Wärme

Die Ideallinie beim Heizen und Kühlen

Hotelmodernisierung und -erweiterung mit thermischer Bauteilaktivierung

Freitag, 30.04.2021

Die Marke Porsche und der Stuttgarter Stadtteil Zuffenhausen sind untrennbar miteinander verbunden. Dies wird auch erlebbar im „Novum Hotel Bruy“. Dort, wo Hans Herrmann und Richard Attwood 1970 den ersten Gesamtsieg von Porsche in Le Mans bis in die Morgenstunden gefeiert haben, betritt der Gastx das neu renovierte, mehrfach aus- und umgebaute Business-Hotel im nördlichen Teil Stuttgarts. Wandposter, Bilder und Devotionalien erinnern an die auch im Rennsport wilden 70er- und 80er-Jahre.

Foto: Das „Novum Hotel Bruy“ in Stuttgart-Zuffenhausen - Hotel mit Geschichte auf dem neuesten energetischen Stand.
Quelle: Novum Hotels
Hotel mit Geschichte auf dem neuesten energetischen Stand: Das „Novum Hotel Bruy“ in Stuttgart-Zuffenhausen. Für ganzjährig angenehme Raumtemperaturen sorgt im Neubau die thermische Bauteilaktivierung „Contec ON“. In den Bestandsräumen kommt eine Kombination aus Fußbodenheizung und Deckenkühlung zum Einsatz.

Porsche konzentriert sich mittlerweile im Rennsport auf die Formel E und Bodo Bruy fährt mit einem wissenschaftlich entwickelten Energiekonzept das Hotel mit 128 Zimmern bei Heizung, Kühlung und Lüftung auf der Ideallinie. Uponor hat den Inhaber beraten, bei der Projektierung unterstützt und insgesamt rund 1.200 m2 Fußbodenheizung „Klett“, 2.000 m2 thermische Bauteilaktivierung „Contec ON“ sowie 600 m2 Deckenheizung und Deckenkühlung „Renovis“ für die Modernisierung geliefert.

Das „Novum Hotel Bruy“ liegt nur wenige Gehminuten vom Porsche-Museum entfernt, das seit nunmehr zehn Jahren ein Anziehungsmagnet für Auto-, aber auch Architekturliebhaber aus der ganzen Welt ist. Bodo Bruy hat aber früh erkannt, dass die besondere Historie des aus einer einfachen Gaststätte entstandenen Hotelbetriebes und die Nähe zu Porsche als Alleinstellungsmerkmal nicht ausreichen, um am wettbewerbsintensiven Hotelstandort Stuttgart auf Dauer mit einer auskömmlichen Rendite bestehen zu können.

Mittlerweile ist das Hotel durch An- und Umbau und den Zukauf benachbarter Gebäude auf die jetzige Größe von 128 Zimmern gewachsen. Die längs von zwei Straßenzügen entstandenen Gebäudetrakte werden durch einen Mittelbau und die Frühstücksräume im Erdgeschoss verbunden.

Als Diplom-Ingenieur für Elektrotechnik war für ihn 1993 nach Übernahme des elterlichen Betriebes klar, dass angesichts der komplexen baulichen Gegebenheiten eine Reduktion der Energiekosten bei gleichzeitigem Komfortgewinn für die Gäste nur mit einem sehr guten gebäudetechnischen Gesamtkonzept machbar ist. Gegenwärtig werden in Hotelbetrieben etwa fünf bis sieben Prozent der Kosten für Energie aufgewendet – Tendenz steigend. Bodo Bruy hat es nicht wie viele seiner Kollegen dabei belassen, nur LEDs zu installieren und eine Nachtabsenkung bei der Beheizung und Warmwasserbereitung vorzunehmen. Bereits 2008 hat er das erste Blockheizkraftwerk (BHKW) in der Liegenschaft eingebaut.

BHKW und solare Wärme sparen CO2

Zusammen mit Prof. Dipl.-Ing Georg Sahner, G.A.S. Sahner, Stuttgart, hat Bodo Bruy ein schlüssiges Energiekonzept für die Modernisierung entworfen. Basis bilden, jeweils gasbetrieben, ein Spitzenlastkessel mit 210 kW Leistung und ein BHKW mit einer von 5 bis 20 kW modulierbaren elektrischen und 10 bis 43 kW thermischen Leistung. Damit werden Wärme und bis zu 90 Prozent des benötigten Stroms erzeugt. Je nach Hotelauslastung und Außentemperatur war das BHKW in den vergangenen Jahren 4.000 bis 6.000 h in Betrieb. Durch den BHKW-Betrieb werden jährlich bis zu 41 t CO2 gegenüber einer herkömmlichen Erzeugung von Wärme und Strom eingespart.

