Erneuerbare Energien

Eigenstromnutzung im GEG nur eingeschränkt berücksichtigt

Dienstag, 10.11.2020

Im neuen Gebäudeenergiegesetz ist zu Heizzwecken eigenerzeugter PV-Strom nur in Maßen bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs berücksichtigt.

Eine brennende Glühbirne vor braunem Hintergrund.
Quelle: Free-Photos / https://pixabay.com/

Die Zielsetzung ist klar. Um die Erderwärmung einzubremsen, muss es zur Wärmewende kommen. Die kann nur auf Energieeffizienz und erneuerbaren Energien basieren – unter anderem auf Wärmepumpen und Photovoltaik-Anlagen (PV-Anlagen), auch auf dem eigenen Dach. Für solche Installationen bedarf es allerdings Anreize. Damit hält sich das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG, § 23) insofern zurück, dass es den zu Heizzwecken eigenerzeugten PV-Strom nur in Maßen bei der Berechnung des Primärenergiebedarfs, unter anderem zur Festlegung der Förderhöhe nach KfW, berücksichtigt.

Am 8. August 2020 unterschrieben Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundeswirtschafts- und Energieminister Peter Altmaier das "Gesetz zur Vereinheitlichung des Energieeinsparrechts für Gebäude und zur Änderung weiterer Gesetze", kurz GEG. Mit der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 13. August gilt es seit 1. November dieses Jahres. Mit dem GEG tat sich die Regierung schwer. Entwürfe wurden vorgelegt, verworfen, geändert. In erster Linie ging es darum, nicht zu viel vorzuschreiben, was Geld kostet, um so den Unmut sowohl der Wähler, der Immobilienverbände, der "fossilen" Industrie als auch der Länder und Kommunen, in Bezug auf Gebäude der öffentlichen Hand, in Maßen zu halten.

Noch im Frühsommer 2020 wechselten Drucksachen zwischen Bundestag und Bundesrat hin und her. Unter anderem ging es um diesen Punkt: Inwieweit reduziert die Eigenstromnutzung durch PV und Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) den Primärenergiebedarf der Heiz- und Kühlanlagen? Studien belegten eine relativ hohe Nutzungsrate von bis 100 Prozent des Solarertrags bei Einsatz von PV, einer Wärmepumpe und einem entsprechenden Stromspeicher. Bei Anrechnung dieser maximal verwertbaren 100 Prozent Sonnenstrom könnte sich bei einer entsprechenden Ausstattung und Dimensionierung ein gut gedämmtes Einfamilienhaus beinahe autark, mit einem Primärenergiebedarf nahe null, versorgen. Das hätte aber den Effizienzabstand zu den konventionellen Systemen, zum Beispiel Gas-Brennwerttechnik mit Photovoltaik, erheblich erhöht. Denn mangels hohem Eigenstromverbrauch muss die additive PV einer gasbasierten Wärmeerzeugung überwiegend ins öffentliche Netz einspeisen, was dem Primärenergiebedarf des eigenen Hauses nicht zugutekommt.

Die vormaligen Paragraphen deckelten deshalb die Eigennutzung in Verbindung mit Wärmepumpen auf 25 Prozent des Jahresprimärenergiebedarfs des Referenzgebäudes. Das wiederum stieß bei den Umweltverbänden als auch den einschlägigen Industrieverbänden, wie Bundesverband Wärmepumpe (BWP) und Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen (BVF), auf wenig Verständnis. Zumal sich die Entwürfe ausdrücklich auf die DIN V 18599-9 ("Energetische Bewertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-, End- und Primärenergiebedarfs für Heizung, Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Beleuchtung – Teil 9: End- und Primärenergiebedarf von stromproduzierenden Anlagen") beriefen. Dieses Regelwerk kommt mit seinen Berechnungsvorschriften zu ganz anderen Ergebnissen.

