Nach wie vor bleiben die großen Akteure der Heizungsindustrie an der Brennstoffzelle dran. BDR Thermea, Bosch Thermotechnik, Vaillant, Viessmann und die Spezialisten wie Elcore, Hexis und Solid Power sprechen von Fortschritt. Sie präsentierten ihn im Rahmen der Kampagne „KWK.NRW“ der EnergieAgentur.NRW Ende September 2015 in Duisburg. Beim Schriftsteller Nadolny war es die Langsamkeit, die zum Ziel führte, das Abwägen. Bei der Brennstoffzelle könnte es die Beharrlichkeit sein.
Brennstoffzellen-Entwickler verweisen auf Fortschritte
Die Entdeckung der Beharrlichkeit
Dienstag, 13.09.2016
Wenn Alexander Dauensteiner, Head of Technology Portfolio Development der Vaillant Group sowie Sprecher der Initiative Brennstoffzelle (IBZ), in seinem Statement im Zentrum für BrennstoffzellenTechnik ZBT der Universität Duisburg-Essen festhält, „Brennstoffzellen als Geräte sind marktreif. Sie erreichen schon heute sehr hohe Lebensdauern und Verfügbarkeiten. Spezifische Förderprogramme können die noch relativ hohen Anschaffungskosten abfedern. Wir warten gespannt auf das vom Bund angekündigte Förderprogramm, das auf die existierenden Programme der Länder, wie etwa NRW, aufgesetzt werden kann“, dann meint er mit Marktreife tolerierbare Zuverlässigkeit. Das IBZ koordiniert die entsprechenden Aktivitäten seiner Mitglieder aus Industrie, Energiewirtschaft und Wissenschaft und vertritt sie gegenüber der Politik. Es war Mitveranstalter des Informationstags in Duisburg, zu dem das Netwerk Brennstoffzelle und Wasserstoff NRW eingeladen hatte.
Mit den Schwächen leben
Tatsächlich scheint man einige Schritte weitergekommen zu sein. Oder sagen wir es so, die Entwickler akzeptieren zurzeit jene Eigenarten der Brennstoffzelle (BZ), die sich ihr nur schwer austreiben lassen, indem sie den Betrieb diesem Verhalten anpassen. Etwa dem trägen Kaltstart. Dass also frühestens, je nach Typ, nach einer Stunde oder vier Stunden Wärme und Strom zur Verfügung stehen. Das Anpassen geschieht durch Auslegen der Geräte auf Dauerbetrieb (im Idealfall ununterbrochen 8.750 Stunden im Jahr). Der muss aber nicht sein, im Urlaub darf die Brennstoffzelle ebenfalls Urlaub machen. Sie verträgt es, einige Male im Jahr ein- und ausgeschaltet zu werden. Aber den üblichen, intermittierenden Betrieb der Kessel und Thermen mit zig Starts und Stopps pro Tag oder auch der KWK mit Verbrennungsmotor gestattet diese Technologie nicht. Das hat erstens etwas mit der Aufbereitung des Erd- oder Biogases zu reinem Wasserstoff zu tun. Die Reformierung, die Entschwefelung brauchen ihre Zeit. Es muss schließlich sauberes bis sauberstes H2 sein, sonst vergiften die Zellen. Das Aufwärmen auf Betriebstemperatur der Hochtemperatur-Brennstoffzelle braucht seine Zeit, ebenfalls das Abschalten. Es hat zweitens etwas mit der Spannungsanfälligkeit der Keramik als Elektrolyt der Festoxid-Brennstoffzelle (SOFC = solid oxide fuel cell) zu tun.
Da es nicht so aussieht, dass es den Entwicklern gelingen wird, diesen Problemkomplex in den nächsten Jahren zu beseitigen, muss sich mithin die Brennstoffzelle mit der Funktion als Zusatzaggregat in der Haustechnik abfinden. Als Dauerläufer kann sie eine Grundlast an Strom und Wärme abdecken, nicht aber der alleinige Wärmeerzeuger sein. Dazu fluktuiert der Wärmebedarf in der Heizsaison einfach zu sehr. Folglich wird sie immer nur den Hauptwärmeerzeuger ergänzen können. Der darf selbstverständlich integriert sein. So sehen denn auch die Angebote der Industrie aus: entweder eine Brennstoffzelle plus Gasheizgerät als Unit oder die Brennstoffzelle als Beistellgerät, sodass sie letztlich auch im Bestand Eingang finden könnte.
