"Digitale Heizung", ist das alles neu...?
Am intensivsten wird in der Branche aktuell zweifelsohne die Facette "Digitale Heizung" betrachtet, welche laut Informationen des Bundesverbands der Deutschen Heizungsindustrie e.V. (BDH) für eine Heizung steht, bei welcher der Nutzer mit der Anlage interagiert und mit einfachen Anwendungen individuell über das Smartphone steuern oder sogar aus der Ferne betreuen kann; es werden wichtige Parameter sekundengenau visualisiert (s. BDH-Infoblatt 64, März 2016).
Funktionen seien beispielsweise (s. BDH-Infoblatt 69, März 2017):
- Einfaches Anlegen und Verwalten von Dateien über die Heizungsanlagen der Endkunden.
- Genauer Überblick über den Betriebsstatus der Heizungsanlagen zur permanenten Abrufung von aktuellen Parametern und Einstellwerten.
- Optische Unterstützung zur optimalen Heizkennlinieneinstellung und weiteren anlagentechnischen Parametern.
- Anzeigen und Weiterleiten von Störmeldungen.
- Anzeigen empfohlener Maßnahmen bei Störungen und Anbindung einer App zur direkten Bestellung von Ersatzteilen.
Um bis zu 15 Prozent könne der Energieverbrauch durch die Digitalisierung der Heiztechnik reduziert werden, lautet weiter ein Ergebnis der aktuellen "Kurzstudie Energieeinsparungen Digitale Heizung", die das Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH (ITG) im Auftrag des BDH erarbeitet hat. Denn mit einer intelligenten Steuerung laufe die Heizung stets im optimalen Bereich und auch für das Fachhandwerk eröffneten sich neue Chancen. Viele Bestandsheizungen würden sich mit einfachen "Plug-and-Play"-Lösungen nachrüsten lassen.
Laut dieser Studie führten Optimierungsfunktionen an der Heizung durch Informations- und Steuersysteme nicht nur zu einer Einsparung von Energie, sondern vor allem auch zu einer Verbesserung des thermischen Komforts. Mögliche digitale Optimierungsfunktionen seien (s. ITG-Endbericht v. 12. Januar 2017, Kapitel 2.9, Tab. 14):
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selbstadaptierende Heizkurveneinstellung: Bedarfsgeführte Wärmebereitstellung in Abhängigkeit vom tatsächlichen Raumwärmebedarf. Auswertung der Lastanforderungen der Räume auf Basis der aktuellen Ventileinstellungen oder messtechnische Erfassung der Oberflächentemperaturen der Heizflächen.
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Präsenzkontrolle: Erfassung der Belegung des Hauses (Erfassung der Geo-Positionen der Bewohner) bzw. der Belegung der einzelnen Räume und Unterbrechung der Heizung (intermittierender Heizbetrieb).
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Wetterprognose: Zugriff auf lokale Online-Wettervorhersage und Einstellung der Vorlauftemperatur bzw. Heizzeit.
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Vereinfachung hydraulischer Abgleich: Kenntnis des tatsächlichen Wärmebedarfs der einzelnen Räume.
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zeitliche Optimierung der Warmwasserzirkulation: Zirkulation im Warmwassernetz in Abhängigkeit von der Belegung des Hauses bzw. zeitabhängig.
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Visualisierung der Verbrauchsdaten: Einfluss auf das Nutzerverhalten durch Visualisierung von Verbrauchsdaten, wie Wärme- und Warmwasserverbrauch, über Display oder webbasiert.
Die Macher der "Kurzstudie Energieeinsparungen Digitale Heizung" folgern auf Seite 15 (Kap. 2.9), dass das mögliche Einsparpotential der jeweiligen Maßnahme sowohl vom baulichen Wärmeschutz als auch von der vorhandenen Anlagentechnik abhänge: "Bereits sparsames Nutzerverhalten hat geringere Einsparungen zur Folge, bei einem Nutzer mit sehr hohem Verbrauch können durch eine Digitalisierung der Heizung die Einsparungen u.U. höher sein."
Was muss (eigentlich) her...?
Auch an dieser Stelle muss man als geneigter Leser zunächst einmal tief durchatmen und seine Gedanken sortieren. Warum? Na, ganz einfach darum, weil das alles (schon lange) am Markt verfügbar ist. Neuer Wein in alten Schläuchen? Des Weiteren erschließt es sich nicht jedem in der Fachwelt sofort, warum ein vernetztes/vernetzbares Heizgerät (sei es fossil oder regenerativ gespeist), welches über diverse Möglichkeiten der MSR-Technik verfügt, nun ausgerechnet der "mächtige Hebel" bzw. der "missing link" für den Erfolg der Wärme- und Energiewende sein soll.
Deutlich zielführender ist es doch, interdisziplinär und jenseits von isolierten Teilsystemen zu arbeiten. Oder – ganz einfach ausgedrückt: Was in der vernetzten Energie- und Gebäudetechnik erfolgreich zusammenspielen soll, muss zunächst einmal zusammen spielen (respektive: diskutieren). Wie immer im Leben gilt: Dialog ist Trumpf!
So lautete denn auch ein Fazit des interdisziplinären HeizungsJournal-Expertentreffs "Wärmemarkt – vielfältig, vernetzt". Es gelte, die limitierenden Grenzen des Heizungskellers bzw. häuslichen Technikraums zu verlassen – ja: zu sprengen! Streng nach dem (politisch gewollten) Motto: "Integrierte Energiewende" und "Sektorenkopplung" wir kommen!
Wobei die teilnehmenden Experten von der EEBus Initiative e.V., Kermi GmbH, SenerTec Kraft-Wärme-Energiesysteme GmbH und wibutler GmbH allein schon beim "Wording" – sprich: bei der Namensgebung – wieder schmunzeln müssen. Klar, "Sektorenkopplung", das höre sich fein und richtig wichtig an. Was jedoch bleibe, das seien vor allen Dingen die installierenden Fachhandwerker, welche in der täglichen Praxis, in der konkreten Umsetzung im Projekt entlastet werden müssten.
"Der Heizungsbauer benötigt vernetzte Systeme, die einfach funktionieren. Er ist es nämlich, der beim investierenden Kunden den Überblick behalten muss", betont Andreas Jahrstorfer. Dass das Fachhandwerk dringend mit ins Boot muss, davon zeigt sich auch Peter Kellendonk überzeugt: "Ich kann nur allen Marktteilnehmern dazu raten, im kleinen Maßstab zu starten und die ersten Anwendungs-Beispiele bewusst im engen Kontakt auch mit dem Handwerk anzugehen!"
Exakt, denn "wer hohe Türme bauen will, muss eben lange beim Fundament verweilen!"
Der HeizungsJournal-Verlag bedankt sich bei den Experten für Ihre Teilnahme und die engagierte Diskussion!
* Anm.: Vertreter weiterer führender Hersteller bzw. Anbieter von Heizungs- und Lüftungssystemtechnik wurden ebenfalls eingeladen, waren jedoch zu diesem Termin leider verhindert. Ebenso zwei maßgebliche Energieversorgungsunternehmen.