„Mindestens 500.000 neue Wärmepumpen pro Jahr.“ Mit dieser Absichtserklärung endete der Wärmepumpengipfel.
Wärmepumpengipfel setzt Signal für mehr Tempo
Breites Bündnis für großflächigen Rollout von Wärmepumpen
Dienstag, 18.10.2022
In dem virtuellen Treffen von Politik und Verbänden war man sich Ende Juni 2022 einig, dass mehr Tempo bei der Transformation der Wärmeversorgung notwendig ist. So sprach man sich dafür aus, alles daranzusetzen, den Wärmepumpenhochlauf deutlich zu beschleunigen.
Am 29. Juni 2022 fand auf gemeinsame Einladung von Bundesminister Dr. Robert Habeck (Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz – BMWK) und Bundesministerin Klara Geywitz (Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen – BMWSB) ein virtueller Wärmepumpengipfel statt (Abb. 1, 2). An dem Treffen nahmen insgesamt 26 Vertreter diverser Unternehmen und Verbände teil. Wie die Ministerien noch am gleichen Tag mitteilten, waren sich alle Beteiligten darin einig, dass mehr Tempo bei der Transformation der Wärmeversorgung notwendig ist und es daher gemeinsamer Anstrengungen bedarf, um die Wärmepumpenproduktion und -installation sowie deren Netzanbindung voranzubringen. Zur Einordnung: 2021 wurde erstmals die Marke von 1 Mio. insgesamt in Deutschland installierten Wärmepumpen überschritten. Zwar wurden in dem Jahr etwa 154.000 Wärmepumpen in Deutschland installiert (Abb. 3). Doch ihr Anteil an den in 2021 insgesamt über 900.000 neu installierten Heizungen betrug damit nur knapp 17 Prozent.
Soll Deutschland bis 2045 klimaneutral werden, muss die Transformation der Wärmeversorgung deutlich beschleunigt werden. Seitens der Politik wurde im März 2022 bereits beschlossen, dass ab dem 01.01.2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden soll. Wärmepumpen spielen hierfür eine zentrale Rolle. In einer gemeinsamen Absichtserklärung wurde nun vereinbart, gemeinsam mit der Bundesregierung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, dass ab 2024 mindestens 500.000 Wärmepumpen jährlich neu installiert werden können. Zu den Unterzeichnern zählen unter anderem der BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie), der BWP (Bundesverband Wärmepumpe), der ZVEH (Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationstechnischen Handwerke), der ZVEI (Verband der Elektro- und Digitalindustrie), der ZVSHK (Zentralverband Sanitär Heizung Klima) sowie die Unternehmen Daikin, Glen Dimplex, Stiebel Eltron, Thermondo, Vaillant Deutschland, Viessmann und Wolf. Gemeinsam wolle man alles daransetzen, den Wärmepumpenhochlauf deutlich zu beschleunigen.
Um das Ziel von mindestens 500.000 neu installierten Wärmepumpen im Jahr 2024 zu erreichen, ist eine massive Beschleunigung des Markthochlaufs erforderlich, heißt es in der Erklärung. Dafür müssten alle Beteiligten in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich die entsprechenden Umsetzungsschritte unternehmen. „Wir brauchen eine konzertierte Aktion von Politik, Industrie, Fachhandwerk, Netzbetreibern und den Sozialpartnern. Wir stellen uns gemeinsam dieser Herausforderung und werden ambitionierte Beiträge zu einem schnellstmöglichen Wärmepumpenhochlauf leisten. Dazu gehören eine Neuausrichtung und Erhöhung der Kapazitäten in der Produktion, in den zugehörigen Zulieferindustrien sowie bei Planung und Installation. Ebenso auch in der Qualifikation, im Marketing und in der Bürger- und Investorenansprache. Auch Marktpartner der Unterzeichner werden in die Umsetzung konsequent einbezogen.“
Es werden verschiedene Handlungsfelder benannt, in denen Verbesserungen nötig sind, damit der Hochlauf gelingen kann. So müsse die Bundesregierung Anreize verbessern, damit sowohl die Produktion als auch die Installation von Wärmepumpen beschleunigt und Markthemmnisse in der Förderung und Regulatorik abgebaut werden. Die Hersteller ihrerseits müssten Maßnahmen ergreifen, um die Produktionskapazitäten zu erweitern und die Wärmepumpen so weiterzuentwickeln, dass deren Installation vereinfacht und verkürzt wird. Auch soll die Steuerung und Regelung von Wärmepumpen einfacher und effizienter werden. Zudem sollen sich die Hersteller und das Handwerk verstärkt dem Thema Einbau von Wärmepumpen im Gebäudebestand widmen und entsprechende Systeme anbieten. Zum Thema Fachkräfte will die Bundesregierung Betriebe dabei unterstützen, die notwendigen Kompetenzen zu erwerben und Fachkräfte zu gewinnen.