Planungs-Empfehlungen
In Duisburg fiel immer wieder eine Marge als Eckpfeiler der Planung: Die Brennstoffzelle sollte so dimensioniert sein, dass sie etwa 70 bis 80 Prozent des Eigenbedarfs an Strom liefert und 30 bis 50 Prozent der Wärme. Dann habe sie eine Chance, sich irgendwann einmal zu rechnen. Eine vierköpfige Familie in einem Einfamilienhaus verbraucht etwa 4.000 kWhel pro Jahr. Die Brennstoffzelle sollte mithin rund 3.000 kWh bereitstellen. Bei durchgängigem Betrieb reichen dafür Maschinen mit 300 Wel aus. Nun wird es natürlich doch zu einigen Ausschaltzeiten kommen, sodass 600 Wel für diese Objekte stimmig wären. Buderus geht mit der „Logapower“ mit sowohl 700 W elektrisch als auch thermisch unter anderem diese Zielgruppe, die Zielgruppe Einfamilienhäuser an, genauso wie Elcore mit 300 Wel und 700 Wth. Bei 50,3 Mio. gasbeheizter Wohngebäude in Europa sei letztlich der Markt riesig genug, um irgendwann auf eine wirtschaftliche Stückzahl kommen zu können, hieß es in Duisburg. Nur muss sich dann natürlich das Aggregat über diese 3.000 kWh Eigenstrom beziehungsweise über die Preisdifferenz zum öffentlichen Strom refinanzieren. Das heißt, es muss besonders preiswert sein.
Die, die mehr Strom und vor allem mehr Wärme liefern, wie Viessmann, Vaillant, Solid Power, denken mehr an das Mehrfamilienhaus, an Restaurants, an Altenheime, Bürogebäude usw. Denn 1,5 kW Heizenergie im Sommer unterzubringen, setzt ein größeres Objekt voraus. Der Strom macht keine Schwierigkeiten. Versperrt ihm das Relais im Schaltschrank den Weg ins Haus, fließt er eben ins öffentliche Netz.
Ohne Batterie, ohne Solar
Auf der Informationsveranstaltung kam die Frage auf, ob es sich nicht lohne, einen Batteriespeicher dazuzustellen. Dazu muss man wissen, dass die Kosten für Lithium-Ionen-Batterien plus Peripherie etwa bei 1.000 Euro je zu speichernde Kilowattstunde liegen. Da die lohnenswerte Größe solcher Kraftpakete bei 6 bis 7 kWh beginnt, würden sich in diesem Falle auf das Gerät noch einmal mindestens 7.000 Euro zusätzliche Speicherkosten addieren. Im Moment dürfte keine Brennstoffzelle nebst Installationskosten unter 25.000 Euro zu haben sein. Einen solchen Aufwand für ein paar hundert Wel wird der Markt nicht akzeptieren. Jedenfalls nicht in einem Umfang, der es attraktiv machen könnte, ein systemisches Paket dieser Art zu schnüren.
Überhaupt zum Stichwort „System“. Ein Konflikt in diesem Punkt kam zur Sprache: Brennstoffzelle versus thermischer Solarkollektor. Diese Kombination mache keinen Sinn, weil die temporäre Warmwasserbereitung mit dem Dachabsorber die Brennstoffzelle aus dem Rhythmus bringen würde. Sie müsste ein- und ausschalten. Wie schon gesagt, ginge das zu Lasten ihrer Lebensdauer und auch zu Lasten der Refinanzierung.
Was macht denn die Brennstoffzelle noch so teuer? Zum Ersten beinahe jede einzelne Komponente, weil es sich hier quasi noch um Handfertigung handelt. Ergo: der Skaleneffekt, die große Stückzahl, der die Kosten reduzieren könnte, fehlt. Warum fehlt der Skaleneffekt? Weil der Verbraucher Strom und Wärme haben will, aber einer eigenen technischen Apparatur im Heizungskeller misstraut. Ein Beleg für diese Aussage sind die „unendlich“ vielen alten Öl- und Gaskessel in deutschen Häusern. Versottete und tropfende Feuerungen hinter der Feuerschutztür mindern nicht das Ansehen des Betreibers. Also a.) warum für etwas Geld ausgeben, von dem ich nicht weiß, ob es das hält, was mir der Heizungsbauer oder der Planer versprochen hat, und b.) was zu meinem Renommee nicht beiträgt. Ein heute dürftig entwickeltes Umweltbewusstsein ist (noch) kein ausreichender Antrieb für solch eine Investition. Es sei denn, äußere Ereignisse führen zum Nachdenken und Handeln.
Unterschiede zu Japan
Wie etwa in Japan. Die Nachfrage nach Brennstoffzellen dort hat wenig mit der Liebe zur Technik und Liebe zur Natur zu tun; sie hat etwas mit Angst vor einem Versorgungsengpass zu tun. Bis vor wenigen Jahren führte auch dort der galvanische Stromwärmeerzeuger ein Schattendasein. Die 15.000 oder 20.000 installierten Geräte bis 2011 bei über 50 Mio. zu beheizenden Objekten erlauben nun wirklich nicht, von einem frühen Durchbruch zu sprechen. Zu einer Belebung des Geschäfts führte die Katastrophe von Fukushima vor vier Jahren. Viele Wochen und Tage blieben zahlreiche Haushalte im Dunkeln oder abgekoppelt vom öffentlichen Netz. Das animierte Teile der Bevölkerung, sich einen Notstromerzeuger zuzulegen. Davon profitiert die Brennstoffzelle im fernöstlichen Kaiserreich, nicht von ihrer überzeugenden Leistungskraft.
