Anhand der 2012 fertiggestellten "Wohnanlage Brunnenhof" in Gröbenzell bei München soll hier der Unterschied zwischen Energieeffizienz und Nachhaltigkeit am Beispiel der Heizungsanlage deutlich gemacht werden. Zum Einsatz kamen hier eine Pelletheizung sowie eine Fußbodenheizung.
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Wie die richtige Fußbodenheizung positiv auf die Energiebilanz eines Gebäudes wirkt
Objekt-Report-Special - Folge 2
Dienstag, 29.04.2014
Durch eine Nachhaltigkeits-Zertifizierung eines Gebäudes erhält der Wohnungskäufer erstmals vergleichbare Anhaltswerte über die tatsächliche Qualität und den Wert seiner Immobilie. Er erfährt auch, wie sich die Nutzungs-Kosten und der Wiederverkaufswert der Wohnung über die Zeit entwickeln könnten. Die Heizungsanlage spielt im Komplex Nachhaltigkeits-Beurteilung eine große Rolle. Bisher war der Fokus hauptsächlich auf die Energieerzeugung und die Energieeffizienz gerichtet. Die Energieeffizienz ist gebäudeabhängig. Genaue Aussagen dazu sind nur über einen überschaubaren Zeitraum möglich, da die Entwicklung auf diesem Gebiet sehr rasant fortschreitet.
Die Energieeffizienz ist natürlich nicht alles! Qualität und wartungsarme Anlagenteile sind gefragt.
Was ist nachhaltiges Bauen?
Ein nachhaltiges Gebäude zeichnet sich durch hohe ökologische, ökonomische und sozio-kulturelle Qualität aus. Diese drei Hauptsäulen der Nachhaltigkeit werden über die gesamte Lebensdauer, dem "Lebenszyklus" (30 Jahre), des Gebäudes betrachtet. In die Beurteilung, die "Gebäudezertifizierung", werden alle Phasen des Lebenszyklus, der Planung, der Errichtung, der Nutzung und des Betriebes sowie Abbruch oder Rückbau mit einbezogen.
Die ökologische Qualität: beinhaltet Ressourcenschonung, Umweltschutz und Reduzierung des Gesamtenergiebedarfs des Gebäudes. Diese Säule der Nachhaltigkeit ist unterteilt in Flächeninanspruchnahme, Bauweise, Baustoffe, Dämmung und Wärmeschutz, Energieträger, Anlagentechnik, Wassertechnik und -nutzung, Abfallaufkommen und Entsorgung. So paradox es klingt, es gibt Geräte und Anlagenteile, für deren Herstellung mehr Energie verbraucht wurde, als nachher damit eingespart werden kann.
Die ökonomische Qualität: Die Wirtschaftlichkeit des Gebäudes wird in allen Phasen des Lebenszyklus ökonomisch bewertet. Im Gegensatz zu der konventionellen Planungs- und Bauweise werden nicht nur Anschaffungs- und Baukosten, sondern auch die zu erwartenden Gesamtkosten für den gesamten Lebenszyklus analysiert. Das sind Betriebskosten für Heizwärme, Warmwasser, Strom, Lüftung, Wasser und Abwasser und gebäudespezifische Kosten wie Instandhaltung, Reinigung und Pflege. Auch die Aufwendungen für Rückbau sind hier enthalten.
Die ökologischen und ökonomischen Faktoren stehen immer in Wechselwirkung. So können beim Bau teurere Systeme beispielsweise die späteren Betriebskosten reduzieren.
In der Praxis kommt es vor, dass die Erstellung der Heizungsanlage durch "Fabrikatsfreigabe" einige Euro billiger wird. Diese gesparten Anschaffungskosten werden später im Laufe des Lebenszyklus ein Vielfaches an Mehrkosten generieren. Wenn man in diesem Zusammenhang – aus der Perspektive der Nachhaltigkeit – Produkte oder Systeme auf ihre Gleichwertigkeit untersucht, wird man die Unterschiede in Zukunft deutlich erkennen.
Die sozio-kulturelle Qualität: Hier kann die Haustechnik insbesondere die Gesundheit, Lebensqualität und Behaglichkeit beeinflussen.
