Gesetzliche Vorgaben wie die Energieeinsparverordnung (EnEV) verpflichten Bauherren und Planer, Energie einzusparen und den Schadstoffausstoß zu reduzieren. Allein der Austausch des Heizkessels gegen einen modernen Brennwertkessel genügt heute meist nicht mehr – hier sind regenerative Energieträger zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz gefragt. Welches Heizungssystem im Einzelfall sinnvoll ist, hängt dabei von den baulichen und örtlichen Gegebenheiten sowie den Wünschen des Kunden ab.
Multivalente Wärmekonzepte
Moderne Bauten erfordern das Zusammenspiel verschiedener Energieträger
Freitag, 16.12.2016
Jede Planung sollte prinzipiell damit beginnen, den Energiebedarf zu minimieren. In einem ersten Schritt gilt es, die Gebäudehülle möglichst gut und wärmebrückenfrei auszuführen bzw. nachzurüsten. Die Gebäudeheizlast wird berechnet. Anschließend sind die Anlagentechnik zu planen und die erforderlichen Komponenten entsprechend einzubauen oder umzurüsten. Die Energiebereitstellung sollte durch das Nutzen von lokal vorhandenen, erneuerbaren Quellen optimiert werden. So können Gebäude ohne Abstriche beim Komfort die gesetzlichen Bestimmungen erfüllen und effizient betrieben werden. Um solche Investitionen darüber hinaus für Bauherren interessant zu machen, gibt es zum einen das Förderprogramm der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) "Energieeffizient Sanieren". Es sieht aktuell bis zu 7.500 Euro Investitionszuschuss vor, wenn ein Wärmeerzeuger, der nicht auf Brennwerttechnik basiert, durch ein förderfähiges System, wie Öl-, Gas-Brennwertkessel oder Gas-Wärmepumpen, ersetzt wird. Zudem wird dabei die Optimierung der gesamten Heizungsanlage sowie der hydraulische Abgleich unterstützt. Zum anderen fördert das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) den hydraulischen Abgleich, in Verbindung damit zusätzlich beispielsweise Einzelraumtemperaturregler und/oder den Austausch von Heizungs- und Wasserzirkulationspumpen. Der Zuschuss beträgt für Bestandsanlagen 30 Prozent der gesamten Nettokosten.
Effiziente Speichersysteme
Herkömmliche Heizungsanlagen erwärmen das Wasser im Kessel und führen es über das Rohrleitungssystem bedarfsorientiert den Heizkreisen und der Trinkwarmwasserbereitung zu. Multivalente Heizungsanlagen beinhalten verschiedene Wärmeerzeuger, beispielsweise Öl- oder Gaskessel, Festbrennstoffanlagen, Wärmepumpen, Solarkollektoren. Die verschiedenen Wärmeerzeuger werden am Pufferspeicher zusammengeführt. Regenerative Energie steht aber nicht immer dann zur Verfügung, wenn Wärme benötigt wird. Kleine Wärmeerzeuger können den Leistungsbedarf alleine nicht decken. Daher ist der Pufferspeicher hydraulische Trennung und Energiebevorratung in Einem. Ein Anlagenschema hilft, die Vielzahl möglicher Schaltungen und Anschlussmöglichkeiten im Blick zu behalten. So wird gewährleistet, dass es nicht zu einer Beeinflussung der verschiedenen Wärmeerzeuger- und Verbraucherkreise kommt.
Das Trinkwasser kann im Trinkwasserspeicher erwärmt und bevorratet werden. Heutzutage erfolgt jedoch häufig die Warmwasserbereitung im Durchflussprinzip. Dazu wird eine sogenannte Frischwasserstation an den Pufferspeicher angeschlossen. Das Trinkwasser wird erst bei Bedarf in einem Wärmeübertrager über das Heizungswasser auf die voreingestellte Soll-Temperatur erwärmt. Die Vorteile dieses Systems liegen in der Trinkwasserhygiene. Da hier kein Trinkwarmwasser bevorratet wird, ist der Inhalt des Systems wesentlich kleiner und die Verweilzeiten des Wassers sind viel kürzer als bei Anlagen mit Trinkwarmwasserspeicher. Die Systeme können durch unterschiedliche Leistungen der Frischwasserstationen oder durch eine Kaskadierung mehrerer Stationen individuell angepasst werden.
Multivalente Wärmekonzepte setzen sich für gewöhnlich zusammen aus:
- dem Wärmeerzeuger (Öl-/Gas-/Feststoffkessel, Wärmepumpe, Nah-/ Fernwärmesystem, Solarthermie- oder Photovoltaik-Anlage);
- dem Wärmespeicher/Pufferspeicher;
- dem Verteil- und Übergabesystem (Rohrnetz, Pumpen, Heizkörper/Fußbodenheizung) mit Einrichtungen für den hydraulischen Abgleich;
- der Warmwasserbereitung (Trinkwarmwasserspeicher, Frischwasserstation oder Wohnungsstationen).
