Bei Heizkörperheizungen gilt das ungeschriebene Gesetz:
Wir (Ingenieure) schaffen das! Aber wann?
Auf der Suche nach Lösungen zur Energieeinsparung bei der Fußbodenheizung
Donnerstag, 27.07.2023
„Alle Möbel, Gardinen, Vorhänge und sonstige Einrichtungsgegenstände weg vom Heizkörper, damit die Wärmeabgabe an den Raum nicht behindert wird“. Warum wird man beim Betrieb und bei der Nutzung von Fußbodenheizungen nicht ebenfalls aufgefordert, Energie zu sparen? Denn die systembedingte Überversorgung ist hier so groß, dass – obwohl Möbel einen Teil der wärmeabgebenden Bodenfläche abdecken – keine spürbare Einschränkung der Raumheizung zur erkennen ist. Das Problem der Überversorgung bei der Drossel-Regelung von Fußbodenheizungen (Stand der Technik) ist also erkannt. Nur: Wo bleiben die technischen Lösungen dafür?
In einer Veröffentlichung zum „Deutschen Ingenieurtag“, Mai 2023, heißt es: „[…] Der VDI sieht die Chance, die Gesellschaft, Wirtschaft und Politik dabei zu unterstützen, Perspektiven und Orientierung für die zukünftige Entwicklung des Standort Deutschlands zu entwickeln. Innovative Technologien und Verfahren sowie deren Anwendung in Form von Produkten und Objekten stellen zentrale Hebel dar.“
Ingenieure werden immer wieder als mögliche Retter des „Standorts Deutschlands“ vorgeschoben. Dabei bietet das Ziel „Energiewende“ bzw. „Wärmewende“ – aktuell ja mehr denn je – eine der Steilvorlagen schlechthin, um „Per-spektiven und Orientierung“ zu geben sowie „innovative Technologien“ zu entwickeln und anzuwenden. Wo ein Wille ist, da ist bekanntlich ein Weg.
Im Kontext der Energiewende in Deutschland rückt nun, langsam aber sicher, der Wärmemarkt, speziell die Gebäudebeheizung, in den Fokus von „Gesellschaft, Wirtschaft und Politik“. Die aktuellen Diskussionen um das sog. „Heizungsgesetz“ (eigentlich: Gebäudeenergiegesetz – GEG) legen hiervon Zeugnis ab.
Jedoch spielt in jenem Zusammenhang die Energieeffizienz nicht die erste Geige. Vielmehr ist (mal wieder) eine sehr einseitige Fokussierung auf den Heizungstausch und einzelne Heiztechnologien zu beobachten. Zumindest die Ingenieure sollten dieses Problem erkennen und die Energieeffizienz auf die Tagesordnung bringen. Sozusagen als Grundlagenarbeit dafür, dass zu einem späteren Zeitpunkt elektrische Wärmepumpen etc. ihre Wirkung auch voll entfalten können.
Einen enormen und „zentralen Hebel“, um nochmals die Gedanken des VDI zu zitieren, besitzen im Sinne der Energieeffizienz die wasserführenden Fußbodenheizungen, welche mittlerweile millionenfach im deutschen wie europäischen Gebäudebestand existieren. Sie genauer auf ihre Funktionsweise und -tüchtigkeit zu untersuchen, lohnt sich also in mehrfacher Hinsicht.
Die Detailanalyse eines seit über 40 (!) Jahren technisch nicht veränderten Reliktes bietet sich deshalb geradezu an: die Raumtemperatur-Regelung der Fußbodenheizung als Drossel-Regelung. Diese Form der Regelung wurde damals aus Ermangelung an Alternativen von der Heizkörperheizung übernommen, obwohl beide Systeme (sprich: Heizkörper- und Fußbodenheizung), auch was die Wärmeabgabe an den Raum angeht, absolut unterschiedlich sind.
Bis heute gibt es für die Fußbodenheizung keine Alternative zur Drossel-Regelung (Stand der Technik) auf dem Markt. Im Folgenden soll aus diesem Grund zunächst das eigentliche Problem der Drossel-Regelung von Fußbodenheizungen analysiert werden. Vielleicht gelingt es dadurch, eine adäquate Lösung zu finden, die dieses „heiztechnische Fossil“ endlich ersetzt, die Energieeffizienz des Heizungssystems deutlich optimiert und nicht zuletzt „intelligente Wärme“ in Wohnungen und Häuser bringt.