BMWK – starkes Bekenntnis und starkes Signal
Zum Wärmepumpengipfel und zu den getroffenen Vereinbarungen gab es reichlich Stellungnahmen. „500.000 neu installierte Wärmepumpen pro Jahr ab 2024 ist ein starkes Bekenntnis und ein starkes Signal, welches von dem heutigen Wärmepumpengipfel ausgeht“, erklärte Habeck. „Ich danke allen Beteiligten für diese Entschlossenheit, die Transformation unserer Wärmeversorgung schneller voranzubringen. Wir brauchen mehr Tempo. Denn wenn wir uns konsequent aus der Klammer russischer Importe befreien wollen, dann dürfen wir nicht nur an den Stromsektor denken, sondern dann brauchen wir gerade auch den Wärmebereich. Ab dem 01.01.2024 soll möglichst jede neu eingebaute Heizung zu 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden. Das macht deutlich, dass wir hierfür auch schnell mehr Wärmepumpen brauchen und genau das gehen wir jetzt gemeinsam an.“
BMWSB – mehr im Quartier denken
„Die Wärmwende geht nicht ohne den Bau und nicht ohne die Stadt“, konstatierte Geywitz. „Wenn wir wirklich etwas erreichen wollen, müssen wir mehr im Quartier denken. Über zwei KfW-Förderprogramme entwickeln wir energetische Stadtsanierung und gebäudeübergreifende Quartierssanierung mit. Wichtig ist mir dabei die Technologieoffenheit. Wärmepumpen sind ein wichtiger Bestandteil bei der Umstellung der Heizungssysteme. Die Landesbauverordnungen müssen auf ihre Flexibilität und Machbarkeit für den zügigen Einbau von Wärmepumpen hin überprüft werden. Bei all dem ist mir eines wichtig: Die Wärmwende muss bezahlbar und sie muss planbar sein. Wärmepumpen müssen sich auch jene leisten können, die mit schmalem Geldbeutel haushalten müssen.“
BDH – alle Effizienztechnologien einsetzen
Die deutsche Heizungsindustrie unterstützt die Klimaschutzziele der Bundesregierung uneingeschränkt, betonte BDH-Präsident Uwe Glock (Abb. 4). Zugleich wies er auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Hochlauf der Wärmepumpentechnologie hin. Diese liegen etwa in der Verfügbarkeit und Qualifikation des SHK-Fachhandwerks. Der BDH unterstützte in diesem Zusammenhang die Forderung des ZVSHK bezüglich der Einrichtung eines nationalen Kompetenzzentrums zur Fachkräftestärkung, man werde sich beim Markthochlauf eng abstimmen. Eine weitere Herausforderung stelle die Verfügbarkeit von Vorprodukten und Material, die Leistungsfähigkeit der Zulieferindustrie sowie der Erhalt der europäischen Wertschöpfung der Heizungsindustrie vor dem Hintergrund des internationalen Wettbewerbs dar. Nicht zuletzt müsse der Ausbau der Marktanteile der Wärmepumpe mit dem Ausbau der gesicherten Leistung in der Stromerzeugung zur Deckung der Spitzenlast sowie dem Ausbau der Verteil- und Übertragungsnetze einhergehen.
Im Rahmen des Wärmepumpengipfels wies der BDH-Präsident insbesondere auch auf die Heterogenität des deutschen Gebäudebestandes hin. Nach Auffassung der Heizungsindustrie sei es wichtig, dass bei der Wahl der Wärmeerzeuger das individuelle Gebäude sowie der Sanierungsanlass in den Mittelpunkt der Betrachtung gestellt würden. Die Wärmepumpe sei eine wichtige Säule der Wärmewende, aber es würde die gesamte Breite der technologischen Lösungen erfordern, um die Klimaschutzziele im Wärmemarkt zu erreichen. Dazu zählt der BDH insbesondere auch hybride Lösungen, die eine Wärmepumpe mit einem weiteren Wärmeerzeuger kombinieren, sowie auch wasserstoffkompatible Heizungen sowie die Wohnungslüftung mit Wärmerückgewinnung, die holzbasierte Wärme und die Solarthermie. „Wir begrüßen, dass vom Wärmepumpengipfel auch ein Bekenntnis der Politik zur technologieoffenen Umsetzung der Wärmewende ausgeht. Nur mit einem breiten technischen Lösungsangebot tragen wir der Heterogenität der Bestandsgebäude Rechnung und werden den unterschiedlichen Bedürfnissen und Lebensverhältnissen der Menschen gerecht“, so Glock.
