Wie die "Zortström"-Technologie für eine effiziente Energieversorgung in unterschiedlichen Gebäuden sorgt, zeigen diese spannenden Beispiel-Projekte.
Hydraulische Balance optimiert Kälteversorgung
Mittwoch, 04.09.2019
Die "Zortström"-Technologie hält verschiedene Temperaturen aus mehreren Erzeugerkreisen in einem gemeinsamen System vor und verteilt diese hydraulisch entkoppelt bedarfsgerecht an Wärme- wie Kälte-Verbraucher. Wie auf Basis dieses Prinzips eine effiziente Energieversorgung branchenunabhängig realisiert werden kann, zeigen Projekte der Europäischen Bankenaufsicht, eines renommierten britischen Krankenhauses und eines global agierenden 4.0-Technologie-Unternehmens.
Großobjekte verfügen über komplexe Heiz- und Kühlsysteme mit unterschiedlichen Abnehmerkreisen und sind auf eine reibungslose Bereitstellung der benötigten Temperaturen für den Arbeitsbetrieb angewiesen. In vielen Bereichen ist Kälte für den Betrieb essentiell: Eine unzureichende Versorgung kann zu Störungen in der Produktion, zum Ausfall von Dienstleistungen oder – etwa im Medizinbereich – zu gesundheitsrelevanten Beeinträchtigungen führen.
Der heute nach wie vor verbreitete Einsatz konventioneller Stangenverteiler mit angeschlossenen drehzahlgeregelten Pumpen stößt vor allem bei häufigen und hohen Lastwechseln schnell an seine Grenzen. Über- oder Unterversorgung von Anlagenteilen sowie Hydraulikstörungen sind vielfach die Folge.
Um solche Situationen zu vermeiden und zugleich die Gesamteffizienz eines Versorgungsnetzes durch Hydraulikoptimierung zu steigern, entwickelte das Unternehmen Zortea aus Hohenems/Österreich mit der "Zortström"-Technologie eine so einfache wie hocheffektive Sammel- und Verteillösung. Diese basiert auf der Kombination einer hydraulischen Weiche, eines Verteilers und eines Pufferspeichers mit exakter Temperaturtrennung. Die Volumenströme werden im "Zortström" hydraulisch entkoppelt und Temperaturen unabhängig vom Volumenstrom exakt getrennt. Die Solltemperaturen je Stufe lassen sich über die Leistung der Erzeuger steuern, dabei dienen Temperatursensoren in jeder Stufe der Leistungsregelung. Durch Einsatz der patentierten "VortMix"-Einheit herrschen in jeder Stufe homogene Temperaturverhältnisse.
Auf Erzeugerseite lassen sich multivalente Systeme anschließen, deren unterschiedliche Temperaturniveaus den Vorlauf für Kühl- oder Heizkreise mit differenziertem thermischem Bedarf bereitstellen. Für die Verbraucher hat die gemeinsame Sammelstelle den Vorteil, dass die Ströme hydraulisch entkoppelt sind und dadurch etwa ein Rücklauf aus einem Niedrig-Temperatur-Kühlkreis, der in seiner Temperatur dem Vorlauf eines Kreises mit höherer Temperatur entspricht, in diesem thermisch weiterverwendet werden kann. Auf diese Weise lassen sich Volumenströme bedarfsgerecht bewegen und die Gesamteffizienz verbessern. Zudem fällt der Bau einer solchen Anlage im Vergleich zu konventionellen Systemen oft günstiger aus, denn es entfallen Ventile und Pumpen und die Regelungstechnik wird deutlich vereinfacht.
Eurotower: Optimierter Betrieb mit reduziertem Energieaufwand
Der Eurotower ist mit seinen 141 m Höhe Teil der Frankfurter Skyline und gehört zu den bekanntesten Hochhäusern Deutschlands. Neben seiner beachtlichen Höhe ist das Gebäude zugleich ein Wahrzeichen der internationalen Finanzwelt: Von seiner Eröffnung im Jahr 1977 an bis 2014 war es Sitz der Europäischen Zentralbank. Als diese in einen Neubau umzog, ließ sich 2015 die Europäische Bankenaufsicht im Eurotower nieder und das in die Jahre gekommene Gebäude wurde technisch modernisiert. Mit 46.000 m² Fläche auf 40 Stockwerken stellte der Eurotower dabei besondere Herausforderungen an die Kälteversorgung für Raumklimatisierung und Serverkühlung.
