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Wärme

WOLF treibt Internationalisierung voran

Donnerstag, 18.05.2017

Noch dominieren bei den neuen Wärmeerzeugern Gas- und Öl-Geräte den Markt mit einem Anteil von über 80 Prozent. Wie lang kann dies noch so weitergehen? Welche Zukunft geben Sie dem klassischen Heizungsmarkt auf Basis von Öl und Gas?

Es könnte sein, dass dieser Anteil vorüber­gehend sogar noch wächst. Jährlich schwankt der Markt für neue Wärmeerzeuger zwischen 600.000 und 700.000 Anlagen. Bei 20 Mio. Wärmeerzeugern in Deutschland bedeutet dies, dass eine Heizung im Durchschnitt bislang alle 33 Jahre ausgetauscht wird. Moderne energieeffiziente Heizsysteme haben aber in der Regel einen kürzeren Lebenszyklus. Wir kommen bereits in die Phase, dass die erste Generation der Brennwertthermen aus den 90er Jahren in den Austausch kommt.

Daher ist zu erwarten, dass der jährliche Marktanteil von Gas im Bereich der Modernisierung über die nächsten zehn Jahre noch deutlich steigt. Im Neubau spielt Öl schon kaum eine Rolle mehr und Gas wird hier zugunsten von Wärmepumpen weiter Anteile verlieren. Ich bin mir sicher, dass der Anteil von Wärmepumpen im Neubau von derzeit rund einem Drittel aufgrund der regulatorischen Bewertung weiter steigen wird.

Welche Chance räumen Sie der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) im Wohnungssegment ein?

Der Charme der KWK liegt darin, dass sie beides macht: Wärme und Strom. Doch ich betrachte Produkte zunächst einmal unabhängig von aktuellen Förder-Rahmenbedingungen. Ich scheue mich vor Produkten, die sich nur rechnen, wenn es die aktuelle Förderpolitik gerade ergibt.

Und unter reinen Wirtschaftlichkeitsaspekten bin ich skeptisch, was die Chancen der KWK in kleineren Wohngebäuden betrifft. Im Einfamilienhaus habe ich zum Beispiel den ganzen Sommer über nicht den notwendigen Wärmebedarf. Hier rechnet sich ein Blockheizkraftwerk (BHKW) nicht.

Anders sieht die Situation aber im gewerblichen Bereich aus. Das unter dem Dach von WOLF Powersystems von den Tochterunternehmen Kuntschar + Schlüter sowie Dreyer & Bosse Kraftwerke angebotene Spektrum an BHKW verzichtet daher auf die kleinen Leistungsbereiche der Mikro-BHKW.

Mein Grundsatz für die Produktentwicklung bei WOLF lautet: Ich möchte nur Produkte im Portfolio haben, die ich auch meinem besten Freund empfehlen kann. Nicht die Technik soll verkauft werden, sondern die persönliche Wohlfühlatmosphäre für den Endkunden. Unser Messeauftritt auf der ISH stand daher auch ganz im Zeichen unserer Markenneupositionierung: "WOLF – Voll auf mich eingestellt".

Produkte von Wolf auf der ISH 2017.
Quelle: Robert Donnerbauer
Der Messeauftritt von WOLF auf der diesjährigen ISH stand im Zeichen der Markenneupositionierung: "WOLF – Voll auf mich eingestellt".

War deshalb das 2014 von WOLF vorgestellte kleine Blockheizkraftwerk mit 2 kW elektrischer Leistung auch 2015 schon nicht mehr im Programm?

Für uns steht der Nutzen für den Endkunden im Fokus. Und da betrachte ich den Nutzen und die Vorteile von Mikro-BHKW doch sehr zurückhaltend. Übrigens haben wir aus demselben Grund auch Pelletheizkessel aus dem Programm genommen. In den meisten Fällen dürfte ein effizienter Brennwertkessel, ob für Öl oder Gas, für den Endkunden wirtschaft­licher sein als eine Pelletheizung.

Wie schätzen Sie den deutschen Heizungsmarkt derzeit ein? Welche Entwicklungen/Bewegungen sind bereits zu erkennen und welche erwarten Sie bei den Produktsegmenten in naher Zukunft?

Wie gesagt wird im Neubau die Wärmepumpe allein schon aufgrund der regulatorischen Vorgaben an Bedeutung gewinnen. Pelletheizkessel werden weiter rückläufig sein. Solarthermie zeigt ebenfalls eine rückläufige Entwicklung – bei doch vorhandenem Potential. Allgemein geht angesichts der immer stärker gedämmten Häuser der Wärmebedarf immer weiter Richtung Brauchwasser – weniger Heizbedarf, mehr Warmwasser.

Wie geht es mit der Ölheizung weiter?

Die Ölheizung hat ihre Bedeutung vor allem im Bestand, in Regionen ohne Gasversorgung. Wenn hier eine Ölheizung ausfällt, wäre es unangemessen, eine Wärmepumpe vorzuschreiben. Denn dann müsste der Hausbesitzer eine Komplettsanierung durchführen, mit Dämmung und Flächenheizung. Der Aufwand und die Kosten sind immens. Dies wäre ein sehr heftiger regulatorischer Eingriff.

Nach Plänen der Bundesregierung soll Deutschland im Jahr 2050 rund 80 bis 95 Prozent weniger Treibhausgase emittieren als 1990. Von einer Elektrifizierungsstrategie und von einer dekarbonisierten Energiewelt ab 2030 ist die Rede. Kritiker warnen bereits vor Zwangsmaßnahmen mit Technologievorgaben. Starke finanzielle Belastungen für Hauseigentümer würden die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung gefährden. Wie bewerten Sie diese Entwicklung?

