten Zahlen können sich zwar durch eventuelle Nachträge noch leicht erhöhen, doch es wird schon deutlich, dass es im vergangenen Jahr einen deutlichen Einbruch um 37 Prozent auf 4.641 Anlagen gegeben hat (Stand vom April 2016).
Besonders betroffen war der für das Marktsegment Einfamilienhaus interessante kleine Leistungsbereich unter 2 kW: Im zweiten Jahr in Folge brach der Markt ein, zuletzt um rund ein Drittel auf nur noch 936 Anlagen. Fasst man den Leistungsbereich der Mini-KWK von 2 kW bis 50 kW zusammen, so erkennt man auch hier einen Rückgang um gut ein Drittel auf nur noch 3.215 Anlagen. Bei KWK-Anlagen mit Leistungen zwischen 50 kW und 1 MW brach die Nachfrage um fast die Hälfte ein auf 437 Anlagen. Schaut man bei den Leistungsklassen über 1 MW, so wurden beim BAFA mit 93 Anlagen 29 Prozent weniger registriert.
Auch der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) vermeldet für die Absatzentwicklung von Anlagen der Mikro- und Mini-KWK mit einer elektrischen Leistung bis zu 50 kW nach 2014 (ein Rückgang von 8.000 auf 6.500 Anlagen) nun auch für 2015 (mit nur noch 5.500 Anlagen) rückläufige Zahlen.
Blauer Strom, Wärme und Kälte
Mit neuen Gütesiegeln will der Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung (B.KWK) – er wurde 2001 in Berlin gegründet und zählt mittlerweile mehr als 600 Mitglieder – die effiziente KWK in der Öffentlichkeit nun bekannter machen. Dazu informierte Berthold Müller-Urlaub, Präsident des B.KWK, auf der Hannover Messe über die neuen Marken „Der Blaue Strom“ und „Die Blaue Wärme“. Das Siegel soll KWK-Strom und KWK-Wärme nunmehr auch beim Kunden sichtbar machen. „Während grüner Strom aus erneuerbaren Energien stammt, lässt sich Strom und Wärme aus KWK-Anlagen bisher am Markt nicht identifizieren“, erläuterte Müller-Urlaub. Denn trotz seiner Umweltfreundlichkeit werde KWK-Strom dem Kunden bislang zusammen mit Strom aus konventionellen Kraftwerken als „Graustrom“ angeboten. In der Industrie wird die Farbe Blau bereits für die Kennung effizienter und ressourcenschonender Produkte und Technologien verwendet, beispielsweise im Automobilsektor oder beim Umweltzeichen „Der Blaue Engel“. KWK-Anlagen erzeugen nicht nur Strom („Der Blaue Strom“), sie nutzen auch die Abwärme („Die Blaue Wärme“) und geben diese nicht wie konventionelle Kraftwerke einfach in die Umwelt ab, betonte Müller-Urlaub. „Da KWK-Anlagen auf diese Weise einen Gesamtnutzungsgrad von bis zu 90 Prozent erreichen, gelten sie als hocheffizient.“
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!