Bund und Länder: zu wenig Kompetenz
Da die Umsetzung nur nachhaltig ist, wenn qualifiziertes Personal die Betriebsführung übernimmt, verlangt Agora: "Bund und Länder müssen im Rahmen ihrer Konjunkturmaßnahmen zudem das Problem der fehlenden Personalkapazitäten in der Verwaltung zur Beauftragung solcher Sanierungsprojekte adressieren. Der stockende Mittelabfluss und die teilweise geringe energetische Qualität der Sanierungen im Rahmen des Konjunkturpakets II vom Januar 2009 sind so zu vermeiden." Damals standen im Konjunkturpaket II 300 Mio. Euro zur Sanierung von Schulen, Kindergärten und öffentlichen Gebäuden bereit, aber die Kommunen riefen nicht einmal 100 Mio. Euro ab, weil ihnen das Geld für den Eigenanteil fehlte.
Jedes Jahr verursachen die etwa 186.000 öffentlichen Gebäude in Deutschland rund 6 Mrd. Euro Energiekosten. Allein der Bund ist mit den Liegenschaften und Wohnungen im Besitz der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) und anderer Bundesbehörden und bundeseigener Unternehmen einer der größten Immobilieneigentümer in Deutschland. Energieeffizienz müsste daher auch für die öffentliche Hand ein zentrales Thema sein. Ist es aber in der Realität nicht.
Solarindustrie stärken
Das Maßnahmenpaket 7 enthält unter anderem die PV-Branche. "Die Solarbranche sorgt bei Zehntausenden von Handwerksbetrieben für Beschäftigung. Für das Gelingen der Energiewende ist bis 2050 zudem mindestens die vierfache Menge der aktuell installierten Solarkapazität (etwa 200 Gigawatt) notwendig. Um diese Branche in Deutschland gegen einen erneuten Einbruch infolge der Corona-Krise abzusichern, sollten folgende Sicherungsmaßnahmen beschleunigt umgesetzt werden:
- Sofortige Abschaffung des 52-Gigawatt-Solardeckels im EEG, da sonst im Sommer 2020, das heißt mitten in der Wirtschaftskrise, ein weitestgehender Solar-Investitionsstillstand droht. Dabei zugleich Anpassung des jährlichen PV-Zubauziels im EEG von 2,5 auf 10 Gigawatt pro Jahr. (Anm. d. Red.: Im am 3. Juli 2020 verabschiedeten Gebäudeenergiegesetz – GEG ist dieser Solardeckel bereits abgeschafft.)
- Sonderausschreibung für die zusätzliche Installation von PV-Freiflächenanlagen in Höhe von jeweils fünf Gigawatt in den Jahren 2021 und 2022. Dafür wird die Flächenkulisse für Freiflächenanlagen deutlich erweitert und die Leistungsbegrenzung von PV-Anlagen in der Freifläche von zehn auf 25 Megawatt Leistung angehoben. Insbesondere auf ehemaligen Braunkohletagebauflächen könnten bei entsprechenden Regelungen erhebliche zusätzliche Mengen installiert werden, zumal hier bereits die notwendigen Netzanschlüsse vorhanden sind.
- Abschaffung der Blockaden für Solar-Speicher-Kombinationen: Die EEG-Umlage auf den Eigenverbrauch von Solarstrom, die bei Anlagen oberhalb von zehn Kilowatt Leistung anfällt, blockiert den Bau von Solaranlagen vor allem im gewerblichen Bereich und erzeugt unnötige Bürokratie. Ihre schnelle Abschaffung würde erhebliche Investitionen ermöglichen und gleichzeitig den Bau von Solar-Speicher-Kombinationen anreizen."
Grüne Fernwärmenetze
Für das "Sofortprogramm Grüne Fernwärmenetze" sieht "Der Doppelte Booster" 5 Mrd. Euro vor. Mit folgender Begründung: "In Zukunft bezieht ein großer Teil der Deutschen Wärmeenergie zum Heizen und für Warmwasser über Wärmenetze. Vor allem in Städten, wo die Menschen dichter zusammenwohnen als auf dem Land, liefern Wärmenetze die erneuerbare Wärme. Die CO2-freie Wärme in den Wärmenetzen wird aus einer Vielzahl von Wärmequellen gespeist, Solarthermie, Geothermie, Abwärme aus Müllkraftwerken und der Industrie sowie Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen in Zeiten der Dunkelflaute. Um Wärmenetze in großem Stil zu bauen, zu verlängern, zu dekarbonisieren und zu verdichten, werden bestehende Förderprogramme des Bunds für Wärmenetze aufgestockt und um fehlende Elemente ergänzt. Wo Eigenkapital fehlt, um Investitionen in diesem Bereich zu tätigen, sollen Stadtwerke und andere Wärmenetzbetreiber bei Investitionen Unterstützung aus einem Eigenkapitalfonds erhalten. Um das Problem einer anfangs gegebenenfalls geringen Anschlussdichte bei neuen Netzen zu umgehen, sollten KfW-Kredite für neue Netze so ausgestaltet werden, dass die Tilgung sukzessive mit der Anschlussquote steigt."
Fazit
Schon die nächsten Monate werden zeigen, was die Politik von den Vorschlägen ihrer Berater hält. Auf den Berliner Energietagen Mitte Juni 2020 meinte einer der Teilnehmer zu diesem Punkt jedenfalls: "Jetzt in der Corona-Krise setzt sie ja alles um, was die beratenden Virologen anraten. Mal schauen, ob sie auch in Klimafragen so folgsam ist."