Ich finde die Diskussionen zu digital – es gibt nur schwarz oder weiß, gut oder böse. Öl und Gas stehen quasi auf dem Index. Doch die Antwort ist meines Erachtens eher grau. Langfristig wird der Dämmstandard auch im Bestand sicher steigen. Dies ist ein großer Hebel, um den Heizwärmebedarf weiter zu reduzieren. Dies erfordert hohe Investitionen. Warum kann dann der restliche Heizbedarf nicht mit effizienten Öl- oder Gasbrennwertheizungen gedeckt werden.

Es wird sicherlich auch neue Entwicklungen und Konzepte geben. Die Richtung ist richtig, Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Doch die Diskussion ist mir zu emotional. Wir beobachten und begleiten die Entwicklung. Für die nächsten zehn Jahre erwarte ich keine gravierenden Veränderungen. Man darf das Gas jetzt nicht verteufeln. Gerade im Gebäudebestand, ohne Außendämmung und ohne Fußbodenheizung, ist eine Gasbrennwertheizung erheblich effizienter in der Kosten- und Ökobilanz als eine Luft/Wasser-Wärmepumpe.

Die Themenwand Gas-Brennwert-Systeme auf der ISH 2017.
Quelle: Robert Donnerbauer
Themenwand Gas-Brennwert-Systeme von WOLF auf der ISH.

Wieweit kann das Heizungshandwerk den gestiegenen Anforderungen an Planung, Auslegung und Installation eines nachhaltigen Heizsystems noch gerecht werden?

Hier sind wir als Hersteller gefordert, das Handwerk entsprechend zu unterstützen, bis hin zur Inbetriebnahme. Hier gibt es viele neue Möglichkeiten bis hin zu Apps für die Regelung und den Service.

Weltweit schreitet die Digitalisierung ob in der Wirtschaft oder in der Gesellschaft immer schneller voran. Wie beobachten Sie diese Entwicklung? Welche Auswirkungen erwarten Sie für das Geschäft von WOLF?

Die Digitalisierung reicht von der Produktion über den Vertrieb bis hin zum Endkunden, sprich Hausautomation. Dies ist für den Fertigungsprozess nichts Neues. Seit Jahrzehnten nutzt man hier verschiedene Automatisierungstechniken. Neu ist hier der Einsatz von kollaborierenden Robotern, die mit Menschen zusammenarbeiten.

Generell automatisieren wir nicht um der Automatisierung willen. Jede Maßnahme muss sich auch rechnen. Wir analysieren dazu jeden Schritt prozessspezifisch. Auch bei der Kommunikation mit unseren Kunden, dem Großhandel und dem Handwerk, ist die Digitalisierung schon weit fortgeschritten, zum Beispiel mit dem Großhandel bei der Datenübermittlung im Bestellungs- und Rechnungswesen.

Das installierende Handwerk wird, wie erwähnt, bei der Inbetriebnahme der immer komplexer werdenden Systeme, beim Service, bei der Fehlersuche oder bei der Ersatzteil­identifikation durch moderne elektronische Systeme unterstützt, die wir auch auf der ISH vorgestellt haben.

Der Begriff des intelligenten Hauses, des "Smart Home" macht die Runde. Wartet der Endverbraucher in Deutschland wirklich darauf, endlich tagtäglich seine Heizung per Smartphone beobachten und bedienen zu können?

Das ganze Thema App ist derzeit mehr eine Notwendigkeit, weil viele Verbraucher alles mit dem Smartphone machen wollen und einige Anbieter hier Möglichkeiten für viele Spielereien sehen. Auch wir bieten hier eine Lösung für Endverbraucher und das Handwerk an, bei der mit nur einer App das ganze System aus Heizung, Lüftung und Klimatisierung bis hin zur Solarthermie bequem gesteuert werden kann.

Aber wenn wir ehrlich sind: Für die meisten Endverbraucher ist dies ein "nice-to-have". Ich sehe dies als vorübergehenden Trend. Aktuell wird viel Wert da­rauf gelegt. Es kann durchaus sein, dass es Kaufentscheidungen mit beeinflusst. Einige finden es vielleicht interessant, nachzuschauen wieviel Ertrag die Solaranlage an einem sonnigen Tag gebracht hat.

Aber ich glaube nicht, dass im Alltag regelmäßig nach dem Wärmeerzeuger geschaut wird. Man beschäftigt sich doch mit der Heizung nur dann, wenn sie nicht funktioniert oder wenn die Raumtemperaturen nicht passen. Wir müssen es schaffen, dass der Endkunde gar nicht mehr merkt, dass er eine Heizung hat. Das bedeutet für mich Hausautomation. Ein lernendes System sorgt dafür, dass in jedem Raum die gewünschte Temperatur vorherrscht und der Installateur über auftretende Fehler sofort informiert werden kann.

Wird dabei dem Thema IT-Sicherheit, sprich Cyber-Kriminalität, genügend Beachtung geschenkt?

Von Herstellerseite kann ich nur für WOLF und Centrotec sprechen: Wir legen höchsten Wert darauf, dass einerseits keine Daten unerwünscht nach draußen dringen und andererseits keine sicherheitsrelevanten Parameter der Heizung von außen beeinflusst werden können.

Cyber-Kriminalität ist ein wichtiges Thema, das noch viel zu wenig beachtet wird. Wenn jemand seine Haustür auf das Hausautomationssystem einbindet und nicht weiß, wo seine Daten gespeichert sind, geht er natürlich ein Risiko ein. Das muss ihm bewusst sein. Man ist doch noch sehr unbedarft im Umgang mit Daten. Wir werden an dieser Stelle jedenfalls keine Risiken eingehen.

Von Robert Donnerbauer
Redaktion, Heizungs-Journal Verlags-GmbH
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