Wärme

Menschliche Marke sein

Interview mit Stefan Thiel, Executive Vice President Sales der Bosch Home Comfort Group

Dienstag, 26.11.2024

Bereits Anfang des Jahres 2024 hat Stefan Thiel eine neu geschaffene Position im Bereichsvorstand der Bosch Home Comfort Group mit Verantwortung für den Vertrieb übernommen.

Konkret: für den Vertrieb in Zentraleuropa (Deutschland, Österreich, Schweiz, Luxemburg) und Teilen Osteuropas. Der Wirtschaftsingenieur und Geologe ist bereits seit 2008 für die Bosch-Gruppe tätig und hatte seit 2013 den Vertrieb der Marke Buderus in Deutschland sehr erfolgreich verantwortet. Zeit für ein Interview im HeizungsJournal!

Quelle: Bosch

Herr Thiel, die Entwicklungen am deutschen Heizungsmarkt sind ja – nach wie vor – durchaus kurios. Wie nehmen Sie die Situation wahr?

Meine Kollegen und ich sehen eine starke Branche – eine Branche, die wortwörtlich „en vogue“ ist. Das kann uns doch nur helfen, bei all den gegebenen Herausforderungen. Dass unsere Branche was bewegen kann, erkenne ich auch im Gespräch mit unseren kompetenten und engagierten Kunden aus dem SHK-Fachhandwerk. Hut ab, was hier mit Blick auf 2022 und vor allem 2023 geleistet wurde und aktuell geleistet wird. Es ist mir sehr wichtig, das an dieser Stelle ausdrücklich zu betonen!

Nun läuten wir demnächst das letzte Quartal 2024 ein – die Umbenennung von Bosch Thermotechnik in Bosch Home Comfort Group ist auch schon wieder eineinhalb Jahre her – Ihr Blick als Mitglied im Bereichsvorstand der Bosch Home Comfort Group klar erweitert. Was können Sie unseren Leserinnen und Lesern aus erster Hand berichten; wie haben Sie die ersten neun Monate in Ihrer neuen Verantwortung erlebt?

Quelle: Bosch
„Unsere Branche ist attraktiver denn je und die Bosch Home Comfort Group ist für weiteres Wachstum hervorragend aufgestellt. Gemeinsam mit unseren engagierten Kunden und unseren großartigen Teams werden wir die Wärmewende im Herzen Europas noch weiter beschleunigen“, so Stefan Thiel.

Da kann ich direkt an meine erste Antwort anschließen: Ich sehe die Gesamtsituation der Heizungsbranche deutlich positiver als manch anderer, da wir doch das Grundbedürfnis „Wärme“ bedienen. Natürlich haben wir auch einen verhaltenen Marktstart in der ersten Jahreshälfte in Deutschland gesehen, das schon. Aber gleich von einem „Tal der Tränen“ zu sprechen, wie das ja hier und da leider auch publikumswirksam geschieht, geht für mich entschieden zu weit. Klar ist zudem, dass politische Entscheidungen einen starken Einfluss auf das Geschehen im Heizungsmarkt haben. All das trifft auf das immer noch volatile Marktumfeld, das geprägt ist von schwacher Neubauquote und vergleichsweise hohen Zinsen.

Aber: Wir bieten als Bosch Home Comfort Group bezahlbare Lösungen und erkennen das große Interesse bei Kundinnen und Kunden. Das Förderregime ist nur als hochattraktiv zu bezeichnen! Das muss in den Fokus, gepaart mit sicherer Planbarkeit der jeweiligen Investitionsentscheidung, sei es in eine elektrische Heizungswärmepumpe oder einen Wärmepumpen-Hybriden, sei es im Einfamilien-/Mehrfamilienhaus, im Gewerbeobjekt oder im kompletten Quartier. Wir müssen verstehen, was die Kunden wollen. Wir müssen mit ihnen in Kontakt kommen und sprechen. Das ist sowieso das Wichtigste: Wir müssen menschlich sein und bleiben! Dann wird sich das Ganze schon normalisieren und wir werden im Heizungs- und Klimatechnikgeschäft wieder zu klassischen Saisonkurven zurückkehren. Nochmals: Wir schauen bei Bosch optimistisch in die Zukunft.