BWP, ZVEH und ZVEI – bereit für großflächigen Rollout
Das Ziel der Bundesregierung, die Wärmepumpe ab dem Jahr 2024 zur neuen Standardheizung zu machen und damit die Gasheizung in ihrer aktuellen Rolle abzulösen, ist ambitioniert aber machbar, unterstrichen der BWP, ZVEH und ZVEI in einer gemeinsamen Mitteilung.
Angesichts der Ende Juni ausgerufenen Alarmstufe in der Gasversorgung gelte es jetzt, schnellstmöglich die Voraussetzungen für einen großflächigen Wärmepumpenhochlauf zu schaffen. „Wir arbeiten intensiv daran, die Kapazitäten auszubauen“, bekräftigte Dr. Martin Sabel, Geschäftsführer des BWP (Abb. 5). „Unsere Hersteller tun alles in ihrer Macht stehende, um einen schnellstmöglichen Hochlauf des deutschen Wärmepumpenmarktes auf 500.000 Wärmepumpen pro Jahr zu ermöglichen.“ Es geht um den massiven Umbruch im Wärmemarkt, jetzt in größtmöglichem Maße von Gaskesseln zu Wärmepumpen umzuschwenken. Damit unter anderem die nötigen Investitionen in Produktionskapazitäten getätigt und Schulungsangebote durch das Fachhandwerk wahrgenommen werden, ist größtmögliche Planungssicherheit notwendig. „Die Bundesregierung muss daher jetzt das angekündigte Nutzungsgebot von 65 Prozent erneuerbarer Energien noch in diesem Jahr gesetzlich verankern. Erst diese gesetzliche Fixierung bringt den Marktakteuren die notwendige Sicherheit sich im erforderlichen Maßstab auf Wärmepumpen auszurichten“, so Sabel.
„Die Elektrifizierung des Wärmemarkts ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende, eine stärkere Unabhängigkeit von fossilen Energien wie Erdgas, und um die Klimaziele zu erreichen, vor allem bis 2030. Allein durch eine umfassende Elektrifizierung und Digitalisierung ließe sich der Energieverbrauch im Gebäudesektor um bis zu 65 Prozent verringern“, ergänzte ZVEI-Präsident Dr. Gunther Kegel (Abb. 6). Die Technologien dafür lägen vor, nötig sei vor allem der rechtliche Rahmen. „Die Flexibilitätspotentiale von Wärmepumpen, Speichern oder Ladesäulen sowie weiteren Erzeugern und Verbrauchern im Gebäude muss durch das Stromnetz nutzbar gemacht werden. Ein Steuerbare-Verbrauchseinrichtungen-Gesetz muss endlich kommen. Erst mit einem solchen Gesetz erhalten die Netzbetreiber die Rechts- und Planungssicherheit für die Flexibilitätsnutzung.“
ZVEH-Präsident Lothar Hellmann wies darauf hin, dass durch zögerliche und unstete politische Vorgaben bereits Jahre verloren wurden (Abb. 7). „Das können wir uns angesichts der Aufgaben nicht erlauben. Neben Wohnungsbau, Elektromobilität und dem Aufbau erneuerbarer Energien muss auch die Wärmewende gelingen, indem das Handwerk die Anlagen baut und umbaut. Die technischen Lösungen zum Umbau des Energiesystems sind vorhanden und es ist lange bekannt, dass elektrotechnische Anwendungen mit sauberer Energie und hocheffizient das Kernelement der Sektorenkopplung sind.“ Hellmann forderte nach Jahren unklarer Signale nun Unterstützung, damit das Handwerk die Aufgaben bewältigen kann. „Wir benötigen hochqualifizierte Fachkräfte aus unserem bewährten dualen Ausbildungssystem und keine Schmalspurqualifikationen. Die berufliche Ausbildung muss den Stellenwert bekommen, der ihr gebührt. Die benötigten Weiterbildungen müssen an den hohen Ausbildungsstand anknüpfen und sollten durch die Politik finanziell gefördert werden. Regulatorische Hemmnisse bei der Installation von Wärmepumpen müssen beseitigt und bürokratische Hürden abgebaut werden.“
