Dass hocheffiziente Gebäudetechnik mit Lüftung, KWK und Photovoltaik in Mietobjekten zu einem Gewinn führt, belegt ein Mehrfamilienhaus in Papenburg.
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„Wir sind Shell und Esso!“
Strom- und Wärmewende made in Emsland
Freitag, 10.06.2022
Bei einem Besuch vor Ort sah die HeizungsJournal-Redaktion noch weitere bemerkenswerte Ausführungen zum Einbremsen des Klimawandels.
„Die Welt will mehr und mehr elektrisch Autofahren und die Atom- und Kohlekraftwerke werden abgeschaltet. Wo soll der Strom herkommen? Wir haben mit der KWK-Technologie die Möglichkeit, nicht nur Strom, sondern sozusagen auch "Diesel" und "Benzin" zu erzeugen. Den Weg der Sektorenkopplung, also den Anschluss von Ladesäulen, gehen wir jetzt ganz konsequent. Das ist unwahrscheinlich spannend. Wir können mit einer Wärmepumpe Schritt halten. Die kostet nur. Dagegen kann man ab 40.000 kWh Wärmeverbrauch im Jahr wunderbar ein Kleinst-BHKW aufstellen, das sich selbstständig und vollständig refinanziert. Das bekommt man mit keinem anderen System hin. Ich will damit nicht gegen Wärmepumpe und PV sprechen. Solche Anschaffungen lassen sich vorteilhaft mit KWK verbinden. Ich habe mir selbst Photovoltaik aufs Dach gelegt, um im Sommer mein »XRGI«-BHKW abschalten zu können“, betont Johannes Krallmann, Geschäftsführer der Energie-Systeme Krallmann und EC Power-Repräsentant im norddeutschen Papenburg.
Er rechnet vor: „Die Wärmepumpe bekommt im Falle eines Wechsels von Öl auf Umweltenergie im Normalfall 45 Prozent Förderung – und Schluss. KWK erhält dagegen 8 Cent für die eigengenutzte und 16 Cent für die eingespeiste Kilowattstunde. Und das für 30.000 Vollbenutzungsstunden. Kalkuliert man überschlägig mit 50 Prozent Verbrauch im Haus und 50 Prozent Abgabe ins öffentliche Netz, errechnen sich daraus für das kleinste Aggregat von EC Power mit 6 kW elektrisch und 12 kW thermisch bereits 22.000 Euro staatlicher Zuschuss. Dazu kommt noch die Vergütung von der Leipziger Strombörse EEX, auch über die 30.000 Stunden hinaus. Und generell liegt der Strompreis aus einem eigenen BHKW mindestens 20 Cent unter dem Ortstarif für Elektrizität.“
An der Leipziger Strombörse schoss förmlich die Vergütung für die Einspeisung nach oben. Die richtet sich nach dem vorausgegangenen Quartalsdurchschnitt. Die Händler mussten im Oktober 2021 in der Spitze bis 440 Euro für die Megawattstunde bezahlen, mithin 44 Cent für eine einzige Kilowattstunde. Im Mittel pendelte sich die Kilowattstunde im Oktober auf 15 Cent ein und im 3. Quartal 2021 auf 9,7 Cent. Tendenz steigend. Diesen Betrag bekommt auch der KWK-Betreiber für den Teil seiner Produktion, die ins öffentliche Netz geht, vom Versorger. Plus rund 1,5 Cent für vermiedene Netzkosten. Plus Befreiung von der Mineralölsteuer. Wie schon gesagt, der EEX-Zuschuss ist überdies weder an jährlichen noch an totalen Vollbenutzungsstunden gebunden. „Das heißt, die Investition in eine Mikro-KWK bis 50 kW elektrisch fließt bei einer Einspeisevergütung von aktuell rund 30 Cent je Kilowattstunde und aufgrund der KWK-Förderung in jedem Fall zurück“, versichert BHKW-Experte Krallmann.
