Installation

Elektrische Flächenheizung im GEG als Option verankert

Freitag, 30.08.2024

Wohngebäude haben einen wesentlichen Anteil am Gesamtenergiebedarf und an den Treibhaus­gasemissionen in Deutschland. Den Energiebedarf von Wohngebäuden zu verringern, ist daher ein Schwerpunkt der Klimaschutzpolitik.

Quelle: BVF e.V.
„All Electric House“: Strom als verbindendes Element für die gesamte Haustechnik.

Wichtig ist hier, neben dem Wärmeschutzstandard, aber auch das richtige Heizsystem – kombiniert mit moderner Haustechnik –, welches möglichst CO2-arm Wärme für die Bewohner zur Verfügung stellt. Niedrigenergiegebäude können so heute mit einer elektrischen Flächenheizung in Kombination mit einer Photovoltaik-Anlage und einer Belüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung behaglich, wirtschaftlich und mit großer Zukunftssicherheit beheizt werden, ohne auf fossile Brennstoffe angewiesen zu sein. Der Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF) zeigt im folgenden Fachbeitrag auf, dass die elektrische Flächenheizung daher in sehr gut gedämmten Gebäuden eine passende Alternative zu anderen Heizsystemen ist.

Bereits in den Jahren 2019 und 2022 hat der BVF entsprechende Studien über die Effizienz und Wirtschaftlichkeit der elektrischen Flächenheizung durch das ITG Institut für Technische Gebäudeausrüstung Dresden Forschung und Anwendung GmbH (ITG) erstellen lassen. Diese belegen, dass die elektrische Flächenheizung die geforderten Effizienzstandards des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) erfüllt und in sehr gut gedämmten Gebäuden eine Alternative als vollwertige Raumheizung zu anderen gängigen Heizsystemen ist. In Kombination mit einer Photo­voltaik-Anlage (PV) und weiterer Anlagentechnik, wie zum Beispiel einer zentralen Zu-/Abluftanlage mit Wärme­rückgewinnung, kann das Effizienzpotential des Heizsystems voll ausgeschöpft werden. Gegenüber dem GEG-Referenzgebäude verringert sich so auch der CO2-Fußabdruck um über 80 Prozent, wenn man die Nutzung des selbst produzierten Stroms innerhalb des Gebäudes berücksichtigt.

Ein solches „All Electric House“ kommt ohne den Einsatz fossiler Energien innerhalb des Hauses aus. Über den Verbrauch des Haushaltsstroms hinaus, erfolgt sowohl die Trinkwassererwärmung über Strom als auch die Wärme­versorgung mit der elektrischen Flächenheizung oder über eine elektrische Wärmepumpe mit wasserbasierter Flächenheizung/-kühlung. Daraus resultiert ein hohes Maß an Energieautarkie, da über die PV-Anlage Strom und Wärme zu einem großen Anteil vom eigenen Dach kommen.

Vielfältige strombasierte Optionen

Die Zusammenstellung der Haustechnik-Komponenten bezüglich des Heizsystems oder der Warmwasserbereitung kann unterschiedlich gewählt werden und steht neben den individuellen Wünschen und Gewohnheiten der Bewohner auch in Abhängigkeit zur Hausgröße und dem Effizienzstandard des Gebäudes.

Für moderne Niedrigenergiegebäude mit niedriger Heizlast ist die elektrische Flächenheizung eine interessante Option – auch als vollwertige Raumheizung: Grundvoraussetzung ist eine gute Dämmung bei einem „All Electric House“. Der BVF empfiehlt die Effizienzhausklasse (EH) 55 für die energetische Sanierung von Gebäuden und die Effizienzhausklasse 40 bei Neubauten. Der Heizwärmebedarf sollte bei maximal 45 kWh/m²a liegen.

Das Hauskonzept besteht aus einer intelligenten Kombination von baulichem Wärmeschutz, Anlagentechnik und Koppelung der Sektoren Strom und Gebäude.

Bemerkenswert sind die niedrigen Investitionskosten für die elektrische Flächenheizung bei der Erstellung des Gebäudes gegenüber anderen Beheizungsarten. Es müssen weder eine komplexe Anlagentechnik mit Hydraulik noch ein Schornstein eingebaut werden. Somit fallen im Betrieb auch keine Wartungskosten (für das Heizsystem) an.

Das Konzept „All Electric House“ basiert – wie der Name schon sagt – auf Strom als alles verbindendes Element für die gesamte Gebäudetechnik. Die Bereiche Energieerzeugung, -speicherung und -verbrauch werden nachfolgend detaillierter betrachtet:

Quelle: ITG
Verbrauchsanteile für ein Niedrigenergiegebäude EH 40 mit Warmwasser (WW-Wärmepumpe), Heizung, Haushaltsstrom, Lüftung und Batteriespeicher.

