Es ist ruhig geworden um Brennstoffzellenheizgeräte (BZH).
Markt ausgebremst – Brennstoffzellenheizgeräte vor ungewisser Zukunft
Interview mit Alexander Dauensteiner von Viessmann Climate Solutions
Mittwoch, 14.02.2024
Die Nachfrage sinkt – und auch das Produktangebot. Die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) kann zuletzt nur noch auf Geräte mit der Technik von Panasonic verweisen – angeboten von Viessmann und der BDR Thermea Group (von den Töchtern SenerTec, Brötje und Remeha). Über das aktuelle Geschehen im Markt sprach das HeizungsJournal mit dem Brennstoffzellenexperten Alexander Dauensteiner, Product Line Owner bei Viessmann Climate Solutions SE.
Herr Dauensteiner, trotz ungemein attraktiver Förderbedingungen ist der Absatz von Brennstoffzellenheizgeräten (BZH) für die Hausenergieversorgung in den vergangenen Jahren nicht wie eigentlich erwartet in Schwung geraten. Ganz im Gegenteil – in 2022 brach die Nachfrage sogar weiter ein. Nur noch rund 2.000 Anlagen konnten 2022 in Deutschland verkauft werden. Wie erklären Sie sich diese Marktentwicklung?
Es ist richtig, dass nach erfolgreichem Hochlauf in den Jahren des Technologieeinführungsprogramms – bekannt unter dem Programm KfW 433 – das Jahr 2022 von einem Rückgang geprägt war. Ursache hierfür ist der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine. Viele Kunden haben das wichtige Ziel, Erdgas einzusparen, unterstützt. Im Zuge unserer Herausforderungen einschließlich der Solidarität mit der Ukraine ist das ausdrücklich zu begrüßen.
Hinzu kam, dass sich der für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) wichtige so genannte „spark spread“ – also die Differenz des Strompreises zum Gaspreis – im Zuge der massiv gestiegenen Gaspreise entsprechend verschlechtert hat. Das wirkt sich für den Betreiber einer Brennstoffzelle auf die Amortisation aus. Insofern ist das Jahr 2022 – analog zu vielen anderen disruptiven Kaufverhalten im Wärmemarkt – ein außergewöhnliches Jahr auch für die Brennstoffzelle gewesen.
Welchen Absatz erwarten Sie für dieses Jahr – angesichts der für 2023 geänderten Förderbedingungen und der Diskussionen um die Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)?
Die sehr intensiven Diskussionen zum Gebäudeenergiegesetz haben eine massive Unruhe im Markt verursacht. Hinzu kommt, dass unsere Kunden bis heute keine abschließende Sicherheit für die von der Bundesregierung geplante neue Förderung haben. Die neue Förderkulisse muss schnellstens kommen und nachhaltig Bestand haben. Ansonsten wird die Unsicherheit im Markt anhalten.
Für das Ergebnis im Jahr 2023 spielen aber auch weitere Effekte eine Rolle. So sind einige Hersteller nicht mehr vertreten. Zuletzt mussten die Hexis AG in der Schweiz und die SolydEra GmbH in Heinsberg Insolvenz anmelden. Letztere hat sogar ausdrücklich darauf verwiesen, dass nach der Entscheidung der Bundesregierung, die Förderung für Mikro-KWK kurzfristig einzustellen, es keinen tragfähigen Business Case mehr gibt.
Welche Erwartungen haben Sie für die weitere Zukunft der BZH in Deutschland?
Die Brennstoffzelle bleibt eine hocheffiziente Technologie, insbesondere dort wo Wärmepumpen oder andere Lösungen schwer umsetzbar sind. Sie leistet zudem einen wichtigen Beitrag für unsere Verteilnetze. Der massive Ausbau der elektrischen Netze und deren Stabilität vor dem Hintergrund des Hochlaufs von Wärmepumpen und Elektromobilität wird eine der zentralen Herausforderungen bleiben.
Allerdings hat der mehr oder weniger abrupte Abbruch der Förderung von KfW 433 Ende 2022 ebenfalls zu massiver Verunsicherung unserer Kunden geführt. Die Ablösung durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wurde seitens der Fördergeldgeber nicht kommuniziert. Das haben die Verbände anschließend nachgeholt.
Die erhöhten Anforderungen an eine Förderung für die Brennstoffzelle – die entweder mit grünem Wasserstoff oder Bioerdgas betrieben werden muss – haben den Markt ausgebremst. Das ist umso bedauerlicher, weil es mit der KfW-Förderung gelungen ist, die deutschen Hersteller zu führenden Anbietern in Europa zu machen.
Die zusätzlich vorhandene Förderung der steuerlichen Abschreibung ist noch zu unbekannt. Hier arbeiten wir an einer Kommunikation, um den Bekanntheitsgrad zu erhöhen. Da die Bioerdgas-Kontingente aktuell noch begrenzt sind, wird der Markt 2023 weiterhin auf vergleichsweise geringem Niveau bleiben. Ein Ausblick ist derzeit schwer möglich.
Ich erwarte, dass durch die erwähnten Verschlechterungen der Regularien der Markt sogar unter dem Niveau von 2022 bleiben wird. Die Abhängigkeit der Brennstoffzelle vom Markt Deutschland gilt es entsprechend zu vermindern. Die massiven Investments der Industrie rechnen sich am Ende nur, wenn wir hier auch in anderen Märkten erfolgreich sind. Das von der EU-Kommission geförderte Projekt PACE, das kürzlich erfolgreich abgeschlossen wurde, hat gezeigt, dass insbesondere Belgien und UK aber auch weitere Märkte in Europa ein sehr großes Interesse haben.