Ergänzt wird die Wärmeerzeugung durch eine Solarthermieanlage mit 88,56 m2 Fläche und einer installierten Leistung von 61,99 kW. Damit werden jährlich 56,16 MWh Energie über fünf Frischwassermodule mit je 80 l/h Schüttleistung bei 60 °C in das Trinkwassernetz eingespeist. Es wurde von einem täglichen Brauchwarmwasserbedarf von 3,75 m3 ausgegangen. Weitere 70,48 MWh solar gewonnene Energie stehen für Heizung und 107,3 MWh für Zusatzheizung zur Verfügung. Als Speicher dienen drei 3.000 l Pufferspeicher. Aufgrund der oberflächennahen thermischen Bauteilaktivierung („Contec ON“) ist die Vorlauftemperatur der insgesamt sechs Heizkreise, abhängig von der Außentemperatur, auf einen Bereich von 26 bis 35 °C begrenzt – ideal, um das Temperaturniveau der gespeicherten Wärme zu nutzen. Die Solarthermieanlage spart jährlich 5.317,7 m3 Erdgas und vermeidet eine CO2-Emission von 11,25 t. Eine weitere Energie- und CO2-Reduktion ist mit der geplanten Installation einer Adsorptionskältemaschine zu realisieren, die für die solarthermische Unterstützung im Kühllastfall genutzt wird.

Vor Beginn der ersten Arbeiten in 2015 wurde von G.A.S. Sahner unter realistischen Bedingungen, bei denen auch die internen Lasten durch die Gäste und die Nutzung elektrischer Verbraucher berücksichtigt wurden, für jeden Raum die Heiz- und Kühllast berechnet. Das Ergebnis: Das Gebäude (ca. 2.000 m²) hat eine durchschnittliche Grundkühllast von 411 kW. Es ist durch seine Lage sehr stark von solarer Erwärmung betroffen, welches insbesondere die Hotelzimmer im Dachgeschoss (600 m²) betrifft. „Die kombinierte Flächenheizung/ -kühlung wurde hier primär zur Deckung der Kühllast ausgelegt“, betont Michael Rebel, Technischer Berater bei Uponor. Er hat das Projekt vor Ort begleitet, den Bauherren beraten und die Berechnungen des Uponor-Projektierungsteams für die Flächenheizung/-kühlung koordiniert.

Die Außenwände im Neubau aus wärmeisolierenden Ziegelsteinen tragen ebenfalls dazu bei, die Kühllast baulich zu reduzieren. Bei den Bauteilen im Bestand ist noch ein Wärmedämmverbundsystem verbaut worden. Die Fenster sind mit einer 3-fach-Wärmeschutzverglasung ausgeführt. Um die solare Einstrahlung in die Zimmer gering zu halten, dienen elektrisch betriebene Rollläden, die je nach Lage, Sonneneinstrahlung und Jahreszeit automatisch gesteuert für Verschattung sorgen.

Zugluftfreie Kühlung

Um die Heiz- und Kühllast in den Hotelzimmern zu ermitteln, wurde von einem durchschnittlichen Zuluftstrom durch die Lüftung von 50 m3/h sowie von 25 °C Raumtemperatur im Kühlfall und 22 °C im Heizfall ausgegangen. Bodo Bruy wollte aber die Wärme und Kälte nicht über die in Hotels noch immer gängigen „Fancoils“ verteilen, sondern eine geräuschlose, hygienische, zugluftfreie und vor allem energieeffiziente Heizung und Kühlung in den sehr individuell geschnittenen Zimmern. Er entschied sich entsprechend der baulichen Gegebenheiten für eine individuelle Gesamtlösung zum Heizen und Kühlen von Uponor. Damit war es auch möglich, die Lüftungsanlage kleiner auszulegen. Zur Be- und Entlüftung dienen zwei zentrale Lüftungsgeräte (4.000 m3/h). Zusatzmodule zur Vorkühlung bzw. -heizung sowie zur Wärmerückgewinnung erhöhen die Effizienz der Lüftungsanlage.

Drei aufgestockte Geschosse im rückwärtigen Gebäudetrakt werden mit der oberflächennahen thermischen Bauteilaktivierung „Contec ON“ geheizt oder gekühlt. Die gewünschte Temperatur kann der Gast über eine Einzelraumregelung individuell einstellen. Die im Wabengitter des „Contec ON“-Systems verlaufenden Uponor-„Comfort Pipe Plus“-Rohre liegen nur wenige Millimeter unter der Betonrohdecke. Deshalb reagiert das System, anders als bei einer herkömmlichen Betonkernaktivierung, reaktionsschnell auf Änderungen der gewählten Solltemperatur. „Die Gäste können am Display die voreingestellte Temperatur um drei Grad nach oben und unten regulieren. Das verstehen alle und es vereinfacht die Bedienung“, erklärt Bodo Bruy.

Foto: „Contec ON“, eine oberflächennah wirkende Variante der Bauteilaktivierung und besonders reaktionsschnell.
Quelle: Uponor
„Contec ON“ ist eine oberflächennah wirkende Variante der Bauteilaktivierung und besonders reaktionsschnell. Sie kommt in den aufgestockten Gebäudeteilen des Hotels zum Einsatz.