Dies ganz im Sinne von Albert Einstein, der riet: „Das Problem zu erkennen, ist wichtiger, als die Lösung zu erkennen, denn die genaue Darstellung des Problems führt zur Lösung.“
Bestandsanalyse der Drossel-Regelung der Fußbodenheizung
Die Form der Wärmeabgabe an den Raum ist ein markantes Beispiel für den Unterschied der Systeme Heizkörperheizung und Fußbodenheizung. Betrachtung der verschiedenen Stufen des Wärmetransports aus dem Heizwasser an den Raum – Heizkörper: Der Heizkörper gibt die Wärme überwiegend über Konvektion an die Raumluft ab (vgl. Abb. 1).
- Stufe: Übergang Heizwasser ⇒ Blech
- Stufe: Leitung Blech
- Stufe: Übergang Blech ⇒ Raumluft (= Heizfläche, HFL 1, Konvektion 80%)
Die hauptsächlich konvektiv aufgeheizte Raumluft beeinflusst das Thermostatventil (TV, Abb. 1). Hier ist eine garantierte Luftbewegung im Raum zu erwarten, das Thermostatventil ist immer im Luftstrom.
Die Heizkörperheizung als Drossel-Regelung entspricht einer echten Regelung nach DIN 19226 („Regelungstechnik und Steuerungstechnik“), mit geschlossenem Wirkkreis und Rückmeldung. Bei der Fußbodenheizung wiederum gibt die Bodenfläche (nicht Heizfläche!) die Wärme des „warmen Körpers Heizestrich“ aber hauptsächlich über elektro-magnetische Strahlung an die angestrahlte Umgebung ab (vgl. Abb. 2):
- Stufe: Übergang Heizwasser ⇒ Kunststoffrohr
- Stufe: Leitung Rohrwandung
- Stufe: Übergang Rohroberfläche ⇒ Estrich (= Heizfläche, HFL 1)
- Stufe: Leitung Estrich
- Stufe: Übergang Estrich ⇒ Oberboden/Bodenbelag
- Stufe: Leitung Bodenbelag Bodenoberfläche = Abstrahlfläche (AFL 2) ≠ Heizfläche!
- Stufe: Übergang Bodenoberfläche ⇒ Abstrahlung (undefiniert – Quantenmechanik)
- Stufe: Emission der Strahlung von der Oberfläche der Abstrahlfläche (AFL 2) an die Raumumschließungsflächen (undefiniert – Quantenmechanik)
- Stufe: Absorption der Strahlung durch Umschließungsflächen des Raumes (undefiniert – Quantenmechanik).
- Stufe: Übergang Oberfläche der Umschließungsflächen ⇒ Raumluft durch senkrechte und waagerechte Konvektion. Diese aufgeheizte Raumluft (etwa 20%) sollte vom Raumfühler (RF, Abb. 2) gemessen werden.
Die Drossel-Regelung der Fußbodenheizung ist keine Regelung, sondern eine 2-Punkt-Steuerung. Diese Raumtemperatur-Regelung entspricht weder der genannten DIN 19226 noch dem GEG 2020, §63 – es ist kein geschlossener Wirkkreis mit Rückmeldung vorhanden. Die Energiefluss-Diagramme in Abb. 3 zeigen überschlägig die Art und Größenordnung der Wärmeabgabe an den Raum. Beim Heizkörper wird die Raumluft, die dem Hauptteil der Wärmeabgabe (Konvektion etwa 80%) entspricht, direkt neben dem Heizkörper immer an der gleichen Stelle gemessen.
Bei der Fußbodenheizung dagegen wird nur ein geringer Teil der Wärmeabgabe über Konvektion an die Raumluft (etwa 20%) über den Raumthermostaten gemessen. Diese etwa 20 Prozent stellen also die „Regelgröße“ dar. Der Hauptteil der Wärmeabgabe an den Raum über Strahlung (etwa 80%) kann so aber gar nicht erfasst und geregelt werden! Der Raumfühler (vgl. Abb. 2) liegt oft nicht oder nur teilweise im Luftstrom, sofern vorhanden, der sich konvektiv aufgeheizten „bewegenden Luftwalze“.
Aufstellung von 14 Thesen zur Problemanalyse der Fußbodenheizung
1. Die geforderte Regelgröße „Raumtemperatur“ ist nur die Lufttemperatur des Raumes.
Die operative Raumtemperatur besteht aus der Lufttemperatur und der Temperatur der Raumumschließungsflächen. Mit einem Raumfühler kann nur die über Konvektion erwärmte Luft gemessen werden, das sind bestenfalls etwa 20 Prozent. Der Strahlungsanteil des Fußbodens (Quantenmechanik) liegt bei etwa 80 Prozent. Die Temperatur der über Strahlung aufgeheizten Raumumschließungsflächen kann nicht gemessen und als Regelgröße dargestellt werden.
