Wärme

Zur Nachahmung empfohlen!

Nahwärme aus Biomasse – Ertrag mit Contracting

Freitag, 21.01.2022

Wenn die Energiekosten und die Emissionen eines Schulkomplexes älteren (Dämm-)Datums erheblich gesenkt werden sollen, geht eigentlich wenig an einer Biomasseheizung vorbei. Wenn die zudem als Ein-Kessel-Anlage die einzelnen Gebäude zentral mit Nahwärme versorgt, statt wie zuvor dezentral aus mehreren Kesseln, kommt das den weiteren Betriebskosten zugute. Wenn die Sanierung dann noch ein Contracting-Partner übernimmt, muss der Schulträger nicht einmal die Investitionskosten bereitstellen – wie im folgenden „Best Practice“-Beispiel gezeigt wird.

Foto: Der Schulhügel mit einer Grundschule, einer Realschule und drei Turnhallen ist nun wieder auf der Höhe der Zeit.
Quelle: SWK
Der Schulhügel mit einer Grundschule, einer Realschule und drei Turnhallen ist nun wieder – energie- und emissionstechnisch gesehen – auf der Höhe der Zeit.

„Eine Nahwärmeversorgung für die drei Turnhallen und die zwei Schulgebäude auf dem Schulhügel sollte es sein, doch hatten wir den Energieträger zunächst einmal offen gehalten und in der Ausschreibung hinsichtlich dieses Punkts keine Vorgaben getroffen. In die Matrix setzten wir jedoch eine CO2-Einsparung um 50 Prozent ein sowie eine Reduzierung der Betriebskosten um 50 Prozent, bezogen auf die vorhandenen und in die Jahre gekommenen Erdgaskessel. Eine Voruntersuchung sagte uns, dass das möglich sein müsste.“ Michael Kleber, Baudezernent der Stadt Hilchenbach im Kreis Siegen-Wittgenstein im südlichen Sauerland, erklärt, wie es zu der Holzhackschnitzelanlage für die Nahwärmeversorgung des Schulkomplexes kam, nämlich als Gewinner einer europaweiten, technologieoffenen Ausschreibung zur Lieferung von Wärme. Die Vorplanung stammt von G-Tec Ingenieure GmbH, Siegen. Das Contracting-Angebot der SWK Energie GmbH, eine 100-prozentige Tochter der SWK Stadtwerke Krefeld AG, hatte sich gegen 13 weitere Einreichungen durchgesetzt. Anfang 2019 ging die Neuinstallation in Betrieb.

Vorreiter im Landkreis

Das Thema Klimaschutz steht bei der Kommune bereits seit vielen Jahren auf der Tagesordnung. Sie war vor rund zehn Jahren in ihrem Landkreis Vorreiter in Sachen Solarnutzung, als sie ein Solarpotentialkataster erstellen ließ, dass den Betrieben und Bürgern überschlägig die Eignung/Nichteignung einer PV- oder Solarthermieanlage auf dem eigenen Dach ausweist. Nach diesem Muster animieren heute sämtliche elf Gemeinden im Landkreis Siegen-Wittgenstein ihre Immobilienbesitzer zu nachhaltigen Investitionen oder bieten die „öffentlichen“ Dächer etwa Bürgerenergiegenossenschaften zur Pacht an.

Auf dem Schulhügel mit einer Grundschule, einer Realschule und drei Turnhallen, darunter eine Zweifach-Sporthalle mit der doppelten Grundrissfläche gegenüber einer Einfach-Sporthalle, entsprachen die Wärmeverluste und der Betriebsaufwand für die fünf Erdgaskessel schon länger nicht mehr dem aktuellen Stand der Technik. Die Stadt schrieb deshalb auf Basis des G-Tec-Entwurfs einen Auftrag über eine Wärmelieferung von 180 Monaten mit Vorgaben zu den Betriebskosten und Emissionen aus. SWK erhielt den Zuschlag. Die neue Anlage besteht im Wesentlichen aus einem Holzhackschnitzelkessel mit einer Leistung von 400 kW, einem Lager für den Brennstoff, einem zentralen 50 m3 fassenden Pufferspeicher nebst vier kleineren Behältern in den Objekten, einem etwa 500 m langen Nahwärmenetz plus Wärmeübergabestationen und Teile der Bestandskessel-Anlage. Teile heißt: Der Contractor demontierte zwei der insgesamt fünf Wärmeerzeuger, einen dritten tauschte er gegen eine moderne Ausführung aus und zwei behielt er als Redundanz und für einen Spitzenbedarf im System. Durch die Weiterverwendung sank das Investitionsvolumen.

Foto: Vorratsspeicherung der (Holz-)Wärme im zentralen Pufferspeicher.
Quelle: SWK
Die Vorratsspeicherung der (Holz-)Wärme im zentralen Pufferspeicher mit einem Volumen von 50 m3.

Zwang zu neuen Geschäftsmodellen

Für die bis zu 90-grädige Nahwärme ist also die SWK Energie GmbH von der Biomasse und dem Biomassekessel bis hin und inklusive Wärmeübergabestationen in den fünf Gebäuden zuständig. Die Betriebsverantwortung für den Primärkreislauf mit Hochtemperatur-Heizkörpern und der Einzelraumregelung verbleibt bei der Stadt. Für Waschbecken und Duschen bezieht der Komplex das Warmwasser zum Teil aus den Speichern, doch tun unter verschiedenen, nur selten genutzten Auslaufarmaturen ebenfalls die vorhandenen dezentralen Elektro-Durchlauferhitzer weiterhin Dienst, „was wegen der Legionellenproblematik ja auch Sinn macht“, betont Christian Hibbeln, kaufmännischer Projektleiter des Contractors SWK. In der Vergangenheit lebten Stadtwerke vom Energie- und Wasserverkauf sowie von der Abwasserentsorgung. Das Schulzentrum heizt mit zuzukaufender Biomasse. Was hat ein Versorger als Contractor davon? In ihrem Energiekonzept formuliert die Bundesregierung das Ziel, den Primärenergieverbrauch bis 2050 im Minimum zu halbieren. Damit stehen kommunale Energieversorgungsunternehmen vor der Aufgabe, ihre Geschäftsmodelle umzugestalten und zu erweitern: Nicht mehr im Energiehandel möglichst viel Energie zu verkaufen, stattdessen möglichst viel Energieeffizienz – und an den eingesparten Kilowattstunden zu verdienen. Der Verkauf von Wärme und von Dienstleistungen zur Stromreduzierung statt von fossiler Energie rückt mithin in den Vordergrund: virtuelle Kraftwerke und Lastmanagement, Energieaudits, Energieproduktion aus erneuerbaren Energien, Energieberatung und anderes.

Weiterführende Informationen: https://www.viessmann.de/

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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