Gutachten aus Luxemburg

So schreibt der herausgebende Beuth Verlag der DIN-Normen in einem Einführungsbeitrag zur novellierten DIN V 18599 des Jahres 2018: "Umfangreiche Ergänzungen gibt es auch, um den im Gebäude selbst genutzten Anteil des selbst erzeugten Stroms qualifiziert abzuschätzen. Dazu wurde das von Markus Lichtmeß entwickelte vereinfachte Verfahren zur Bestimmung der Eigenstromnutzung in die Norm aufgenommen. Es berücksichtigt neben dem Stromkonsum innerhalb der Bilanz auch den Haushaltsstrombedarf. Der positive Einfluss eines Batteriespeichers auf die Eigenstromnutzung wird erfasst." Um das gleich vorwegzunehmen: Die Entkopplung von solarem Stromangebot zur Mittagszeit und abendlichem Heizstromverbrauch berücksichtigten die Entwürfe nur mit einem Bonus von plus fünf Prozent.

Der Luxemburger Dr.-Ing. Markus Lichtmeß vom Ingenieurbüro Goblet Lavandier & Partner hatte im Auftrag des Luxemburger Wirtschaftsministeriums ein einfaches Bilanzmodell zur Anrechnung von PV-Strom im Energiepass seines Landes entwickelt. Das Großherzogtum und die Bundesrepublik gehen hier in etwa gemeinsame Wege. Nach Lichtmeß bewegt sich der Deckungsanteil des Solarstroms aus einer PV-Anlage am Energieverbrauch einer Heizung mit Wärmepumpe und Batteriespeicher im Mittel zwischen 50 und 63 Prozent. Der absolute Betrag hinsichtlich des Primärenergiebedarfs des Objekts hängt von verschiedenen bauphysikalischen und technischen Faktoren ab. Dass der Speicher erheblich zur Eigennutzung beitragen kann, erklärt sich unter anderem damit, dass in den dünn beheizten Wohnungen der Berufstätigen tagsüber die Siliziumzellen in die Batterie einspeisen, aus der dann abends die Flächenheizung temperiert wird. Der elektrochemische Speicher hat damit die gleiche Funktion wie der Pufferspeicher in einer Solarthermieanlage.

Das Diagramm zeigt den Eigenbedarfdeckungsanteil für eine Installation, bestehend aus Photovoltaik (PV), Wärmepumpe und Batterie für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung.
Quelle: Lichtmeß
Eigenbedarfdeckungsanteil für eine Installation, bestehend aus Photovoltaik (PV), Wärmepumpe und Batterie für Heizung, Lüftung und Warmwasserbereitung.

Elektrische Fußbodenheizung einbezogen

In Luxemburg wollte der Gesetzgeber vor allem realitätsnahe Werte der Eigenstromnutzung zur Bestimmung des Primärenergiebedarfs in den Energiepässen der Gebäude erhalten. Im ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden gingen Prof. Dr.-Ing. Bert Oschatz und Dr.-Ing. Bernadetta Winiewska der gleichen Frage für die Berücksichtigung im GEG nach. Sie legten zwei Schwerpunkte, nämlich auf die elektrische Heizung mithilfe einer Wärmepumpe und auf die Direktheizung via elektrischer Fußbodenheizung. Die ursprünglichen Entwürfe zum GEG hatten eine Anrechenbarkeit der Eigennutzung auf den Primärenergiebedarf einer Wohnung mit Elektrofußbodenheizung gänzlich verwehrt. Das ITG argumentiert demgegenüber im Abschlussbericht: "Aus Sicht des Klimaschutzes und der Kosten ist die Nutzung selbst erzeugten PV-Stroms besser als der Netzbezug. Dass genau diese Lösung durch das GEG ausgeschlossen wird, ist unverständlich. Das ist ein Widerspruch zum grundsätzlich technologieoffenen Ansatz des GEG und kann unter Umständen zukünftige technische Entwicklungen behindern. Sowohl im Bereich PV als auch im Bereich Stromspeicher sind deutliche Effizienzverbesserungen und Kosteneinsparungen zu erwarten. Die vorgesehene Formulierung würde sinnvolle Lösungen ausschließen." Das heißt, sie würde nicht dazu animieren, CO2-reduzierende PV auf das eigene Dach zu legen, nicht dazu animieren, sich mehr als notwendig für den Klimaschutz zu engagieren.

