Erneuerbare Energien

Im Interview: Kai Schiefelbein und Volker Quaschning

Dienstag, 14.04.2020

Das HeizungsJournal spricht mit Dr. Kai Schiefelbein und Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning über Klimapaket, Wärmepumpenindustrie, Konkurrenz und mehr.

Ein Mann malt mit dem Finger ein gelbes
Quelle: Gerd Altmann / https://pixabay.com/

Ob nicht die Gefahr besteht, dass uns die Klimageräte bauenden fernöstlichen Konzerne mit Wärmepumpen überschwemmen werden, wenn sich der europäische Markt für diese Produkte vervielfachen sollte, war eines der Diskussionsthemen auf dem 17. Forum Wärmepumpe des Bundesverbands Wärmepumpe (BWP) e.V. Ende November 2019 in Berlin. Und natürlich das Klimapaket. Das HeizungsJournal sprach darüber mit Dr. Kai Schiefelbein und Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning.

Dr. Kai Schiefelbein ist Geschäftsführer von Stiebel Eltron, Holzminden. Auf dem Forum Wärmepumpe in Berlin nahm er unter anderem zur industriepolitischen Bedeutung der Wärmepumpe in Deutschland Stellung:

Haben Sie Angst vor dem Ausland, Herr Schiefelbein?

Schiefelbein: Nein, Wettbewerb ist Wettbewerb. Angst habe ich nicht, aber es gibt ein paar Dinge, die müssen wir tun. Wir brauchen einen vernünftigen Binnenmarkt. Wir brauchen vernünftige Forschungs- und Investitionsprogramme, weil der Wandel, weg vom Gas- und Ölkessel hin zur Wärmepumpe, weltweit stattfinden wird, weil der chinesische Binnenmarkt immer größer sein wird als der gesamte europäische Binnenmarkt und weil wir ohne eine Industriepolitik, die hier die Rahmenbedingungen für die produzierende Industrie verbessert und auch gezielt auf die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Industrie abzielt, gegen die asiatischen Länder, die eine ganz konsequente Industriepolitik betreiben, keine Chance haben.

Foto von Dr. Kai Schiefelbein.
Quelle: Bernd Genath
"Für kaltes Klima bauen wir heute in Deutschland die besten Wärmepumpen der Welt", so Dr. Kai Schiefelbein.

Wettbewerb müssen wir aushalten

Ein vergrößerter Binnenmarkt in Europa macht die Chinesen und Japaner noch gieriger für den europäischen und deutschen Markt.

Schiefelbein: Das macht nichts. Wettbewerb müssen wir aushalten. Dafür sind wir gut ausgebildet, dafür werden wir gut bezahlt. Natürlich, wenn unser Markt wächst, werden die fernöstlichen Kollegen versuchen, hier hereinzukommen, aber wenn wir unfähig sind, unseren Heimatmarkt zu verteidigen, dann haben wir, die Industrie, etwas falsch gemacht.

Wie können wir ihn denn verteidigen?

Schiefelbein: Für kaltes Klima bauen wir heute in Deutschland die besten Wärmepumpen der Welt. Für kaltes Klima. Die anderen bauen Klimaanlagen. Wir sind wissenschaftlich gut aufgestellt, wir verstehen Kältetechnik, wir sind schnell in der Entwicklung von Produkten für neue Kältemittel. Wir haben heute schon eine ganz hohe Simulationsintensität in der Produktentwicklung, das heißt, wir können schon sehr viel an dem Produkt digital entwickeln, haben kurze, schnelle Produkterneuerungszyklen. Das ist unser industrieller Job. Lebensdauer, Qualität, Wirkungsgrad…

Verdoppelte Stückzahl durch Export

Auch Wartung und Service, diese handwerklichen Tätigkeiten, sind für die Ausländer sehr schwer wahrzunehmen.

Schiefelbein: Das ist superschwierig. Jeder deutsche Heizungsanbieter hat heute einen eigenen Werkskundendienst, egal wie der heißt, Service oder wie auch immer. Wir unterstützen das Fachhandwerk sehr gut und diese Infrastruktur aufzubauen, ist natürlich für jeden, der von draußen reinkommt, viel schwieriger als für uns, die wir die bestehende Struktur nur erhalten müssen.