Der Absichtserklärung müsse nun ein konkreter Umsetzungsprozess folgen, forderten BWP, ZVEH und ZVEI. Ziel der Zusammenarbeit sei es, die verschiedenen Teile der Wertschöpfungskette besser ineinandergreifen zu lassen und Synergien zu schaffen – für den erfolgreichen Rollout der Wärmepumpen und den Wandel in der Wärmeversorgung. Denn die Wärmepumpenoffensive berge Chancen: „Es geht um neue, zukunftsfähige Arbeitsplätze im deutschen Mittelstand, häufig im ländlichen Raum, es geht um die Zukunft des SHK- und Elektrohandwerks mit ihren 100.000, häufig familiengeführten Betrieben, es geht um eine sichere, sozialverträgliche und mit den Klimazielen vereinbare Wärmeversorgung. Nicht zuletzt geht es auch darum, sich schnellstmöglich von Importabhängigkeiten zu lösen und stattdessen stärker auf heimische Wertschöpfung zu setzen.“
ZVSHK – Fachhandwerk steht bereit
Auch der ZVSHK signalisierte klare Unterstützung für den angestrebten Wärmepumpenhochlauf. „Das Heizungsbauerhandwerk steht bereit, um das Aufbauprogramm Wärmepumpe zielgerichtet zum Erfolg zu führen“, konstatierte Helmut Bramann, Hauptgeschäftsführer des ZVSHK (Abb. 8). Dies erfolge in enger Abstimmung mit der Heizungsindustrie. Die Wärmepumpentechnologie spiele eine entscheidende Rolle dabei, die Wärmeversorgung im Gebäudebereich klimaneutral auszurichten. Man setze aber darauf, Kunden auch künftig aus einem breiteren Spektrum an technischen Lösungen beispielsweise auf Basis von Biomasse und anderen regenerativ erzeugten Energieträgern anbieten zu können. Nicht in jedem Bestandsgebäude könne aufgrund der baulichen und örtlichen Gegebenheiten überhaupt eine Wärmepumpe installiert werden. Bramann verwies zudem auf die Kapazitätsfrage bei der Wärmepumpeninstallation. „Zurzeit hakt es eher an der Materialverfügbarkeit als am vorhandenen Personal.“ Aber es sei unstrittig, dass die von der Politik immer weiter verkürzten Fristen für den Markthochlauf der Wärmepumpen den Fachkräftebedarf deutlich steigern. „Wir müssen es gemeinsam schaffen, den zusätzlichen Kapazitätsbedarf im Fachkräftebereich zu decken, aber auch Montageprozesse zu optimieren.“ Der ZVSHK forciere die Zusammenarbeit und Vernetzung mit Nachbarhandwerken wie dem Elektrohandwerk. „Der Wärmegipfel hat gezeigt, dass nur gemeinsam unternommene Anstrengungen von Politik, Herstellern und Handwerk zum Erfolg führen können. Insofern setzt der Gipfel ein sehr positives Signal für das Gelingen der Energiewende im Wärmemarkt“, resümierte Bramann.
Daikin – eingestellt auf wachsende Nachfrage
Auch seitens vieler Unternehmen wurde die Unterzeichnung der Absichtserklärung für einen forcierten Wärmepumpenrollout kommentiert. „Auf diesen Moment, dass die Wärmepumpe ihren Durchbruch auch in Deutschland bekommt, haben wir bei Daikin schon lange hingearbeitet. Umso mehr freuen wir uns, dass durch den Wärmepumpengipfel nun der offizielle Startschuss für gemeinsame Anstrengungen aller Beteiligter stattgefunden hat“, betonte beispielsweise Volker Weinmann, Beauftragter Umwelt, Politik und Verbände bei Daikin Germany (Abb. 9). Die Wärmepumpe sei eine Schlüsseltechnologie für die Energiewende. Als Allroundtalent für heizen, warmes Wasser und kühlen sei sie ideal geeignet, um den Klimaschutz voranzubringen und für Unabhängigkeit von fossilen Energieimporten im Gebäudesektor zu sorgen. Daikin stelle sich bereits seit geraumer Zeit auf eine wachsende Nachfrage für nachhaltige Heizlösungen ein, unter anderem mit der Verstärkung seiner Mitarbeiterteams oder der Steigerung der Produktionskapazitäten.