Ein Element, das Solarthermie, Trinkwasser und Heizung effizient und aufeinander abgestimmt vereint, ist beispielsweise die Energiespeicher-Zentrale "Regucor WHS" von Oventrop. Um diese Zentrale herum kann die jeweils gewünschte Technik realisiert werden – vom kleinen System aus Wärmeerzeuger, Solaranlage und Speicher mit Fernzugriff per Internet bis zu komplexen Systemen aus Öl-/Gaskessel, Pellet-Kaminofen, Solaranlage, Pufferspeicher, Heizkreisen, Frischwasserstation und Schwimmbaderwärmung. Die Energiespeicher-Zentrale kann in der Ausführung mit 500, 800 und 1.000 Litern sowohl im Ein- als auch im Zweifamilienhaus eingesetzt werden. Da hier bis zu 80 Prozent der benötigten Energie für Heizung und Warmwasser anfällt, sind multivalente Wärmekonzepte für den Wohnungsbau besonders relevant.
Optimale Wärmeverteilung und Nutzung im System
Die Wärmeverteilung im Gebäude übernehmen Heizkörper und/oder die Fußbodenheizung samt ihrer notwendigen Rohrinstallationen.
Ihr hydraulischer Abgleich wird nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB), der DIN 18380, der Energieeinsparverordnung sowie der europäischen Norm EN 14336 ("Heizungsanlagen in Gebäuden – Installation und Abnahme der Warmwasser-Heizungsanlagen") gefordert. Dieser Abgleich stellt den bestimmungsgemäßen, wirtschaftlichen und ökologischen Betrieb von Strömungskreisen sicher. Der Begriff gilt – neben Warmwasserheizungsanlagen – auch für Kühlsysteme und die Trinkwasserzirkulation. Bei der Warmwasserheizung beschreibt der hydraulische Abgleich ein Verfahren, mit dem innerhalb einer Heizungsanlage jeder Heizkörper oder Heizkreis einer Flächenheizung auf einen bestimmten Durchfluss eingestellt wird. So kann jeder Raum genau mit der Wärmemenge versorgt werden, die die gewünschte Raumtemperatur möglichst geräuscharm sicherstellt.
Fehlt dieser Abgleich, dann werden Heizkörper, die näher am Wärmeerzeuger (Heizkessel, Pufferspeicher, Wärmeübertrager) liegen, überversorgt und weiter entfernte Heizkörper unterversorgt. Im Zuge einer Überversorgung kommt es zu erhöhten Rücklauftemperaturen. Die Brennwerttechnik kann nicht ausreichend genutzt werden. Aber auch der Wärmeinhalt eines Pufferspeichers reduziert sich dadurch, denn die Temperaturdifferenz zwischen Vor- und Rücklauf verringert sich. Studien der Ostfalia Hochschule zeigen, dass bereits durch eine konsequente Durchführung einer solchen geringinvestiven Maßnahme rund 10 kWh/(m2·a) in Ein- und Mehrfamilienhäusern eingespart werden können. Dazu gehören beispielsweise die Voreinstellung von Thermostatventilen (hydraulischer Abgleich), das Einstellen der Heizungsregelung sowie der Pumpe oder der Differenzdruckregler und der Neueinbau/Austausch einzelner Bauteile. Hochgerechnet auf ganz Deutschland ergibt sich ein Einsparpotential zwischen 20.000 und 28.000 GWh pro Jahr.
Der hydraulische Abgleich ist also für den energieeffizienten und einwandfreien Betrieb eines Gebäudes maßgebend: In der Heizungsanlage ist stets der richtige Volumenstrom mit der richtigen Temperatur zur richtigen Zeit am richtigen Ort – trotzdem lässt sich diese Leistung nicht gut verkaufen. Viele gute Argumente sprechen für den hydraulischen Abgleich. Es liegt an den Herstellern, am Planer und am Heizungsbauer, diese Argumente bis an den Betreiber oder Investor der Anlage zu bringen. Den Abgleich führen qualifizierte Heizungsfachbetriebe aus. Bei einem Neubau wird er durch eine gute Planung sowie das Überprüfen und Einstellen der Anlage bei Inbetriebnahme erreicht. Für einen nachträglichen Abgleich muss die entsprechende technische Ausstattung vorhanden sein: Voreinstellbare Thermostatventile werden auf die berechneten Werte eingestellt, um die erforderliche Durchflussmenge für jeden Heizkörper sicherzustellen.