Apropos „erweiterter Blick“: Sie verantworten, wie schon betont, den Vertrieb in Zentraleuropa und Teilen Osteuropas (konkret: Polen, Tschechien, Slowakei, Baltikum). Wie gestaltet sich denn dort die Marktentwicklung? Bitte geben Sie unseren Leserinnen und Lesern einen Blick „über den Tellerrand“.

Quelle: Bosch
Klare Orientierung statt ein „Sich-im-Kreise-Drehen“: Die Bosch Home Comfort Group will mit ihren vielfältigen Angeboten für Planbarkeit in Sachen Heizung, Lüftung und Klima stehen – „Make. Home. Comfort. Green“ eben.

Es wird dort definitiv weniger über ein „Heizungsgesetz“ debattiert (lacht) – Nachfragespitzen, so wie in Deutschland, gab es dennoch ebenfalls. Ähnlich sind in den genannten Ländern im osteuropäischen Raum außerdem die Vertriebsmodelle strukturiert und wir sind dort auch mit beiden Heizungsmarken – Buderus und Bosch – aktiv, natürlich auf einem anderen Preisniveau. Eine Sonderstellung hat in jenen Märkten Polen. Denn das Land ist der Nummer-1-Importeur für chinesische Wärmepumpen – anders ausgedrückt: ein interessanter Markt mit einem unglaublich großen Angebot. Ein interessanter kurzer Blick vielleicht noch auf die Schweiz und auf Österreich: Bei den Eidgenossen ist der Brennwerttechnikmarkt kaum mehr vorhanden und der „drive“ hin zur elektrifizierten Wärme eindeutig. Und auch in Österreich wächst der Wärmepumpen-Anteil.

Blick in die Zukunft: Ende Juli 2024 sorgte Bosch für einen echten Paukenschlag mit dem Erwerb des Heizungs-, Lüftungs- und Klimatisierungsgeschäfts für Wohn- und kleine Gewerbegebäude von Johnson Controls und Hitachi für 7,4 Mrd. Euro (s. S. 6 in diesem HeizungsJournal). Bis 2030 will die Bosch Home Comfort Group zudem insgesamt mehr als 1 Mrd. Euro in die Elektrifizierung investieren und unter anderem ihr europäisches Standort-Netzwerk stärken. So sollen in Polen – in Dobromierz nahe Breslau – ab 2028 Wärmepumpen gefertigt werden. Und schon seit 2022 werden im Joint Venture mit Electra Industries im israelischen Werk in Rishon Le-Zion Wärmepumpenaußeneinheiten für den europäischen Markt hergestellt. Können Sie unseren Leserinnen und Lesern dieses Netzwerk bitte noch etwas genauer erläutern?

Im schwedischen Tranås befindet sich unser Entwicklungszentrum, welches die nordeuropäischen Anforderungen an elektrische Wärmepumpen abdeckt – mit einem Fokus auf der Leistungsoptimierung der Erdreich-Wärmepumpen. Gefertigt werden hier verschiedene Luft/Wasser-Wärmepumpen und eben Sole/Wasser-Wärmepumpen.

Quelle: Bosch
Bis 2030 will die Bosch Home Comfort Group insgesamt mehr als 1 Mrd. Euro in die Elektrifizierung investieren und unter anderem ihr europäisches Standort-Netzwerk stärken.

Der Standort Wernau in Süddeutschland fungiert als mitteleuropäische Entwicklungsschmiede der Bosch Home Comfort Group. In Mitteleuropa steht bekanntlich der Systemgedanke im Vordergrund. Hier gilt es also, Wärmepumpen, überwiegend Luft/Wasser-Wärmepumpen, mit zusätzlichen Komponenten, beispielsweise der Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung, zu verbinden. Im mittelhessischen Eibelshausen wird ferner die neue Generation von Luft/Wasser-Wärmepumpen produziert.

In Aveiro in Portugal werden auch Luft/Wasser-Wärmepumpen hergestellt. Im Süden Europas fokussiert die Bosch Home Comfort Group des Weiteren die Erweiterung des Wärmepumpen-Portfolios um kostengünstige Produktalternativen. Entwickelt wird an diesem Standort konsequent in Richtung südeuropäischer Systemanforderungen.

Von Jörg Gamperling
Chefredaktion HeizungsJournal
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