Welche Aspekte beim Anlagenwasser eine Rolle spielen, beantwortet uns Marco Estermann, Key Account Manager bei Spirotech bv, Helmond/Düsseldorf.
Fragen und Antworten zur Systemkomponente "Heizungswasser"
Montag, 15.04.2019
Was ist mit der Systemkomponente "Heizungswasser" gemeint?
Das Heizungswasser übernimmt die eigentliche Wärmeübertragung in der Heizungsanlage und ist damit eine immens wichtige Systemkomponente, denn es ermöglicht überhaupt erst die wärmetechnische Verbindung zwischen Heizkessel und den Verbrauchern. Daher muss das Heizungswasser bei der Betrachtung des gesamten Systems immer berücksichtigt werden.
Grundsätzlich ist Wasser nicht nur ein kostengünstiges, sondern auch ein umweltschonendes Wärmeträgermedium. Dabei sind mögliche Wechselwirkungen des Anlagenwassers – oder besser gesagt dessen Inhaltsstoffe – mit der Installation zu beachten: Gelöste Gase, Salze, Partikel oder auch Mikroorganismen können den Anlagenbetrieb negativ beeinflussen.
In Sachen Befüllung wird regelmäßig auf die einschlägigen Normen verwiesen. Doch das kann nur der Anfang sein, schließlich sollen Heizungen über viele Jahre stabil laufen. Und hier kommt dann die dauerhafte Qualität des Systemwassers ins Spiel – die können wir positiv beeinflussen.
Die Instandhaltung heiztechnischer Anlagen und Systeme gehört zum Pflichtprogramm der SHK-Fachbetriebe. Der Service bzw. die Wartung beschränkt sich in vielen Fällen jedoch nur auf den Wärmeerzeuger. Welche Anlagenteile gilt es, in der Praxis noch dringend im Auge zu behalten?
Da ist in erster Linie die Druckhaltung zu nennen. Sie ist dafür verantwortlich, dass an jeder Stelle im System stabile und ausreichende Druckverhältnisse herrschen. Eine unzureichende Druckhaltung fördert den Luft- und Sauerstoffeintritt in die Anlage. Deshalb ist es so wichtig, im Rahmen der Heizungswartung das Membranausdehnungsgefäß (MAG) zu überprüfen: Ist die Membrane noch intakt und stimmt der Gasvordruck? In diesem Zusammenhang ist auch der Fülldruck in der Anlage zu beachten.
Des Weiteren sind die Pumpen im Auge zu behalten: Ungewöhnliche Laufgeräusche deuten entweder auf zu viel Luft oder einen Lagerschaden hin. Sichtbare Ablagerungen an Schnellentlüftern oder ein bereits tropfendes Ventil sind meist ein Zeichen für eine Leckage. Übrigens gilt das gleiche auch für Solaranlagen.
Gibt es eine Möglichkeit, das Heizungswasser rasch zu prüfen? Wie kann Handlungsbedarf festgestellt werden?
Natürlich sind kalte Heizkörper, Fließgeräusche an den Pumpen, häufige Störungen in der Anlage oder defekte Heizungskomponenten ein sehr deutliches Signal, dass das Heizungswasser nicht in Ordnung ist. Oft reicht vorbeugend aber schon eine regelmäßige Sichtprüfung des Wassers: Ist die Flüssigkeit trübe, schwarz oder riecht womöglich noch unangenehm, hat sie sich durch physikalische und chemische Prozesse bereits stark verändert. Luftsauerstoff führt zu Korrosion und Ablagerungen, kleine und kleinste Teilchen treiben durch die Anlage wie in einem Blutkreislauf. Und ähnlich wie dieser reagiert die Heizungsanlage mit Störungen, wenn sich Schmutz an sensiblen Bauteilen festsetzt. Galt schwarzes Heizungswasser früher als "tot" – konnte also der Anlage keinen Schaden zufügen – wissen viele Heizungsbauer mittlerweile, dass es sich hierbei um das Korrosionsprodukt Magnetit handelt. Und dies ist gar nicht so unproblematisch.
Neben der Färbung des Wassers gibt oftmals ein einfacher pH-Test sowie die Messung der Härte und Leitfähigkeit Aufschluss über den Zustand des Heizungswassers. Ist es in einem schlechten Zustand, sollte der Fachmann in jedem Fall eingreifen. Mit einer detaillierten Wasseranalyse können wir bei Spirotech unterstützen und den Ursachen auf den Grund gehen, um dann entsprechende Gegenmaßnahmen zu empfehlen.
Viele Heizungsanlagen von Bestandskunden haben 15, 20 und mehr Jahre auf dem Buckel. Auf welche Parameter muss hier besonders geachtet werden? Welche Rolle spielt in diesem Zusammenhang ein Anlagenbuch?
Im Prinzip sind es die gleichen, bereits schon beschriebenen Parameter: funktionierende Druckhaltung, Färbung und Geruch des Heizungswassers, pH-Wert, Härte, Leitfähigkeit. Das Anlagenbuch sollte Informationen zur Heizungsanlage enthalten und Aufschluss darüber geben, wie oft und wie viel Wasser nachgefüllt wurde, welche Qualität das Nachfüllwasser hatte und welche Zusatzstoffe gegebenenfalls eingebracht wurden.