Auch die Netzhydraulik bedurfte einer Erneuerung, denn die eingebauten Stangenverteiler erzeugten wiederholt Probleme in der Heiz- und Kühlanlage. Dabei wurde die Hydraulik durch den Unterdruck, den die großen Pumpen verursachten, so gestört, dass die erforderlichen Solldurchflüsse nicht mehr bereitgestellt werden konnten. Die Technikbeaufsichtigung war fortlaufend damit beschäftigt, die Ventile neu zu justieren. In der Summe führte dies zu überdurchschnittlich häufigen Personaleinsätzen bei entsprechenden signifikanten Kostenaufwänden. Darüber hinaus erwies sich die energetische Objektversorgung durch die veraltete Anlagentechnik als sehr energieintensiv – eine Revision des bestehenden Gesamtsystems mit Austausch und Neuinstallation energieeffizienter Erzeuger für Kälte, Wärme und Strom sollte den Gebäudebetrieb technologisch wieder zukunftsfähig machen.
Mit der Kernsanierung von 32 Stockwerken, einschließlich Umbau der Heizungs- und Lüftungszentrale wurde das Ingenieurbüro für Technische Gebäudeausrüstung Waldemar Paulus, VDI & Partner, Hanau, beauftragt. Unter der Planungsleitung von Dipl.-Ing. Martin Köhler und Dipl.-Ing. Harald Hess-Quint erfolgte die Installation von zwei neuen Blockheizkraftwerken (BHKW), zwei Kältemaschinen und vier neuen Kühltürmen, die auf Basis der integrierten "Zortström"-Lösung einen Tandembetrieb von freier und mechanischer Kühlung ermöglichen. Gleichzeitig ersetzten die Montage-Spezialisten der Entega Energie GmbH die verbauten Stangenverteiler durch die Technologie des österreichischen Unternehmens und schufen damit die infrastrukturelle Grundlage für eine energiesparende und komfortable Wärme- und Kälteversorgung.
Insgesamt fertigte der Hersteller drei Anlagen für den Frankfurter Eurotower: Ein vierstufiger "Zortström Multi" verteilt die Wärme zweier Gasbrennwertkessel zur Beheizung und Lüftung. Zur Kühlung stellt ein weiterer "Zortström Multi" mit einem Volumen von 4.830 l drei Kältestufen von 6, 12 und 18 °C bereit, die als Vorläufe für verschiedene Kühlkreise zu den Abnehmern gelangen. Versorgt werden auf diese Weise Lüftung, Umluftkühlgeräte und Serverkühlung gemäß ihrer spezifischen thermischen Anforderungen. In einer dritten, zweistufigen Anlage gelangt das Wasser nach Kühlung der jeweiligen Verbraucher in die Temperaturstufen von 26 und 32 °C. Durch freie Kühlung wird das Wasser zudem teilweise vorgekühlt, bevor es wieder den Kältemaschinen zugeführt wird.
Mit Blick auf die erzielten Einspar- und Komfortvorgaben ziehen Planer, Bauherr und Betreiber ein positives Fazit unter das energetische Sanierungsprojekt. Einerseits geht der Betrieb der modernisierten Heizungs- und Kältetechnik im Eurotower mit einer Entlastung des Technikpersonals einher: Seit die neue Anlage läuft, treten keine Hydraulikprobleme mehr auf und es müssen nur noch die üblichen Kontrollgänge durchgeführt werden. Als besonders effektiv bestätigen sich der Umbau und die Systeminstallation auch in Bezug auf die Energieeffizienz und die CO2-Bilanz: Allein im ersten Jahr nach Inbetriebnahme konnte der Strombedarf um 10 Mio. kWh gesenkt und die Kohlendioxidemissionen um rund 5.000 t reduziert werden.