Neue Förderung erhöht Attraktivität
In Bezug auf die feste staatliche Unterstützung gelten allerdings wegen der Beschränkung auf 3.500 Vollbetriebsstunden im Jahr neue Planungsregeln. Nicht mehr ein Maximum an BHKW-Laufzeit, so wie früher, beschleunigt die Refinanzierung. Neuerdings liegt das Optimum zwischen 3.500 bis 5.000 Stunden pro Jahr. 5.000 Stunden, wenn der Typ „XRGI 6“ von EC Power statt mit der Volllast von 6 kW elektrisch im Jahresmittel mit der Teillast von 4 kW Strom und Wärme liefern würde. Umgerechnet entspricht das grob den bezuschussten Voll-laststunden. Die seit 2021 gültige Regelung macht damit Blockheizkraftwerke zum Beispiel für Objekte ohne zentrale Brauchwarmwasserbereitung noch wirtschaftlicher – etwa für Büro- und Verwaltungsgebäude. Im Umkehrschluss heißt das, eine Anlage eventuell eine Nummer größer zu wählen, um sie bedarfsgerecht lange in Teillast ohne Einbußen an Fördergeld laufen lassen zu können.
Drei Aufhänger hatte BHKW-Spezialist Krallmann zum Anlass genommen, das HeizungsJournal nach Papenburg einzuladen: ein realisiertes Mieterstromobjekt, dann die von ihm designte Technikzentrale „Energy-Cube“ sowie zwei nebenstehende Einfamilienhäuser, „die ich mit einer gemeinschaftlichen KWK-, PV- und Batteriespeicher-Lösung zukunftsfähig gemacht habe“.
Eine grundsätzliche Frage
Hat denn – grundsätzliche Frage – erdgasversorgte KWK überhaupt Zukunft? „Ja, absolut. Das bestehende Gas-verteilnetz verzweigt sich praktisch in jedes Haus und wird zukünftig einen Mix aus Erdgas, Biogas und Wasserstoff aufnehmen. Dieser Mix steuert die Klimaneutralität an. Die KWK zur verlustarmen Strom- und Wärmeerzeugung unterstützt diese Maßnahme.
Sie hat in diesem Zusammenhang einen großen Stellenwert, da sie dem Netz zur Be- und Entladung mit Wind- und PV-Strom die notwendige Flexibilität gibt. Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber ja auch die Einspeisevergütung für KWK-Strom von ehedem 60.000 Stunden auf 30.000 Stunden begrenzt, damit größere Aggregate weniger Stunden für die gleiche Arbeit laufen, für die kleinere Anlagen die doppelte Zeit benötigen und so das Netz blockieren“, erklärt Krallmann.
Was ist ein „Energy-Cube“? „Eine dezentrale und sichtbare Gebäudetechnik mit einem EC Power BHKW, Strom- und Wasserspeicher, Ladesäule, wenn gewünscht PV oben auf und anderes mehr. Der Altbau schränkt uns ja vom Platz her in der Umrüstung der Energietechnik auf Nachhaltigkeit häufig ein. Den "Cube" entwickelten wir als Alternative. Den können wir in Sanierungsfällen von der Anmutung her vor, hinter oder neben das Haus stellen, auf den Parkplatz, auf eine Freifläche – das ansprechende Design lässt das zu. Wir planen gerade, einen »Energy-Cube« zur Stromerzeugung mit einer EC Power Maschine hier am Bahnhof in Papenburg aufzustellen. Als Stromtankstelle. Mit der Abwärme heizen wir die anliegende Pflegefachschule über ein Nahwärmesystem.“
1 Liter Diesel zu 10 Cent
Der Raum gestattet praktisch jede Bestückung: mit AC- und DC-Ladesäulen für 11, 22 oder 50 kW, „XRGI“-Aggregaten mit bis zu 80 kW elektrischer Leistung (Kaskade), unterschiedlichen Speichergrößen und PV-Peaks, Gas-Brennwert zur Spitzenlastdeckung, Wärmepumpen für die Niedertemperatur. „Das "XRGI" hat im Gegensatz zur Wärmepumpentechnologie den großen Vorteil, dass wir gerade im Altbau hohe Temperaturen liefern können.“ Das Äußere des „Cubes“ ist der Architektur des versorgten Objekts anpassbar – Farbe, Holz, Metall, Kunststoff – und dem Leistungs- und Ausstattungsbedarf durch unterschiedliche Größen von 12 bis 27 m2. Eine augenfällige Besonderheit: Energiekosten, Energiebedarf und Energieproduktion visualisiert das Display dem Betrachter – und signalisiert ampelfarbig die CO2-Emissionen.