Der Planungsaufwand kann durch Armaturentechnik weiter reduziert werden. Bei dem automatischen hydraulischen Abgleich werden hier Ventile eingesetzt, die durch eine integrierte Regelmembran den Differenzdruck über den Regelquerschnitt automatisch konstant halten. So bleibt der Durchfluss auch bei ansteigendem Differenzdruck über dem Ventil konstant. Eine kontinuierliche Regelung des Differenzdrucks bedeutet eine optimale Regelung des Volumenstroms. Auch beim Zu- und Abschalten von Verbrauchern oder Anlagenabschnitten wird der hydraulische Abgleich aufrechterhalten. So wird eine optimale Regelung in allen Betriebszuständen erreicht. Diese Thermostatventile können sowohl bei Neuanlagen als auch bei Sanierungen zum Einsatz kommen. Falls erforderlich, können auch die Ventileinsätze in bestehende Ventilgehäuse eingesetzt werden. Die Ventile haben einen großen Durchflussbereich von 10 bis 170 l/h. Sie sind sehr geräuscharm und können in einem Differenzdruckregelbereich von 0,1 bis 0,6 bar betrieben werden. Auch wenn die Widerstände im Rohrnetz nicht exakt bekannt sind, können die Volumenströme richtig eingestellt werden. Der hydraulische Abgleich kann hierdurch also korrekt vorgenommen werden.
Dezentrale Warmwasserbereitung
In punkto Trinkwasser kann bei Mehrfamilienhäusern der Einsatz von Wohnungsstationen sinnvoll sein. Sie ermöglichen eine dezentrale Warmwasserbereitung. Das Wasser wird erst in der Wohnung erwärmt, also dort, wo es auch genutzt wird. Somit hat jede Wohneinheit ihre eigene Warmwasserbereitung. Ein Warmwasserverteilnetz mit Zirkulationsleitung entfällt. Das Verteilungssystem beschränkt sich auf Heizungsvor- und -rücklauf sowie Kaltwasser. Die Heizungsleitungen werden auf Gebäudeheizung und Trinkwarmwasserbedarf hin dimensioniert. Durch die geringere Anzahl von Leitungen werden Installationskosten sowie Wärmeverluste reduziert. Die Trinkwassersysteme können aufgrund des geringen Wasserinhalts hygienisch betrieben werden.
Intelligentes Management
Des Weiteren ist die Entwicklung zu "Smart Buildings" vorgezeichnet: Zum einen gilt es, wirtschaftliche, flexible und attraktive Gebäude zu realisieren, die dem Wunsch der Nutzer nach mehr Komfort und Sicherheit genügen. Zum anderen fordert der Gesetzgeber über die Energieeinsparverordnung 2014 erstmals automatische Regelungs- oder Abschaltfunktionen. Die Gebäudeautomation, also der bedarfsgeführte Betrieb der Technischen Gebäudeausrüstung (TGA), ist der Schlüssel, um all diese Ansprüche zu erfüllen. In Kombination mit einem Energiemanagement kann sie die Erfassung, Auswertung und Optimierung der Energiebedarfe von Anlagen und Einrichtungen übernehmen. Zusätzliche Dienste und Funktionen sind nutzbar, wenn eine integrierte Gebäude- und Geräteautomation zur Verfügung steht. Dabei können einzelne Teile, Regelungsgruppen oder Geräte über Bussysteme kommunizieren.
Damit die Gebäudetechnik optimal miteinander interagieren kann, geht der Trend zu herstellerübergreifenden Kommunikationsprotokollen. Moderne Geräte und Systeme nutzen eine universelle Netzwerkarchitektur nach dem IP-Standard zum Datenaustausch. Ein solches Zusammenspiel verringert die Komplexität und den Wartungsaufwand der Gebäudetechnik.
Auch hier ist Komfort für den Nutzer gefragt: Er bezieht sich nun auf eine hohe Bedienfreundlichkeit bei gleichzeitig größtmöglichem Datenschutz. Dafür hat die Planung und Installation von Hardware, Software und Datenübertragungstechnologien aufeinander abgestimmt zu sein. Eine Automation kann so bei ganzheitlicher Planung und bewusster Nutzung dazu beitragen, bis zu 20 Prozent weniger thermische Energie zu benötigen.
Fazit: Zukunftsfähigkeit durch integrale Lösungen
Die Qualität der Technischen Gebäudeausrüstung zeigt sich für den Nutzer nur dann, wenn die errechneten Werte für Erzeugung und Verbrauch mit dem realen Ist-Zustand übereinstimmen. Der Erfolg stellt sich dabei aber nicht automatisch durch die Verbesserung von einzelnen Bauteilen oder durch den Austausch oder die Ergänzung von Anlagenteilen ein. Vielmehr zählt die Abstimmung aufeinander im Gesamtsystem "Gebäude", was alle Beteiligten von Anfang an konsequent beachten müssen. Dies ist umso mehr gefragt, als dass die Zukunft den hocheffizienten Neu- und Altbauten gehört: Durch Fördermaßnahmen unterstützt, geht die Entwicklung im Baubereich klar in Richtung Passivhaus und Niedrigstenergiegebäude. Denn nach der EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) und der daraus resultierenden Energieeinsparverordnung in Deutschland sollen ab 2021 ausschließlich Immobilien errichtet werden, die ihren sehr geringen Energiebedarf überwiegend selbst decken.
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