Vereinfachung der Installation
In der abschließenden Diskussionsrunde saßen unter anderem Dr. Frank Voßloh, Viessmann, sowie Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer von Stiebel Eltron, und die Bundestagsabgeordneten Dr. Ingrid Nestle (Bündnis 90/Die Grünen) und Johannes Schraps (SPD). Die knappen Kapazitäten im Handwerk allgemein und die mäßige Kompetenz in Sachen Wärmepumpen andererseits – nur 50 Prozent der Betriebe beschäftigen sich damit – kamen natürlich zur Sprache.
Frank Voßloh: "Ich glaube, das Potential an Handwerkern ist grundsätzlich groß, man kann daraus schöpfen. Zugegeben, es sind noch nicht alle hundertprozentige Wärmepumpenprofis. Daran müssen wir arbeiten. Wir sitzen hier im Austausch mit unseren Kunden und den Verbänden. Was wir vor allen Dingen brauchen, ist ein neues Image für den Heizungsbauer. Das muss in Richtung Energie, Wasser, Laptop gehen. Wir müssen ein attraktives Profil schaffen. Dann kommt auch der Nachwuchs zu uns. Das wird uns aber nicht innerhalb von Monaten oder ein oder zwei Jahren gelingen. Wir müssen auf die 350.000 Mitarbeiter dieser Branche setzen. Was nichts anderes heißt, als dass die Wärmepumpe so einfach wie möglich in der Installation sein muss. Darüber machen wir uns, und bestimmt nicht nur bei Viessmann, Gedanken. Es darf im Prinzip für den Handwerker fast kein Unterschied mehr sein, ob er eine Gas-Brennwerttherme an die Wand hängt oder eine Wärmepumpe aufstellt. So weit sind wir allerdings noch nicht. Aber das ist der ganz wesentliche Punkt, um im Handwerk die Beschäftigung mit Wärmepumpen zu erhöhen und damit den Absatz generell."
Besseres Image
Das Studium "Green Building" an der staatlichen HAWK Hochschule für Angewandte Wissenschaft und Kunst in Holzminden arbeitet bereits am Image, indem es mit dem Abschluss "Bachelor of Engineering" endet. Johannes Schraps sah auf der Web-Konferenz in solchen Studienangeboten einen erfolgversprechenden Ansatz, mehr Abiturienten ins "Wärmewende-Boot" zu holen.
Bei beiden Herstellern, bei Stiebel Eltron und Viessmann, liegen die Schwerpunkte auf drei Themen: erstens, Wärmepumpen mit noch höherer Effizienz für niedrige Vorlauftemperaturen – unter anderem durch verbesserte Verdichter und auch Kältekreis-Regelungstechnik. Dazu Kai Schiefelbein: "In der Effizienz sind zu bezahlbaren Kosten noch gut weitere 20 bis 25 Prozent zu holen." Zweitens, auf Hochtemperatur-Wärmepumpen für die industrielle Nutzung sowie, drittens, auf installationsfreundlichen Geräten, wie eben von Voßloh genannt. Ein vierter Punkt, den man aber in Berlin nicht diskutierte, betrifft Kältemittel mit niedrigem Global Warming Potential (GWP).
Schneller Handeln
Den Status quo der Energiepreise sah Dr. Axel Bree aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) nicht langfristig zementiert: "Die Zielsetzung auch von der Energieseite ist klar. Die Strompreise sollten heruntergehen. Die CO2-Preise oder die Energieträger, die auf CO2 basieren, müssen teurer werden. Die CO2-Bepreisung ist ein erster Ansatz. Man kann sicher darüber streiten, ob die Zuschläge dort vernünftig festgelegt sind. Es ist aber auch eine gewisse Dynamik festgezurrt. Die Festlegung gilt zunächst bis 2026. Danach soll der Markt auf den Emissionshandel übergehen. Umgekehrt könnten sich zukünftig die Strompreise entwickeln. Die EEG-Umlage ist eine sich wandelnde Größe. Ich gebe zu, dieser Kostenbereich ist ein Punkt, der besonders Deutschland betrifft und unsere Industrie beziehungsweise den Binnenmarkt in gewisser Weise behindert. Eigentlich diente die EEG-Umlage zur Technologieförderung. Inzwischen hat sich herausgestellt, dass sie gerade für die Sektorenkopplung eine Bremse darstellt und im Wesentlichen nur hohe Kosten verursacht. Die Richtung, die die Regierung vorgegeben hat, zielt darauf ab, die Kosten abzusenken."
