„Von Kohle zu Grün, von Öl zu Grün, von Gas zu Grün“ – unter dieser Überschrift stand eine Journalistenreise Ende August dieses Jahres. Grün steht für Geothermie als Wärmequelle, für Luft als Wärmequelle, für Solarwärme via Kollektoren und grünen Strom via PV. Das Programm konzentrierte sich auf mustergültig sanierte Ein-, Zwei- und Mehrfamilienhäuser.
Keine Nachbarn als Feinde
Gute Beispiele aus der Gebäudesanierung mit Wärmepumpen
Dienstag, 04.01.2022
Deutschland trägt zur Einbremsung der Erderwärmung nur bei, wenn die Energiewende auch im Bestand stattfindet. Dass der entgegen landläufiger Meinung wärmepumpentauglich ist, wollte eine Informationsfahrt zu verschiedenen Objekten im Ruhrgebiet und in Westfalen belegen. Eingeladen hatte der Bundesverband Wärmepumpe (BWP) e.V. In den besichtigten Objekten reduzierte sich nicht nur der Primärenergiebedarf erheblich, zum Teil mutierten die Bestandsbauten zu Null-Energie- oder gar Energie-Plus-Häusern. Bei den Beispielen führte natürlich das Umweltbewusstsein der Hauseigentümer zu den nachhaltigen Installationen. Einen Ausschlag zum Umstieg von fossil auf regenerativ gaben zusätzlich die staatlichen Zuschüsse von BAFA und KfW. Sowie eine befürchtete spürbare Verteuerung des fossilen Heizens aufgrund der CO2-Abgabe.
Um von der hohen Nachhaltigkeit einer Energiewende mit der Wärmepumpentechnologie zu überzeugen, hatte der BWP als Anschauungsmaterial Projekte ausgewählt, deren Effizienz und Funktionsfähigkeit Gutachteraugen standhalten. Dass sie die Prüfung bestehen, hat freilich nicht ausschließlich in der soliden Technik ihren Grund. Bei fast allen Stationen der Reise rückte immer wieder die Kompetenz der Beratung ganz vorne auf die Prioritätenliste. Der Vertreter eines Herstellers erklärte es den anwesenden Fachjournalisten so: „Wenn der Außendienstmitarbeiter vor einer Radiatorheizung steht und den potentiellen Kunden damit beruhigt »Kein Problem, natürlich können unsere Wärmepumpen auch locker 60 °C«, statt ihn auf die Notwendigkeit einer eventuellen Heizkörpervergrößerung hinzuweisen, hat der in der Regel schon den falschen Berater. Ein seriöser Service denkt zuerst an die Effizienz. Wer die Energiewende ernst nimmt und den Kunden zufrieden stellen will, verweist nicht einfach auf das gute Label auf seinen Maschinen. Effizienz setzt eine ganzheitliche Betrachtung voraus. Die geht hin bis zur Empfehlung des qualifizierten Installateurs. Das Label macht nicht die Effizienz, sondern die kompetente Beratung und die qualifizierte Umsetzung.“
Mit und ohne Kälteschein
Die Industrie unterscheidet bei Luft/Wasser-Wärmepumpen lediglich zwischen Monoblock- und Split-Anlagen. Das ist relativ grob, weil diese Unterscheidung weder den Einsatzort noch einen entscheidenden Punkt der Technik erfasst: die Unterbringung des Schall emittierenden Verdichters. Zur Monoblock-Bauweise: Es handelt sich um einen kompletten Wärmeerzeuger mit sämtlichen Bauteilen. Er steht im Haus oder vor dem Haus. Bei der Außenaufstellung verbindet keine Kältemittelleitung, sondern eine Heizwasserleitung die Maschine im Freien mit dem Pufferspeicher im Keller. Der Heizungsbauer kommt mithin ohne Kälteschein aus, wie natürlich auch bei der Innenaufstellung. Hier rückt alles im Heizraum komplett und klassisch zusammen. Allerdings mit dem Unterschied zu einem Gas- oder Ölkessel, dass Zu- und Fortluftkanäle hinzukommen.