Erzeugung

Für die Stromerzeugung ist eine PV-Anlage maßgeblich. Die Bandbreite reicht von einem gewissen Autarkiegrad bis hin zur Erwirtschaftung von Überschüssen (65 bis über 150 Prozent, bezogen auf den Heizwärme- und Warmwasserbedarf). Für das „All Electric House“ ist es empfehlenswert, eine möglichst große Dimensionierung der PV-Anlage zu wählen, die in Abhängigkeit zum Heizwärmebedarf und zur beheizten Wohnfläche steht – idealerweise über 10 kWp für ein Einfamilienhaus.

Alternativ kann, je nach Region, auch eine hauseigene Kleinwindenergieanlage zum Einsatz kommen. Für den Netzbezug empfiehlt der BVF den Einsatz von Ökostrom.

Speicherung

Ein weiteres zentrales Element des „All Electric House“-Konzeptes stellt die Energiespeicherung dar: Ein Batteriespeicher kann für den zeitversetzten Verbrauch im Bereich Heizwärme, Warmwasser, Haushaltsstrom oder E-Mobilität genutzt werden. Der Stromspeicher sollte passend zur PV-Anlage dimensioniert sein: Als Faustformel kann man für die Speicherkapazität in Kilowattstunden (kWh) das 0,8- bis 1,5-fache der PV-Leistung (kWp) ansetzen.

Beim „All Electric House“-Konzept bietet sich über einen Warmwasserspeicher mit elektrischem Heizstab die Möglichkeit, überschüssigen Strom aus der PV-Anlage mittels erwärmtem Wasser zu speichern. Dieser ist idealerweise stufenlos mit Überschusserkennung gekoppelt. Ebenso ist auch eine Brauchwarmwasser-Wärmepumpe mit inte­griertem Speicher in der Lage, Energie in Form von Warmwasser zu speichern.

Der Akku eines E-Fahrzeugs bietet sich als optionale Komponente zusätzlich an, um überschüssigen Strom aus der PV-Anlage zu speichern, unter der Voraussetzung, dass das Fahrzeug während der Sonnenstunden „am Haus“ ist. Beim Einsatz von Wallboxen und E-Fahrzeugen, die zukünftig das bidirektionale Laden unterstützen, kann der Strom bei Bedarf auch wieder vom E-Mobil zurück in den Haushalt fließen.

Durch die Flächenheizung werden des Weiteren Bauteile, wie zum Beispiel der Fußboden mit Estrich, auch als Wärmespeicher aktiviert und geben die Wärme zeitversetzt ab. Zudem nimmt der gesamte Baukörper des Gebäudes Wärme auf und gibt diese ebenfalls zeitversetzt wieder ab.

Quelle: BVF e.V.
Das GEG 2024 sieht die elektrische Flächenheizung als gleichrangige Option zu anderen modernen Heizsystemen und regelt deren Einbau im neuen § 71d.

Verbrauch

Im „All Electric House“ zählen die Heizung und Trinkwasser­erwärmung neben dem Haushaltstrom zu den Hauptverbrauchern.

Deckungsanteile PV pro Jahr:

Deckungsanteil PV an Haustechnik (Heizung/WW/Lüftung) 45% Deckungsanteil PV an Haushaltsstrom 57%

Die Beheizung in diesem Beispiel erfolgt über eine elektrische Flächenheizung, die in Boden, Wand oder Decke verlegt werden kann.

Die elektrische Brauchwarmwasserbereitung kann alternativ über eine Trinkwarmwasser-Wärmepumpe oder einen elektrischen Heizstab mit Warmwasserspeicher realisiert werden. Auch elektrische Durch-lauferhitzer sind denkbar, sie weisen aber keine gute Kopplung zur erneuerbaren Stromerzeugung auf und sollten daher nur in Einzelfällen (z. B. Handwaschbecken, Gäste-WC) zum Einsatz kommen.

Als weiterer Bestandteil des „All Electric House“ kommt ein energieeffizientes Lüftungssystem mit Wärmerück­gewinnung zum Tragen.

Die Elektromobilität ist eine optionale Komponente: Die Wallbox zur Aufladung der E-Fahrzeuge lässt sich jederzeit in das Gesamtkonzept integrieren.

Energiemanagement-Systeme helfen dabei, die wesentlichen Stromverbraucher möglichst bei Sonnenschein laufen zu lassen. Stufenlose netzkonforme Leistungssteller regeln die Energieverteilung für die Warmwasserbereitung und die Heizung.

Elektrische Flächenheizung als Teil der Lösung

Die intensiv diskutierte Novelle des Gebäudeenergie­gesetzes (GEG 2024) sieht die elektrische Flächenheizung als Option zur pauschalen Erfüllung der 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Regelung, die zunächst für Neubauten in Neubaugebieten verpflichtend gilt. Diese Regelung schreibt vor, dass jede neu installierte Heizung mit einem erneuerbaren Anteil von mindestens 65 Prozent betrieben werden muss.