Die Fallzahlen sind allerdings nicht sehr hoch, maximal 85.000 Wärmepumpen in 2019, verteilt auf sehr viele Hersteller – wobei sich an der Anzahl der Label nicht die Anzahl der Produzenten abzählen lässt, die einen bauen auch für die anderen –, aber trotzdem hält sich die Stückzahl in Grenzen und damit auch das Geld für Forschung und Entwicklung.

Schiefelbein: Die Gründe für den moderaten Absatz sind vielschichtig, auf der Tagung (Anm. d. Redaktion: 17. Forum Wärmepumpe) haben wir ja einiges dazu gehört. Die 85.000 Einheiten geben aber nicht die Produktion, sondern die Jahresinstallation in Deutschland wieder. Die deutschen Hersteller bauen etwa doppelt so viel. Wir exportieren sogar etwas mehr, als wir in Deutschland absetzen.

Die Grafik zeigt einen Vergleich zwischen europäischem Markt und Herstellern für Wärmepumpen und asiatischem.
Quelle: Breisig/PwC
Sind wir gegen eine Invasion aus Fernost gewappnet? Zumindest haben es China und Japan mit ihren Wärmepumpen-ähnlichen Luftheizungssystemen einfacher, Europa zu beliefern, als Europa die Chance hat, wassergeführte Systeme nach Fernost zu exportieren.

Völlig unzureichend

Was sind Ihre Wünsche oder Forderungen an einer Korrektur des Klimapakets?

Schiefelbein: In Bezug auf die gewählten Instrumente, die Eckpunkte, müssen wir nichts ändern. Es wurde aus meiner Sicht kein wichtiges Instrument vergessen. Was die Politiker selbst zugeben, ist, dass die quantitative Ausgestaltung teilweise völlig unzureichend ist. Der ursprüngliche CO2-Preis von 10 Euro pro Tonne wäre gar nicht wahrnehmbar gewesen. Das sind irgendetwas um 0,2 Cent auf die Kilowattstunde Gas – bei einem Abstand von heute im Durchschnitt 17 Cent zwischen 1 kWh Gas und 1 kWh Wärmepumpenstrom. 25 oder 30 Euro pro Tonne ändern auch nicht viel, die bedeuten eine Verteuerung um 0,5 oder 0,6 Cent je Kilowattstunde Erdgas. Da muss einfach mehr kommen. Um Widerstände in der Bevölkerung zu vermeiden, hat man die richtigen Instrumente quantitativ unwirksam ausgestaltet.

Die Bundesregierung schaut wahrscheinlich nicht auf den Abstand, die sieht den Prozentsatz. 25 Euro pro Tonne CO2 reichen an die vermeintliche Schmerzgrenze einer Verteuerung von etwa zehn Prozent heran. Ist auch die Förderung quantitativ unwirksam ausgestaltet?

Schiefelbein: Nein, die ist ausreichend.

Hat die denn überhaupt eine größere Lenkungswirkung? Wir haben heute im Heizungsbereich eine Sanierungsrate von 3,5 oder 4 Prozent, bei der Lebensdauer eines Wärmeerzeugers von 25 bis 30 Jahren. Eine Verdoppelung der Quote würde einen Austausch schon nach 15 Jahren bedeuten. Da macht doch kein Betreiber mit.

Schiefelbein: Das Ölkessel-Austauschprogramm beteiligt sich an den gesamten Umbaukosten mit bis zu 45 Prozent, mit fast der Hälfte der Ausgaben. Das bringt etwas. Gas kann man tatsächlich nicht zu Tode fördern, bei Gas muss man den Energiepreis hochziehen, dazu gibt es keine Alternative.

Den Vorsprung verteidigen

Wir bauen die besten Wärmepumpen der Welt, sagten Sie vorhin. Und wir seien bestens ausgebildet. Das bedeutet, wenn wir den Vorsprung halten wollen, müssen wir weiterentwickeln. Die anderen ziehen ja nach. Wo liegen hier die Schwerpunkte? Was können wir noch besser machen?

