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Wärme

Welche Heizung nutzt man 2030 und 2050?

Studie simuliert Nutzung der Heiztechnologien in den Jahren 2030 und 2050

Donnerstag, 27.03.2014

Die Energieversorgung in Deutschland ist im Umbruch: Durch die Energiewende soll bis zum Jahr 2050 der Anteil der erneuerbaren Energien am Bruttoendenergieverbrauch deutlich steigen, die Kohlenstoffdioxid-Emissionen und der Primärenergieverbrauch im Gegenzug stark sinken. Doch was bedeutet das für den Wärmemarkt, speziell den privaten Heizungssektor? Wird ganz Deutschland in der Folge in rund 40 Jahren komplett regenerativ beheizt?

Im Gegenteil: Nach den Ergebnissen der Zukunft Erdgas Studie "Sanierungsfahrpläne für den Wärmemarkt" haben auch 2050 noch konventionelle Heizsysteme den größten Anteil an der Wärmeversorgung.

Ein Monteur überprüft eine Heizung.
Quelle: Max Weishaupt GmbH
Effiziente Heizungstechnik ist zur Erzielung substantieller Energie- und Treibhausgaseinsparpotenziale notwendig, reicht aber allein nicht aus. Alle Komponenten des Heizungssystems müssen aufeinander abgestimmt sein.

Viel Potential für Modernisierung bei deutschen Heizungen

Die Heizungsindustrie bleibt in Deutschland eine Branche mit enormem Potential: Ak­tuell sind im Bundesgebiet rund 20,2 Mio. Heizkessel installiert. Der Großteil ­davon ist technisch veraltet. Laut der Statistik des Schornsteinfegerhandwerks sind 20 Prozent der Ölheizungen älter als 20 Jahre, weitere acht Prozent sogar ­älter als 29 Jahre.

Bei den Gasheizungen haben 14 Prozent die Marke des 20-jährigen, weitere fünf Prozent die des  29-jährigen Alters bereits überschritten. In absoluten Zahlen summieren sich diese Heizkessel, die unbedingt ausgetauscht werden sollten, auf etwa 3,4 Mio.

Trotzdem stagniert die Austauschquote in den vergangenen Jahren bei drei Prozent. Daraus ergibt sich ein Austauschturnus von rund 30 Jahren, sodass der Heizungsbestand weiter veraltet. Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik (BDH) schätzt ein, dass 75 Prozent der Heizungsanlagen nicht dem ­aktuellen Stand der Technik entsprechen.

Diese Situation macht eines deutlich: In den kommenden Jahren wird es zu stärkeren Modernisierungsaktivitäten im Heizungsmarkt kommen müssen. Wenn die installierten Anlagen das reale Ende ihrer Lebensdauer erreichen und technisch ausfallen, müssen Hauseigentümer tätig werden.

Die Frage ist dann, welche neuen Heizsysteme sie für diesen Austausch bevorzugen. Für Heizungshersteller und das installierende Fachhandwerk ist das Wissen darum eine wichtige Basis, um heute die richtigen Entscheidungen für die weitere unternehmerische Aufstellung zu treffen.

Konventionelle Heizungen haben auf lange Sicht hohe Bedeutung

Im Heizungsbestand haben heute konventionelle Heizsysteme den deutlich größten Anteil: 18,9 Mio. der zentralen Wärmeerzeuger werden mit Öl oder Gas betrieben.

Die Brennwerttechnik hat sich dabei immer noch nicht durchgesetzt, nur etwa jeder fünfte fossil befeuerte Heizkessel ist ein Brennwertgerät. Damit ist als ein Trend in der Entwicklung des Wärmemarktes davon auszugehen, dass alte Heizkessel wie Niedertemperaturanlagen gegen Brennwertkessel getauscht werden. 2012 waren bereits annähernd 60 Prozent aller neu installierten Anlagen Gas-Brennwertkessel.

Als weiterer Trend ist ein Rückgang des Energieträgers Öl erkennbar. Im Neubau begründet sich dies durch die starke ­Fokussierung auf erneuerbare Energien, deren Nutzung über das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz (EEWärmeG) sogar gesetzlich vorgeschrieben ist. Im Bestand bieten in vielen Fällen andere Heizsysteme Komfort- und Kostenvorteile. Die Substitution von Öl durch andere Energieträger wird sich auch künftig fortsetzen.

