Dieses Jahr feiert die Roth Werke GmbH aus dem hessischen Dautphetal-Buchenau ihr 70. Firmenjubiläum. Was kurz nach dem 2. Weltkrieg mit Waschkesselöfen und Beetplatten im kleinen Maßstab begann, ist im Laufe bewegter Jahrzehnte zur international aufgestellten und agierenden Gruppe Roth Industries herangewachsen. Seit über fünf Jahrzehnten stellt Manfred Roth seine Arbeitskraft und seinen Schaffenswillen voll in den Dienst des Unternehmens. So wie Albert E. Oechsner, der das HeizungsJournal vor 50 Jahren aus der Taufe hob. Lesen Sie im Folgenden, wie die Beiden die Entwicklung der Heizungsbranche und des SHK-Marktes miterlebt und mitgeprägt haben.
Zwei Leben voller Energie
Manfred Roth und Albert E. Oechsner im Dialog
Montag, 02.01.2017
„Die Bauindustrie steht vor großen Herausforderungen. Nicht nur durch die stetig steigenden Ansprüche bei Sicherheit und Nachhaltigkeit, sondern durch die rasanten technologischen Entwicklungen in der Bauwirtschaft selbst…“, liest man dieser Tage fast überall. Oder man hört die Leute laut diskutieren über die „Mega-Trends“ der heutigen Gesellschaft – „Digitale Transformation“ und „Nachhaltigkeit“ –, auf welche man sich tunlichst einstellen sollte…
An dieser Stelle, sprich: vor allem dann, wenn Menschen vage Vokabeln in den Raum stellen, muss ich mich immer an den Geschichtsunterricht in der Schule erinnern. Unser Lehrer sprach da ständig davon, dass man so vieles aus der Geschichte lernen könne. Durch genaue Beobachtung könne man demnach nicht nur die Gegenwart besser begreifen, vielmehr könne man auch die Zukunft passender einschätzen. Es liegt in der Natur des Schülers, dass man dem Lehrer an dieser Stelle nicht so recht Glauben schenken mochte. Man hatte schließlich Besseres zu tun…
Irgendwann muss man dann aber doch kleinlaut feststellen, dass die These des Geschichtslehrers keine reine Metaphysik war, sondern durchaus belastbar ist. Man muss eben genau hinschauen und ein gewisses Gespür besitzen für die unterschiedlichen Strömungen und Tendenzen. Man muss lernen und wissen, wie man sie richtig einschätzt und deutet.
Oder anders ausgedrückt: Keine Geschichte ohne Lebenserfahrung. Je größer der Lebenshorizont, desto mehr Irrtümern ist man unterlegen gewesen, desto besser die Vorhersagen für die Zukunft! Kein Wunder also und schon gar keine Metaphysik, dass zum Beispiel der beste Wetterprophet in den Reihen der Schweizer „Muotathaler Wetterschmöcker“ die meisten Dienstjahre auf dem Buckel hat. Der Laie muss regelmäßig staunen, welch‘ kühne Prognosen von ihm sich am Ende tatsächlich bewahrheiten.
Eine Lehrstunde in Sachen Heizungstechnik
Was die „Muotathaler Wetterschmöcker“ mit der Heizungsbranche zu tun haben? Sehr wenig und gleichzeitig sehr viel! Ein derartiges Expertengremium könnte doch eine echte Bereicherung für unseren Markt sein!
Jedenfalls wären Manfred Roth und Albert E. Oechsner schon einmal zwei Personen, die zum einen ganz exakt wissen, was war, und zum anderen einschätzen können, was kommt. Bei einem Gesprächstermin im Herbst 2016 am Hauptsitz der Roth Industries im hessischen Dautphetal-Buchenau tauschten sich die beiden Kenner der SHK-Branche intensiv aus – schwelgten in gemeinsamen Erinnerungen und trafen Ableitungen für mögliche zukünftige Geschäftsentwicklungen und -aussichten. Eine wahre Lehrstunde in Sachen Heizungstechnik.
Der Anlass zum Dialog war dabei klar umrissen: Es stehen und standen „runde Firmen-Geburtstage“ an! Im Falle von Roth muss man die Uhr um stolze 70 Jahre zurückdrehen – sprich: in eine Zeit kurz nach dem 2. Weltkrieg. Hier waren logischerweise elementare Güter gefragt, sodass der Vater von Manfred Roth, Heinrich Roth, zusammen mit den Herren Bögel die Firma Bögel & Roth im Jahre 1947 gründete. Der „Bögro“-Behälter – ein Kesselofen aus Beton und Stahl – war das erste Produkt des Unternehmens. Kesselöfen wurden damals vor allem zum Wäschewaschen, aber auch zur Viehfutterzubereitung sowie zum Brühen von Fleisch und Wurst bei den Hausschlachtungen gebraucht.