Glen Dimplex – zeigt sich zuversichtlich
Um Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen, muss die Transformation der Wärmeversorgung weg von fossilen Brennstoffen deutlich beschleunigt werden, konstatierte Clemens Dereschkewitz, Geschäftsführer von Glen Dimplex Deutschland (Abb. 10). „Mit dem Wärmepumpengipfel wurde die wesentliche Grundlage gelegt, um die Klimawende zu schaffen und die Wärmepumpe zur wichtigsten Heiztechnologie in Deutschland zu machen. Alle Beteiligten werden ihre Aktivitäten koordinieren und gemeinsam an einem Strang ziehen. Damit können wir die Wärmewende tatsächlich schaffen.“ Glen Dimplex Deutschland habe die Weichen dafür bereits frühzeitig gestellt und in das Unternehmen investiert, so Dereschkewitz. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass die Wärmepumpenindustrie das Produktionsziel von 500.000 Stück jährlich schaffen wird, wenn es uns gelingt, die Lieferketten stabil zu halten. Außerdem sollten die dazu nötigen erheblichen Investitionen staatlich unterstützt und die Förderprogramme für die Anschaffung von Wärmepumpen fortgeführt werden. Der Industrie liege außerdem viel daran, die entsprechende Wertschöpfung in Deutschland zu halten. So kann sich daraus nicht nur ein Konjunkturpaket für die deutsche Wirtschaft entwickeln, sondern auch ein zentraler Impuls für die Transformation hin zu einer klimafreundlichen Wirtschaft, die zunehmend unabhängiger wird von weltweiten Energielieferungen.“
Stiebel Eltron – sieht Unsicherheit bei Verbrauchern beseitigt
Es sei ein großer Erfolg, dass sich alle Beteiligten auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt haben, unterstrich Dr. Kai Schiefelbein, Geschäftsführer von Stiebel Eltron (Abb. 11). Das Ziel von mindestens 500.000 Geräten jährlich ab 2024 sei ambitioniert, aber erreichbar. „Die Politik sorgt mit dieser klaren Positionierung dafür, dass eventuelle Unsicherheiten bei Verbrauchern über die Wärmepumpe als zukunftssicheres Heizsystem beseitigt werden. Ausdruck dieser Positionierung ist auch die in der gemeinsamen Erklärung nochmal explizit genannte 65-Prozent-Erneuerbare-Energien-Regel für jede neu installierte Heizung ab 1. Januar 2024, die mit einer Wärmepumpe problemlos erfüllt wird.“
Die Kapazitätsfrage im installierenden Handwerk bewertete Schiefelbein dabei als Aufgabe und nicht als unlösbares Problem: „Selbstverständlich müssen das SHK- und das Elektro-Fachhandwerk attraktiver gemacht werden, zudem wäre sicher eine Unterstützung von entsprechenden Weiterbildungsmaßnahmen durch die Politik hilfreich. Aber selbst wenn die Kapazitäten kurzfristig nicht erhöht werden, sind die 500.000 Wärmepumpen ja erreichbar. Im letzten Jahr wurden bereits 154.000 Wärmepumpen, aber eben auch noch 650.000 Gaskessel installiert. Der Systemwechsel von fossiler Heizung zur umweltfreundlichen Wärmepumpe dauert derzeit im Schnitt etwa doppelt so lange wie der 1-zu-1-Tausch. Fallen die 650.000 Gaskessel weg, können also rund 325.000 Wärmepumpen pro Jahr zusätzlich zu den 154.000 installiert werden – in Summe wären das dann 479.000 Wärmepumpen. Das ist schon nah dran an den 500.000. Und die Installationszeiten werden sich mit mehr Routine und wiederkehrenden Anlagensystemen sicher noch verkürzen.“
dena – strombasierte Technologien wichtige Stellschrauben
Weitere Kommentare ließen nicht auf sich warten. „Klimaschutz im Gebäudebereich ist eine äußerst herausfordernde Aufgabe. Die schnelle Abkehr von fossilen Energien durch den Ukraine-Krieg erfordert zudem zügiges Handeln bei der Wärmewende“, verdeutlichte Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der dena (Deutsche Energie-Agentur, Abb. 12). Der Gebäudebereich ist durch eine Vielzahl an Gebäudearten, Eigentümerstrukturen und Nutzungsarten bestimmt. Neben Maßnahmen an der Gebäudehülle und dem Einsatz effizienter Anlagentechnik ist der Hochlauf strombasierter Technologien wie der Wärmepumpe eine der wichtigsten Stellschrauben.