Die Split-Ausführung setzt sich aus einer Innen- und einer Außeneinheit zusammen. Beide Module enthalten Teile des Kältemittelkreises: die Außeneinheit in jedem Fall den Verdampfer und den Ventilator, die Inneneinheit den Kondensator. Hinsichtlich des Verdichters variiert das Schema. Die einen verbauen den nicht leisen Kompressor draußen beim Verdampfer, die anderen vornehmlich aus Lärmschutzgründen innen beim Kondensator. In beiden Fällen muss wegen der Zweiteilung des Kältekreises eine Kältemittelleitung die Technik vor dem Haus mit der Technik im Haus koppeln.
Der folgende Überblick über Wärmepumpen-Praxisbeispiele konzentriert sich weniger auf Details zu den Installationen. Einige kommen zur Sprache, das schon. Mehrheitlich geht der Artikel aber auf die Motivationen und die Erfahrungen mit dem Umbauen ein sowie auf Umfeldthemen.
Fußbodenheizung in Fliesenfugen
Für den BWP sind Wärmepumpen und PV-Anlagen ein „kongeniales Dreamteam“. „30 bis 50 Prozent des benötigten Stroms für den Betrieb der Wärmepumpe können mit einer eigenen Photovoltaikanlage selbst produziert und direkt genutzt werden“, heißt es in einem Pressetext. Familie Borlik im münsterländischen Freckenhorst holte sich das „Dreamteam“ in und auf ihr Reihenendhaus. 1976 gebaut, kauften es die heutigen Eigentümer im Jahr 2008 und verbesserten in den folgenden zehn Jahren nach und nach Bauphysik und TGA: 2013 tauschten sie die Fenster aus und legten Photovoltaik aufs Haus. 2018 sanierten sie das Erdgeschoss. Gleichzeitig ließen sie eine Fußbodenheizung einziehen. „Die Umbauarbeiten mussten sich aber in Grenzen halten. Schließlich bewohnten wir unser Heim. Um klassisch die Rohre im Estrich einbetten zu können, hätten wir den alten Zement ausstemmen müssen. Das kam nicht infrage. Doch hatten wir davon gehört, dass man mittlerweile auch die Leitungen in gefräste Nuten einlegen kann. Wir beauftragten ein entsprechendes Spezialunternehmen mit einer Probefräsung, die uns zeigen sollte, ob man auch durch die vorhandenen steinharten Bodenfliesen kommt. Tatsächlich funktionierte das hervorragend. Dadurch konnten wir das komplette Erdgeschoss auf eine Fußbodenheizung umrüsten. Vom Aufbau her sieht das heute so aus, dass die Rohre in der alten Fliese eingefräst verlaufen, darauf liegt eine Ausgleichsmatte und auf der wieder eine Fliese.“
Kaum zu hören
Im Mittelpunkt der in die Jahre gekommenen alten Heizung stand ein Niedertemperatur-Gaskessel des Jahrgangs 1991. Der beheizte unter anderem einen 220-l-Warmwasserspeicher. Bauherr Borlik: „Das System machte aber mittlerweile Zicken, vor allen Dingen der Feuerungsautomat und der Regler. Wir konnten häufig nur kalt duschen. Damit hatten wir uns einige Zeit arrangiert, aber schließlich war Schluss. Wir brauchten eine neue Heizung. Wir machten uns schlau. Wäre es uns ausschließlich um den Komfort gegangen, hätten wir uns aus Kostengründen für einen modernen Erdgaskessel entschieden. Die Klimaänderung kam aber hinzu – und die BAFA-Wärmepumpenförderung. Beides beendete die Diskussion.“
Heute ist die Luft/Wasser-Wärmepumpe von Dimplex mit der PV-Anlage gekoppelt. Damit fließt der auf dem Dach gewonnene Strom direkt in die Heizung ein. Das Außenteil der Luftwärmepumpe enthält ausschließlich den Verdampfer und den Ventilator. Der Kondensator und der Inverter mit der Verdichterstufe befinden sich verkapselt im Haus. Dadurch fährt der Wärmeerzeuger, laut Dimplex und Familie Borlik, mit einer sehr geringen Geräuschkulisse.
