KWK

Wasserstoff hat eine Chance

Donnerstag, 02.07.2020

Remeha startete zwei Feldtests mit Brennstoffzelle und Wasserstoffkessel.

Ein Elektron umkreist einen Atomkern.
Quelle: sjeiti / https://pixabay.com
Wie passt ein Stromwärmeerzeuger auf Basis von Erdgas in einen Markt, der sich gerade aufgrund der Klimabeschlüsse mehr in Richtung Erneuerbare Energien entwickelt?

Anfang des Jahres führte Remeha die eigene Brennstoffzelle in den Markt ein, in einen Markt, der sich gerade aufgrund der Klimabeschlüsse mehr in Richtung Erneuerbare Energien entwickelt. Wie passt ein Stromwärmeerzeuger auf Basis von Erdgas in diese Bewegung? Darüber unterhielt sich die HeizungsJournal-Redaktion mit Jürgen Jahn, Leiter Produktmanagement bei der Remeha GmbH.

Herr Jahn, ich fasse einmal Vergangenheit und Gegenwart des Bereichs Brennstoffzelle bei Remeha aus meiner Sicht zusammen. Ich gehe einmal davon aus, dass für Remeha immer noch der Umsatzrenner "Gas to Heat" ist, um die klassische Brennwerttechnik zumindest sprachlich zu internationalisieren und anzuheben. Wenn alle Welt von "Power to Heat", "Power to Gas", "Power to X" spricht, müssen wir doch auch das Selbstwertgefühl der Therme an der Wand stärken! Auf der anderen Seite ist die BDR Thermea Gruppe seit gut zwei Jahrzehnten in der Brennstoffzellenentwicklung tätig – anfänglich noch unter dem Namen european fuel cell GmbH (efc), einer Gesellschaft in Hamburg. Als Tochtergesellschaft der Baxi Gruppe wurde efc später in Baxi Innotech GmbH umbenannt und die Baxi Gruppe selbst schloss sich später mit De Dietrich und Remeha zu BDR Thermea zusammen.

Der Brennstoffzellenentwicklung tat das aber keinen Abbruch. Nur wechselten einige Male die Stack-Hersteller – zunächst Eigenentwicklung, dann Ballard, Toshiba und jetzt Panasonic. Bei der Stack-Technologie haben sie damit über die Jahre, ganz im Gegensatz zu Wettbewerbern, eine verlässliche Konstanz bewiesen und setzen, nach wie vor, auf die Niedertemperatur-PEMFC mit einer Membran aus Kunststoff als Elektrolyt, nicht auf die SOFC-Technologie mit Keramik. Mit Panasonic haben sie jetzt eine Partnerschaft mit dem Weltmarkführer in diesem Bereich, so dass einer erfolgreichen Markteinführung nichts im Wege stehen sollte. Man kann in jedem Fall festhalten: Sie geben nicht auf, was die Brennstoffzelle angeht.

Stromüberschuss muss gespeichert werden

Doch noch ein zweiter Punkt: Zur Jahreswende startete Remeha den kommerziellen Feldtest mit dem Brennstoffzellensystem "eLecta 300". Wohlgemerkt: mit dem Seriengerät. Pilotprojekte gingen dem voraus. Auf Veranstaltungen und in Diskussionen spricht allerdings Ihr Haus davon, dass auch die Erdgasbrennstoffzelle nur Brückenfunktion hat, bis eines Tages die Wasserstoffbrennstoffzelle kommt – mit reinem Wasserstoff (H2) betrieben, ohne Reformer. Im niederländischen Rozenburg, nahe Rotterdam, stehen oder hängen des Weiteren in Testhäusern reine Wasserstoffkessel von Remeha, mit einer Leistung von 28 kW, sodass, so scheint es, gar nicht die Brennstoffzelle vorne steht, sondern die Frage eher so zu stellen ist:

Wird nach Ansicht von BDR Thermea Wasserstoff als Energieträger in der Zukunft eine wesentliche Rolle spielen und eine ernsthafte Alternative zur ElektroheizungWärmepumpe oder Direktheizung – sein?