Schiefelbein: Im Moment ist noch an vielen Stellen Potential. Wir können am Wärmeübertragerdesign arbeiten, wir können ganz viel an der Steuerungstechnik arbeiten, weil die Kältekreisregelung eine hochkomplexe Sache ist. Damit sie gut funktioniert, muss man sie modellbasiert machen. Modellbasiert sollte man Hardware und Software "in-the-loop" testen und entwickeln, also reale Produkte in ein simuliertes Umfeld einbetten und erproben. Man kann die Abtauvorgänge verbessern, die Überhitzung verkleinern – es geht noch viel. Wir haben seit 1993 die Luft/Wasser-Wärmepumpen um 37 Prozent in der Effizienz verbessern können und ich würde sagen, da sind noch zu bezahlbaren Kosten gut weitere 20 bis 25 Prozent zu holen.

Es geht noch was

Das wäre ein kompletter Punkt bei der Leistungszahl (COP).

Schiefelbein: Ja, ungefähr ein COP-Punkt. Auch bei der Kompressortechnik geht noch eine ganze Menge. Wir müssen hier allerdings die großen Produzenten überreden können, die Verdichter spezifisch für die Wärmepumpe zu bauen.

Sind die nicht spezifisch? Auf dem Forum Wärmepumpe waren sie ja ein Diskussionsthema, das überraschte uns Nicht-Spezialisten.

Schiefelbein: Im Prinzip sind das "beigefrickelte" Klimakompressoren, zum Heizen und Kühlen. "Beigefrickelt" klingt böse, aber es ist die Realität. Die Verdichter werden lediglich der Wärmepumpe etwas angepasst. Wir, Stiebel Eltron, sitzen mit den Verdichterherstellern viel zusammen, um wenigstens das Verschleißverhalten für unsere spezifischen Einsatzbedingungen zu optimieren, aber die Effizienz ist halt so wie sie ist. Wir machen Verbesserungsvorschläge und wenn wir Glück haben, geht man im Einzelfall darauf ein. Das ist aber mehr die Ausnahme als die Regel.

Die Digitalisierung bietet dagegen die Möglichkeit, das Gesamtsystem zu betrachten, die Heizflächenregelung mit der Wärmepumpenheizung zu verheiraten, einfach mehr über das System zu lernen und über eine Eigenoptimierung mit den Systemtemperaturen arbeiten, die man braucht und nicht mit denen, die man aus Sicherheitsgründen eingestellt hat. Da geht auch noch viel.

Die Grafik beschreibt den noch nötigen Handlungsbedarf im Bezug auf Unterstützung von Wärmepumpen.
Quelle: Breisig/PwC
Dringender und wesentlicher Handlungsbedarf. Dringend: CO2-Bepreisung. Wesentlich: Schärfere Anforderungen an Neubau und Bestand sowie Kommunikation, Information und Vereinheitlichung regulatorischer Rahmenbedingungen.

Und das wäre nochmal ein ganzer COP-Punkt?

Schiefelbein: Nein, das nicht, aber den Energieverbrauch könnte man eventuell um etwa 20 Prozent verbessern, weil heute fast jede Heizungsanlage mit zu hohen Systemtemperaturen arbeitet.

Nur eine Übergangslösung

Bei einem COP von 4, ein Teil elektrisch, drei Teile Umweltenergie, wären das 0,2 COP-Punkte.

Schiefelbein: Diese Größenordnung.

Voraussichtliche Leistung von Wärmepumpen von 2018 bis 2020.
Quelle: Breisig/PwC
Im Jahr 2030, wenn der Strom zum wesentlichen Teil aus erneuerbaren Energien stammt, emittiert die Wärmepumpe 50 g Co2/kWhth gegenüber 250 und 330 g der Erdgas- und Heizöl-Wärmeerzeuger.

R 32 als Kältemittel macht die Welt auch nicht glücklich, denn das hat ja immer noch ein GWP von irgendetwas um 500. Die Welt will GWP 2 oder 3.

Schiefelbein: Etwas über 600 hat R 32. Es ist nur eine Übergangslösung. Wir werden in Europa ziemlich sicher auf ein Kältemittel mit einem GWP-Wert kleiner 150 gehen. Solche Kältemittel gibt es schon. Allerdings sind es brennbare Kältemittel, Kohlenwasserstoffe, und da muss man sich sehr gut überlegen, ob man die im Heizungskeller von Einfamilienhäusern, wo ja keine regelmäßige Wartung stattfindet, wirklich einsetzen will. Das Risiko ist vorhanden, weil eben Kohlenwasserstoffe als Kältemittel schwerer als Luft sind, sich bodennah akkumulieren. Propan ist ebenfalls schwer und brennbar. Die Gefahr von Unfällen ist nicht wegzudiskutieren. Es gibt aber Gott sei Dank auch Kältemittel mit GWPs, die ganz klein sind, in der Größenordnung von Propan, aber nur sehr schwach brennen und keine explosive Wirkung entfalten.

