Den hydraulischen Abgleich von Heizungsanlagen fordern viele Gesetzes- und Regelwerke und fördern zahlreiche Programme finanziell. Die Erkenntnis, wie wichtig diese oft vernachlässigte Maßnahme für die Energieeffizienz von Heizungsanlagen ist, hat sich also durchgesetzt. Aber die typische Einregulierung über feste hydraulische Widerstände ist noch nicht der Weisheit letzter Schluss.
Hydraulischer Abgleich 4.0
Volumenströme in Heizungsanlagen dynamisch verteilen
Dienstag, 03.10.2017
Ein solcher Abgleich ist auf den seltenen Volllastbetrieb ausgelegt und führt im überwiegenden Teillastbetrieb oft zu unnötigen Druckverlusten. Hohe Kosten für Pumpenenergie sind unter anderem die Folge. Mit moderner Regelungstechnik ist nun allerdings eine neue Qualität des hydraulischen Abgleichs möglich: Er funktioniert automatisch und passt sich dynamisch jedem Betriebszustand an.
Die enorme Verschwendung von Brennstoff durch hydraulisch nicht abgeglichene Heizungsanlagen sowie der unnütze Stromverbrauch durch ungeregelte Umwälzpumpen sind durch viele Erhebungen belegt. Wenn Heizungsbauer sich mit diesem Thema auseinandersetzen, ist das also keine theoretische Betrachtung der letzten Nachkommastelle möglicher Energieeinsparungen. Hydraulisch abgeglichene Wärmeverteilungen und Wärmeübergaben entlasten tatsächlich den Geldbeutel und die Umwelt.
Doch der konventionelle hydraulische Abgleich greift eigentlich noch zu kurz. Schließlich sind die statischen Voreinstellungen von hydraulischen Widerständen, die eine gleichmäßige Verteilung des Volumenstroms im Verteilsystem erzwingen, für den Volllastbetrieb ausgelegt – also für wenige Wintertage im Jahr mit maximalen Minusgraden, die in den wenigsten Heizperioden real erreicht werden.
Durch die Installation und exakte Voreinstellung von Strangregulierventilen, Differenzdruckreglern und Thermostatventilen ist zwar auch im Teillastbetrieb die gewünschte Verteilung der Volumenströme zu erreichen. Aber bei variierender Wärmeabnahme in den Räumen verändern sich die Druckverluste im System ständig. Hierauf kann ein statischer hydraulischer Abgleich nur ungenügend reagieren.
Selbst bei elektronisch geregelten Pumpen kommt es zu unnützen Leistungsanforderungen. Denn die festen hydraulischen Widerstände geben unabhängig von der Durchflussmenge einen Mindestdruck vor. Im Zusammenspiel von durchdachter Netzplanung mit moderner Regelungstechnik lässt sich das jedoch optimieren und dynamisieren, wie am Beispiel von Fußbodenheizungen deutlich wird.
Wärmeverteilung: jeder Widerstand ein Verlust
Die Wärmeverteilung schon bei der Planung auf möglichst geringe Druckverluste hin auszulegen, spart im Laufe des Lebenszyklus einer Anlage enorme Pumpenenergie. Gerade unter diesem Aspekt ist es sinnvoll, auch Differenzdruckregler "sparsam" einzusetzen. Denn jeder Differenzdruckregler erhöht den Druckverlust um 100 bis 150 mbar. Dieser Druck muss konstruktionsbedingt anliegen, damit die Regelfunktion gegeben ist.
Die Wahl strömungsoptimierter Armaturen und Verbinder sowie optimierte Rohrleitungsdimensionen verringern die Druckverluste ebenfalls. In der Summe lässt sich dadurch oft sogar die Pumpengröße reduzieren.
Wärmeübergabe: statische Widerstände kosten Energie
Der hydraulische Abgleich der Wärmeübergabe ist ebenfalls statisch auf den maximalen Wärmebedarf ausgelegt, kann also auf geringere Durchflussmengen und damit sinkende Druckverluste nicht vollständig reagieren.
Der damit einhergehende unnötige Bedarf an Pumpenförderleistung durch hydraulische Festwiderstände wird am Beispiel einer Fußbodenheizung deutlich: Die Druckverluste der einzelnen Heizkreise weichen aufgrund sehr unterschiedlicher Rohrlängen oft stark voneinander ab. Hinzu kommen in der Regel variierende Bodenbeläge, die die tatsächliche Wärmeabgabe beeinflussen.
Der typische hydraulische Abgleich an einem Heizkreisverteiler sieht so aus: Für jeden Heizkreis wird der Volumenstrom bei maximalem Wärmebedarf ermittelt. Zu berücksichtigen ist dabei der spezifische Wärmewiderstand des jeweiligen Bodenbelags, der Druckverlust der Heizrohre sowie die Temperaturdifferenz von Vor- und Rücklauftemperatur als Pauschalwert. Zu dem Druckverlust der einzelnen Heizkreislängen ist der Widerstand des Ventils im geöffneten Zustand zu addieren.