Von Öl zu Hybrid
Der Klinkerbau von Dr. Klaus Strömer in Ahaus stammt aus den 1930er-Jahren. Er hat verschiedene Heizungsanlagen hinter sich. Die vorletzte, aus der Zeit vor der Sanierung vor wenigen Jahren, basierte auf einem Ölkessel mit 70 kW – die zur Sanierung berechnete Heizlast beläuft sich auf 54 kW. Damals wie heute temperieren die Wärmeerzeuger zwei Arztpraxen, einen Zwei-Personen-Haushalt und ein Schwimmbad. In diesem Jahr, 2021, wagte der Eigentümer den Umstieg auf eine Luft/Wasser-Wärmepumpe (18 kW) nebst einem 70-kW-Erdgaskessel für tiefe Außentemperaturen und zur Temperierung des Schwimmbeckens. Installiert wurde die Hybridanlage vom Heizungsbaubetrieb Marcel Medding aus Dorsten. Die 18 kW des außen aufgestellten Monoblocks „BLW NEO“ von Brötje liegen bei einer Heizlast von 54 kW oberhalb der 25 Prozent „Erneuerbare“. Denn für Gas-Hybridheizungen gibt es den Investitionszuschuss der BAFA von bis zu 30 Prozent nur bei einem erneuerbaren Anteil von eben mindestens 25 Prozent.
„Für uns ist das hybride System der Einstieg in die regenerative Technik. Wir sammeln jetzt Erfahrung in der Hoffnung, in naher Zukunft komplett auf nachhaltige Umweltwärme umsteigen zu können“, betont der Hauseigentümer. Zur Außenaufstellung: Kompakte Einheiten für die Innenaufstellung, die als Monoblock sämtliche Komponenten enthalten, bietet die Industrie nur für kleinere Leistungen an. Für die Sanierung eines mäßig gedämmten Bestands – der Wärmeschutz des 90-jährigen Hauses in Ahaus entspricht dem Standard der Vorkriegszeit – mit folglich höherer Leistung kommt diese Ausführung normalerweise nicht infrage. Der notwendige Luftdurchsatz ist einfach zu hoch, um ihn wirtschaftlich in und aus dem Heizraum zu führen. Bei einer Außentemperatur von -7 °C und einer Vorlauftemperatur von 35 °C beträgt der notwendige Außenluftvolumenstrom für ein größeres Einfamilienhaus und für einen COP um 3 bereits 4.000 m3/h (ΔT ca. 10 K). Wegen der Dimensionen des Kanalsystems – man denke allein an die Durchbrüche in der Kellerwand –, der Geräuschkulisse und der Druckverluste dürfte das die Grenze für die Innenaufstellung sein. Schaut man sich die Kataloge der Hersteller an, ziehen die einen Schlussstrich bei meist 7 kW respektive bei etwa 3.000 m3/h.
45 Prozent Zuschuss
Das Einfamilienhaus der Familie Gerlach in Greven aus dem Jahr 1969 hat eine beheizte Fläche von insgesamt 220 m2. In den 80er-Jahren erhielt es bereits eine Fußbodenheizung – beste Voraussetzungen für die kürzlich installierte Luft/Wasser-Wärmepumpe, die heute den „fossilen“ Heizkessel ersetzt. Der verbrauchte 3.800 l Heizöl jährlich und stieß 12 t CO2 aus.
Der Einbau der Fußbodenheizung geschah im Zusammenhang mit der Aufstockung des Gebäudes. Im Zuge dieses Umbaus blies eine Fachfirma Isoliermittel zwischen die zweischalige Fassade. Die errechnete Heizlast reduzierte sich auf 17 kW. Für Planung und Installation zeichnet der Betrieb KLN GmbH, Rheine, verantwortlich. Die Geschäftsführer Frank Kracht und Jürgen Niehues legten bereits im Jahr 2008 einen Schwerpunkt auf erneuerbare Energien. Sie empfahlen dem Bauherrn ein leistungsvariables Aggregat mit einer Leistung bis 20 kW. Die ging im April 2021 in Betrieb.
