Die Gewerblichen Schulen Waldshut zeigen, wie moderne Ausbildung im SHK-Bereich geht.
Die Lust am Beruf wecken
Mittwoch, 05.06.2019
Wer den "Stand der Technik" in Sachen Aus- und Weiterbildung im Bereich der Sanitär-, Heizungs-, Klima- und Lüftungstechnik sehen (und bewundern) möchte, der muss sich an die Gewerblichen Schulen Waldshut wenden. Denn was in Waldshut-Tiengen in Sachen SHK-Technik gezeigt und für Unterrichtszwecke genutzt wird – von "A" wie "Abwasser-Turm" bis "Z" wie "Zentrale Wohnraumlüftung" –, ist wirklich erste Sahne. Die HeizungsJournal-Redaktion konnte sich Anfang Mai 2019 vor Ort ein eigenes Bild machen. Fazit: Nachahmung dringend empfohlen!
Erinnern Sie sich noch an Ihre Zeit an der Berufsschule...? Erinnern Sie sich noch an Ihre Ausbildung zum Heizungs- und Lüftungsanlagenbauer, zum Gas- und Wasserinstallateur oder zum Anlagenmechaniker SHK…? Erinnern Sie sich noch an die Stunden in der Werkstatt mit Schraubstock und Feile…? Wenn ja, welche Gedanken, Bilder und Assoziationen werden da vor Ihrem geistigen Auge wieder lebendig…? Sind Ihre Erinnerungen positiv besetzt oder blicken Sie eher mit einem "leichten Schaudern" auf diesen Lebens- und Berufsabschnitt zurück...? Fest steht jedenfalls, dass die angehenden Anlagenmechaniker und Anlagenmechanikerinnen SHK, die an den Gewerblichen Schulen Waldshut im beschaulichen Waldshut-Tiengen, quasi direkt am Rhein und damit an der schweizer-deutschen Grenze gelegen, ihre Ausbildung machen bzw. zukünftig angehen werden, mit freudigen Gesichtern und lachenden Augen zurückblicken werden.
Und dies hat auch ganz triftige und objektiv messbare Gründe. Gründe, die man sofort erkennt, wenn man das Schulgebäude als Besucher zum ersten Mal betritt: Es herrscht eine freundlich-helle Atmosphäre, die unter anderem darauf basiert, dass in den Gewerblichen Schulen Waldshut diverse Vollzeit- und Teilzeit-Schularten angeboten werden und sich so zum Beispiel Schülerinnen und Schüler des Berufskollegs, der Technikerschule und des Technischen Gymnasiums mit den Schülerinnen und Schülern der Berufsschulklassen durchmischen. Sprich: Es herrscht hier keine schulische Monokultur, sondern eine lebendige und offene Lernkultur mit "neun Schularten unter einem Dach". Ein Ort, an dem sich aktuell fast 1.200 Schüler (ca. 50 Prozent in Berufsschulen) entwickeln und entfalten können und auch dürfen!
Eine Schule mit Vision
Das ist nämlich so – explizit – im Leitbild der Schule verankert. Dieses stellt sozusagen als "Acht-Punkte-Papier" das Grundgesetz des Zusammenseins, -lebens und -arbeitens an den Gewerblichen Schulen Waldshut dar. "Unsere Schule lebt von fachlicher und fächerübergreifender Zusammenarbeit…", "Wir haben Mut, aus Fehlern zu lernen und neue Wege zu gehen" oder "Uns ist eine zeitgemäße Ausstattung für die technische und allgemeine Bildung sowie für eine positive Lernatmosphäre wichtig" – steht hier beispielsweise geschrieben.
Dass das keine bloßen Floskeln und leeren Worthülsen sind und dass sich dieses "Acht-Punkte-Papier" von manch anderem (schul-)politischen Programm komplett unterscheidet – das heißt, real gelebt wird –, das zeigt sich äußerst eindrucksvoll in einer aktuellen Groß-Investition durch den Schulträger Landkreis Waldshut an der Berufsschule. Konkret: im brandneu gestalteten Labor für den Ausbildungszug zum Anlagenmechaniker/ zur Anlagenmechanikerin SHK! Denn hier zeigt sich die eben zitierte "fachliche Zusammenarbeit", hier zeigt sich der "Mut, neue Wege zu gehen", hier zeigt sich die "zeitgemäße Ausstattung"!
Hier zeigt sich aber auch (mal wieder), dass sehr engagierte Menschen hinter einem solchen Vorhaben und Langzeit-Projekt stehen müssen, die eine intrinsische Motivation besitzen und ein wahrhaftiges Interesse am Thema, am Beruf, an der Branche und an den Schülerinnen und Schülern, an den Auszubildenden haben.
Ein Lehrer mit Schwung
Ein solcher Mensch ist Rainer Albicker.
"Wer sehen will, wie gute und nachhaltige Schulentwicklung in der Realität geht, der muss uns an den Gewerblichen Schulen in Waldshut besuchen", fasst er, der seit 19 Jahren als Gewerbelehrer tätig ist, das Projekt "Neues SHK-Labor" im Gespräch mit der HeizungsJournal-Redaktion kurz und prägnant zusammen. Wobei die vergangenen knapp drei Berufsjahre (von den ersten Überlegungen und Planungen über den Startschuss des Projekts bis hin zur offiziellen Eröffnung Mitte Mai 2019) sicherlich zu seinen spannendsten zählen dürften – im positiven Sinne, natürlich!