Alternative ist richtig ausgedrückt. Wir glauben, dass Wasserstoff eine Chance hat. Dass Wasserstoff sich in bestimmten Bereichen durchsetzen kann, wenn es die Strukturen gestatten. Mit Strukturen meine ich die Infrastruktur. Die fehlt uns heute noch. Zum Beispiel für Quartierslösungen. Wie Sie richtig sagen, sind wir schon seit zwei Jahrzehnten in Sachen Wasserstofftechnologie unterwegs. Da nun mal heute in Haushalten das Erdgas omnipräsent ist, müssen wir die ersten Schritte in Richtung Erdgas betriebener Brennstoffzelle gehen, die sich den Wasserstoff aus dem Reformerprozess produziert. Tatsächlich ist sie für uns ein Schritt zur reinen Wasserstofftechnologie. Irgendwo und irgendwie muss ja der erwartete Stromüberschuss aus PV und Wind gespeichert werden. Dann können wir auch mit ganz anderen Preisen aufwarten. Wenn eines Tages der Reformer entfällt, mit all seiner Peripherie, mit der Entschwefelung, mit den Kartuschen und was sonst noch alles dazu gehört, fällt ein Drittel der Apparatur weg. Der eigentliche Stromerzeuger macht nur zwei Drittel aus.

Ausgereiftes Produkt

Zur Frage SOFC- oder PEMFC-Technologie ist zu sagen, dass die SOFC den Vorteil hat, das Erdgas direkt verwenden zu können. Sie braucht keinen Reformer. Ihr keramischer Elektrolyt muss aber auf Hochtemperatur bleiben. Der verträgt keine Temperaturwechsel mit Materialspannungen im Gefolge. Sie können mithin die SOFC nur bedingt abschalten. Die PEMFC mit Reformer tut sich in Bezug auf das Ein- und Ausschalten leichter. Beim ersten Start braucht auch deren Reformer Zeit zum Aufheizen und es dauert etwa eine Stunde, ehe die Brennstoffzelle Strom produzieren kann. Im Betrieb, wenn alles warm und heiß ist, geht es schneller. Wenn wir dann eines Tages eine reine Wasserstoffbrennstoffzelle betreiben, müssen wir uns bei der PEMFC nicht mehr groß um die Ein/Aus-Thematik kümmern. Der SOFC dagegen hängt dieser Nachteil immer an. Hinzu kommt, dass sich der elektrische Wirkungsgrad bei Betrieb mit reinem Wasserstoff zum Vorteil von der PEMFC verschiebt.

Wie viele Start/Stopp-Zyklen lässt die PEMFC denn zu?

Laut Spezifikation von Panasonic aktuell etwa 4.000 Zyklen und 80.000 Betriebsstunden. Obwohl wir damit die Produktspezifikation absolut erreicht haben, werden wir für zukünftige Generation auch weiterhin versuchen, diese Parameter zu optimieren.

Ein Dummy der Wasserstofftherme, daneben das Erdgas-Brennwertgerät sowie das Brennstoffzellensystem
Quelle: Bernd Genath
Der Beitrag von Remeha zur Wärmewende: Ein Dummy der Wasserstofftherme (28 kW, ganz links im Bild), daneben das Erdgas-Brennwertgerät (mit Pufferspeicher, 300 l) sowie das Brennstoffzellensystem "electa 300" mit einer Leistung von 1.000/750 W (thermisch/elektrisch).

BDR Thermea ist ein Firmenverbund mit Baxi, De Dietrich, Remeha, Brötje und SenerTec. Arbeiten Sie alle gemeinsam an solch einem Projekt oder wie sieht die Arbeitsteilung aus?

Wir haben im Konzern, der BDR Thermea Group, sogenannte Kompetenzzentren. Das Kompetenzzentrum Wasserstoff und Brennstoffzelle ist, nach wie vor, die Baxi Innotech GmbH in Hamburg. Dort liegen Forschung und Entwicklung. Hamburg macht für uns die Technologie als Markenprodukt marktreif. Vertrieb, Vermarktung, Service übernehmen dann die einzelnen Firmen.

Sie sprachen vorhin die Vergangenheit an. Ja, es gab seit Ende der 90er-Jahre in Hamburg das groß angelegte Entwicklungsprojekt Brennstoffzelle mit einer Alpha-Beta-Gamma-Version. Die war eigentlich marktreif und stand kurz vor der Produktion. Dann ging Baxi aber in den BDR Thermea-Verbund ein. Einiges wurde neu überdacht, zumal die erste Version mit ihren 1,5 bzw. 1,0 kW elektrisch nicht optimal in das Einfamilienhaus passte. Dafür war ihre Leistung etwas zu groß. Eine kleinere Anlage mit einer elektrischen Leistung unter 1,0 kW elektrisch bedeutet mehr Betriebsstunden pro Jahr und führt so zu einer höheren Wirtschaftlichkeit. Leistungsspitzen im Wärmebereich werden über einen integrierten Zusatzbrenner, über eine Gastherme, abgefangen.