Sind der Gesamtvolumenstrom aus der Addition der einzelnen Heizkreise sowie deren jeweilige spezifische Druckverluste bekannt, kann der hydraulische Abgleich berechnet werden. Damit es zu einer gleichmäßigen Verteilung der Volumenströme kommt, muss jeder Heizkreis den gleichen Widerstand aufweisen. Heizkreise mit kleineren Rohrlängen und damit geringeren Druckverlusten sind über den "künstlichen" Widerstand des Ventileinsatzes auf den gleichen Druckverlust zu bringen, wie der Heizkreis mit der größten Rohrlänge.
Die fest voreingestellten hydraulischen Widerstände jedes Ventils müssen also auch im Teillastbetrieb durch die Pumpenförderleistung überwunden werden, obwohl der relative Druckverlust bei reduziertem Volumenstrom sinkt. Eine neue Regeltechnik von Viega ermöglicht nun einen dynamischen hydraulischen Abgleich. Die anfallenden Druckverluste der Wärmeübergabe variieren dabei in jedem Betriebspunkt analog zum Volumenstrom. In der Rückkopplung können damit elektronisch geregelte Umwälzpumpen deutlich energiesparender betrieben werden.
Umverteilen statt Drosseln
"Fonterra Smart Control" nennt der Systemhersteller Viega die neue Regelungstechnik, die alle Heizkreise permanent und automatisch hydraulisch abgleicht. Die Regelcharakteristik ist das Resultat aus Rechenoperationen mit fünf Parametern: der Vorlauftemperatur des Heizkreisverteilers, der Rücklauftemperatur jedes Heizkreises, der Raumtemperatur, dem ∆t des Soll-Ist-Vergleichs der Raumtemperatur sowie einer Kontrolltemperatur.
Auf Basis dieser Werte kann die Regelung praktisch in Echtzeit eine Temperaturveränderung im Raum erkennen und die Wärmeverteilung direkt anpassen. "Fonterra Smart Control" hat damit die Funktion einer Einzelraumregelung, die nicht nur Heizenergie spart, sondern auch den Komfort verbessert.
Das System besteht zum einen aus Raumthermostaten, die in jedem Nutzungsbereich angebracht werden, für den eine individuelle Temperaturvorgabe möglich sein soll. Außer der Sollwertvorgabe überträgt der Raumthermostat auch die tatsächliche Zimmertemperatur an eine Basiseinheit, die im Heizkreis-Verteilerschrank installiert wird. Die Datenübermittlung erfolgt per Funk, sodass keine zusätzliche Leitungsverlegung notwendig ist. Ein WLAN-Modul macht die Einstellung und Überwachung des gesamten Systems endkundengerecht über mobile Endgeräte möglich.
Des Weiteren ist an jedem Heizkreis eine Messstelle mit einem Aktormodul zu installieren. Damit wird permanent die Differenz der Vor- und Rücklauftemperatur gemessen und ebenfalls an die Basiseinheit gemeldet. Jedes Aktormodul ist außerdem mit einem Stellantrieb pro Heizkreis verbunden, der analog zur tatsächlich benötigten Wärmemenge öffnet und schließt.
Das Prinzip dahinter: Die Ventile der Heiz-kreise sind nicht mit festen Widerständen voreingestellt, sondern vollständig geöffnet und werden gemäß dem ∆t zwischen Soll- und Ist-Temperatur im Raum automatisch gesteuert. Ist die Solltemperatur im Raum erreicht, schließt das Ventil. Der Heizkreis wird nicht mehr durchströmt und es fallen somit keine Druckverluste an. Mit dem Verzicht auf feste hydraulische Widerstände in der Wärmeverteilung kann also der benötigte Differenzdruck im System dynamisch reduziert werden. Das bringt beträchtliche Einsparungen bei der Förderleistung neuer elektronisch geregelter Umwälzpumpen (Anm.: eine Verdoppelung des Pumpendrucks erfordert eine Vervierfachung der Antriebsenergie). Werden Pumpen mit der Regelungsart ∆p-v betrieben (Differenzdruck variabel), ergibt sich die höchste Effizienz: Die benötigte Pumpenförderleistung sinkt mit geringer werdendem Differenzdruck ab.
Ein dynamischer hydraulischer Abgleich wie mit "Fonterra Smart Control" ohne feste hydraulische Widerstände führt zu Energieeinsparungen von bis zu 20 Prozent. Hinzu kommen der Komfortgewinn durch die Stabilität der Raumtemperatur sowie die Möglichkeit der individuellen Temperaturregelung einzelner Räume.
Die Installation von "Fonterra Smart Control" als Maßnahme für den hydraulischen Abgleich wird staatlich gefördert, beispielsweise durch das Programm "Heizungsoptimierung" des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Als steckerfertige "Plug-and-Play"-Lösung ist die Nachrüstung in jedem bestehenden Heizkreisverteiler mit Eurokonus möglich.
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