Royal Papworth Hospital: Präzise Kälteversorgung für höchste Betriebssicherheit
Das 1918 gegründete Royal Papworth Hospital Cambridge in England genießt einen hohen Ruf als Herz-Thorax-Fachklinik. Hier wurden erfolgreich die ersten Herz-, Lungen- und Lebertransplantationen weltweit durchgeführt. Doch der geschichtsträchtige Altbau musste einem neuen Klinikgebäude weichen, das nur wenige Kilometer von dem früheren Standort entfernt mitten im Cambridge Biomedical Campus gelegen ist, dem derzeit größten biomedizinischen Zentrum für Forschung, Ausbildung und Patientenversorgung in Europa.
Bei der Planung des neuen Hospitals spielte die Kälteversorgung des 40.000 m² großen Gebäudes eine zentrale Rolle. Kälte reguliert in Krankenhäusern viele kritische Prozesse: Neben dem Raumklima für die Patienten und der Kaltwassererzeugung wird sie zur Kühlung von lebenserhaltenden Geräten, zur Klimatisierung von Operationssälen und Intensivstationen sowie zur Kühlung von Räumen, in denen die elektronische Datenverarbeitung stattfindet, benötigt. In diesen hochsensiblen Einsatzfeldern müssen Versorgungsengpässe oder -ausfälle unbedingt ausgeschlossen werden.
Für die Kälteversorgung des Royal Papworth Hospital ermittelten die Bauplaner eine Gesamtgrundlast von 4,08 MW Leistung. Die benötigten Temperaturen bewegen sich dabei zwischen 5 und 15 °C. Da vor Ort ein Geothermiefeld außerdem Erdwärme fördert, wurde die Technikzentrale vom Vorarlberger Geothermie-Unternehmen Enercret errichtet. Geplant war zunächst die Installation von Stangenverteilern mit geringem Druckverlust. Doch bei dieser Lösung war von einer wechselseitigen Beeinflussung der Pumpen auszugehen, verbunden mit entsprechenden Problemen in der Hydraulik und hohen Kosten für den elektrischen Pumpenbetrieb.
Für Kühlung und Heizung wurde daher die "Zortström"-Technologie gewählt. Insgesamt vier dieser Sammel- und Verteilzentren regeln den Kälte- und Wärmehaushalt der Klinik: ein Kälte-, ein Sole-, ein Heiz- und ein Heizung-Hochtemperatur-Verteilzentrum. Mit einem Fassungsvermögen von 17.700 l stellt der Kälte-Verteiler dabei insgesamt fünf Temperaturniveaus bereit. Zu seinen Abnehmern gehören medizinische Apparate, die Lüftungsanlage und Hochtemperaturkühlkreise zur Deckenkühlung. Zur Absicherung der Kälteversorgung stehen zudem Notkühlsysteme bereit.
Die vier Anlagen ermöglichen eine temperaturdifferenzierte Kälte- und Wärmeverteilung und sind dabei miteinander verbunden. So können Kältemaschinen die niedrigste Temperaturschicht aus dem Heiz-Verteilzentrum für die Kühl-Verteilung weiterverwenden. Das Kühl-Verteilzentrum wiederum nutzt seine zweithöchste Temperaturstufe zur Einspeisung in den Sole-Verteiler, der diese mittels Erdwärme aufheizt und zur Weitererwärmung an die Heiz-Verteilanlage abgibt.
Dieses Verbundsystem sorgt nicht nur für geringere Betriebskosten, sondern hat bereits bei der Installation Einsparungen erzielt; unter anderem durch den Wegfall von Dreiwegventilen. Dadurch konnte allein im Bereich der Technikzentrale ein Fünftel der Kosten eingespart werden. Mitte Dezember 2017 startete ein Probebetrieb mit erfolgreichem Abschluss. Im Frühjahr dieses Jahres zog das Krankenhaus in den neuen Bau um und wird seitdem stabil und effizient von den vier Verteilzentren mit Kälte und Wärme versorgt.
