Einsatz von Wasserstoff im Wärmemarkt
Diese Einsatzfelder lassen sich nach Wirkungsgrad und Infrastrukturanforderung klar priorisieren. Im Hinblick auf den Wärmemarkt zeigen die Ergebnisse der IEE-Studie Folgendes: Gesellschaftlicher und politischer Konsens der letzten Jahre war, dass die direkte Stromnutzung dort, wo technisch sinnvoll, zu maximieren ist. Bei der Gebäudewärmeversorgung ist Power-to-Gas aufgrund zu hoher Umwandlungsverluste (Strom – Elektrolyse – Methanisierung – Wärme) keine Option. Der Verlust von Primärenergie in der Wasserstofferzeugung wird auf bis zu 40 Prozent geschätzt. Die Wärmepumpe bietet hier klare Effizienzvorteile: Aus 1/3 Strom und 2/3 Umweltwärme wird Wärme. Der Wirkungsgrad einer Wärmepumpe ist um ein Vielfaches höher. Nun werden diese Erkenntnisse erneut in Frage gestellt, weil durch eine mögliche direkte Nutzung des Wasserstoffs im Gebäude ein Umwandlungsschritt (die Methanisierung) entfällt. Das Fraunhofer IEE sieht aufgrund der verbleibenden Wirkungsgradkette eine Nutzung von Wasserstoff weiterhin nicht für die Gebäudewärme geeignet und sinnvoll. Es verwundert daher schon sehr, dass Wasserstoff auch im Bereich der Gebäudewärme von der Bundesregierung als Alternative angedacht wird.
Heute spricht man von Wärmewende und Sektorkopplung: Sektorkopplung bedeutet, den Wärmemarkt für Stromanwendungen zu erschließen und den zunehmend erneuerbaren Strom für Heizzwecke einzusetzen. Das Schlagwort dafür lautet „Power-to-Heat“. Diese Technologien, die den Strom hocheffizient nutzen, sind daher ein Schlüsselelement für die gesamte Energiewende. Wärmepumpen erfüllen all diese Anforderungen bestens, da sie den grünen Strom nicht einfach „verheizen“, sondern durch ihn ein Vielfaches an erneuerbarer Umweltwärme nutzen. Bei hohem Ökostromanteil und hoher Effizienz sind sie klimafreundlicher als alle verbrennungsbasierten Heiztechnologien. Sie können Ökostrom, der bei Überkapazitäten abgeregelt werden müsste, in Wärme umwandeln und speichern. Und sie sind die einzige Technologie, die ganzjährig und in großen Stückzahlen nachhaltig eine erneuerbare Wärmeversorgung garantieren kann. Die Notwendigkeit einer starken Integration von Strom- und Wärmemarkt mithilfe von Wärmepumpen wird unter anderem von mehreren Fraunhofer-Instituten als auch von der Internationalen Energieagentur (IEA) bestätigt.
Natürlich stellt sich dabei die Frage, ob genügend grüner Strom zur Verfügung steht, um eine flächendeckende Verbreitung der Wärmepumpe im Gebäudebereich abzudecken. Das Fraunhofer IEE sagt hierzu ganz klar: „Ja“. Es hat die unterschiedlichen Hochrechnungen vom Bundesministerium für Umwelt (BMU), vom Umweltbundesamt, vom Bundesverband der Deutschen Industrie e.V. (BDI) und ihre eigenen Hochrechnungen aus dem Barometer der Energiewende verglichen und kommt zu dem Schluss, dass die zukünftige Nachfrage nach grünem Strom durch den konsequenten Ausbau der erneuerbaren Energien aus heimischer Erzeugung gedeckt werden kann. Hinzu kommt, dass eine hohe Versorgungssicherheit durch den europäischen Netzausgleich gegeben ist.
Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden
Allein auf die Gebäudebeheizung (Haushalte, Gewerbe, Handel und Dienstleistung) entfällt mehr als die Hälfte des deutschen Gasverbrauchs. Und von den 21 Millionen Heizungsanlagen in Deutschland sind mindestens zwölf Millionen veraltet, ineffizient und nutzen keine erneuerbare Energie. So schlummert im Gebäudesektor ein gewaltiges Energieeinspar- und CO2-Minderungspotential. Mit 55 bis 60 Prozent konzentriert sich der Wärmepumpenabsatzmarkt heute stark auf den Neubaubereich. Im Neubau hat sich die Wärmepumpe als Standardtechnologie etabliert – ihr Anteil lag 2019 laut Statistischem Bundesamt bereits bei über 46 Prozent. Zur Erreichung der Klimaziele ist jedoch ein flächendeckender Einsatz von Wärmepumpen in Bestandsgebäuden notwendig, so das Fraunhofer IEE in seiner Studie. Dafür werden laut aktuellen Prognosen der Denkfabrik Agora Energiewende und des BDI bis 2050 sieben bis 14 Millionen Wärmepumpen benötigt.