Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) werden PV-Anlagen und das indirekte elektrische Heizen via Wärmepumpe noch attraktiver. Und das direkte elektrische Heizen wird wieder hoffähig. Der Auslauf der Förderung von 20 Jahre alten PV-Anlagen verunsichert allerdings die Betreiber: abschalten oder umstrukturieren? Das HeizungsJournal unterhielt sich über diese und andere Themen aus dem Strom- und Stromgerätegeschäft mit Karlheinz Reitze, Geschäftsführer der Viessmann PV + E-Systeme GmbH. Die Gesellschaft ist für das Elektrobusiness der Unternehmensgruppe zuständig.
Wege zum vollelektrischen Haus
Interview mit Karlheinz Reitze, Geschäftsführer der Viessmann PV + E-Systeme GmbH
Samstag, 08.05.2021
Nach dem GEG dürfen Anteile des erneuerbaren Stroms, der aus der PV-Anlage auf dem eigenen Dach stammt, vom Primärenergiebedarf des Objekts in Abzug gebracht werden. § 23 GEG gibt Pauschalwerte wie auch das Berechnungsschema zur Bestimmung jener Teilmenge des solaren Gesamtertrags vor, die kalkulatorisch der Beheizung und der Brauchwarmwasserbereitung zugute kommt. Das neue Gesetz gestattet die Verrechnung mit dem Primärenergiebedarf selbst bei Einbau von elektrischen Direktheizungen. PV-Kollektoren reduzieren mithin die Baukosten für das GEG-konforme Haus spürbar beziehungsweise heben bei ordentlicher thermischer Isolierung der Hülle das energetische Niveau auf den KfW - Effizienzhaus-Standard mit seiner erheblichen finanziellen Unterstützung. Es muss dafür nicht einmal eine Wärmepumpe sein.
Während sich also im Neubau Klimaschutz bezahlt macht – umweltbezogen ohnehin –, drohte frühe Nachhaltigkeit im Altbau bestraft zu werden. Nicht nur, dass 20 Jahre alte PV-Installationen am 31. Dezember dieses Jahres aus der Förderung fallen, die Netzbetreiber sind nach geltender Rechtslage nicht einmal verpflichtet, bei so genannten Ü20-Anlagen den Strom abzunehmen. Wenn, dann nur gegen Aufwandsentschädigung durch den Einspeiser. Es sei denn, der Eigentümer kümmert sich aktiv um einen Käufer für seine Kilowattstunden, steigt folglich auf Direktvermarktung um. Oder er investiert in die Nachrüstung einer Haustechnik, die den Eigenverbrauch zulässt. An der Rentabilität der Selbstnutzung nagt jedoch die dann fällige EEG-Umlage von 40 Prozent des aktuellen Satzes, ergo rund 3 Cent/kWh. Inwieweit sich die eine oder die andere Alternative rechnet, hängt natürlich auch von Zustand und Effizienz des Vorhandenen ab.
Ein Hoffnungsschimmer, nicht aktiv werden zu müssen oder abzuschalten, zeigt sich indes am Horizont: Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) will für die anstehende EEG-Novelle eine Anschlussregelung für Ü20-Anlagen beschließen. Es bleibt abzuwarten, ob die Regelung attraktiv genug ist, um mehr als nur eine Ergänzung der Optionen zu sein. Eines zeichnet sich in jedem Fall ab, bewertet man die Gesetze, Verordnungen, Förderungen, die Bauausführungen, die Klimaschutzziele und auch das wachsende Umweltbewusstsein – das Zeitalter der fossilen Brennstoffe geht relativ rasch dem Ende zu. Die Industrie ist dabei, sich mit neuen Produkten und Dienstleistungen darauf einzustellen: Der vormalige Kesselhersteller Viessmann sieht sich heute mit seiner Vielzahl von Produkten und Systemen als Anbieter von Klimalösungen für quasi jeden Anwendungswunsch. Energetisch kann es bis zum vollelektrischen Haus gehen. Vollelektrisch heißt in der ersten Stufe: ohne fossile Brennstoffe, Richtung Wärmepumpe. In der zweiten: ohne wasserbasierte Systeme, Richtung elektrische Direktheizung als Alternative. Im Angebot der Allendorfer fehlt jedenfalls nichts. Selbst die Stromspeicher werden im eigenen Werk produziert.
Dienstleistungsmäßig bietet Viessmann bereits mit der Gründung der „ViShare Energy Community“, welche von der Viessmann-Tochtergesellschaft Energy Market Solutions GmbH (EMS), Berlin, betrieben wird, eine Lösung auf die noch ungeklärte Situation in der Einspeisung von PV-Strom aus Altanlagen an. „ViShare“ kümmert sich um die Abnahme und bietet einen Tarifrechner, mit dem die Wirtschaftlichkeit von Eigenverbrauch erkundet werden kann, sogar mit Berücksichtigung eines Batteriespeichers. Karlheinz Reitze ist auch für diesen Geschäftsbereich verantwortlich.
Die älteren, die ersten PV-Anlagen des Jahres 2000 fallen jetzt aus der Förderung heraus. Sie müssten eigentlich abgeschaltet werden, weil die Netzbetreiber nicht mehr verpflichtet sind, für den Strom etwas zu bezahlen. So final soll es nun doch nicht sein. Der Entwurf des EEG 2021 sieht eine Übergangsregelung vor. Was ist im Gespräch, Herr Reitze?
Weiterführende Informationen: https://www.viessmann.de/
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