Festo AG: KWKK für eine Technologiefabrik 4.0
Mit 22.000 Mitarbeitern in 66 Ländern und einem Jahresumsatz von drei Mrd. Euro gehört das baden-württembergische Unternehmen Festo AG & Co. KG aus Ostfildern zu den großen Playern im Bereich der elektrischen Automatisierungstechnik. Auf vier Ebenen mit einer Gesamtfläche von 66.000 m² produzieren 1.200 Mitarbeiter Ventile, Ventillinsen und Elektronik. Das Unternehmen ist nicht nur ein wichtiger Impulsgeber für die Industrie 4.0; bereichsübergreifend praktiziert es auch einen sorgsamen Umgang mit der Umwelt und verfolgt dabei den sparsamen und effizienten Einsatz von Energien. Der Hersteller unterstützt seine Kunden dabei, ihre Produktion in Zeiten des Klimawandels und hoher Umweltbelastungen zukunftsgerecht auszurichten.
Für den Betrieb seiner Kältemaschinen setzt das Unternehmen bereits seit vielen Jahren Abwärme von Kompressoren und Heizkesseln ein. Im Jahr 2008 kam für die Bereitstellung für Kälte außerdem eine Solaranlage mit einer Fläche von 1.330 m² hinzu, deren Wärmekapazität vor allem in den Sommermonaten dazu dient, die Kältemaschinen anzutreiben und die großen Büroflächen und drei Atrien zu klimatisieren.
Als Brennstoff für die Wärme-Bereitstellung verwendet das Technologie-Unternehmen Erdgas, das es in BHKW nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) besonders effizient umsetzt. Mit der Prozesswärme aus den BHKW sowie der Abwärme der Druckluftkompressoren findet der Antrieb von Absorptionskältemaschinen statt, denen im Spitzlastfall weitere Kälteerzeuger zugeschaltet werden können.
Eine zusätzliche Steigerung der Effizienz ließ sich durch den Einbau von einem Kälte- und einem Heiz-Sammel- und Verteilzentrum erzielen, die die Laufzeiten der BHKW und der Absorptionskältemaschinen auf ein hohes Niveau heben und die Zuschaltung eines möglichen Gaskesselbetriebs auf ein Minimum reduzieren. Die Kälte stammt dabei aus drei Kältemaschinen und drei Absorptionskältemaschinen mit einem Anteil aus freier Kühlung. Geplant wurde diese Erneuerung von der Heilbronner GF-Ingenieurgesellschaft für Gebäudetechnik mbH, ausgeführt von der Windmüller Technik GmbH aus Schwäbisch Hall.
In drei Temperaturschichten von 8, 12 und 17 °C gelangt die Kälteenergie in das Sammel- und Verteilzentrum, von wo aus sie zur Versorgung der Büroräume und der Niederspannungshauptverteilung (NSHV) sowie weiterer Verbraucher weitergeführt wird. Hydraulisch entkoppelt können so verschiedene Temperaturprofile bedient und die Volumenströme an die gegebenen Versorgungsanforderungen angepasst werden. Bei diesem Verfahren lässt sich der Stromverbrauch der Versorgungspumpen deutlich verringern. Da die Prozesswärme, die die Absorptionskältemaschinen antreibt, von den BHKW über das Heiz-Sammel- und Verteilzentrum fließt, sind Heiz- und Kühlsystem aneinander gekoppelt und ergänzen sich in der Leistungserzeugung.
Insgesamt lassen sich neben einer bedarfsdifferenzierten Temperaturverteilung auch die Anlagenlaufzeit des BHKW bei deutlich reduzierter Taktung auf einem hohen Niveau halten sowie die Zuschaltung von Gaskesseln und zusätzlicher konventioneller Kältemaschinen minimieren.
Fazit
Versorgungsstabilität und Effizienz sind zentrale Indikatoren für einen langfristig zukunftsfähigen Netzbetrieb – und allem voran das Resultat optimaler Hydraulik. Die drei skizzierten Projekte zeigen, wie Effizienzverbesserung, Betriebssicherheit und eine differenzierte energetische Bedarfsdeckung durch eine hydraulisch optimal ausbalancierte Sammel-, Speicher- und Verteillösung erzielt werden können.
Auf diese Weise lässt sich das hohe, in der Praxis oft nur unzulänglich erschließbare Leistungspotential von intelligenten, verbrauchsoptimierten Energieerzeugern effektiv nutzen – unabhängig von Funktion und Größe eines Gebäudes, Komplexes oder Quartiers.
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!