Zweitens unterstützte gleich nach Fukushima der japanische Staat mit rund 50 Prozent Zuschuss die Investition in eine Brennstoffzelle. Drittens hat NEDO, die halbstaatliche Entwicklungsgesellschaft für Energie- und Industrie-Technologien (New Energy and Industrial Technology Development Organization), die Order an japanische Hersteller herausgegeben, gemeinsam Komponenten für die Brennstoffzelle zu entwerfen und zu verbessern, um eben auf einen Skaleneffekt zu kommen. In Deutschland scheitert solch eine Gemeinsamkeit an wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen als auch an anderen wettbewerblichen Gründen. Viertens fließt durch japanische Gasleitungen ein sehr eng normiertes Gas. Reformer, Entschwefelungseinheit und Stack müssen sich nicht mit unterschiedlichen Qualitäten wie in Deutschland und Europa abmühen. Das vereinfacht natürlich die Auslegung.
Einbußen durch Entwurf KWKG
Dieses Viertens ist auch einer der Gründe, warum Deutschland und Europa nicht so ohne weiteres die japanischen Angebote übernehmen können. Zwar arbeiten viele Unternehmen hierzulande mit den Konzernen im fernen Kaiserreich zusammen, indem sie teilweise den ganzen Stack nehmen, wie Viessmann etwa den von Panasonic, Buderus von Aisin Seiki, einer Toyota-Tochter, und die anderen nehmen bestimmte Bauteile. Doch sprechen weitere Unterschiede zwischen Deutschland und Japan, über die Gasqualität hinaus, gegen den kompletten Import. Man würde Strom liefernde Warmwasserboiler einführen, denn dafür wird die BZ im Inselstaat am Pazifik eingesetzt, nicht als Heizung. Das geht hin bis zur Spannung von 100 V, die in japanischen Netzen herrscht, gegenüber den 230 V hierzulande. Und schließlich wollen die deutschen Unternehmen mehr Mehrwert schöpfen als nur den Preisaufschlag auf japanische Importe. Deshalb der hohe Anteil an Eigenentwicklung.
Der aktuelle Entwurf der Bundesregierung zum KWK-Gesetz macht es der Brennstoffzelle nicht leichter. Den im Entwurf auf 4,0 Cent je kWh reduzierten Bonus für die Stromproduktion (gegenüber 5,41 Cent des noch gültigen Tarifs) will die Regierung zumindest für die Eigennutzung der Elektrizität aus Mikro-KWK nach wie vor zahlen, nur deckelt ihr Papier die Laufzeit auf 45.000 Stunden. Eine Anlage mit 2 kWel kann also maximal 90.000 x 4 = 3.600 € staatlichen Zuschuss erwarten, gleichgültig ob galvanische oder dieselmotorische KWK. Die Laufzeit spielte in der Vergangenheit keine Rolle. Da unterstützte der Staat zehn Jahre lang den Betrieb, im Maximum folglich 87.500 Stunden lang. Der neue Entwurf reißt Löcher in die Finanzierung, sorgt sich die Branche.
Einige Unwägbarkeiten
Noch ein zweiter Trend verunsichert sie. Das ist der sich anbahnende Überschuss an Strom aus Photovoltaik und Wind beziehungsweise das Abfedern dieses Überschusses in Power-to-Heat und Power- to-Gas. Power-to-Heat bedeutet, dass vermutlich in nicht allzu ferner Zukunft für den Strom für irgendwelche häuslichen Warmwasserspeicher der Arbeitspreis entfallen wird. Man wird nicht die Kilowattstunde bezahlen, sondern die Bereitstellung der Kilowattstunde. Sollte deshalb insgesamt die Elektrizität kostenmäßig keine großen Sprünge mehr nach oben machen, schwimmen der Brennstoffzelle weitere Felle davon. Das Power-to-Gas demgegenüber käme eigentlich der Brennstoffzelle zugute, nur kann sie dann nicht mit zusätzlicher CO2-Einsparung (Stromerzeugung) kokettieren kokettieren. Ihr Umweltgewinn würde weitgehend entfallen. Biogas ist CO2-neutral, gleichgültig, wie man es verwendet, entweder im zentralen Großkraftwerk oder in der Brennstoffzelle oder im Brennwert-Heizgerät. In Duisburg war zu spüren, dass all diese Unwägbarkeiten der Branche zwar nicht den Mut nehmen, sie aber auch nicht hoffnungsfroher stimmen.
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