Fakt ist aber, dass bei älteren Anlagen oft kein Anlagenbuch vorhanden ist oder nicht gepflegt wurde. Kommt der Fachmann dann dazu und hat die Heizung womöglich selbst gar nicht installiert, weiß er bei auftretenden Problemen meist nicht, wo er ansetzen soll. Hier hilft dann in der Regel nur eine Wasseranalyse. Ob die Anlage gespült und neu befüllt oder das vorhandene Wasser aufbereitet wird, muss immer im Einzelfall betrachtet werden. In jedem Fall sollten die notwendigen Maßnahmen mit dem Kunden bzw. Betreiber besprochen und die möglichen Konsequenzen dargelegt werden.
Die sogenannten geringinvestiven Maßnahmen rund um die Anlagenhydraulik von Heizungssystemen, etwa Pumpentausch oder hydraulischer Abgleich, können bekanntlich erhebliche Energieeffizienzpotentiale heben. Welche Maßnahmen zur Revitalisierung von Bestandsanlagen lassen sich noch effektiv umsetzen?
Oftmals kann schon die Instandsetzung oder Erneuerung der Druckhaltung eine deutliche Verbesserung bringen. Aber auch vorbeugende Maßnahmen, wie die Installation von Luftabscheidern bzw. Entgasern sowie von Schlamm- und Magnetitabscheidern, machen sich über die Laufzeit positiv bemerkbar. Dazu gibt es Studien und Erfahrungsberichte, die den Erfolg belegen – Energieeinsparung und sehr viel weniger Störungen und Defekte.
Doch auch der Einsatz von Chemikalien kann bei belasteten Bestandsanlagen zu einer Verbesserung beitragen: Manchmal lässt sich nur durch ein Spülen bzw. Reinigen der Anlage und durch den Einsatz von Korrosionsinhibitoren eine stabile Wasserqualität und damit ein reibungsloser Anlagenbetrieb gewährleisten. Für diese Maßnahmen ist von Seiten des Handwerkers sicher etwas Überzeugungsarbeit zu leisten. Hier kann er aber seine Kompetenz zeigen. Hat er auf die Problematik hingewiesen und der Kunde lehnt weitere Maßnahmen ab, sollte das dokumentiert werden. Das beugt eventuell auftretenden Folgen vor.
Kann man diese installationstechnischen Maßnahmen von ihrer energetischen Wirkung her gliedern bzw. priorisieren?
Pauschal geht das sicher nicht, dazu sind die Anlagen zu unterschiedlich. Und es würde vorausgesetzt, dass alle Bestandteile gleich blieben und nur eine Luft- bzw. Schlammabscheidung hinzukäme. Erst dann könnte die energetische Wirkung einigermaßen verglichen werden. Gehen wir aber davon aus, dass Ursachen- vor Symptombekämpfung kommt, so stehen an erster Stelle alle Maßnahmen zur Vermeidung oder Verringerung von Luft bzw. Sauerstoff im System, wie Druckhaltung, Luftabscheidung und Entgasung. Komponenten zur Reduzierung von Partikeln und Verschmutzungen stehen dann an zweiter Stelle.
Sind praxisgerechte "Checklisten" verfügbar, welche das hydraulische System als "großes Ganzes" betrachten, anstatt nur Teilaspekte zu behandeln?
Nicht selten steckt der Fachmann bei der Betrachtung des Gesamtsystems in der Zwickmühle zwischen herstellerspezifischen Vorgaben, den geltenden Normen und Richtlinien, technisch sinnvollen Maßnahmen und dem knappen Projektbudget des Auftraggebers. Checklisten könnten diese Zwickmühle nur sehr unzureichend auflösen. Aber genau hier stehen wir bei Spirotech gerne mit Rat und Tat zur Seite.
Welche Unterstützung geben Sie den SHK-Fachleuten an die Hand?
Beratung und Aufklärung über das Anlagenwasser als wesentlichen Teil des Gesamtsystems und die Vermittlung von Hintergrundwissen sehen wir, nach wie vor, als wichtige Aufgabe. Das tun wir auf verschiedenen Ebenen, etwa über die heute üblichen Informationskanäle wie Print- und Digitalmedien, über unser Planungshandbuch, aber auch durch regelmäßige Schulungen sowie intensive Beratung bei Projekten.
Darüber hinaus unterstützen wir den Fachmann bei Bedarf direkt auf der Baustelle oder durch eine professionelle Analyse des Heizungswassers und geben ihm wichtige Handlungsempfehlungen. Vorbeugung und ein störungsfreier Anlagenbetrieb sollten für alle am Bau Beteiligten die wichtigsten Ziele sein.
Welche Ziele verfolgen Sie mittelfristig? Gibt es neue oder andere Schwerpunkte?
Bei der großen Anzahl wasserführender Heizungsanlagen gibt es noch enormes Potential, diese sicherer und effizienter zu gestalten. Und daher arbeiten wir permanent daran, unsere Produkte noch besser zu machen. Dabei betrachten wir immer stärker auch das reibungslose Zusammenspiel aller Anlagenkomponenten, die maßgeblich die Heizungswasserqualität beeinflussen.
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