Das Gutachten des ITG zur Bewertung des PV-Ertrags für Heizungssysteme kam zu ähnlichen Abzugswerten wie die Lichtmeß-Analyse: "Sollte die zukünftige Bewertung des erneuerbaren Stroms entsprechend dem Ansatz der DIN V 18599-2018 erfolgen, würde der Anteil der anrechenbaren Strommenge aus dem PV-Ertrag je nach Anlagenvariante bei Systemen ohne Stromspeicher zwischen 38 und 67 Prozent liegen und in Verbindung mit einem Stromspeicher entsprechend steigen." Wie schon weiter vorne gesagt, könnten laut ITG bei einer Kombination von Luft/Wasser-Wärmepumpe, PV und Stromspeicher als Abzug am Primärenergiebedarf sogar "bis zu 100 Prozent des PV-Ertrags angerechnet werden".

Die Grafik zeigt GEG-konforme Anlagenkombinationen für ein Einfamilienhaus, die das jeweilige KfW-Anforderungsniveau erreichen.
Quelle: ITG, Dresden
GEG-konforme Anlagenkombinationen für ein Einfamilienhaus, die das jeweilige KfW-Anforderungsniveau erreichen (L/W-WP = Luft/Wasser-Wärmepumpe, WRG = Lüftung mit Wärmerückgewinnung, DLE = Elektro-Durchlauferhitzer, WW-WP = Warmwasser-Wärmepumpe).

Alles andere praxisfern

Das Fazit des ITG zu den Entwürfen: "[…] mit dem im GEG formulierten Bewertungsansatz für erneuerbar erzeugten Strom erfolgt keine realitätsnahe Bewertung der innerhalb des Gebäudes genutzten Energiemengen einer Photovoltaikanlage". Speziell für die elektrische Direktheizung fassten die Wissenschaftler zusammen: "Für das Effizienzhaus plus und KfW-Effizienzhäuser (insbesondere 40 plus) stellen direkt elektrische Heizsysteme wie Infrarotsysteme oder Fußbodenheizungen eine Option dar, wenn sie in Verbindung mit einer Zu-/Abluftanlage mit Wärmerückgewinnung und einer PV-Anlage kombiniert werden."

Die Tabelle zeigt den PV-Ertrag und die anrechenbare Strommenge im Einfamilienhaus im Vergleich mit der EnEV 2014 mit DIN V 18599-9.
Quelle: ITG, Dresden
PV-Ertrag und die anrechenbare Strommenge im Einfamilienhaus – Vergleich EnEV 2014 mit DIN V 18599-9. Anrechenbar heißt, dass nur die Anteile aus der PV-Anlage vom Primärenergiebedarf abgezogen werden dürfen, die tatsächlich der Heizung zugutekommen, also nicht dem Licht oder den Haushaltsgeräten oder der Einspeisung ins öffentliche Netz (GBW = Gas-Brennwerttechnik). Die Bilanz für das Mehrfamilienhaus sieht nicht wesentlich anders aus.

Die Angaben in den vormaligen Entwürfen entstammten einer rein politischen Entscheidung. Die präsentierten Analysen aus Luxemburg und Dresden konnte der Gesetzgeber jedoch nicht ignorieren, zumal die beiden regierenden Parteien in ihrem Koalitionsvertrag vollmundig versprachen, "Deutschland zum energieeffizientesten Land der Welt" zu machen. Kurz vor der Verabschiedung der endgültigen Fassung korrigierte also das BMWi noch einmal § 23 und räumte mit Zustimmung von Bundestag und Bundesrat der Wärmepumpe den genannten Bonus von maximal 30 beziehungsweise 45 Prozent ein.

Berlin duckt sich damit zwar weiterhin, hat sich aber doch ein wenig aufgerichtet. Der elektrischen Direktheizung verordnete das GEG eine komplexere Berechnung, die im besten Fall nach ersten Abschätzungen auf einen Abzug vom Primärenergiebedarf von 25 bis 30 Prozent hinauslaufen kann. Die Verbände wollen sich aber damit nicht zufrieden geben. Sie agieren bereits in Richtung einer Änderung in Bezug auf das Novellierungsjahr 2024. Denn dann dürfte es zu einer Verschärfung der Anforderungen an den Wohnungs- und Nichtwohnungsbau kommen und dann sollten in die Berechnung des Primärenergiebedarfs auch die realen Werte fließen, so ihr Standpunkt.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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