Das Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) hat 2019 damit begonnen, drei Neubauprojekte ...
BIM-Einstieg leicht(er) gemacht
Freitag, 22.12.2023
... nach der Methode „Building Information Modeling (BIM)“ zu realisieren. Für die Umsetzung der Bauprojekte erarbeitete die Bauabteilung des HZDR zuvor in Kooperation mit dem Planungsbüro WPW Leipzig GmbH wesentliche BIM-Standards. Die gemeinsam entwickelten Konzepte werden von den Beteiligten im Zuge der Planung, der Erstellung und des Betriebs der Gebäude angewendet und auf ihre Tauglichkeit geprüft. Das Kooperationsbündnis „einfach BIM“, das die beiden Partner im Januar 2021 gemeinsam mit BIM-Vorreitern der Baubranche ins Leben gerufen haben, stellt die erarbeiteten Standards als Wissensspeicher allen Interessierten zur Verfügung.
„Unsere Idee war es, erst einmal den idealtypischen Prozess vorab zu definieren und dann die Projekte darauf aufbauend umzusetzen“, erläutert Dipl.-Ing. Marion Oelke, Abteilungsleiterin Bau- und technisches Gebäudemanagement beim HZDR, die Vorgehensweise.
Heiko Clajus, Consultant bei Graphisoft Building Systems, gehört zusammen mit dem HZDR und dem Planungsbüro WPW Leipzig zu den Gründungsmitgliedern von „einfach BIM“ und weiß um die Bedeutung einer soliden Vorbereitung bei BIM-Projekten: „Es gibt zahlreiche Beispiele, bei denen sich Unternehmen nicht ausreichend vorbereitet haben oder sogar während des Projektverlaufs versuchen, die BIM-Methode anzuwenden. Das führt regelmäßig zu Konflikten, weil die kosten- und termingerechte Fertigstellung des Projekts gefährdet ist. Deshalb war dem HZDR ein theoretisches Fundament für die anstehenden Projekte sehr wichtig“.
Drei reale Bauprojekte
Die BIM-Standards wurden für den Neubau eines High-Tech-Laborgebäudes, eines Bürogebäudes und eines Rechenzentrums am Standort Dresden-Rossendorf entwickelt. Die unterschiedlichen Gebäudetypen stellen sicher, dass die BIM-Workflows für eine Vielzahl von Anforderungen und Szenarien eingesetzt werden können.
Das erste Bauprojekt des Kooperationsbündnisses ist ein zweigeschossiges Rechenzentrum, das auf dem Niveau des BNB-Gütesiegels „Bronze“ (BNB = Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen) errichtet wird und einen Sonderbau darstellt. Hier sollen Server-, Arbeits- und Technikräume unter dem Aspekt eines ebenso nachhaltigen wie kostengünstigen Gebäudebetriebs bereitgestellt werden. Insbesondere der Kältebedarf ist dabei ein wichtiges Thema. Das 2019 gestartete Projekt soll Ende dieses Jahres fertiggestellt werden.
Im Jahr 2020 beauftragte das HZDR zudem die Planung eines zweigeschossigen Bürogebäudes, das eine zukunftsfähige und kostenoptimierte Lösung (BNB-Gütesiegel „Silber“) darstellen soll. Der klassische Verwaltungsbau für über 60 Mitarbeiter ist mit Büroflächen für ein, zwei oder vier Personen sowie Lehr-, Kommunikations- und Besprechungsbereichen ausgestattet.
Der dritte Neubau (Planungsbeginn 2021) ist ein High-Tech-Gebäude für physikalische Experimente und chemische Labore. Die zugehörigen Nebenfunktionen wie Schleuse, Probenlager und Kontrollraum ordnen sich ebenerdig an die wissenschaftlichen Bereiche an. Bei der Planung müssen beispielweise Anforderungen an den Strahlenschutz, Laserschutz und die Laborausrüstung berücksichtigt werden.
Wissensspeicher nicht nur für BIM-Einsteiger
Durch das Bereitstellen der umfangreichen Wissensdatenbank möchte das Kooperationsbündnis dazu beitragen, die digitale Arbeitsmethode als Planungsstandard in der Baubranche zu etablieren. Es begreift BIM als eine kollaborative, vernetzte Arbeitsmethode, die mithilfe digitaler Automatisierung, verbesserter Visualisierung sowie konsistenter und transparenter Datenhaltung eine Effizienz- und Qualitätssteigerung von Planungs-, Bau- und Bewirtschaftungsprozessen ermöglicht.
„Damit BIM gelingt, ist es erforderlich, dass die Baubeteiligten ein gemeinsames Verständnis der zugehörigen Prozesse entwickeln und diese nicht für jedes Bauprojekt neu herausgearbeitet werden müssen. Ich zum Beispiel vertrete im Rahmen unserer Projektarbeit die Sichtweisen der TGA-Fachleute und der Softwareentwickler. So stellen wir sicher, dass auch diese Gruppen die für sie passenden Informationen erhalten“, erläutert Clajus.
Aus dieser Motivation heraus entwickeln die Partner seit zwei Jahren in enger Zusammenarbeit zahlreiche praxiserprobte Wissensbausteine, darunter standardisierte BIM-Workflows über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes, um die Baubranche für die Praxis fit zu machen. Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig (HTWK Leipzig) begleitet das Forschungsprojekt wissenschaftlich, um die Arbeitsergebnisse aus einer neutralen Perspektive zu dokumentieren.
Das Kooperationsbündnis „einfach BIM“
Aber wie haben die Kooperationspartner eigentlich zusammengefunden? Marion Oelke, Julia Bock vom Planungsbüro WPW Leipzig und Heiko Clajus machten sich 2019 auf die Suche nach Gleichgesinnten. Ende 2020 trafen sich zahlreiche BIM-Interessenten aus Planung, Bauausführung, Softwareentwicklung, Recht und Wissenschaft, um die Idee eines Kooperationsbündnisses zu besprechen und die wichtigsten Arbeitsfelder zu identifizieren. Nur einen Monat später nahm der Zusammenschluss aus 16 Verbundmitgliedern – darunter unter anderem Caverion, Engie, Graphisoft und Sikla – die Arbeit auf (alle Teilnehmer unter: www.einfachbim.de).
„Durch meine Tätigkeit in Arbeitskreisen hatte ich festgestellt, dass auch die Bauabteilungen anderer Forschungseinrichtungen noch wenig Erfahrungen mit BIM hatten und erst am Beginn standen“, ergänzt Oelke. „Auch den von der Bundesregierung angekündigten Masterplan BIM und das entsprechende Kompetenzzentrum gab es zu diesem Zeitpunkt noch nicht. Wir haben deshalb versucht, das Projekt übergreifend zu denken, damit auch andere Baubeteiligte von den Erkenntnissen profitieren können.“
Das Projekt „einfach BIM” soll im Laufe dieses Jahres grundsätzlich zum Abschluss kommen. Geplant ist aber, dass die Beteiligten sich zweimal im Jahr im Rahmen eines Workshops treffen, um praxisorientiert und konstruktiv an den anderen Bauprojekten und damit auch an „einfach BIM“ weiterzuarbeiten.
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