Mit "guter und nachhaltiger Schulentwicklung" meint Albicker konkret die "nicht alltägliche und nicht selbstverständliche Win-win-Situation im Zusammenwirken der unterschiedlichen beteiligten Personen, Firmen und Institutionen. In diesem Projekt haben der Landrat, das Schulamt, die Schulleitung, das Lehrerkollegium sowie der Lehrsysteme-Hersteller Berthold Horstmann GmbH vorbildlich, ja: mustergültig, zusammengearbeitet. Außerdem haben sich die Kreishandwerkerschaft, die Handwerkskammer sowie einige Hersteller aktiv am Projekt beteiligt."
Das klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Jedoch: Das Ergebnis dieser konstruktiven Kollaboration lässt sich ja mittlerweile live und in Farbe begutachten, anfassen und erleben. "Bei der Realisierung der neuen Labor-, Werkstatt- und Unterrichtsräume ging es erfrischenderweise nicht primär darum, an allen nur erdenklichen Stellen entsprechend Kosten einzusparen, sondern es ging tatsächlich darum, gute Ideen und weitreichende Visionen für die Ausbildung im SHK-Fach zu entwickeln und umzusetzen", so Albicker voller Freude und ergänzt: "In Summe ist das auch ein sehr starkes Bekenntnis des Landkreises zum Lehrberuf Anlagenmechaniker SHK!"
Eine Branche mit Hausaufgaben
Und so wird es im Übrigen auch was im Kampf gegen das omnipräsente "Schreckgespenst" Fachkräftemangel – möchte man hier (ganz laut) hinzufügen! Nicht plappern, lamentieren und jammern, sondern lokal bzw. regional an der "Basis" arbeiten und belastbare Grundlagen schaffen für einen engagierten Lehr- und Lernbetrieb (Stichwort: "zeitgemäße Ausstattung"), welcher den Jugendlichen und jungen Erwachsenen Lust an ihrem Beruf vermittelt. Und ja – ganz wichtig: Die Unterrichtszeit an der Berufsschule darf und muss Spaß machen, muss den "Spieltrieb" fördern und fordern. Nur so lässt sich doch die Fachkräfte-Thematik im SHK-Handwerk (die "Klempner-Krise") effektiv lösen. In den Gewerblichen Schulen Waldshut jedenfalls hat man das verinnerlicht und Gewerbelehrer Rainer Albicker steht im Labor – in "seiner Spielwiese" – und steckt die SHK-Fachleute von morgen regelrecht an mit dem Virus "Moderne Heizungs-, Lüftungs-, Klima- und Sanitärtechnik".
"Hier werden Lern(t)räume wahr", unterstreicht er und beobachtet via Video-Funktion am Lehrer-Tablet, wie ein Spülvorgang am "Abwasser-Turm" abläuft, während das intelligente Lehrsystem zeitgleich den Versuch über den Beamer an die Großbild-Leinwand wirft. "Der Laie staunt und der Fachmann wundert sich", diese Redewendung passt hier ganz genau.
Ein Hersteller mit Lösungen
Denn für Menschen, die in Schulen groß geworden sind, in welchen der Fernseher-Schrank noch ins stickige Klassenzimmer gerollt werden musste und der "Overhead"-Projektor im Hochsommer den Raum unbehaglich aufheizte, für diese Menschen ist dieses SHK-Labor nochmal um mindestens Faktor 5 beeindruckender als für die hier unterrichteten "Digital Natives".
Was in Waldshut-Tiengen in Sachen SHK-Technik gezeigt und genutzt wird – von "A" wie "Abwasser-Turm" über "H" wie "Hydraulik-Lehrstand", "P" wie "Pellet-Brennwerttechnik", "S" wie "Solarthermie" bis hin zu "W" wie "Wasseraufbereitung" und "Z" wie "Zentrale Wohnraumlüftung" –, ist wirklich erste Sahne. "Auch für uns war dieses Projekt eine echte Besonderheit und in enger Abstimmung mit Rainer Albicker konnten wir hier maßgeschneiderte Versuchsaufbauten und individuelle Lösungen kreieren. Gerade das Beispiel »Abwasser-Turm« zeigt das", betont Frank Weigert, Geschäftsführer beim Lehrsysteme-Hersteller Berthold Horstmann, nicht ohne Stolz: "Hier wird das Labor zum Klassenzimmer und das Klassenzimmer zum Labor!"
In der Tat: Rainer Albicker und seine Lehrer-Kollegen arbeiten an den Gewerblichen Schulen Waldshut jenseits des Frontal-Unterrichts. Sie "spielen" zum Beispiel Browser- bzw. Appbasierte Quizze mit Fragen rund um die Heizungsinstallation, treten sozusagen in einer digitalen "Challenge" gegeneinander an. Das fördert und fordert nicht nur den "Spieltrieb", sondern dazu noch den "Jagdinstinkt". Die Auszubildenden werden so essentieller Teil des Unterrichtsgeschehens. Und die Lehrenden werden zu virtuosen Dirigenten verschiedenster analoger und digitaler Werkzeuge, was nicht zuletzt enormes Know-how bedingt. Ganz bewusst binden sie hier die mobilen Endgeräte, die Smartphones der Schülerinnen und Schüler in den Unterricht ein und behandeln sie nicht wie störende Fremdkörper. Die Labor- und Klassenräume sind voll digitalisiert bzw. digital unterstützt – und zwar sinnvoll. Auch hier zeigt es sich wieder: Nicht plappern, lamentieren und jammern, sondern lokal motiviert agieren. Das macht Lust am (Handwerks-)Beruf!
Schon gesehen? HeizungsJournal @work für Auszubildende und Aktive im SHK-Fach ist ganz neu erhältlich. Gerne reinschauen unter www.tga-contentbase.de/at-work.
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