Blick nach Japan

Mit der Brennstoffzellentechnik von Panasonic, Japan, die auch Viessmann verwendet, nutzen wir heute ein fertiges, ausgereiftes Produkt, das wir mit unseren Komponenten zu einem System ergänzen. Die "eLecta" leistet 750 Watt elektrisch und 1 kW thermisch. Sie ist damit für die Zielgruppe der Ein- und Zweifamilienhäuser maßgeschneidert.

Ausgereiftes Produkt – in Japan gehen auch nicht mehr als um die Hunderttausend pro Jahr in den Markt, bei 63 Mio. Wohnungen. Der Bestand soll weit unter der 1-Mio.-Marke liegen. So brennstoffzellenfreudig wie hier immer behauptet wird, ist man in Fernost nicht. Japan hat ferner kein Erdgas und keine Erdgasleitung zum Festland. Man heizt mit Flüssiggas aus Australien und Malaysia und konfektioniert das höchstrein. Darin sind keine Gifte für die Brennstoffzelle enthalten. Das tut der Technik gut. Wir dagegen beziehen wechselnde Gasqualitäten. Und auch in Japan ist sich die Autoindustrie mittlerweile uneins darüber, worauf sie setzen soll. Nissan setzt auf das Batterieauto und ist aus der Wasserstoffallianz ausgeschieden, zu der sich die großen Autobauer, inklusive Toyota, zusammengeschlossen haben, um mit Druck auf die Regierung den Ausbau des entsprechenden Tankstellennetzes zu beschleunigen. Soll nur sagen, Japan ist nicht die Referenz – mit Betonung auf die –, für die das Land hier gerne genommen wird.

Zugegeben, die japanischen Verhältnisse sind nicht identisch mit den europäischen. Trotzdem ist die Technologie heute so weit ausgereift, dass sie auch mit den etwas komplexeren Einsatzbedingungen in unseren Märkten gut zurechtkommt. Es ist unsere Aufgabe, die Brennstoffzellenmodule zuverlässig in unsere Heizungstechnik einzubinden. Bei der Inbetriebnahme muss man die Brennstoffzelle in der Steuerung dann auf "E" oder auf "LL"-Erdgas einstellen.

Strompreis ist nicht alles

Die Bundesregierung will den preislichen Abstand zwischen einer Kilowattstunde Gas und einer Kilowattstunde Strom abbauen. Die Brennstoffzelle finanziert sich nun allerdings ausschließlich über ihre preiswerte Stromproduktion. Wenn diese Differenz sinkt, lohnt sich doch kaum noch die Anschaffung eines Kraft-Wärme-Kopplers.

Doch, ich glaube schon, dass es sich lohnt, in diesem Bereich weiterhin zu investieren. Die BDR Thermea Group hat sich auf die Fahne geschrieben, grundsätzlich auch in der Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) aktiv zu sein beziehungsweise aktiv zu bleiben. Es ist natürlich schon mitentscheidend für die Zukunft der KWK, wie sich der Preis entwickelt. Aber der ist ja nicht alles. Für den Stromüberschuss aus Erneuerbaren Energien brauchen wir ein Speichermedium; wir heizen ja nicht gerade, wenn die Sonne prall scheint. Und das Medium wiederum braucht einen effizienten Wärme- und Stromerzeuger. Auch wenn im Moment Flaute beim Windausbau herrscht, wir haben ja von der EU für die "Erneuerbaren" Quoten für 2030 und 2050 vorgegeben. Und die können sie nicht so ohne Weiteres vom Netz nehmen. Wir müssen einfach zwischenlagern, um nicht gezwungen zu werden, das Zuviel zu hohen Preisen an andere Abnehmerländer abgeben zu müssen und bei Unterdeckung zu hohen Preisen zurückzukaufen. Wasserstoff zeichnet sich als ökologische und ökonomische Speicherlösung ab. In Hamburg plant man bereits eine gigantische Anlage, die aus Nordsee-Windstrom Wasserstoff produziert. Wir selbst sind mit Netzbetreibern im Gespräch, die mit uns Wasserstoffkessel anbieten wollen.