Dr. Matthias Deutsch, Projektleiter zu den Themen Sektorkopplung Strom-Wärme und Speicher bei Agora Energiewende, hält nicht viel von einem sich hinziehenden Abbau der Strompreise. Das müsse sofort geschehen und gleich um 5 Cent/kWh EEG-Umlage. "Schlicht gesagt, wir verpennen doch sonst wieder drei oder vier Jahre. Das gilt auch für die Industriepolitik, von der Dr. Breisig sprach. Die Automatisierung muss jetzt angepackt werden und muss auf 200.000 bis 300.000 Wärmepumpen für Deutschland im Jahr ausgerichtet sein. Sonst sind wir wieder einen Schritt zu langsam."
Frank Voßloh, Viessmann, meinte dazu: "Ich kann zur Beruhigung aller sagen, der Fortschritt der Wärmepumpen in Deutschland wird nicht an den Fertigungskapazitäten scheitern. Wir können alle deutlich mehr herstellen. Das ist nicht das Problem. Um in Deutschland den Markt zu vergrößern, müssen die Strompreise herunter. Das ist ja schon mehrfach erwähnt worden und das ist für mich der entscheidende Punkt. Herr Breisig hat die Strompreise in Europa genannt. Im Norden, in Skandinavien, sind sie niedrig, weil dort die Elektrizität aus Laufwasser-Kraftwerken kommt. In Frankreich sind sie niedrig, weil sie auf Kernenergie basieren. Das kann man gut finden oder nicht. Aber es zeigt eindeutig: Um die Wärmepumpe in Deutschland richtig nach vorne zu treiben, muss etwas am Strompreis getan werden. Alles andere ist nettes Beiwerk!"
Binnenmarkt stärken
Kai Schiefelbein, Stiebel Eltron: "Ich muss auch noch mal auf den Strompreis zu sprechen kommen. Wir haben mit der EEG-Umlage einen Preis, der in etwa die Hälfte von dem ausmacht, was der Strom in anderen Ländern kostet. Tatsächlich ist es aber so, wie es auch Dr. Breisig gesagt hat, wir brauchen in jedem Fall einen starken Binnenmarkt. Politiker sagen, wenn er nicht da ist, dann exportiert doch. Das kann man natürlich schnell so hinwerfen, aber das ist nicht so ohne Weiteres umzusetzen. Stiebel Eltron macht etwa die Hälfte seines Umsatzes in Deutschland. Dafür gibt es Gründe. Denn dafür braucht man ein starkes Netzwerk, einen sehr guten Kundendienst, einen technischen Service und anderes. Das haben wir aufgebaut und das braucht man auch im Ausland. Gefahr ist in Verzug, das ist nicht zu leugnen. Aber nur auf Basis eines stabilen, großen Binnenmarkts können wir die Produktionsverfahren verschlanken und automatisieren, um uns dann dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Die Chinesen, die Japaner und die Koreaner sind schon stark dabei, hier auf den Markt zu kommen. Dr. Breisig hat Namen, wie Daikin aus Japan oder Samsung aus China oder LG aus Korea, bereits genannt. Die deutsche Heizungsindustrie ist stark, aber mit einer Kesseltechnologie, der nicht die Zukunft gehört. Der zukünftige Wärmeerzeuger ist nun mal die Wärmepumpe. Wenn die deutsche Heizungsindustrie da mitspielen will, dann nur auf Basis eines starken Heimatmarktes. Mit der EEG-Umlage machen wir hier jedoch keinen Schritt nach vorne. Das scheint man, wie wir gerade von Herrn Bree hörten, mittlerweile selbst im Wirtschaftsministerium zu erkennen."
Ingrid Nestle, Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein, will die Umweltkosten in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung mit einbezogen sehen: "Zurzeit erleben wir in Deutschland ein Strommarktdesign, das die falschen Anreize setzt. Wer das Klima schützt und sich flexibel an das Stromangebot anpasst, zahlt drauf. Damit die Nutzung von Ökostrom sich auch auf der Rechnung auswirkt, brauchen wir einen ehrlicheren CO2-Preis, der auch die Umweltzerstörungen abbildet."
Klotzen, nicht kleckern
Matthias Deutsch: "Wir, Agora Energiewende, sehen das nicht anders. Wir brauchen das Dream-Team aus Gebäude und Sanierung und Wärmepumpe. Um die Klimaziele zu erreichen, bedarf es aber der stärkeren Industrialisierung sowohl in der Wärmepumpenproduktion als auch in der Sanierung von Gebäuden. Die Fertigung muss mit dem europäischen Wachstumsmarkt mithalten können. Sie muss so automatisiert sein wie in der Autoindustrie. Sie darf nicht klein-klein sein. In Deutschland bedienen das Dream-Team überwiegend kleine und mittelständische Unternehmen. Das hat funktioniert, solange wir uns mit den aktuellen Zahlen begnügen. Das Erreichen der Klimaziele verlangt aber eine andere Produktion. Das macht Deutschland für die Hersteller aus Asien und anderen Ländern interessant. Also müssen wir die richtigen industriellen Strukturen schaffen. Das heißt: klotzen und nicht kleckern!"