„Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal ...!“

Montag, 03.07.2023

Der Kabarettist Dieter Nuhr ist dafür bekannt, sich mit (meist) fein geschliffenem Florett durchaus auch gegen den Zeitgeist zu stellen. Die Stichworte „cancel culture“ und „woke Gesellschaft“ sollen an dieser Stelle genügen, um keine Ideologiedebatte vom immer noch voll gelatteten Zaune zu brechen ...

Nuhr kann aber auch anders. Verwiesen sei hier auf das ihm zugeschriebene Zitat: „Wenn man keine Ahnung hat, einfach mal die Fresse halten!“. Das fiel mir nämlich die letzten Tage auf verschiedenen Baustellen, bei diversen Gesprächen mit Fachhandwerkern ein. Denn was aktuell „da draußen“ abgeht, im Zuge der KIimadebatte und dem Wärmepumpen-Hype und der H2-ready-Hysterie, das kann man sich eigentlich in kühnsten Träumen kaum ausdenken:

„Qualitätsmedien“, die seit Jahrzehnten nur in den Königshäusern ein und aus gegangen sind, geben plötzlich mengenweise „wertvolle“, leider aber oft komplett sinnfreie Tipps zum Heizungstausch. Die gar nicht so sozialen Medien bersten vor dem Content selbsternannter Volks-Aufklärer, die PV-Anlagen/Wärmepumpen/Batteriespeicher/selbst gebaute Brennstoffzellen/Alter¬nativöfen/Und¬was-auchnoch“ wahlweise vernichten oder als energetische Lösung für die nächsten mindestens 1.000 Jahre lobpreisen. Und die Öffentlich-Rechtlichen schmeißen mit vermeintlichen Zahlen/Daten/ Fakten zu grünem Strom, Windkraftleistung, Wärmepumpenkosten im Altbau oder möglichen Wasserstoffleistungen als Stadtgas-Alternative so selbstüberzeugt-ambitioniert um sich, das einem glatt schwindelig werden kann. Auch, weil genügend in unterschiedliche Richtung weisende Informationen irgendwann immer einen Kreis ergeben ...

Das Dumme ist nur: An Ende dieser intellektuell bisweilen leicht (und fachlich meist deutlich) verblasenen Informationskette steht – der Installateur. Und der muss mit Engelsgeduld mit Endkunden, die von der Sorge um eine bezahlbare energetische Zukunft getrieben werden, darüber diskutieren, warum sie a) noch keinen Wasserstoff-Gasheizer kaufen können oder b) selbst für das neue, ohne Preisdiskussion bestellte Gas-Brennwertgerät auch schon lange Lieferzeiten bestehen (weil das gerade alle so machen ...) oder c) der Traum von der Wärmepumpe in genau diesem Altbau finanziell eben doch den vorgestellten Rahmen sprengt, weil irgendwer mal wieder Leistungs- und Kostenzahlen in den Raum gestellt hat, die an Realitätsverweigerung grenzen.

Deshalb würde ich mich freuen, wenn – auch an den Schaltstellen der Macht – mancher mal etwas mehr auf Dieter Nuhr hören würde. Ohne hier zu politisch zu werden. Oder gar polemisch, mit einem denkbaren Hinweis auf eventuell gesammelte Märchenbuch-Kompetenzen...

Quelle: Martin
Im Testbetrieb funktionieren Wasserstoffnetze schon. Ob je in der Breite, muss sich noch zeigen …

Von Eckhard Martin
Chefredaktion SanitärJournal
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