Ein Mann sitzt an einem Schreibtisch.
Quelle: Bernd Genath
"Wir glauben, dass Wasserstoff eine Chance hat. Dass Wasserstoff sich in bestimmten Bereichen durchsetzen kann, wenn es die Strukturen gestatten. Mit Strukturen meine ich die Infrastruktur. Die fehlt uns heute noch. Zum Beispiel für Quartierslösungen. Wir als Industrie können nicht erst anfangen, Produkte zu entwickeln, wenn das Medium H2 schon fließt", betont Jürgen Jahn von Remeha.

Über die Niederländer hinaus? Mit wem konkret?

Das dürfen wir noch nicht sagen. Wenn wir aber den Überschuss in "Power to Gas" umwandeln, erhält selbst die Brennstoffzelle wieder neue Attraktivität. Weil wir uns erstens, darüber sprachen wir ja schon, diesen ganzen Reformeraufwand ersparen können. Zweitens rechnet sie sich aber nicht nur aus diesem Grund besser für den Eigentümer, sondern auch wegen des höheren Stromertrags.

Geeignet für Quartierslösungen

Können Sie das näher erläutern?

Die Wärme der Brennstoffzelle fällt sowohl beim Reformer als auch beim Stack an. Eine Brennstoffzelle ohne Reformer liefert mithin weniger Wärme, dafür mehr Strom. Bei 60 oder 70 Prozent Stromanteil und Eigenverbrauch amortisiert sie sich in wenigen Jahren.

Was halten Sie von Quartierslösungen, also ein Wasserstoffnetz in einer Siedlung mit vielleicht 50 oder 100 Häusern und einer zentralen Brennstoffzelle, die sowohl Nahwärme als auch Strom den Haushalten anbietet?

Sehr viel. Die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas ist ohnehin sehr schwierig. Die Automobilindustrie kommt damit noch nicht zurecht, wenn ein bestimmter Prozentsatz überschritten wird. Selbst Erdgasautos können dann nicht mit diesem Erdgas-Wasserstoff-Mix betankt werden. Das Problem ist, es gibt aktuell für diesen Zweck nicht genügend große Brennstoffzellen. Hier muss sich noch etwas entwickeln.

Kommen wir zurück zum Brennstoffzellensystem "eLecta 300". Sie haben zur Jahreswende 2019/2020 den Feldtest mit Seriengeräten gestartet. Wie geht es weiter?

Wir wollen in den ersten Monaten so 60 bis 70 Anlagen installiert haben. Wir müssen Heizungsbauer dafür gewinnen und sie vor allem schulen. Unsere Planung läuft auf insgesamt etwa 300 Auslieferungen im Jahr 2020 hinaus.

Wo bewegen sich die Kosten?

Wir rechnen ungefähr – eingebaut im Haus – zwischen 30.000 und 31.000 Euro. Davon gehen für den Käufer 11.000 Euro Förderung ab. Nach drei, vier oder fünf Jahren sollte das Produkt jedoch ohne Förderung leben können. Aktuell sind wir aufgrund der staatlichen Unterstützung nicht teurer als eine geothermische Wärmepumpe. Das KfW-Programm 433 regelt den Zuschuss für Brennstoffzellen in den Leistungsklassen von 0,25 bis 5,0 kW elektrischer Leistung. Und zwar sowohl für neue als auch bestehende Wohn- und Nichtwohngebäude, sowohl für das Brennstoffzellengerät selbst, für den Einbau, für den Vollwartungsvertrag in den ersten zehn Jahren und für die Leistungen des Energieberaters. Zudem ist es gleichgültig, ob es sich um Privatpersonen handelt, um Wohnungseigentümergemeinschaften, um Kommunen oder um Conctractinggeber.

Eine Brennstoffzelle ist ja ein beratungsintensives Produkt. Wie vertreiben Sie Ihre "eLecta"? Zweistufig, also direkt über interessierte Heizungsbauer, oder über den Großhandel?

Selbstverständlich bleiben wir mit der Brennstoffzelle im klassischen dreistufigen Vertriebsweg. Es gibt genügend Händler, die hier ausreichend Kompetenz haben.

Geöfnetes Brennstoffzellen-Heizgerät.
Quelle: Bernd Genath
Die Aufbereitung von Erdgas zu Wasserstoff im Reformer macht 1/3 der Technik in einer Brennstoffzelle (PEMFC) aus.

