Wärme

Zwischen Tradition und Moderne

Freitag, 09.08.2024

Hinzu kamen im letzten Jahr 49.500 Biomasse-Heizsysteme sowie 356.000 Wärmepumpen. Und wenngleich die klimapolitisch erhoffte Schallmauer von 500.000 Wärmepumpen nicht durchbrochen, sogar deutlich verfehlt wurde, erzielte auch dieser Markt einen nie dagewesenen Verkaufsrekord.

Gaspreis sinkt trotz steigender CO2-Steuer

Bei Bestandsanlagen sind Gas- und Ölheizungen also nach wie vor weit verbreitet. So liegt der Anteil der fossilen Heizsysteme in Deutschland insgesamt bei rund 75 Prozent. Darüber hinaus ist die Sanierungsquote im Gebäudebestand inzwischen deutlich unter ein Prozent gesunken und weiterhin deutlich hinter den Erwartungen von zwei Prozent zurück. Dass die Energiewende noch immer nicht konsequent in deutschen Heizungskellern angekommen ist, mag mehrere Gründe haben.

Ein wichtiger davon ist mit Sicherheit der wirtschaftliche Aspekt. Denn die mit großem Abstand dominie-renden Gasheizungen sind beim Anschaffungspreis weiterhin deutlich günstiger als Wärmepumpen. Aber auch der durchschnittliche Erdgaspreis für Haushalte in Einfamilienhäusern mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh ist zum Jahresbeginn 2024 gegenüber dem Vorjahr um 24 Prozent gesunken und beträgt durchschnittlich 10,68 ct/kWh.

Dass es beim Gaspreis in den nächsten Jahren keine preistreibende Änderung gibt, davon gehen neben dem Wirtschaftsministerium auch eine Reihe von Experten aus, sofern die geopolitische Sicherheitslage und damit die Versorgungssituation prognostizierbar bleiben. Gleichzeitig macht der Strompreis für Endkunden wenig Hoffnung auf günstigere Tarife.

Quelle: BDEW
Durchschnittliche Erdgaspreise für Haushalte in Einfamilienhäusern.

Alte Heizungen bleiben weiter im Markt

Eine dritte Komponente, die gegen einen baldigen Rückgang bei der Nachfrage von Abgasanalysetechnik spricht, ist das Alter der fossilen Heizsysteme. Laut aktuellem GEG müssen zwar Gas- und Ölheizungen ersetzt werden, die vor dem 1. Januar 1994 eingebaut wurden und nicht bereits mit Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik ausgestattet sind. Ausgenommen sind Heizgeräte mit weniger als vier und mehr als 400 Kilowatt Nennleistung. Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hat aber Ende 2023 in der Studie „Wie heizt Deutschland 2023“ offengelegt, dass die Ölheizungen in deutschen Kellern durchschnittlich erst 17,7 Jahre und Gasheizungen 12,4 Jahren alt sind. Und nur ein Drittel der Heizungsanlagen sind 20 Jahre oder älter. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass sehr viele Anlagen im Bestand mit großer Wahrscheinlichkeit noch mindestens ein weiteres Jahrzehnt, viele darüber hinaus betrieben werden. Und erst zum 1. Januar 2045 ist per Gesetz dann endgültig Schluss mit fossil befeuerten Heizungsanlagen.

Es kann auch aus wirtschaftlichen Gründen sinnvoll sein, mit dem Heizungstausch noch zu warten. Zwar hat die Bundesregierung mit der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) ein ordentliches Förderprogramm mit bis zu 70 Prozent Prämie beim Tausch auf eine Wärmepumpe aufgelegt, hat ohne es zu bedenken aber gleichzeitig eine künstliche Bremse eingebaut. Denn der darin enthaltene „Geschwindigkeitsbonus“ über 20 Prozent der Investitionssumme kommt, Stand heute, erst dann zum Tragen, wenn selbst nutzende Hauseigentümer eine mindestens 20 Jahre alte funktionierende Gas-, Öl- oder Kohleheizung gegen eine Wärmepumpe tauschen. Zieht man jetzt die zuvor erörterte Bestandserhebung in Betracht, werden Betreiber in vielen Fällen gewiss erst noch einmal abwarten, bis diese 20 Jahre erreicht sind.

Berufsbild im Wandel

Ein letzter wichtiger Aspekt: Das ausführende SHK-Fachhandwerk befindet sich in einem Wandel. Der Wärmepumpen-Boom einerseits, aber weiterhin auch der Abgasmarkt und die fossilen Heizsysteme andererseits werden über die nächsten zwei Jahrzehnte in Deutschland einen großen Anteil an der Wärmeversorgung übernehmen. Die SHK-Fachbetriebe werden sich folglich sowohl mit Öl- und Gas- als auch mit erneuerbaren Heizsystemen auseinandersetzen. Hinzu kommen neue Aufgaben. „Zudem werden uns ein steigender Beratungsbedarf zu einem komplizierter gewordenen GEG und damit verbundene Beratungspflichten beschäftigen“, erwartet der Hauptgeschäftsführer des ZVSHK, Helmut Bramann. Und er glaubt, das wirklich große Thema der nächsten Jahre wird die Umsetzung des Wärmeplanungsgesetzes (WPG) werden. In beiden Gesetzen geht es um Beratungspflichten beim Um- bzw. Einstieg in alternative Heizsysteme. Und als fachkundige Personen kommen natürlich Installateure und Heizungsbauer in Frage. „Entscheidend ist für uns der Faktor Zeit. Wir unterstützen die Klimaziele der Bundesregierung. Wir schaffen deren Umsetzung im Wärmemarkt. Aber die zeitlichen Fristen hierfür müssen sich an dem Machbaren orientieren, das heißt, an den verfügbaren Fachkräften.“ Mit diesem Fazit präsentierte ZVSHK-Präsident Michael Hilpert bereits 2022 die Ergebnisse eigener Berechnungen. Das Resultat: Die Klimaziele der Bundesregierung mit einer Energiewende hin zu einem klimaneutralen Gebäudesektor wird mit dem vorhandenen Potential erst bis 2045 machbar sein.

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