Bauherr Gerlach trug auf der BWP-Veranstaltung seine Sorgen vor, die ihn umtrieben, als er den Auftrag unterschrieb: „Eigentlich habe ich mich kopfüber ins Wasser gestürzt. Darin schwimme ich immer noch, denn noch habe ich ja jetzt im August keinen Winter hinter mir. Erfüllt die Anlage meine Erwartungen? Zugegeben, bisher läuft sie störungsfrei. Ich habe vorhin die Störmeldungen kontrolliert. Es gibt keine Fehleintragung seit dem 18. April, was mich sehr beruhigt.“ Beruhigt hat den Sanierer auch der Schallpegel. „Das war meine größte Befürchtung. Im Internet wird ja massig kommuniziert, die Außengeräte seien zum Teil sehr laut und machten aus freundlichen Nachbarn Feinde. Ich habe das Gerät hier in dem Unterstand untergebracht. In dem lagerte früher Holz. Der Ventilator befindet sich zwischen zwei Wänden, die eigentlich wie ein Schalltrichter wirken könnten. Doch wir haben absolut keine Lärmbelästigung, auch wenn wir die Fenster öffnen. Weder vom Verdampfer noch vom Verdichter.“
Bei der „F2120“ von Nibe handelt es sich um ein Monoblock-Modell. Der gesamte Kältemittelkreis ist im Außenteil untergebracht. Wasser als Transportmittel trägt die Wärme zu den Speichern und Verteilern im Heizraum. Der Typ arbeitet ohne E-Heizstab. Die Inneneinheit gestattet einfache Anschluss- und Regelungsmöglichkeiten von weiteren externen Wärmeerzeugern und Solarthermie.
CO2-Abgabe drohte
„Den entscheidenden Anreiz, auf eine Wärmepumpe zu wechseln, gab uns das neue Förderprogramm. Das sieht einen Zuschuss von 45 Prozent für den Wechsel von Öl auf Wärmepumpe vor. Unsere alte Heizungsanlage war 22 Jahre alt. Wir mussten damit rechnen, dass sie irgendwann in den nächsten Jahren den Geist aufgibt. Und wann gibt eine Heizung den Geist auf? Natürlich in der Heizsaison, im Winter – und damit genau zu einem Zeitpunkt, wo die Installateure in erster Linie mit der Behebung von Störungen beschäftigt sind. Also vergaben wir den Auftrag für eine Neuinstallation am Ende der Heizsaison. Nebenbei, auch die CO2-Abgabe trug zur Entscheidung bei“, geht Bauherr Gerlach auf die Motivation zur Generalsanierung ein.
Die alten Heizöltanks stehen noch im Keller mit vermutlich einer Füllung von 200 l. „Wir werden sie später ausbauen lassen, weil es zugegebenerweise für Hausbewohner im Bestandsbau eine Herausforderung ist. Auch wenn wir alles abpumpen, wird wohl noch tagelang der Heizölgeruch in den Wänden stecken. Ich bin mir noch nicht sicher, wie wir das am geschicktesten lösen. Wir können den Mietern ja keine Ersatzwohnung stellen.“
Beinahe alle Hersteller, natürlich auch Nibe, bieten Apps zur Fernbedienung an. Machen die den Heizbetrieb komfortabler, Herr Gerlach? „Sie können über das Menü alles einstellen und Updates aus dem Internet herunterladen. Ein Anschluss an WLAN ist vorhanden. Nibe stellt uns zudem eine App kostenfrei für die nächsten Jahre zur Verfügung. Wir können aus der Ferne sehen, zum Beispiel auf der Rückreise vom Urlaubsort, wie es um die Temperaturen in den Räumen bestellt ist, und nachjustieren. Auf der anderen Seite lohnt es sich bei einer Fußbodenheizung nicht, permanent irgendetwas zu verstellen. Es macht wegen der Trägheit der Masse keinen Sinn. Bei der früheren Ölheizung mit Radiatoren schalteten wir nachts herunter. Das machen wir heute nicht mehr. Doch lässt das System zu, seinen persönlichen Wärmebedarf zu entdecken. Die Räume sind ja auf mehrere Heizkreise verteilt. Wir haben uns via App langsam an unseren Wärmebedarf herangetastet.“
Der zweite Schritt geplant
