Trotz Wärmewende und kontinuierlichem Umstieg auf Wärmeerzeuger für erneuerbare Energien sind fossile Heizsysteme in Deutschland bislang weit verbreitet.
Zwischen Tradition und Moderne
Warum Abgasmesstechnik notwendig bleibt
Freitag, 09.08.2024
Zwar führten Unsicherheiten bei Hausbesitzern im Rahmen der Diskussionen um das Gebäudeenergiegesetz (GEG) im ersten Halbjahr 2023 zu einem regelrechten Boom bei Wärmepumpen. Ein halbes Jahr später waren es aber wieder die fossilen Heizsysteme, die sich einer hohen Nachfrage erfreuten. Trotzdem reagieren erste Unternehmen und ziehen sich aus dem Markt der Abgasanalyse für Heizungsanlagen zurück. Dabei wird es auch in den nächsten Jahren bei Heizungssystemen kein „entweder oder“, sondern ein „sowohl als auch“ geben.
Fossil befeuerte Heiztechnik braucht Abgasmesstechnik. Nur dann können Anlagen effizient und emissionsarm arbeiten. Was aber, wenn Heizöl und Gase nicht mehr gebraucht werden? Diese Frage beantwortete ein Traditionsunternehmen für sich mit einem Schlussstrich: So gab die Dräger MSI GmbH Mitte Februar 2024 bekannt, dass man sich am Standort Hagen nach 40 Jahren aus dem Geschäft der fossilen Brennstoff-Abgasanalyse zum Ende dieses Jahres zurückziehen wird. Als Gründe wurden kurz und knapp die Sorge um eine langfristige Profitabilität durch die bevorstehende Energiewende und Änderungen in der Klimatechnik genannt.
Ein anderer namhafter Player in diesem Markt ist die Testo SE & Co. KGaA, Titisee-Neustadt. Auch dort hat man die Situation im vergangenen Jahr aufmerksam beobachtet, ist jedoch zu anderen Ergebnissen gekommen. Auf Nachfrage teilte man mit, man ist fest davon überzeugt, dass die Themen fossile Abgasanalyse und Gasdichtheitsprüfung das SHK-Fachhandwerk noch viele Jahre begleiten werden. „Wir stellen fest, dass die Lage auf dem Abgasmarkt weiterhin stabil und die Nachfrage nach unseren Produkten unverändert hoch ist. Für uns gibt es aktuell keinen Anlass, an der Herstellung und Weiterentwicklung unserer Abgasmessgeräte etwas zu ändern“, betont Dirk Göpfert, Director Product Management Instrumentation bei der Testo SE & Co. KGaA. „Im Gegenteil. Wir sehen grundsätzlich große Chancen in der Weiterentwicklung der Branche. Und mit unserem breiten Produktportfolio haben wir die passenden Messgeräte, sowohl für die Arbeit an Wärmepumpen als auch an Gas- und Ölheizungen.“ Aber woher rührt diese Zuversicht in einem Markt, der kaum einzuschätzen ist?
903.000 neue fossile Heizungen
Wärmepumpen erlebten bis vor Kurzem einen regelrechten Nachfrageboom. Die Gründe waren der Beginn des Krieges in der Ukraine, die damit drohende Gasmangellage nebst Preisexplosionen und im vergangenen Jahr dann der hart eingeschlagene Kurs beim Gebäudeenergiegesetz (GEG) seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK).
Hätten sich damals die ersten Gesetzesentwürfe für das landläufig unter dem Namen „Heizungsgesetz“ bekannte Regelwerk durchgesetzt, wären zumindest nach politischem Willen alte Öl- und Gasheizungen in kürzester Zeit im Bestand außer Betrieb zu nehmen gewesen – ohne dabei die Konsequenzen für Betreiber bis zum Ende gedacht zu haben. So rückten im zweiten Halbjahr 2023 fossile Heizungen unerwartet in den Fokus. Hinzu kam eine andere Entwicklung: Denn wer im Bestand jetzt auf eine Wärmepumpe umstellen wollte, musste Lieferzeiten von bis zu einem Jahr in Kauf nehmen. Dies wiederum kollidierte mit einer noch unklaren Förderkulisse für Wärmepumpen, sodass der Absatz ins Stocken geriet und die Zahl der Förderanträge einbrach. Letztendlich entschieden sich viele Bestandskunden dafür, noch schnell ein neues Gasgerät oder einen Ölkessel einzubauen, bevor die alte Anlage zwangsweise auszutauschen gewesen wäre. So wurden insgesamt 790.500 neue Gas- und 112.500 Ölheizungen im gesamten vergangenen Jahr in Deutschland verkauft. So viele, wie seit 25 Jahren nicht mehr! In der letzten Dekade kamen rund sechs Millionen neue und fossil befeuerte Anlagen in den deutschen Privatkundenmarkt, die noch mindestens ein weiteres Jahrzehnt Abgasmessungen brauchen werden. Zumindest ist, Stand heute, davon auszugehen. Dazu gehören auch hybride Gasthermen oder auf Wasserstoff umstellbare Anlagen.
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