Großer Feldtest in Großbritannien

Kurz zum Test im niederländischen Rozenburg. Nach Aussage Ihres Unternehmens handelt es sich um den ersten Wasserstoff betriebenen Heizungskessel weltweit. Den Wasserstoff liefert der Netzbetreiber über eine bestehende reguläre Erdgasleitung, die er vom Hauptstrang abgekoppelt hat und nun ausschließlich mit Wasserstoff füllt. Um unter anderem dabei auch die Verträglichkeit eines Erdgasnetzes mit H2 zu erkunden. Sie erwähnten kürzlich, Herr Jahn, dass Ähnliches ebenfalls in England geplant ist?

Noch viel Größeres. Nach dem ersten Pilotversuch in den Niederlanden wird sich BDR Thermea in Großbritannien an einem weiteren Feldversuch beteiligen. Dort wird an 400 Wasserstoffkessel gedacht. Im Prinzip laufen die Versuche, die Feldtests, aber auch Forschung und Entwicklung, darauf hinaus, in Schritten Wärmeerzeuger zu entwickeln, die von null bis 100 Prozent Wasserstoff fahren können. Flammenüberwachung, Düse, Dichtungen, all das muss mit Wasserstoff funktionieren. Wir wollen hier rasch zu Ergebnissen kommen, um solche wasserstoffresistenten Komponenten bei Bedarf später in bestehenden Anlagen einsetzen zu können. Wenn Sie eine Quartierslösung auf Wasserstoffbasis aufbauen, ist es illusorisch, zu hoffen, dass die Eigentümer und Betreiber ihren vielleicht fünf, sechs oder acht Jahre alten Erdgaskessel gegen einen H2-Kessel tauschen. Das funktioniert nicht. Entweder Sie als Hersteller, im Verbund mit dem Netzbetreiber, bezahlen ihn oder Sie rüsten um. Also müssen wir, wie jetzt bei der Marktraumumstellung von L- auf H-Gas, mit wenigen Eingriffen den neuen Energieträger für ältere Kessel einsetzbar machen. Wir wollen gerüstet sein, sollte Wasserstoff eine Alternative werden.

Wie sicher ist so ein Kessel? Wasserstoff birgt ja einige Risiken. Man denke nur an das Luftschiff "Hindenburg"…

Der Zeppelin ist nicht explodiert, der ist verbrannt. Wasserstoff explodiert eigentlich nicht. Insofern ähnelt das Risiko dem von Erdgas. Wir haben in unseren 28-kW-Kesseln aber mehrere Sensoren installiert. Mehr als nötig, eben unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit. Wir mussten ihn ausreichend bestücken, weil es noch keine Norm für Wasserstoffkessel gibt. Das Produkt wurde durch die Prüfstelle "KIWA" in Holland auf Herz und Nieren geprüft und diese hatte gegen den Betrieb aus sicherheitstechnischen Gründen absolut keine Bedenken.

Die Unterstützung von Seiten der Automobilindustrie hält sich aktuell in Grenzen. Die kocht, zumindest was den Pkw angeht, Wasserstoff und Brennstoffzelle auf Sparflamme. Die Aktivitäten mit dieser Technologie und diesem Energieträger konzentrieren sich mehr auf Eisenbahnen, Diesel-Lkws, Boote, also auf größere Einheiten, wo der Batteriebetrieb Probleme machen würde. Hemmt das den Fortschritt?

Unterstützung erwarten wir von den Gasnetzbetreibern. Denen gehört das Netz und wenn in einigen Jahren Erdgas so verpönt ist, dass keiner mehr Erdgas verfeuern will, ist denen die Geschäftsgrundlage genommen. Sie kümmern sich deshalb um Wasserstoff. Wie gesagt, wenn das so kommen sollte, wollen wir gerüstet sein. Wir als Industrie können nicht erst anfangen, Produkte zu entwickeln, wenn das Medium schon fließt. Sie erwähnten gerade die Großzelle für Eisenbahnen und Lkws: Was die kleinen Cityflitzer angeht, bin ich mir auch nicht sicher. Aber im Güterverkehr und in Booten macht es Sinn. Wenn wir dann eines Tages mehrere 100-kW-Zellen haben, werden die auch mit hoher Wahrscheinlichkeit als Nahwärmelösung in der Gebäudetechnik Einzug halten. Wir hätten dann Brennstoffzellen für alle Objekte – Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Wärmenetze.

Von Bernd Genath
Düsseldorf
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