Wie teuer war die Sanierung insgesamt? Sanierer Gerlach beschreibt: „Von unserer Seite 19.000 Euro plus die 45 Prozent von der BAFA. Die Kosten kann ich deshalb genau angeben, weil ich alles aus einer Hand habe abwickeln lassen. Ich hatte keine Lust, mich um technische Dinge und die Zuschüsse kümmern zu müssen. Die BAFA hat keine Abstriche gemacht. Sie hat selbst die Wasserenthärtungsanlage akzeptiert. Die Installation ist mir das Geld wert – wenn der nächste Winter zeigt, dass sie funktioniert. Ich gehe davon aus, dass sich die Betriebskosten um rund 1.000 Euro reduzieren. Die Planung geht von einem Verbrauch von 8.000 kWh aus. Mein Naturstrom-Anbieter nimmt 25 Cent für die Kilowattstunde. Damit liege ich bei 2.000 Euro. Demgegenüber stehen die Ausgaben für 3.800 l Heizöl, also rund 2.700 bis 2.800 Euro – dazu kommen noch die Schornsteinfegerkosten, die Wartung, zukünftig der CO2-Preis.“
Der zweite nachhaltige Schritt ist aber bereits geplant: „Ich werde Photovoltaik aufs Dach legen und einen Wärmespeicher dazustellen, sodass ich mindestens 70 Prozent Elektrizität selbst nutzen kann. Vielleicht auch noch zum Betanken eines Elektroautos, was aber noch nicht da ist.“
Solarthermie kontra PV
Wie vertragen sich Solarthermie und Photovoltaik? Bei begrenzter Aufstellfläche und begrenztem Budget beschneidet natürlich die eine Technologie die Leistung der anderen. Die Bilanzierung läuft letztlich auf die Frage hinaus, wovon profitiert die eingebundene Wärmepumpe mehr, vom eigenen PV-Strom für den Antrieb oder von der Erhöhung der Wärmequellentemperatur (Geothermie) via Solarthermie? Die BWP-Ausfahrt zeigte: Die realisierten Umsetzungen laufen mehrheitlich auf eine größere PV-Fläche hinaus, weil der Ertrag unkomplizierter berechenbar ist. Den solarthermischen Gewinn auszuweisen, bedarf dagegen vieler Annahmen. Mit dem wachsenden Anteil der E-Autos verschiebt sich das Verhältnis ohnehin immer mehr in Richtung Solarstrom. Im Verbund mit einer geothermischen Wärmepumpe hält indes auch die Solarthermie einen Trumpf in der Hand. Die Wärme, die die Gebäudeheizung im Winter dem Boden entzogen hat, packen die thermischen Kollektoren so ab Mai wieder in den Boden hinein, sodass dieser ab November der Wärmepumpe eine ausreichend hohe Temperatur anbietet, wovon der COP profitiert. Generell besteht ja die Gefahr des Unterkühlens des Untergrunds, wenn sich Ist und Soll (Planung) nicht decken. In den Niederlanden etwa bestehen Bestrebungen, die Rückerwärmung des Bodens zur Pflicht zu machen, um das Temperaturniveau stabil zu halten.
Auf dem Bauernhof
Einen ehemaligen landwirtschaftlichen Hof im Süden von Münster hat Eigentümer Heinz Kuhlmann 2019 komplett modernisieren lassen und im Jahr 2020 auch noch den alten Speicher zu Wohnraum umgebaut. Insgesamt laufen auf dem Hof fünf Sole/Wasser-Wärmepumpen von Weishaupt. Angekoppelt sind die Wärmeerzeuger an eine Photovoltaikanlage. Die Wärmeverteilung übernehmen Fußbodenheizungen.
Erdwärme-Flächenkollektoren beliefern die geothermische Wärmepumpe. „Wir wollten Nachhaltiges installieren und es sollte das Effizienteste sein“, erklärt Heinz Kuhlmann die Entscheidung für Erdwärme anstelle der Luft/Wasser-Variante. „Die Bodentemperatur bleibt im Wechsel der Jahreszeiten relativ konstant und liegt im Mittel deutlich über der Lufttemperatur.“ Nun wäre das Effizienteste eine Vertikalbohrung gewesen, die in der Regel höhere Temperaturen liefert als ein Flächenkollektor. Nein, das sei nur der Fall, wenn man nicht über genügend Fläche verfüge. Das Temperaturdefizit lasse sich durch ein großzügigeres Rohrnetz ausgleichen.