Für die elektrische Direktheizung legt der neue § 71d des GEG 2024 („Stromdirektheizung“) weitere Anforderungen zur Nutzung fest: Hier unterscheidet das GEG zwischen Neubau und nachträglichem Einbau in ein bestehendes Gebäude und zwischen Einfamilienhäusern mit maximal zwei Wohneinheiten mit Eigennutzung sowie Einfamilien- und Mehrfamilienhäusern ohne Eigennutzung.

GEG-Regelung: selbst bewohnte Ein- und Zweifamilienhäuser im Neubau

Für selbst bewohnte Ein- und Zweifamilienhäuser gelten im Neubau die Anforderungen des GEG ohne weitere Auflagen. Diese Anforderungen lassen sich beim Einbau einer elek­trischen Flächenheizung mit dem baulichen Niveau EH 55 oder EH 40 erfüllen.

Heizungstausch in selbst bewohnten Ein- und Zweifamilienhäusern

Für selbst genutzte, bereits bestehende Ein- und Zweifamilienhäuser gibt es bei einem Heizungsaustausch mit Umstieg auf eine elektrische Flächenheizung keine Auflagen oder Einschränkungen. Anforderungen seitens des GEG 2024 gibt es nicht. Der BVF empfiehlt hier zusätzlich die Nutzung von PV, einen erhöhten Wärmeschutz und eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung.

Quelle: BVF e.V.
„All Electric Houses“ in Clarholz bei Gütersloh mit elektrischen Flächenheizungen von Danfoss/DEVI.

Der Immobilieninhaber eines Ein- oder Zweifamilienhauses kann seine Entscheidung damit frei treffen, welche Heizungstechnik individuell besser geeignet ist, um die für ihn optimale Kombination aus Investitions- und Betriebskosten zu finden. So kann bei einem nachträglichen Einbau einer elektrischen Flächenheizung in ein Bestandsgebäude die Nachrüstung von PV oder die Gebäudedämmung auch zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen eines Sanierungsfahrplans erfolgen.

GEG-Regelung: vermietete Immobilien

Für zu vermietende Ein- und Mehrfamilienhäuser, die neu errichtet werden, sowie auch bei vermieteten Bestands-Immobilien, die vor einem Heizungstausch ein wasserbasiertes Heizungssystem hatten, schreibt der Gesetzgeber nun beim Einbau einer elektrischen Flächenheizung vor, dass der bauliche Wärmeschutz nach § 16 und § 19 GEG um mindestens 45 Prozent übertroffen sein muss, dies entspricht einem geforderten Niveau EH 40.

Für nicht selbst bewohnte Bestandsgebäude ohne wasserbasiertes Heizsystem ist bei einem Wechsel zur elektrischen Flächenheizung der bauliche Wärmeschutz des Effizienzhausstandards EH 55 einzu-halten.

Ein Referenzprojekt

Ein Neubauprojekt im nordrhein-westfälischen Clarholz bei Gütersloh zeigt, dass moderne elektrische Fußbodenheizungen nicht nur in Bezug auf die Investitionskosten, sondern auch hinsichtlich der Betriebskosten eine konkurrenzfähige Alternative zu wärmepumpenbasierten Heizsystemen mit wassergeführten Fußbodenheizungen darstellen. So wurde schon im Jahr 2019 ein Ensemble von sechs baugleichen Doppelhäusern mit je 140 m² Wohnfläche im Effizienzhausstandard 40 mit elektrischer Fußbodenheizung, PV-Anlage und Stromspeicher errichtet.

Sowohl die Bauherren als auch die Mieter zeigen sich nach den ersten Heizperioden mit den Ergebnissen vollauf zufrieden. Die Heizkosten bewegten sich bei fast allen Mietparteien auf einem durchweg niedrigen Niveau von lediglich etwa 100 Euro je Heizmonat. Kalkuliert man die Einspeisevergütungen für den abseits der Heizperiode gelieferten Solarstrom ein, seien die Häuser sogar energetisch kosten- und CO2-neutral.

Fazit

Das GEG 2024 sieht die elektrische Flächenheizung als gleichrangige Option zu anderen modernen Heizsystemen. Studien belegen, dass mit dieser Heizungstechnologie auch im Hinblick auf die Zukunft die untersuchten Gebäudetypen sehr emissionsarm beheizt werden können. Unter Anrechnung des selbst erzeugten PV-Stroms innerhalb des Gebäudes für Heizung, Warmwasser und Haushaltsstrom ergeben sich hohe Eigennutzungsanteile und daraus resultierend ein kleiner CO2-Fußabdruck.

Von Annette Grimm
Referentin elektrische Flächenheizung Bundesverband Flächenheizungen und Flächenkühlungen e.V. (BVF)
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