Zu geringe Fallzahl

Die aus der Automobil-Klimatisierung? Vor einigen Jahren gingen die ja durch die Presse, weil sie in einem Extremversuch ebenfalls brannten…

Schiefelbein: Ja, die, die in Autoklimaanlagen eingesetzt werden, R 1234yf (Tetrafluorpropen) mit einem GWP-Wert von 4. Propan hat 3.

Und warum setzt man sie noch nicht ein?

Schiefelbein: Es ist einfach mit der Entwicklung sehr schwer. Mit der Verträglichkeit der Werkstoffe und Dichtungen mit den Kältemitteln. Die Hersteller von Komponenten sitzen in Asien und beanstanden, ihr Europäer, immer wieder wollt ihr die Kältemittel wechseln für eure Ministückzahlen, wir entwickeln nicht für euch. Wir bei Stiebel Eltron sind heute dabei, die Komponentenqualifizierung für den Einsatz von Kältemitteln mit kleinem GWP selbst zu betreiben, weil unser Lieferant sagt, das qualifiziert mal schön selbst, wir machen die Arbeit nicht. So wird es eben ein bisschen langwieriger. Wir arbeiten hochintensiv daran, ich würde sagen, ein gutes Drittel unserer Forschungs- und Entwicklungskapazität aktuell geht in die Qualifizierung von Komponenten für neue, moderne, gute Kältemittel. Aber es dauert. Weil auch Lebensdaueruntersuchungen nicht zwischen Frühstücks- und Mittagspause zu machen sind.

Lohnt es sich nicht für die europäische Wärmepumpenindustrie, an Verdichtern und Kältemitteln gemeinsam zu forschen und zu entwickeln?

Schiefelbein: Das wäre zu überlegen.

Das Haus brennt lichterloh

Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning vertrat auf der Podiumsdiskussion "Klimakrise und Energiewende: Erreichen wir die Klimaziele 2030?" im Rahmen des 17. Forums Wärmepumpe in Berlin die Wissenschaft. Der Elektroniker und Hochschullehrer hat in Photovoltaik promoviert. Er gehört dem Koordinierungsteam für Deutschland der jungen Organisation "Scientists for Future" an.

Dr. Lukas Köhler (MdB, FDP), Timon Gremmels (MdB, SPD), Emma Fuchs (Fridays for Future), Dr. Julia Verlinden (MdB, Bündnis 90/die Grünen) und Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning (Scientists for Future) sitzen nebeneinander.
Quelle: Bernd Genath
Erreichen wir die Klimaziele 2030? Es diskutierten (v.l.n.r.): Dr. Lukas Köhler (MdB, FDP), Timon Gremmels (MdB, SPD), Emma Fuchs (Fridays for Future), Dr. Julia Verlinden (MdB, Bündnis 90/die Grünen) und Prof. Dr.-Ing. Volker Quaschning (Scientists for Future). Die einhellige Meinung: nicht mit dem Klimapaket.

Herr Quaschning, was gefällt Ihnen nicht am Klimapaket?

Quaschning: Ich vergleiche die Situation mit einem Haus, das lichterloh in Flammen steht – und wir schütten nur ein Glas Wasser hinein. Die CO2-Flammen lodern zum Himmel. Wasser ist sicherlich die richtige Maßnahme, aber mit der Menge, mit den unzulänglichen Forderungen seitens des Gesetzgebers, werden wir das Feuer nicht löschen, selbst wenn wir noch ein zweites und ein drittes Glas hineinkippen. Bis wir das erkennen, wird das Haus abgebrannt sein. Weil wir einfach zu viel Zeit verloren haben.

Wo sollte man ansetzen?