Fläche statt Tiefe
Die Kuhlmanns mussten nicht mit Fläche geizen. Hof und Feld räumten genügend Freiraum ein. Was in ihrem Fall für den Flächenkollektor sprach, war der Preisvorteil gegenüber der Tiefenbohrung und den Sonden. Denn die Rohre vergruben sie mit dem eigenen Bagger selbst. Die paar hundert Meter PE-Leitungen, plus eine Länge Sicherheitszuschlag – Fläche stand ja genügend zur Verfügung –, gingen im Vergleich mit Vertikalsonden und der Einbringung durch einen Brunnenbauer nicht ins Geld.
Die Rohre liegen knapp zwei Meter tief und in einem Abstand von zwei Metern, um jeden thermodynamischen Kurzschluss zu vermeiden. Der Gesamtkollektor verteilt sich auf acht Kreise, sodass sich auch die hydraulischen Widerstände in Grenzen halten. Die Literatur geht von einem Mindestverhältnis von 1:2 Wohnfläche zu Kollektorfläche aus. Ein geologisches Gutachten sollte dem aber vorausgehen, um die genauen örtlichen Verhältnisse zur Entzugsleistung, zur Regenwasserversickerung und anderes zu kennen. Ein sogenannter „Thermal Response Test“ hilft nicht weiter. Die Abstrahlung der Oberfläche zur Atmosphäre hin ist einfach zu groß, um aus den Messungen Schlüsse ziehen zu können. In Münster-Süd stehen die Flächen der Wohnräume und des Kollektors im Verhältnis von etwa 1:3. Die Wärmepumpe von Weishaupt nur für den Anbau hat eine Leistung von 5,3 kW. Sie ist für 170 m2 Wohnfläche in dem umgebauten Speicher zuständig.
Low-GWP-Kältemittel
Die BWP-Veranstaltung endete beim Wärmepumpen-Pionier Waterkotte in der Ruhrgebietsstadt Herne. Der Kältetechnikingenieur Klemens Waterkotte hatte 1968 die Wärmepumpe ins Wohnhaus geholt, indem er sie erstmalig als Heizsystem in Verbindung mit einer Fußbodenheizung einsetzte. Das Unternehmen Waterkotte gehört seit über einem Jahr zum Nibe-Konzern. Es baut Serienaggregate, hat aber auch einen Schwerpunkt im Projektgeschäft. Die Einzelgeräte erreichen eine Leistung von bis zu 1 MW (Typ „Goliath“), die Kaskade lässt noch höhere Leistungen zu. Das Programm umfasst Maschinen mit einem, mit zwei und mit vier Kompressoren. Bei vier Kompressoren gliedert sich die Leistung auf zwei Kältekreisläufe auf.
Die Entwicklung konzentriert sich beim Hersteller zurzeit auf den Übergang zu Kältemitteln mit niedrigem GWP. Die aktuelle Wärmepumpentechnik lässt einen einfachen Austausch der Fluide nicht zu. Da die verschiedenen Chemikalien völlig unterschiedliche Eigenschaften haben, dauert ein Entwicklungszyklus vier oder fünf Jahre, bis Kältemittel und Kältekreis ausbalanciert sind, teilte man mit. Schließlich müssten Siedepunkt, Gasvolumen, Drücke und weitere thermodynamische Eigenschaften zum Anlagentyp und den verwendeten Materialien passen. Waterkotte konzentriert sich im Moment unter anderem auf R 290 (Propan) mit einem GWP von 3.