BEE – Einsatz von erneuerbaren Technologien dringlich
„Der Wärmebereich ist mit einem Anteil von über 50 Prozent am Endenergieverbrauch bei gleichzeitig höchstem Einsatz von Gas der Sektor, der jetzt mit mehr Priorität betrachtet werden muss“, bekräftigte Dr. Simone Peter, Präsidentin des BEE (Bundesverband Erneuerbare Energie, Abb. 13) „Die seit Herbst letzten Jahres bestehende Kostenkrise, die durch fossiles Gas ausgelöst wurde und in eine Versorgungskrise zu münden droht, wenn die Erdgaslieferungen aus Russland ausbleiben, macht den Einsatz von erneuerbaren Technologien dringlich.“ Nun gelte es, zielorientiert Hemmnisse für den Ausbau von Wärmepumpen zu beseitigen. „Wir brauchen vor allem eine gemeinsame Kraftanstrengung für den starken Zuwachs an geschulten Fachkräften“, so Peter.
Zukunft Gas – alle Wege zur Klimaneutralität offenhalten
„Wir sehen es als sehr positives Signal, dass vom Gipfel ein politisches Bekenntnis zur Technologieoffenheit ausgeht“, bemerkte Dr. Timm Kehler, Vorstand von Zukunft Gas (Abb. 14). Unklar sei jedoch weiterhin, welche Rolle künftig Hybridsysteme spielen und welche Heizanwendungen zum Einsatz kommen, wenn der Einbau einer Wärmepumpe nicht möglich ist. Die Wärmepumpe spiele insbesondere im Neubau eine wichtige Rolle. In Bestandsgebäuden gebe es hingegen keine Technologie, welche für alle Einheiten gleich sinnvoll nutzbar ist. Kehler: „Die zwei unmittelbaren Lösungen, um Kohlendioxid im Gebäudebestand einzusparen, liegen in Effizienzmaßnahmen und in der Dekarbonisierung der bestehenden Energieträger. Deshalb ist es geboten, künftig auch Wasserstoff im Wärmesektor einzusetzen.“ Die Erhaltung der Verteilnetze sei für das Gelingen der Energiewende unabdingbar. Gasheizungen versorgen in Deutschland etwa 20 Mio. Haushalte mit Wärme, stellte Kehler klar. „Eine Wärmewende für alle funktioniert nur mit Gas und seiner Infrastruktur. Die Gaswirtschaft ist bereit, die Transformation des Wärmesektors von Erdgas zu Wasserstoff zu gestalten.“
DVFG – Bestandsgebäude im ländlichen Raum nicht übersehen
Die Bundesregierung übersieht mit ihrer Fixierung auf die Wärmepumpe die Notwendigkeit, den Menschen im ländlichen Raum angepasste und technologieoffene Lösungen zu ermöglichen, kritisierte Jobst-Dietrich Diercks, Vorsitzender des DVFG (Deutscher Verband Flüssiggas, Abb. 15). Er appellierte, in der Planung der Wärmewende nicht die Bestandsgebäude im ländlichen Raum zu übersehen, die für die reine Elektrifizierung nicht in Betracht kommen. Bis zu einer Mio. Wohngebäude dürften für ihre Wärmeversorgung auf andere Lösungen als die Wärmepumpe angewiesen sein. Laut Diercks stünden erneuerbare Energieträger, wie biogenes LPG (Flüssiggas) oder rDME (Dimethylether), zur Verfügung, um das 65 Prozent Ziel ab 2024 zu erreichen. LPG – nicht zu verwechseln mit LNG (verflüssigtem Erdgas) oder Methan – besteht aus Propan / Butan und wird bereits unter geringem Druck flüssig. Im Rahmen der geplanten Novelle des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) sei die Erfüllungsoption erneuerbarer Energieträger im Wohnungsbestand für biogenes LPG zu bewahren und um rDME zu erweitern, als frei wählbare Alternativen zur Wärmepumpe.
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