„Als ich als junger Mann 1961 in unserem Unternehmen begann, handelte es sich um einen handwerklich strukturierten Betrieb mit etwa zehn Mitarbeitern, der sich besonders gut mit dem Werkstoff Beton auskannte. Freilich liegen die Kompetenzfelder der Roth Industries heute ganz woanders – und zwar in den Bereichen Energie, Wasser und Kunststoff“, betont Manfred Roth. Sein mittelständisches Familienunternehmen ist mit verschiedenen Firmen, mit rund 1.200 Mitarbeitern und 25 Produktions- und Vertriebsunternehmen mittlerweile weltweit tätig. Die Gesellschaftsanteile liegen dabei zu 100 Prozent bei der Familie Roth. „Roth wird auch in der nächsten Generation ein Familienunternehmen bleiben. Meine Kinder haben wichtige Leitungsaufgaben übernommen und tragen mit mir die oberste Verantwortung“, freut sich Roth. Christin Roth-Jäger ist seit dem Jahr 2001 im Unternehmen und führt seit einigen Jahren das strategische Marketing für die Gebäudetechnik Energiesysteme international. Seit 2014 ist die Diplom-Kauffrau Geschäftsführerin für das Ressort Vertrieb der Roth Werke. Diplom-Kauffrau Dr. Anne-Kathrin Roth verantwortet das strategische Marketing Wassersysteme mit den Sparten Sanitär sowie Wasser- und Klärtechnik. Sie ist seit dem Jahr 2010 bei Roth tätig. Claus-Hinrich Roth ist verantwortlich für das Ressort Finanzen Roth Industries. Er ist seit 2001 in der Unternehmensgruppe tätig.
Ein Unternehmen mit komplexer Struktur
Im Rahmen einer Neustrukturierung hat die Roth Industries im Jahr 2016 verwandte Geschäftsfelder ihrer beiden Bereiche Gebäude- und Industrietechnik (Building Solutions und Industrial Solutions) zusammengeführt und die Fachkompetenzen in sechs Sparten konzentriert:
• Energy Systems (Wärmepumpen- und Solartechnik, Heizöltanks und Wärmespeicher, Flächenheizung und -kühlung, Rohrinstallation),
• Sanitary Systems (Duschkabinen, Duschwände, Dusch- und Badewannen),
• Environmental Systems (Wasser- und Abwassertechnik, Behälter und Produkte),
• Composite Technology (Maschinen für Filament Winding und Prepreg, Falten und Beschichten, Bürsten und Besen),
• Plastic Technology (Spritzguss und Blasformen, Formteile und Behälter),
• Hydraulic Technology (Druckspeicher, Speziallösungen).
Die selbstständig am Markt operierenden Unternehmen führen nunmehr alle den Firmennamen und das Roth Logo. Damit wandelte sich das Familienunternehmen Roth Industries von einer Unternehmensgruppe mit unterschiedlichen Auftritten zu einer homogenen Einheit mit einem Markenauftritt aus einem Guss. Der Sitz von Roth Industries befindet sich in Dautphetal-Buchenau. Der Bereich Building Solutions umfasst die Sparten Energiesysteme, Sanitärsysteme und Umweltsysteme. Zum Bereich Industrial Solutions gehören die Technologien Composites, Kunststofftechnik und Hydraulik. Mit den Building Solutions beliefert Roth international die SHK-Branche. Die Investitions- und Gebrauchsgüter der Industrial Solutions bedienen weltweit die Branchen Automobil, Luft- und Weltraumfahrt, Erneuerbare Energien, Hydraulik, Medizin, Transport und Verkehr sowie den Haushaltssektor.
