Das Gefecht am Harzhorn im Jahr 235n. Chr. war vergessen – jetzt gibt es ein Informationsgebäude als Erinnerungshilfe. Und mag die Schlacht auch lange her sein, die Strom- und Wärmeversorgung des Gebäudes ist bestimmt nicht von gestern: eine autarke Inselstromversorgung in Kombination mit einem Mini-Blockheizkraftwerk.
Autarke Inselstromversorgung plus Mini-Blockheizkraftwerk
Donnerstag, 24.09.2015
Die Schlacht
Das „Freie Germanien“ zu Beginn der Soldatenkaiserzeit: Römische Truppen befinden sich auf dem Rückmarsch von der Elbe nach Mainz. 350 Kilometer vom Limes entfernt, am Harzhorn, geraten sie in einen Hinterhalt der Germanen. Das sumpfige Gelände ist prädestiniert für den Guerilla-Angriff. Doch anders als bei der Varusschlacht bei Kalkriese schlägt die überlegene römische Streitmacht die feindlichen Krieger unter hohen Verlusten in die Flucht.
Der archäologische Fund bei Harzhorn, einem Höhenzug zwischen dem Fluss Leine und dem Harz, ist der wissenschaftliche Beweis, dass die Römer entgegen bisheriger Annahme auch weit nach der berühmten Varusschlacht im Jahre 9 n. Chr. tief in germanisches Gebiet vorgedrungen sind. Im Gegensatz zur berühmten Vorgängerin im Teutoburger Wald geht das Gefecht am Harzhorn nicht in die Annalen der Geschichte ein und gerät in Vergessenheit. Es fand höchstwahrscheinlich im Herbst des Jahres 235 n. Chr. statt.
Das Informationsgebäude
Ein Informationsgebäude, welches per KWK im Inselbetrieb versorgt wird, lässt die Bevölkerung an diesem archäologischen Sensationsfund teilhaben. Seit Sommer 2014 steht das markante Informationsgebäude schon von weitem erkennbar auf der Anhöhe. Unter Federführung des Landkreises Northeim wurde ein Bauwerk mit Multifunktionsraum und Toiletten errichtet. Ein Informationspfad führt die Besucher über das antike Schlachtfeld. Die Architektur nimmt Bezug auf das Thema Schlacht und spiegelt die unterschiedlichen Kontrahenten wider. Goldschimmernde, kupferlegierte Wandscheiben stehen dabei für die Römer, das graue Eichenholz für die Germanen.
Strom und Wärme durch Mini-Blockheizkraftwerk
Die größte Herausforderung lag in der Erschließung des Gebäudes. Denn das Gelände war weder an die öffentliche Wasserversorgung und Kanalisation noch an das Strom- und Erdgasnetz angeschlossen. „Der Aufwand und die Kosten für den Netzanschluss waren zu hoch. Also haben wir uns für eine autarke Inselstromversorgung in Kombination mit einem Mini-Blockheizkraftwerk entschieden“, erklärt Ralf Buberti, Leiter des Fachbereichs Bauen und Umwelt des Landkreises Northeim.
Für Strom und Wärme im Infogebäude sorgt also nun ein Mini-Blockheizkraftwerk (BHKW) der Marke AISIN Seiki mit einer elektrischen Leistung von 4,6 kW und einer thermischen Leistung von 10,5 kW. Das Besondere: Das Blockheizkraftwerk läuft nur, wenn das Gebäude mit einer Grundfläche von 62 m² genutzt wird. Gesteuert wird die gesamte Strom- und Wärmeversorgung über einen Inselnetzmanager.
„Wenn wir dort ein Seminar abhalten, können wir das Blockheizkraftwerk zum Beispiel eine Stunde vor Beginn ferngesteuert über das Smartphone aktivieren. So sind die Räume in der kalten Jahreszeit bei Eintreffen der Teilnehmer bereits vorgeheizt“, erläutert der Fachbereichsleiter. Die Wärme wird von einem Puffer mit einem Volumen von 1.500 Litern gespeichert und über eine Fußbodenheizung verteilt. Das Speicherprinzip gilt auch für die Stromversorgung. Da es sich um ein völlig autarkes System handelt, kann der überschüssige Strom nicht in das Netz eingespeist werden, sondern wird in Batterien gespeichert. Die Batterieanlage besitzt einen Energieinhalt von etwa 19,2 kWh (Nennladung: 400 Ah; Klemmenspannung: 48 V).
Betrieb des BHKWs mit Flüssiggas
Als Energieträger für das Mini-Blockheizkraftwerk war Flüssiggas für den Landkreis nicht nur in ökonomischer, sondern vor allem in ökologischer Hinsicht erste Wahl. „Anders als zum Beispiel Erdöl verbrennt Flüssiggas fast völlig geruchlos und erzeugt kaum Rückstände“, so Björn Petzke, Fachberater beim Flüssiggasversorger Progas.
Auf Empfehlung des Architekturbüros K17 Steingräber.Architektur plante und installierte das Unternehmen die Flüssiggasanlage. Entsprechend den Anforderungen wurde ein erdgedeckter Behälter eingebaut. „Der Landkreis hat sich für »Progas plus« entschieden. Das heißt, wir übernehmen die Verantwortung für die Flüssiggasversorgungsanlage bis zum Gaszähler sowie deren Energieversorgung und behalten die gesetzlich vorgeschriebenen Prüfungen, Wartungsarbeiten und weitere wichtige Details stets im Blick“, betont der Fachberater.
„Die technische Anlage bedeutet für uns eine Investition in die Zukunft. Aufgrund der bedarfsorientierten Nutzung lassen sich die Laufzeiten und Verbräuche nicht genau abschätzen, aber die Kalkulation spricht deutlich für deren Rentabilität“, so Buberti.
Der kalkulierte Wärmebedarf liegt bei ungefähr 66 kWh pro Woche in den Wintermonaten und 33 kWh in der Übergangszeit. Aller Voraussicht nach wird das Mini-Blockheizkraftwerk zwischen 700 und 2.000 Stunden im Jahr in Betrieb sein.
Kosten
Je nach Laufzeit produziert es dabei zwischen 3.500 und 9.200 kWh Strom. Beim Kauf im Jahr 2014 kostete das Blockheizkraftwerk rund 26.000 Euro. Mit allen weiteren Zubehörteilen, der Montage und Inbetriebnahme investierte der Landkreis etwa 30.000 Euro. Die Ausgaben für die gesamte technische Anlage einschließlich des Inselnetzmanagers belaufen sich auf ungefähr 50.000 Euro.
Projektiert wurde sie von der keydel bock ingenieure GmbH aus Göttingen. Zukünftig soll zudem eine Photovoltaikanlage die Stromversorgung im Sommer unterstützen.
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