Die Studie "Sanierungsfahrpläne für den Wärmemarkt" schafft eine empirische Basis, wie sich diese bereits heute erkennbaren Trends auf lange Sicht auf den Wärmemarkt auswirken.

Studie "Sanierungsfahrpläne für den Wärmemarkt"

Die Erhebung von Zukunft Erdgas wählt eine grundlegend andere Methodik, als die bisherigen Publikationen zum Thema energetische Sanierung.

In der Regel werden anhand der klimapolitischen ­Vorgaben zur CO2- und Primärenergie­einsparung die zur Zielerreichung notwendigen Maßnahmen definiert. Die "Sanierungsfahrpläne für den Wärmemarkt" nehmen hingegen die Lebenswirklichkeit der Hauseigentümer in den Fokus. Sie setzen damit an dem gleichen Punkt an, an dem sich auch die Beratung des Fachhandwerks orientiert. Anhand der finanziellen Leistungsfähigkeit von Haushalten wurde simuliert, welche energetischen Sanierungsmaßnahmen sie realisieren können.

Erst im Anschluss wurde Bilanz gezogen, welche CO2-Einsparung bis 2050 zu erwarten ist. Durch diesen Ansatz wird ein wichtiger Faktor für die energetische Sanierung berücksichtigt: Die notwendigen Maßnahmen müssen – anders als im Stromsektor – zum größten Teil nicht durch Unternehmen und Investoren, sondern von Privatpersonen finanziert werden.

Vor dem Hintergrund ihrer finanziellen Möglichkeiten wird daher nicht zwingend das umgesetzt, was für die Zielerreichung nötig wäre, sondern was sich die einzelnen Haushalte leisten können und wollen. Das Ergebnis ist ein deutschlandweit einzigartiger ­Datensatz, der einem realitätsnahen ­Anspruch bei der Simulation der Sanierungsaktivität in Deutschland gerecht wird.

Die Studienmethodik

Der Untersuchungsgegenstand der Studie sind die selbst genutzten Einfamilien-  und Reihenhäuser in Deutschland. Dieser ­Gebäudetyp macht mehr als 80 Prozent des deutschen Gebäudebestands aus. Zu 96 Prozent befinden sich diese Häuser in privatem Besitz und werden selbst genutzt.

Im Bereich Einfamilienhaus gibt es zehn, im Bereich Reihenhaus neun Baualtersklassen.

In den Häusern werden die Energieträger Gas, Öl, Holz und Strom eingesetzt. Da nicht in jeder Baualtersklasse alle Heizsysteme zum Tragen kommen, ergeben sich insgesamt 88 Ausgangssituationen, die die Studie berücksichtigt.

Die Hauseigentümer lassen sich anhand statistischer Daten in drei Einkommensgruppen einteilen. Die Gruppe mit niedrigem Einkommen verfügt im Median über 1.400 Euro netto monatlich, die Gruppe mit mittlerem Einkommen über 3.100 Euro und die Gruppe mit hohem Einkommen über 4.300 Euro. Jede ­Einkommensgruppe verfügt zum Beginn des Betrachtungszeitraums im Jahr 2010 über ein bestimmtes Eigenkapital für energetische Sanierungsmaßnahmen (3.500, 5.000 und 10.000 Euro) und bildet jährlich eine einkommensabhängige Sanierungsrücklage (300, 600 und 1.200 Euro).

Wenn durch eine Sanierungsmaßnahme eine Kosteneinsparung erzielt wird, wird die Hälfte dieser Einsparung ebenfalls  für weitere Maßnahmen zurückgelegt. Sobald durch dieses Ansparmodell Sanierungsmaßnahmen erschwinglich werden, so wird die gewählt, die bis zum Jahr 2050 die größte CO2-Einsparung erzielt.

Als Sanierungsmöglichkeiten wurden 22 Maßnahmen definiert. Elf anlagenseitige Maßnahmen, das heißt, verschiedene Heizsysteme, Solarthermie, Lüftungsanlage und Bio-Erdgas-Beimischung, und elf Maßnahmen an der Gebäudehülle wie Fenstertausch und verschiedene Dämmvarianten.

Bei der Wahl der Maßnahmen wurde berücksichtigt, dass nicht jede Maßnahme in jedem Gebäude der einzelnen Altersklassen sinnvoll ist. Entstanden sind schließlich 264 individuelle Sanierungsfahrpläne.

Von Timm Kehler
Vorstand Zukunft Erdgas e.V.
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