Die BHKW-Nachfrage profitiert laut dem Papenburger KWK-Spezialisten zunehmend zusätzlich vom preiswerten Ladestrom. „Im Moment (Anm. d. Red.: Dezember 2021) kosten umgerechnet ein Liter "Diesel" oder "Benzin" gerade mal 10 Cent an der Wallbox des eigenen BHKWs. 10 Cent für den Treibstoff statt 1,70 Euro. Das spricht sich rum. Nehme ich den handelsüblichen Strom an einer externen Ladesäule, liege ich irgendwo bei 40, 50 Cent pro Kilowattstunde, teilweise auch darüber. Es macht richtig Spaß, im "Energy-Cube" Technologien zusammenzustellen, die dem Klimawandel entgegenwirken – und der Mineralölwirtschaft Konkurrenz machen. Wir sind Shell und Esso!“ Das „Wir“ steht für die Kunden der Krallmann-Kunden. Die zweitgenannten sind die Heizungsbauer in der Region des EC-Power-Premiumpartners, die erstgenannten deren Auftraggeber.
„Cube“ statt Keller
Das modulare „Cube“-System beschränkt sich nicht nur auf die Einhausung der Gebäudetechnik. Auf Wunsch nimmt es auch die Mülltonnen, den Fahrradständer und anderes auf. Modular bedeutet, dass die „outgesourcte“ Technikzentrale in Papenburg komplett aufgebaut, getestet und wieder zerlegt wird, dann zur Baustelle geht und dort nach zwei Tagen von Mitarbeitern der Energie-Systeme Krallmann betriebsbereit aufgebaut ist. „Diese Struktur gestattet, dem Kunden trotz des Engpasses in den Handwerkerkapazitäten eine verlässliche und kurze Bauzeit zuzusichern.“
Der zweite Anlass der Informationsreise nach Papenburg war die Mitteilung in der Einladung, zwei Einfamilienhäuser mit zusammen etwa 450 m2 mit einer semi-monovalenten BHKW-Zentrale zukunftsfähig gemacht zu haben. Semi-monovalent als Abgrenzung zu hybrid: kein Heizöl oder Gas für die Spitze, lediglich zusätzliche Stromerzeugung mit PV. Die Gebäude stammen aus dem Jahr 1970, also aus der Zeit vor der ersten Wärmeschutzverordnung (1977). Die energetische Sanierung des Baukörpers hielt sich bisher in Grenzen. Die Eigentümer dämmten lediglich das Dach und tauschten die Fenster aus. Die beiden Ölkessel legten sie still. Den Kern bildet wiederum ein „XRGI“-BHKW mit einer Leistung von 9/18 kW elektrisch/thermisch. Das Aggregat unterstützt in der Stromerzeugung ein 3,5 kW PV-System, das genauso wie der Kraft-Wärme-Koppler mit einer Batteriestation mit 20 Modulen à 2 kWh, ergo 40 kWh Gesamtkapazität und 18 kW elektrische Maximalleistung, vernetzt ist.
Weiterführende Informationen: https://www.esk-elements.de/Energy-Cube
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