Im Bestandsbereich der Gebäude werden die Zimmer mit der Fußbodenheizung Uponor-„Klett“ geheizt, die einfach zu verlegen ist. Die Rohre sind ab Werk spiralförmig mit einem Klettband umwickelt und werden einfach auf die kaschierte Dämmplatte im berechneten Abstand aufgedrückt. Ohne spezielle Verlege- und Befestigungswerkzeuge können die Rohre so zügig in Ein-Mann-Verlegung installiert und auch nachträglich korrigiert werden. Durch diese Flexibilität lässt sich die Rohrverlegung an jede Raumgeometrie anpassen. Bei den unterschiedlichen Zimmerlayouts im Hotel Bruy hat dies viel Zeit bei der Verlegung gespart.

Zusätzlich zur Fußbodenheizung wurden die Zimmer im Bestandsgebäude mit der Deckenheizung und Deckenkühlung Uponor-„Renovis“ ausgestattet, die mit einer Einzelraumregelung zu bedienen ist. „Ich habe Systeme gesucht, die beides können, heizen und kühlen. Das »Renovis«- und das »Contec On«-System können das“, ist Bodo Bruy von der eingebauten Lösung überzeugt. Im Kühlfall wird das zur Verfügung stehende, bis zu 4 °C kalte Kühlwasser, je nach Außentemperatur, mittels Beimischung auf eine Vorlauftemperatur zwischen 18 und 23 °C gebracht und über einen einfachen Tichelmannverteiler in die sechs Kühlkreise eingespeist.

Foto: Bauherr und Technischer Berater besprechen die Installation des Trockenbausystems „Renovis“ zur Deckenheizung und -kühlung.
Quelle: Uponor
Bauherr Bodo Bruy (li.) und Michael Rebel, Technischer Berater bei Uponor, besprechen die Installation des Trockenbausystems „Renovis“ zur Deckenheizung und Deckenkühlung.

Durchdachte Installationslösungen

Das „Renovis“-Trockenbauelement besteht aus einer 15 mm starken Gipskartonplatte, in die PE-Xa-Rohr bereits integriert ist. Die Elemente in den Größen 200 x 62,5 cm, 120 x 62,5 cm und 80 x 62,5 cm können wie eine Trockenbauplatte mittels einer Unterkonstruktion aus handelsüblichen CD-Profilen 27/60 auf bestehende Wände und Decken montiert werden. Nach dem Anbinden der „Renovis“-Elemente an die Heiz- und Kühlleitungen werden offene Bereiche der Decke oder Wand mit handelsüblichen Trockenbauplatten verschlossen. Anschließend werden die Verbindungsstöße verspachtelt und abgeschliffen. Die aufgedruckte Verlegung der Rohre ermöglicht den sicheren Einbau von zum Beispiel Leuchten, Luftauslässen oder Sprinklern.

Foto: Nachrüsten mit Uponor-„Renovis“ im Bestandsbereich zur Deckenkühlung.
Quelle: Uponor
Uponor-„Renovis“ wurde im Bestandsbereich zur Deckenkühlung nachgerüstet.

Als Bauleiter schätzt Bodo Bruy einfache Installationslösungen: Deshalb hat ihn auch die Uponor-„Smart ISI Box“ überzeugt. Die vorgefertigte Montageeinheit ist komplett in geschlossenzelligem PU-Schaum eingeschäumt und ideal für die Installation in Trockenbauwänden, eine in Hotels gängige Bauweise für innenliegende Bäder. In der „Smart ISI Box“ sind alle benötigten Trinkwasserkomponenten bereits anschlussfertig vormontiert. Dadurch ermöglicht die „ISI Box“ eine schnelle und sichere Montage. Der hochwertige Isolierkörper bietet bis zur Trinkwasserentnahmestelle eine hohe Wärmedämmung und einen Schallschutz, der die Anforderungen der DIN 4109 übertrifft und denen der VDI 4100:2012-10 entspricht.

Im Hotel Bruy wurden 130 „Smart ISI Boxen“ installiert und die Entnahmestellen von jeweils zwei Zimmern mit dem Uponor-„Uni Pipe Plus“-Verbundrohr zu einer Durchschleif-Ringinstallation zusammengeschlossen „Diese Installationsart bietet optimale Voraussetzungen für die hygienische Verteilung des kalten und warmen Trinkwassers“, betont Michael Rebel.

Gebäudeenergie- und Zimmermanagement

Das gesamte System von der Wärmeerzeugung über die Pufferung und Rückgewinnung bis hin zu den einzelnen Verbrauchern wird über zwei gekoppelte Bus-Systeme überwacht und gesteuert. Über ein CAN-Bus-System werden die Erzeuger mit Pufferspeicher, die Frischwarmwasser- und die Kühlwasserbereitung überwacht und geregelt. Über das KNX-Bus-System werden die einzelnen Räume hinsichtlich der Klimatisierung, Beschattung und Beleuchtung gesteuert. Außerdem werden die Daten der Lüftungsanlage und der Stromzähler mit Verbrauch und Einspeisung erfasst. Alle Daten laufen dann in einem Programm zur Visulisierung zusammen und geben so jederzeit Auskunft über den Status der gesamten Anlage. So können nicht nur eventuelle Störungen rechtzeitig erkannt und an das Facility Management gemeldet, sondern auch die zukünftigen Klimawerte in die Gebäudeparameter mit eingerechnet werden.

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