Royal Papworth Hospital: Präzise Kälteversorgung für höchste Betriebssicherheit
Das 1918 gegründete Royal Papworth Hospital Cambridge in England genießt einen hohen Ruf als Herz-Thorax-Fachklinik. Hier wurden erfolgreich die ersten Herz-, Lungen- und Lebertransplantationen weltweit durchgeführt. Doch der geschichtsträchtige Altbau musste einem neuen Klinikgebäude weichen, das nur wenige Kilometer von dem früheren Standort entfernt mitten im Cambridge Biomedical Campus gelegen ist, dem derzeit größten biomedizinischen Zentrum für Forschung, Ausbildung und Patientenversorgung in Europa.
Bei der Planung des neuen Hospitals spielte die Kälteversorgung des 40.000 m² großen Gebäudes eine zentrale Rolle. Kälte reguliert in Krankenhäusern viele kritische Prozesse: Neben dem Raumklima für die Patienten und der Kaltwassererzeugung wird sie zur Kühlung von lebenserhaltenden Geräten, zur Klimatisierung von Operationssälen und Intensivstationen sowie zur Kühlung von Räumen, in denen die elektronische Datenverarbeitung stattfindet, benötigt. In diesen hochsensiblen Einsatzfeldern müssen Versorgungsengpässe oder -ausfälle unbedingt ausgeschlossen werden.
Für die Kälteversorgung des Royal Papworth Hospital ermittelten die Bauplaner eine Gesamtgrundlast von 4,08 MW Leistung. Die benötigten Temperaturen bewegen sich dabei zwischen 5 und 15 °C. Da vor Ort ein Geothermiefeld außerdem Erdwärme fördert, wurde die Technikzentrale vom Vorarlberger Geothermie-Unternehmen Enercret errichtet. Geplant war zunächst die Installation von Stangenverteilern mit geringem Druckverlust. Doch bei dieser Lösung war von einer wechselseitigen Beeinflussung der Pumpen auszugehen, verbunden mit entsprechenden Problemen in der Hydraulik und hohen Kosten für den elektrischen Pumpenbetrieb.
Für Kühlung und Heizung wurde daher die "Zortström"-Technologie gewählt. Insgesamt vier dieser Sammel- und Verteilzentren regeln den Kälte- und Wärmehaushalt der Klinik: ein Kälte-, ein Sole-, ein Heiz- und ein Heizung-Hochtemperatur-Verteilzentrum. Mit einem Fassungsvermögen von 17.700 l stellt der Kälte-Verteiler dabei insgesamt fünf Temperaturniveaus bereit. Zu seinen Abnehmern gehören medizinische Apparate, die Lüftungsanlage und Hochtemperaturkühlkreise zur Deckenkühlung. Zur Absicherung der Kälteversorgung stehen zudem Notkühlsysteme bereit.
Die vier Anlagen ermöglichen eine temperaturdifferenzierte Kälte- und Wärmeverteilung und sind dabei miteinander verbunden. So können Kältemaschinen die niedrigste Temperaturschicht aus dem Heiz-Verteilzentrum für die Kühl-Verteilung weiterverwenden. Das Kühl-Verteilzentrum wiederum nutzt seine zweithöchste Temperaturstufe zur Einspeisung in den Sole-Verteiler, der diese mittels Erdwärme aufheizt und zur Weitererwärmung an die Heiz-Verteilanlage abgibt.
Dieses Verbundsystem sorgt nicht nur für geringere Betriebskosten, sondern hat bereits bei der Installation Einsparungen erzielt; unter anderem durch den Wegfall von Dreiwegventilen. Dadurch konnte allein im Bereich der Technikzentrale ein Fünftel der Kosten eingespart werden. Mitte Dezember 2017 startete ein Probebetrieb mit erfolgreichem Abschluss. Im Frühjahr dieses Jahres zog das Krankenhaus in den neuen Bau um und wird seitdem stabil und effizient von den vier Verteilzentren mit Kälte und Wärme versorgt.