Manfred Roth unterstreicht: „Mit der neuen Unternehmensstruktur stärken wir uns für den Weltmarkt. Kunden profitieren von spartenübergreifendem Expertenwissen und gereifter praktischer Erfahrung. Wir konzentrieren uns auf unsere Kompetenzen und nutzen Synergien, um unsere Innovationsführung und unsere führenden Marktstellungen weiter auszubauen. Das Unternehmen gehört mit seinen Energiespeichersystemen, Flächenheiz- und -kühlsystemen und Composite-Technologien zu den Weltmarktführern!“
Ein besonderes Jubiläum – 50 Jahre HeizungsJournal – konnte Albert E. Oechsner und der HeizungsJournal-Verlag im vergangenen Jahr feiern. „Die Fachzeitschrift erschien im April 1966 zum ersten Mal und setzte in einem damals noch jungfräulichen Markt Zeichen“, so Oechsner. Kohle- und Öleinzelöfen waren damals noch der Standard. Aber der Markt sei in Bewegung gewesen und die Zentrale Ölversorgung (ZÖV), Festbrennstoffkessel sowie deren Umstellung auf Öl/Gas, Heizölbehälter und Tankschutz seien bei der Modernisierung der Heizungsanlagen im Fokus gestanden. Des Weiteren sorgte die Brennerindustrie mit innovativen Entwicklungen durch den vollautomatischen Betrieb der Wärmeerzeuger für mehr Komfort. Ab den 1970er-Jahren habe dann der Siegeszug der Fußbodenheizung in der Wärmeverteilung begonnen. „Immer wieder gab und gibt es neue Themenfelder, die das HeizungsJournal konstruktiv kritisch begleitet hat und als führender Fachtitel weiterhin begleiten wird. Ich freue mich darüber, dass mit meiner Tochter, Elke Oechsner-Jung, an der Spitze der Geschäftsführung der vor 50 Jahren von mir eingeschlagene publizistische »Qualitätsweg« auch in Zukunft konsequent fortgesetzt wird“, betont Albert E. Oechsner.
Die eigenen Stärken (er)kennen und nutzen
Ergo: Es gibt eine große Parallele zwischen Roth und Oechsner (neben der beeindruckenden Tatsache, dass beide ihre ganze Arbeitskraft und ihren ganzen Schaffenswillen über ein halbes Jahrhundert voll in den Dienst ihrer Unternehmen gestellt haben); nämlich das Festhalten am Gedanken und am Paradigma des Familienunternehmens. Als starkes Zeichen und Symbol sozusagen, als schützender Hafen, gerade in Zeiten unsteter „Mega-Trends“. Wobei gerade flinke Familienunternehmen aus den Trends „Digitalisierung“ und „Globalisierung“ erheblichen Nutzen schöpfen können.
„Als Familienunternehmen spielt die Nähe zur Belegschaft eine große Rolle. Wenn sich anständige Unternehmer mit anständigen Mitarbeitern treffen, dann passt das“, bringt Manfred Roth eines seiner Erfolgsgeheimnisse auf den Punkt. Die anderen „Zutaten“ für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg seien indes kein wirkliches Geheimnis. Vielmehr fänden sich die wichtigsten Faktoren für Stabilität im Geschäftsleben in den hauseigenen Unternehmensgrundsätzen verankert – „Diversifikation“, „Ausrichtung am Kunden“, „Kompetenzführerschaft“, „Teamorientierung“, „Förderung“ und „Faires Handeln“ sind einige Beispiele. „Was uns verbindet, ist, dass wir das Lebenswerk, das wir geschaffen haben, für die Zukunft in guten Händen wissen wollen“, ergänzt Albert E. Oechsner.
Beide – Roth und Oechsner – teilen außerdem die Leidenschaft zur, sagen wir mal, konventionell-robusten Heizungstechnik! Klar: Denn mit sensibel-filigranen Systemen sind beide nicht gerade groß geworden. Stattdessen sammelten sie vor allem Erfahrungen mit kernigen Kesselanlagen und hatten und haben ihre Freude am Primärenergieträger Heizöl. „Der Heizöltank war ein Jahrhundert-Produkt“, postulieren Manfred Roth und Albert E. Oechsner in der Retrospektive und fügen unisono hinzu: „Die Tankbranche war der Treiber im Heizungsmarkt, im Einklang mit den Wärmeerzeugern natürlich.“
Stolz lässt Roth die 1970er-Jahre Revue passieren: „Die Firma wies in jener Zeit die höchsten Wachstumsraten der Unternehmensgeschichte auf! Unsere im Blasformverfahren hergestellten Kunststoff-Heizöltanks gingen raus wie warme Brötchen – sprichwörtlich!“ Wobei Manfred Roth an dieser Stelle mit einem Augenzwinkern feststellt: „Ich hatte damals von »Tuten und Blasen« doch überhaupt keine Ahnung…“
Dafür hat sich das Geschäft in der Folge dann doch sehr beachtlich entwickelt: „Wir steigerten in einer Dekade den Jahresumsatz von 8 Millionen DM um das zehnfache auf 80 Millionen DM. Der Einstieg in die Kunststofftechnik war damit in der Tat für unser Unternehmen bahnbrechend.“ Dass dieser Erfolg aber nicht einfach so vom Himmel gefallen ist, kann sich wohl jeder vorstellen. Wirtschaftlicher Erfolg ist wie der sportliche Erfolg nur durch kontinuierliche Arbeit bzw. „Lust an Leistung“ realisierbar. „Erfolg durch Innovation kann nie auf Knopfdruck entstehen. Um den letzten Stand der Technik zu erreichen, sind immer Teilschritte und -innovationen nötig. So war das auch im Geschäft mit den Heizöltanks“, zieht Roth Bilanz.