Kritische Inverter-Regelung bei Geothermie-Nutzung
Des Weiteren kam das Thema Fachkräftemangel und Know-how-Defizite auf der BWP-Pressefahrt mehrfach zur Diskussion. Handwerk, Industrie, Ausbildung – alle sind gefordert. Doch noch tragen die Bemühungen keine allzu großen Früchte. Das hat auch etwas damit zu tun, dass die Technik spezifischer, komplexer ist und Handwerker ohne Wärmepumpen-Know-how nach wie vor in volle Auftragsbücher schauen. Wie kann die Industrie Anreize schaffen? Nicht mit simplem „Plug-and-Play“, solch eine Vereinfachung lässt die Technik nur in Maßen zu. Sehr entscheidend ist, die Gerätevielfalt abzuspecken. Der Anlagenbauer darf nicht 15 oder 20 oder noch mehr Typen beherrschen müssen, um dem Bauherrn Nachhaltiges in den Keller stellen zu können. Die Vielfalt muss sich auf eine Handvoll von Modellen je Energiequelle beschränken.
Henning Schulz, Pressesprecher von Stiebel Eltron, sieht in dieser Reduzierung eine Voraussetzung für eine größere Marktdurchdringung. „Wir, die Industrie, arbeiten massiv daran, wiederkehrende Systeme einzusetzen. Hier hilft unter anderem eine Inverter geregelte Luft/Wasser-Wärmepumpe weiter, weil man sich nicht in 20 verschiedenen Varianten unterschiedlicher Leistung auskennen muss, sondern vielleicht noch in zwei oder drei. Die müssen in der Lage sein, mindestens 80 Prozent aller Einbausituationen zu befriedigen. Diesen Weg versuchen wir zu gehen, um sowohl dem Handwerk als auch der Umwelt zu helfen. Zur Grobplanung müssen einige Angaben ausreichen. Etwa auf die Fragen: Wollen Sie Luft oder wollen Sie Geothermie, soll die Wärmepumpe draußen oder drinnen stehen? Dazu kommen dann noch zwei oder drei verschiedene Größen, die ein breites Leistungsspektrum dank Inverter-Regelung abdecken. Das muss einfach reichen.“
Für Luft/Wasser-Wärmepumpen hat sich die Inverter-Regelung mittlerweile durchgesetzt. Sie hat hier keine größeren Nebenwirkungen, würde ein Medikamenten-Beipackzettel versprechen. In Verbindung mit geothermischen Sonden gehen jedoch in der Fachwelt die Meinungen auseinander. Die Industrie sah in der Vergangenheit in der Modulation von Erdwärmepumpen keine hohe Relevanz, weil sich Sole/Wasser-Aggregate im Gegensatz zu Luft/Wasser-Installationen auf eine relativ stabile Quellentemperatur abstützen. Zusätzliche Komponenten gehen nur ins Geld und erhöhen das Störungspotential, hieß es. Sprich: On/Off-Betrieb genüge bei Geothermie.
„On/Off“ zieht allerdings die ungeliebte Typenvielfalt nach sich. Also auch für die Geothermie eine minimierte Auswahl modulierender Maschinen? Ja, sagt das Inverterlager. Für diese Gruppe kommt zum Ersten die Übersichtlichkeit des Angebots dem Handwerker zugute, zum Zweiten kostenmäßig dem Auftraggeber, weil der Pufferspeicher entfallen darf und zum Dritten mindere sich mit einer auf den Bedarf geregelten Teilleistung von beispielsweise 4 statt 12 kW die Gefahr, dass sich ein Eispanzer um die Sonde legt. Der drohe irgendwann bei ausschließlich voller Leistung und blockiere damit den Wärmeentzug.
Für die „On/Off“-Vertreter spricht genau dieser dritte Punkt gegen die Leistungsmodulation. Es reduzierten sich so die Taktpausen und damit die Regenerationsphasen für das Erdreich. Der quasi Dauerbetrieb einer Teillast plus die periodische Volllast für die Brauchwarmwasserbereitung kühle den Boden kontinuierlich aus, was unvermeidbar zu Lasten des COP geht.
Sortiert man also im Kontext der Inverter-Regelung von geothermischen Wärmepumpen nach Ja und Nein, so halten sich beide Aussagen die Waage. Offensichtlich liegen zu diesem Punkt noch nicht ausreichend Erfahrungen vor. Oder sie sind noch nicht kommuniziert worden.
Sie haben eine Frage zu diesem Artikel? Dann stellen Sie der Redaktion hier Ihre Fachfrage!