Verkaufsargument nachhaltiges Bauen
Der Baukonzern Hochtief wirbt mit dem Argument: "Nachhaltige Gebäude sind wirtschaftlich effizient, umweltfreundlich und sparen Ressourcen – sind für ihre Nutzer gesund und fügen sich optimal in ihr sozio-kulturelles Umfeld ein. Damit behalten nachhaltige Gebäude langfristig ihren hohen Wert für Investoren, Eigentümer und Nutzer."
Nach einer Schätzung der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen – DGNB e.V. entfallen bei einem Lebenszyklus von 30 Jahren nur etwa 1/4 bis 1/3 der Gesamtkosten auf die Errichtung des Gebäudes, der Rest auf die "Bewirtschaftung", also Folgekosten.
Nachhaltig errichtete Wohngebäude tragen diesem Umstand Rechnung und reduzieren durch die richtige Wahl der Baustoffe und Systeme die Folgekosten.
Um die Nachhaltigkeit eines Gebäudes zu dokumentieren, kann im Auftrag des Bauträgers ein Nachhaltigkeitsreport mit Zertifizierung durchgeführt werden. Ein Institut wie die DGNB vergibt nach der Zertifizierung zusätzlich ein Gütesiegel, das die Qualität der Nachhaltigkeit dokumentiert.
Für das Bauvorhaben "Wohnanlage Brunnenhof" war hauptsächlich aus ökologischen Gründen die Pelletheizung das Gebot der Stunde. Die Fußbodenheizung als Niedertemperaturheizung gilt derzeit als wirtschaftlichstes Wärmeverteilsystem, das auch später – über den ganzen Lebenszyklus des Gebäudes – mit allen zukünftigen Wärmeerzeugern kompatibel sein wird.
Fußbodenheizung ist nicht Fußbodenheizung
Die IBF Ingenieurgesellschaft mbH als verantwortlicher Planer und Berater des Bauherrn hat durch die Wahl des im Folgenden beschriebenen Fußbodenheizungs-Systems die volle Nachhaltigkeit ausgeschöpft. Der Planer ist übrigens verpflichtet, seinen Auftraggeber über die beiden Alternativen der Fußbodenheizung aufzuklären.
Zwei Parameter unterscheiden das gewählte "Unidis"-System von Oventrop von der konventionellen Fußbodenheizung:
- "Dezentrale" Verteilung,
- Raumthermostat mit Bypass.
Bei der gewählten Bodenkonstruktion des Fußbodenheizungs-Systems hat der Planer folgende Vorgaben gemacht:
- Erhöhter Trittschallschutz, Mineralwolle unter begehbarer Faserplatte als Rohrmontage-Ebene (erhöht die Lebensqualität – sozio-kulturelle Qualität).
- Heizungsrohre liegen nicht direkt auf der Faserplatte auf, werden vom Estrich voll umschlossen. Dadurch wird die Wärmeabgabe des Rohrs an den Estrich erhöht, die Vorlauftemperatur dadurch gesenkt (das spart Energie - Ökonomische Qualität).
Wärmeverteilung als "dezentrale" Verteilung
Der gesetzlich vorgeschriebene Raumthermostat, hier die "Unibox EBV", verfügt über einen patentierten Bypass.
Bei "Unidis" handelt es sich um ein komplettes Fußbodenheizungs-System. Alle Komponenten, wie Wohnungsübergabeeinheit, Raumtemperaturregler, Montageschacht, Rohrmaterial sowie Form-/Verbindungsstücke, Montagehilfen, Berechnungssoftware usw., sind aufeinander abgestimmt.
Bei der Entwicklung der "dezentralen" Verteilung wurde primär auf die seit Jahren bekannten Probleme und Reklamationen aus dem Bereich des Wohnungsflurs reagiert: Bei der "zentralen" Verteilung liegen die Zuleitungen vom Verteiler zu den Heizkreisen der Räume im Estrich. Die daraus resultierenden Probleme im Wohnungsflur, wie nicht regelbare, unkontrollierte Wärmeabgabe, überheizter Wohnungsflur, Parkettschäden usw., sind bekannt.
Die "dezentrale" Verteilung kann dagegen mehr: Die gesetzlich geforderte Raumtemperaturregelung vereint Raumfühler und Regler in einer Armatur. Deshalb entfällt – anders als bei der "zentralen" Verteilung – die Verbindung zwischen Raumfühler und Stellantrieb durch Elektrokabel oder ein Funksignal.
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