Wir öffnen wieder unser Archiv. Dieses Mal beschäftigt uns ein Beitrag aus der HeizungsJournal-Ausgabe vom April/Mail 1976. Wilhelm Ermeler, Oberingenieur, stellt in diesem Artikel die Frage, ob es sinnvoll ist, alte Heizkessel weiter zu betreiben.
HeizungsJournal Classics - Teil 3
Lohnt sich noch der Betrieb von Kesselveteranen?
Dienstag, 12.09.2017
"Als Brennstoffe, insbesondere Heizöl, aus heutiger Sicht [im Jahr 1976] noch zu verhältnismäßig niedrigen Preisen erhältlich waren, machte man sich nicht allzu viel Gedanken darüber, den Brennstoffverbrauch so niedrig wie möglich zu halten. Man wollte es einfach warm haben und war bereits zufrieden, wenn die Wärmeentwicklung in der Zentralheizungsanlage störungsfrei ablief. Man gab sich auch zufrieden, wenn der Nachbar nicht allzu laut über Geruchsbelästigung durch den Betrieb der Ölheizung klagte und auf Rußflocken verwies, die auf seine im Garten aufgehängte Wäsche niederrieselten. Diese seinerzeit weit verbreitete Einstellung zum "modernen Heizen" und dem damit verbundenen Energieverbrauch – oder besser gesagt - zur Energieverschwendung und Umweltbelastung gehört nun endgültig der Vergangenheit an. Ein energiebewußtes Denken mit dem Ziel, alle erreichbaren Einsparungsmöglichkeiten zu erkunden und auszuschöpfen, hat heute fast jeden von uns ergriffen. Durch die ständig steigenden Kosten [...] erfolgt dieser Umdenkungsprozeß oft eher unfreiwillig als freiwillig. Das gleiche gilt auch in Richtung Umweltschutz. Man muß jedoch feststellen, daß häufig genug zwischen Denken und Handeln noch ein beträchtlicher Unterschied besteht. Und das nicht nur beim Lichtbrennen und Autofahren, sondern auch beim Raumheizen und Brauchwassererwärmen."
Die Zeiten der niedrigen Heizölpreise sind längst vorbei (zum Glück auch die der Rußflocken in Nachbars Garten). Aber gibt es nicht immer noch diesen Unterschied zwischen Wissen und Handeln beim Nutzer, was das Energiesparen angeht?
Wo sieht der Fachmann damals also noch Verbesserungspotential? Bei den Heizkesseln:
"Geht man ferner von der Tatsache aus, daß etwa noch 5 Millionen Heizkessel älter als 20 Jahre sind, so ist durchaus einleuchtend, daß gerade hier besonders beachtliche Einsparungsmöglichkeiten vorhanden sind. Weitere erhebliche Einsparungsreserven liegen in der noch oft mangelhaften Gebäudeisolierung, in der Unzweckmäßigkeit von Heizkörperanordnungen, in einer unzureichenden Bedienung und Wartung der Anlage und in rückständigen Heizgewohnheiten schlechthin."
Das klingt vertraut - auch heute lautet der Rat bei alten Heizkesseln: austauschen, austauschen, austauschen! Durch die EnEV 2013 ist der Austausch bestimmter Kessel, die älter als 30 Jahre sind, inzwischen sogar festgeschrieben.
Der Hinweis auf den Nutzen eines Austausches ist auch im Jahr 2017 noch angebracht: Die Zahl alter Heizkessel hat sich seit 1976 zwar deutlich vermindert, allerdings waren laut dem Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks auch 2016 noch 0,9 Millionen Ölfeuerungsanlagen sowie 0,8 Millionen Gasfeuerungsanlagen älter als 25 Jahre. [1]
Herrn Ermelers Fazit:
"Zusammenfassend ist also festzuhalten, daß sich der Betrieb von Kesselveteranen bei den ständig steigenden Energiepreisen nicht mehr lohnt. Einsparungsmöglichkeiten bestehen nur noch durch deren Austausch gegen moderne Spezialkessel, sog. Sparheizkessel, wie sie heute unter diesem Stichwort angeboten werden, ohne Ausmauerung aber mit Brennstoff-Sparschaltungen versehen."
Den ersten Satz würde wohl jeder moderne Heizungsbauer unterschreiben. Sparheizkessel mit Brennstoff-Sparschaltungen sind heute allerdings nicht mehr der Stand der Technik, die "moderne" Variante des Heizkessels sind Brennwertkessel. Die gab es allerdings 1976 noch nicht, Richard Vetters bahnbrechende Erfindung erlangte erst in den 1980ern Serienreife (mehr spanndende Fakten zur Geschichte des Heizkessels finden Sie in unserem Streifzug durch 50 Jahre Heizungsbranche).
Fazit
Auch in den 70ern riet der Experte bereits zum Kesseltausch. Daran hat sich bis heute nichts geändert, denn moderne Heizkessel sparen Energie und Geld und schonen die Umwelt.
[1] Bundesverband des Schornsteinfegerhandwerks: "Erhebungen des Schornsteinfegerhandwerks in der Bundesrepublik Deutschland für das Jahr 2016", Seite 5. http://www.schornsteinfeger.de/bilder_ziv/files/erhebungen2016.pdf
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