Die Spezialitäten gesucht und gefunden
Das Ohr ganz dicht am Markt hatte in der ganzen Zeit ebenfalls Albert E. Oechsner, der mit einem eigenen „Tankjournal“ die Spezialisierung des jungen HeizungsJournal-Verlages in Richtung Wärmetechnik zielgerichtet vorantrieb. Man muss eben genau hinschauen, ein gewisses Gespür und ein „Näschen“ besitzen...„Die Konzentration auf das Kerngeschäft, sein individuelles Handwerk, ist wichtig“, lobt Roth den unternehmerischen Mut Oechsner’s, sich publizistisch bewusst auf den Markt der Heizungstechnik zu konzentrieren, und ergänzt: „man muss glaubhaft sein und sich durchsetzen.“
Ja, absolut – auf ihr Durchsetzungsvermögen und die Kraft der Überzeugung, darauf konnten und können sich Roth und Oechsner immer verlassen. Wieder so eine verblüffend große Parallele zwischen den Beiden, die schon in jungen Jahren beruflich selbstständig mit den Füßen fest auf dem Boden stehen mussten: Mit 30 Jahren war Manfred Roth nach dem frühen Tod des Vaters einziger Gesellschafter der Firma. Mit 25 Jahren veröffentlichte Albert E. Oechsner das erste HeizungsJournal.
Streng nach dem Motto „Scheitern ist keine Option“ sind sie ihren individuellen Weg gegangen. „Der Betrieb meines Vaters mit in der Spitze zehn Mitarbeitern war mir zu klein. Ich wollte raus aus der Monokultur. Sodann ist in Dekaden-Schritten ab 1971 immer etwas Wichtiges im Unternehmen passiert“, hält Roth seine Strategie fest. Nach der genannten Erarbeitung des Kompetenzfeldes „Kunststoff“ in den 1970er-Jahren folgte ab 1981 die konsequente Ausrichtung auf Energiesysteme (Stichwort: Flächenheizung). Wiederum parallel hierzu reagierte das HeizungsJournal auf den technischen Fortschritt und erweiterte sein Zeitschriftenprogramm mit drei Spezialausgaben zur „Niedertemperaturheizung“.
„In den 90ern stellten wir uns schließlich die Frage, ob wir »nur« in der Energie- und Gebäudetechnikbranche bleiben wollen“, beschreibt Roth die Vorbereitung des nächsten „Milestones“ in der Firmenhistorie hin zum Anbieter von komplexen Hydraulik- und Composite-Technologien. „Dann war und ist mit der Diversifikation Schluss. Denn hinter allem Tun muss schließlich auch echte »Hardware« stecken“, mahnt der bodenständige hessische Unternehmer zum Schluss, der wie Albert E. Oechsner der (gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen) Realität viel mehr abgewinnen kann als den theoretisch-spekulativen Möglichkeiten und Verlockungen. Sie haben eben beide ganz genau aufgepasst im Geschichtsunterricht des (Berufs-)Lebens!
Die Geschichte der Roth Industries sowie die vielfältigen Produkte und Systeme des Unternehmens werden ausführlich in einem Firmen-Report beleuchtet, der in HeizungsJournal-Ausgabe 1-2/2017 veröffentlicht wird (erscheint Mitte Februar 2017)! Überzeugen Sie sich außerdem direkt vor Ort – z.B. vom 14. bis 18. März 2017 auf der ISH, Frankfurt/M., Hallen 3.1, Stand D21, und 6.0, Stand C90.
Herzlich sind Sie auch eingeladen, den Heizungs-Journal Verlag im Rahmen der ISH 2017 zu besuchen (Halle 8.0, Stand F39)!
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