Festo AG: KWKK für eine Technologiefabrik 4.0
Mit 22.000 Mitarbeitern in 66 Ländern und einem Jahresumsatz von drei Mrd. Euro gehört das baden-württembergische Unternehmen Festo AG & Co. KG aus Ostfildern zu den großen Playern im Bereich der elektrischen Automatisierungstechnik. Auf vier Ebenen mit einer Gesamtfläche von 66.000 m² produzieren 1.200 Mitarbeiter Ventile, Ventillinsen und Elektronik. Das Unternehmen ist nicht nur ein wichtiger Impulsgeber für die Industrie 4.0; bereichsübergreifend praktiziert es auch einen sorgsamen Umgang mit der Umwelt und verfolgt dabei den sparsamen und effizienten Einsatz von Energien. Der Hersteller unterstützt seine Kunden dabei, ihre Produktion in Zeiten des Klimawandels und hoher Umweltbelastungen zukunftsgerecht auszurichten.
Für den Betrieb seiner Kältemaschinen setzt das Unternehmen bereits seit vielen Jahren Abwärme von Kompressoren und Heizkesseln ein. Im Jahr 2008 kam für die Bereitstellung für Kälte außerdem eine Solaranlage mit einer Fläche von 1.330 m² hinzu, deren Wärmekapazität vor allem in den Sommermonaten dazu dient, die Kältemaschinen anzutreiben und die großen Büroflächen und drei Atrien zu klimatisieren.
Als Brennstoff für die Wärme-Bereitstellung verwendet das Technologie-Unternehmen Erdgas, das es in BHKW nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) besonders effizient umsetzt. Mit der Prozesswärme aus den BHKW sowie der Abwärme der Druckluftkompressoren findet der Antrieb von Absorptionskältemaschinen statt, denen im Spitzlastfall weitere Kälteerzeuger zugeschaltet werden können.
Eine zusätzliche Steigerung der Effizienz ließ sich durch den Einbau von einem Kälte- und einem Heiz-Sammel- und Verteilzentrum erzielen, die die Laufzeiten der BHKW und der Absorptionskältemaschinen auf ein hohes Niveau heben und die Zuschaltung eines möglichen Gaskesselbetriebs auf ein Minimum reduzieren. Die Kälte stammt dabei aus drei Kältemaschinen und drei Absorptionskältemaschinen mit einem Anteil aus freier Kühlung. Geplant wurde diese Erneuerung von der Heilbronner GF-Ingenieurgesellschaft für Gebäudetechnik mbH, ausgeführt von der Windmüller Technik GmbH aus Schwäbisch Hall.
In drei Temperaturschichten von 8, 12 und 17 °C gelangt die Kälteenergie in das Sammel- und Verteilzentrum, von wo aus sie zur Versorgung der Büroräume und der Niederspannungshauptverteilung (NSHV) sowie weiterer Verbraucher weitergeführt wird. Hydraulisch entkoppelt können so verschiedene Temperaturprofile bedient und die Volumenströme an die gegebenen Versorgungsanforderungen angepasst werden. Bei diesem Verfahren lässt sich der Stromverbrauch der Versorgungspumpen deutlich verringern. Da die Prozesswärme, die die Absorptionskältemaschinen antreibt, von den BHKW über das Heiz-Sammel- und Verteilzentrum fließt, sind Heiz- und Kühlsystem aneinander gekoppelt und ergänzen sich in der Leistungserzeugung.
Insgesamt lassen sich neben einer bedarfsdifferenzierten Temperaturverteilung auch die Anlagenlaufzeit des BHKW bei deutlich reduzierter Taktung auf einem hohen Niveau halten sowie die Zuschaltung von Gaskesseln und zusätzlicher konventioneller Kältemaschinen minimieren.
Fazit
Versorgungsstabilität und Effizienz sind zentrale Indikatoren für einen langfristig zukunftsfähigen Netzbetrieb – und allem voran das Resultat optimaler Hydraulik. Die drei skizzierten Projekte zeigen, wie Effizienzverbesserung, Betriebssicherheit und eine differenzierte energetische Bedarfsdeckung durch eine hydraulisch optimal ausbalancierte Sammel-, Speicher- und Verteillösung erzielt werden können.
Auf diese Weise lässt sich das hohe, in der Praxis oft nur unzulänglich erschließbare Leistungspotential von intelligenten, verbrauchsoptimierten Energieerzeugern effektiv nutzen – unabhängig von Funktion und Größe eines Gebäudes, Komplexes oder Quartiers.