2. Die Drossel-Regelung der Fußbodenheizung entspricht nicht dem GEG.
Auszug aus GEG 2020, §63: „Die heiztechnische Anlage […] muss jeder Raum mit einer selbsttätig wirkenden Einrichtung zur raumweisen Regelung der Raumtemperatur ausgestattet sein“. In dieser Forderung des GEG fallen zwei Begriffe auf, die mit der Drossel-Regelung der Fußbodenheizung nicht zu realisieren sind:
- Raumtemperatur,
- Regelung.
2a. Das GEG verlangt eine Raumtemperatur-Regelung und keine Lufttemperatur-Regelung. Die konvektiv aufgeheizte Luft macht bestenfalls 20 Prozent der dem Raum zugeführten Wärme aus. Die Temperatur der Raumumschließungsflächen wird nicht berücksichtigt. Die Wärmestrahlung kann nicht gemessen werden.
2b. Das GEG verlangt eine Regelung, keine Zweipunkt-Steuerung. Entsprechend DIN 19226 muss die Regelung ein geschlossener Wirkkreis mit Rückkopplung sein, keine Zwei-Punkt-Steuerung (Anm.: Die Begriffe „Steuerung/Regelung“ sind leider häufig Synonyme).
3. Anbringungsort für Raumthermostat ist zufällig.
Der Ort für die korrekte Erfassung der über Konvektion erwärmten Luft im Raum ist zur Erfassung der Regelgröße nicht repräsentativ. Der Raumfühler ist im Raum zufällig angeordnet (vgl. Abb. 3).
4. Bei mittlerer Außentemperatur während der Heizperiode gibt es kaum noch Konvektion.
Die durchschnittliche Außentemperatur während der Heizperiode beträgt 5 °C (f. München). Die entsprechende Oberflächentemperatur des Bodens beträgt 22 °C. Bei dieser Oberflächentemperatur ist kaum noch Konvektion wahrscheinlich. Damit geht auch die Regelgröße gegen Null.
5. Die Drossel-Regelung ist von einer „intelligenten Regelung“ der Fußbodenheizung weit entfernt.
Bei einer „intelligenten Regelung“ müssen für die zu regelnde Wärmemenge, für jeden Heizkreis, folgende Werte genau messbar und darstellbar sein:
- Kreis-Wassermenge (kg/h),
- Vorlauftemperatur (°C), ist als einziger Wert messbar, entspricht der Systemtemperatur am Verteiler,
- Rücklauftemperatur (°C).
6. Die Drossel-Regelung ist mit der Heizlastberechnung nach DIN EN 12831 nicht vereinbar.
Die nach DIN EN 12831 („Verfahren zur Berechnung der Norm-Heizlast“) zwingend vorgeschriebenen inneren Wärmeverluste zu fremder Nebenwohnung erhöhen die Raumheizlast bis auf etwa 170 Prozent. Das ist eine „Reserve“ für den Fall einer eingeschränkten Beheizung der Nebenwohnung/en. Mit zunehmender Dämmung der Gebäudehülle wird der Anteil der „Reserve“ in der Raumheizlast prozentual immer größer. Die Innentemperatur der abgesenkten Nebenwohnung sinkt, weil das Energiesparen mit zunehmenden Kosten ernst genommen wird. Systematische Fehler, die sich aus der Heizlastberechnung ergeben, sind:
6a. Die Raumheizlast aller Räume des Gebäudes wird von Raum zu Raum unterschiedlich mit der „Reserve“ beaufschlagt. Das führt zu einer Energie vergeudenden Überversorgung von über 70 Prozent. Alle mit den Werten der Raumheizlast durchgeführten späteren Berechnungen stimmen nicht mehr.
6b. Die Auslegungstemperatur der Fußbodenheizung steigt ebenfalls in Folge der normativ mit „Reserve“ gerechneten Raumheizlast. Das führt zu einer Überversorgung aller Räume des Gebäudes in unterschiedlicher Höhe. Alle Ergebnisse der Auslegung der Fußbodenheizung, wie Rohrabstände, Wassermengen und Druckverluste der Heizkreise, stimmen nicht mehr.
7. Der errechnete hydraulische Abgleich ist immer falsch.
Die auf Basis der DIN EN 12831 errechnete Raumheizlast ist mit der „Reserve“ unterschiedlich beaufschlagt. Die daraus errechnete Heizwassermenge (kg/h), die Rohrnetzberechnung und die daraus resultierenden Einstellzahlen für den hydraulische Abgleich sind alle falsch. Diese Werte sind bestenfalls Schätzwerte.
8. Die Auslegungstemperatur ist falsch.
Die nach DIN EN 12831 mit „Reserve“ errechnete erhöhte Raumheizlast führt automatisch zu einer höheren Auslegungstemperatur der Fußbodenheizung. Diese Temperatur wird die Heizkurve der zentralen außentemperaturgeführten Heizungsregelung (GEG 2020, §61) bestimmen. Alle Räume des ganzen Gebäudes sind entsprechend unterschiedlich überversorgt.