Quaschning: Wir müssen zunächst schauen, dass wir überhaupt die Mengen an erneuerbaren Energien bekommen, um klimaneutral werden zu können. Das ist das Hauptthema Nummer 1. Primärenergieseitig stehen wir derzeit gerade mal bei 15 Prozent erneuerbare Energien. Auf 100 Prozent kommen wir – und darauf können wir kommen – nur mit einem sehr beherzten Solar- und Windenergieausbau. Bei der Windenergie sieht es in Deutschland so aus, dass die Bundesregierung derzeit beschließt, erst mal gar nichts mehr zu machen, weil sie Angst vor irgendwelchen Bauern oder Wutbürgern der AfD hat und deswegen dieses Thema komplett ausklammert. Damit haben wir überhaupt keine Chance, klimaneutral zu werden.

Hausaufgaben selbst machen

Könnten wir "Grünen Strom" nicht importieren? Das kam ja auch zur Sprache. "Desertec", gestartet vor zehn Jahren, war so eine Vision. Studien des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt hatten gezeigt, dass die Wüsten der Erde in weniger als sechs Stunden soviel Energie von der Sonne empfangen, wie die Menschheit in einem ganzen Jahr verbraucht. Nun muss es ja nicht gleich das politisch instabile Nordafrika sein. Spanien, Portugal, Griechenland…

Quaschning: Beim Stromimport müssen wir die Zeitachse sehen. Die Klimaberichte sagen, dass wir in Deutschland wirklich in den nächsten 15 bis 20 Jahren klimaneutral werden müssen. Das bedarf eigener Anstrengungen. Als "Desertec" auf den Plan kam, kostete 1 kW PV-Anlage noch 4.000 bis 5.000 Euro, heute 1.400 Euro. Wir brauchen nicht unbedingt "Desertec". Zumal Leitungen verlegen kostet und dauert. Zudem: Strom etwa aus Südeuropa bedeutet, dass diese Länder einen Überschuss über ihr eigenes 100-Prozent-Ziel generieren müssen. Zunächst erst einmal selbst Klimaneutralität erreichen müssen. Nein, wir haben hier unsere Hausaufgaben zu machen. Sollten tatsächlich einige europäische Länder früher als wir damit fertig sein, können wir den Punkt ja nochmal neu diskutieren. Aber abwarten, was sich so tut, ist der völlig falsche Weg.

Die Wärmepumpe wird der AfD geopfert

Warum, glauben Sie, ist das Klimapaket so schwach in seinen Forderungen? Ist das ein Einknicken vor den Lobbyisten, ist das ein Einknicken vor dem unwilligen Bürger, der zwar Klimaschutz akzeptiert, aber keine finanziellen Belastungen?

Quaschning: Wir hatten sehr, sehr lange mächtige Lobbyisten aus dem Bereich der klassischen Energieversorger und der Automobilindustrie, die sich bemühten, die Klimaschutz-Aktivitäten zu verhindern. Das dreht sich im Moment. Die Konzerne sehen, dass sie international nicht mehr wettbewerbsfähig sein werden. Aber natürlich haben sie in den letzten Jahrzehnten viel verhindert, das kaum noch aufzuholen ist. Des Weiteren sind die Blockierer auch nicht alle von der Bühne. Dazu kommt die AfD, die der CDU sehr viele Stimmen weggenommen hat. Die AfD hat als zweites Thema, neben dem Flüchtlingsthema, den Kampf gegen die Energiewende entdeckt. Da hat natürlich die CDU Angst, noch weitere Stimmen zu verlieren. Deshalb versucht sie als "GroKo-Partei" so wenig wie möglich zu bewegen, um nicht von rechts außen noch weiter unter Beschuss zu geraten. Deshalb das schwache Klimapaket. Die Wärmepumpe wird sozusagen der AfD geopfert.

Ihre Gruppierung "Scientists for Future", was ist das für eine Organisation?

Quaschning: Im Prinzip greifen die Schüler und Jugendlichen der "Fridays for Future"-Bewegung das auf, was die Wissenschaft sagt. Um dem Nachdruck zu verleihen, gehen sie auf die Straße. Sie unterstützen die Energiewende und wir unterstützen sie. Sie sind als erste auf die Straße gegangen und das hat einige von uns beschämt. Deshalb seit Anfang 2019 "Scientists for Future". Was wir schon getan haben, kann man im Netz nachlesen. Schon wenige Wochen nach der Gründung im Frühjahr machten bereits 27.000 Wissenschaftler im deutschsprachigen Raum mit. Wir wollen Impulse für einen effektiven Klimaschutz geben und zwar in Richtung der beiden Zielgruppen Öffentlichkeit und Politik.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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