In den vergangenen zwei Jahrzehnten hatten zahlreiche Hersteller BZH im Angebot. Darunter tauchten Namen auf wie Sulzer Hexis, Vaillant, European Fuel Cell (EFC), Baxi Innotech, BDR Thermea, Buderus, Bosch Thermotechnik, Viessmann, Elco (MTS-Group), Elcore, Freudenberg Sealing Technologies, RWE Fuel Cells, Ceramic Fuel Cells (CFC), Solidpower oder Sunfire. Über die Jahre haben viele freiwillig oder zwangsweise ihr Engagement eingestellt. Wie haben Sie diese Entwicklung beobachtet?
Die Entwicklung hat ganz unterschiedliche Ursachen. Manche haben ihre Strategie schlicht auf andere Lösungen fokussiert, andere waren für den Hochlauf der Brennstoffzelle am Ende schlicht zu klein. Nach Forschung und Entwicklung erfolgt die Industrialisierung der Technologie. Das ist der mit Abstand anstrengendste Teil auf dem Weg zur erfolgreichen Marktdurchdringung und gilt für alle Innovationen.
Um ganz offen zu sein: Ich glaube, dass wir hier in Deutschland – aber auch in Europa – im Vergleich mit anderen Teilen der Welt wie Asien nicht besonders gut aufgestellt sind. Es fehlt oft der Mut, auch über längere Distanzen einen anstrengenden Weg durchzuhalten. Das ist bedauerlich und muss aus meiner Überzeugung auch verändert werden. Da haben die von Ihnen erwähnten größeren Hersteller sicherlich einen Vorteil, auch einmal diesen längeren und anstrengenden Weg zu gehen. Das ist bis heute erfolgreich gelungen.
Wie schätzen Sie das Interesse an diesem Marktsegment aktuell noch ein?
Das Interesse ist nach wie vor sehr hoch. Allerdings ist die bereits angesprochene Unsicherheit nicht förderlich. Die Brennstoffzelle ist da ganz offensichtlich auch Opfer der Politik, die selbst hocheffiziente Lösungen wie die Brennstoffzelle ablehnt, wenn sie übergangsweise noch mit Erdgas betrieben wird. Und das obwohl auch mit Erdgas sofort Kohlendioxid-Einsparungen von mindestens 30 Prozent – in vielen Fällen sogar bis zu 50 Prozent – möglich sind. Insbesondere mit Blick auf die Rolle von grünen Gasen im Wärmemarkt, wie Bioerdgas und langfristig auch grünem Wasserstoff, kann die Brennstoffzelle ihre Vorteile voll ausspielen.
Wir müssen als Industrieland diese Brücke erfolgreich gestalten. Wer heute eine Technologie aufgibt, die wir für eine Zukunft mit grünen Gasen dringend benötigen, verspielt auch Lösungen, die zur Erreichung der Klimaziele dringend erforderlich sind. Fazit: Das Interesse der Kunden ist nach wie vor sehr hoch. Wenn sich die Rahmenbedingungen aber stark verschlechtern, schlägt sich das selbstverständlich auf die Kaufentscheidung aus.
Nachdem die deutsche Niederlassung von SolydEra (der ehemaligen Solidpower) im Juli 2023 einen Insolvenzantrag gestellt und nun auch die Herstellung und den Verkauf des Bluegen BG-15 eingestellt hat, vertritt die Initiative Brennstoffzelle (IBZ) nur noch die Technik von Panasonic – angeboten von Viessmann und der BDR Thermea Group (von den Töchtern SenerTec, Brötje und Remeha). Wie soll es da mit der IBZ weitergehen?
Die IBZ ist nach wie vor aktiv, sie besteht ja nicht nur aus den Herstellern. Zudem haben wir seit einigen Jahren eine europäische Initiative, die mit Herstellern, Verbänden und Partnern aus der Gaswirtschaft an der Skalierung von stationären Brennstoffzellen arbeitet.
Die IBZ war 2001 von EWE, MVV Energie, Ruhrgas und VNG gegründet worden, „um die Entwicklung und Erprobung der »kleinen« Erdgas-Brennstoffzellen voranzutreiben“. 2017 wurde die IBZ dann für eine „koordinierte Marktentwicklung“ an den Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH) sowie an Zukunft Erdgas (der heutigen Zukunft Gas) angegliedert. „Die Vorbereitung der Markteinführung ist abgeschlossen, jetzt kümmern wir uns gemeinsam um den Markthochlauf“, hieß es damals. Wenn Sie heute ein Resümee wagen: Ist die IBZ gescheitert, und wenn ja, woran?
Nein, ganz im Gegenteil. Ohne die IBZ wäre Deutschland nicht zum führenden Anbieter in Europa geworden. Ich bin seit mehr als zwei Jahrzehnten dabei und weiß, wie herausfordernd eine Innovation bis hin zur erfolgreichen Marktdurchdringung ist.
Fakt ist: Sechs von zehn Heizungen in Europa kommen von deutschen Herstellern, bei Brennstoffzellen ist die Quote sogar noch höher. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass wir aktuell in einer sehr schwierigen Phase sind. Ich habe nach wie vor die Hoffnung, dass wir auch diese erfolgreich meistern können. Hierzu bedarf es aber weiterhin einer gemeinsamen Strategie von Industrie und Politik.
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