9. Gleiche Vorlauftemperatur für alle Heizkreise ist bei Fußbodenheizung regeltechnischer Unsinn.
Bei gleicher Vorlauftemperatur für alle Heizkreise muss bei unterschiedlicher spezifischer Raumheizlast (W/m2) die Heizfläche verändert/angepasst werden. Die Wärmeabgabe des Bodens kann der Raumheizlast aber nicht angepasst werden, was zu einer Überversorgung führt. Bei unterschiedlicher spezifischer Raumheizlast und gleicher Vorlauftemperatur aller Räume ergibt sich eine prozentuale Überversorgung, wie im Beispiel von Abb. 4 (linkes Diagramm). In Abb. 4 rechts abgebildet, ist die optimale Heizwassertemperatur (V/R, rot – grüner Balken) für jeden Heizkreis, um Überversorgung zu vermeiden.
10. Wärmedurchlass-Widerstand des Oberbodens nach DIN EN 1264 ist eine Annahme für die Planung.
Die DIN EN 1264 („Raumflächenintegrierte Heiz- und Kühlsysteme mit Wasserdurchströmung“) empfiehlt bestimmte Wärmedurchgangs-Widerstände für einzelne Raumtypen für die Auslegung der Fußbodenheizung. Diese für die Planung sinnvollen Vorgaben weichen durch spätere Kundenwünsche jedoch von der Planung ab. Der Wärmedurchgang wird später zusätzlich durch Möblierung, lose Teppiche usw. behindert. Die wirksame wärmeabgebende Bodenfläche kann hierdurch um bis zu 25 Prozent kleiner werden (vgl. Abb. 5).
11. Unterschiedliche Rohrabstände reichen für unterschiedliche Wärmeabgabe an den Raum nicht aus.
Von der DIN abweichende Oberböden, möblierte Flächen usw. beeinflussen die Wärmeabgabe stärker als der Rohrabstand. Im Gebäudebestand sind diese Rohrabstände zudem oft unbekannt.
12. Eine eingeschränkte Beheizung ist nicht möglich.
Auch einzelne Räume können wegen der Trägheit des Speicherestrichs nicht sinnvoll abgesenkt werden. Das sollte eine echte Regelung aber können.
13. Auf kurzfristige Störgrößen, wie zum Beispiel Sonneneinstrahlung, kann die Regelung nicht zeitnah reagieren.
Das System ist zu träge. Zwischen „actio“ und „reactio“ vergehen mehrere Stunden.
14. Eine Heizkostenerfassung mit Verbrauchsinformation ist nicht möglich.
Aufgrund fehlender genauer Messwerte ist die raumweise Verbrauchserfassung nicht möglich. Klingt profan, macht aber Sinn. Mit diesen Messwerten, ein „Abfallprodukt“ der Regelung, kann nämlich eine teure Heizkostenabrechnung entfallen. Damit ist auch bei Gebäuden ohne Wärme-Abrechnungspflicht (bei geringem spezifischen Heizbedarf) die Verbrauchsinformation möglich. Aus Gründen der Energieeinsparung sollte der Heizwärmeverbrauch, wenn möglich, raumweise der transparenten Verbraucherinformation zugeführt werden und auch laufend abgefragt werden können.
Ein (trauriges) Fazit
Der hydraulische Abgleich von Fußbodenheizungen, der im Mehrfamilienhaus wegen der im Beitrag dargestellten „Reserve“ nachweislich nicht möglich ist, wird momentan als „Energiespar-Retter“ sogar mit Steuergeldern bezuschusst. Durch den hydraulischen Abgleich sind, laut Verbraucherzentrale Bundesverband, etwa fünf Prozent Energieeinsparung möglich. Das entspricht auch den jahrzehntelangen Erfahrungen des Autors. Der hydraulische Abgleich gehört dabei, wie alle Einstellarbeiten, fest zum Auftrag des Heizungsbauers. Erst wenn alle Montage- und Einstellarbeiten, die Übergabe der Bestandsunterlagen sowie die Einweisung des Bauherrn erfolgt sind, ist der Auftrag auch wirklich abgeschlossen. Das beinhaltet selbstverständlich auch die Funktionstüchtigkeit der Fußbodenheizung. Wobei die Aussage „Es wird doch warm!“, hier kein „Qualitätskriterium“ mehr sein darf – sie ist doch vielmehr eine Beschreibung des Problems.
Ich freue mich über Lösungsvorschläge und Anregungen. Auch Hochschulen sind hier explizit angesprochen, die im Rahmen der Ausbildung von Ingenieurinnen und Ingenieuren innovative Technologien stärker fördern müssen!
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