Trotzdem ist Solarthermie offensichtlich eine Energiequelle für lange Tage mit nicht allzu niedrigem Sonnenstand. Jahreszeitlich bedingte niedrigere Außentemperaturen können hingegen die Solarernte von Vakuumkollektoren auch bei hohen Wärmenetztemperaturen kaum reduzieren, im Gegensatz zu Flachkollektoren, Luftkollektoren oder Schwimmbadabsorbern.
Die Tabellen fassen die Ergebnisse der ersten beiden Betriebs-Kalenderjahre zusammen – die erste Tabelle jahresweise und die zweite über beide Jahre.
Für 90 Prozent der erwarteten ins Netz zu speisenden Solarwärme bekamen die Stadtwerke Senftenberg eine pönalisierte Garantie als Grundlage einer seriösen garantierten Wirtschaftlichkeit, denn die Solaranlage entstand als unternehmerische Pionierleistung ohne Forschungsmittel. Da die gemessenen Erträge die erwarteten um 4,2 Prozent im ersten Jahr und 24,1 Prozent im zweiten bzw. um 14,2 Prozent über beide Jahre übertrafen, wurden die garantierten Werte 2017 um 15,8 Prozent, 2018 um 37,9 Prozent und über beide Jahre um 26,9 Prozent übertroffen. Ein Überschuss an Einstrahlung schlägt sich offenbar in einem prozentual viel höheren Überschuss an Gewinn nieder, weil sich die anlagenspezifischen Wärmeverluste, insbesondere die täglichen Anfahrverluste, bei mehr oder weniger Einstrahlung kaum ändern, denn vor allem verlängern sich bei mehr Sonnenschein die Betriebsstunden mit überdurchschnittlichem Nutzungsgrad. Dann wird "überschüssiger" Kollektorertrag weitgehend, das heißt bis auf Wärmeverluste, die nicht den Anfahrverlusten zuzuordnen sind, in Systemertrag überführt. Von dieser Verstärkung profitieren thermische Kollektoren absolut (d.h. in Mehrsystemertrag pro Mehreinstrahlung) umso mehr, je größer ihr Kollektorertrag überhaupt ist. Etwas salopp ausgedrückt werden dabei Klimaschwankungen bzw. "der Klimawandel" vorteilhaft verstärkt. Andererseits fällt in einem unterdurchschnittlichen Jahr der Systemertrag ebenfalls prozentual noch schwächer aus als die Einstrahlung. Da sich in Mittel- und Nordeuropa (mit wechselhaftem Wetter und im Weltmaßstab eher wenigen Sonnenstunden) Minderungen der Jahreseinstrahlung rasch negativ auf die Anfahrverluste auswirken, ist die Verstärkung in diese Richtung jedoch schwächer. Allgemeiner ausgedrückt nimmt der "Klimawandel-Verstärkungseffekt" mit zunehmend strahlungsreicherem Wetter und mit der Effizienz von Kollektoren zu.
Solarthermie zur Fernwärmeunterstützung ist ein zunehmend aktuelles Thema für viele Netzbetreiber, seit KWK-Strom aufgrund der anwachsenden PV-Stromanteile im Sommer immer unrentabler wird. Vor allem aber ist Sonnenwärme im Wärmesektor diejenige Energie, die am deutlichsten und am nachhaltigsten zur CO2-Einsparung beitragen kann. Wenn man nur mit 275 g CO2/kWh rechnet, sparte die Anlage Senftenberg letztes Jahr 1.300 Tonnen CO2. Könnte eine solche CO2-freie Energiequelle am Emissionszertifikate-Handel teilnehmen, dann würde sich die Wirtschaftlichkeit von Solarwärme enorm verbessern. Bei 25 Euro/ Tonne CO2, dem ungefähren Marktpreis Anfang 2019, wäre die Auswirkung einer "CO2-Gutschrift" in Senftenberg in der Lebenszeit der Anlage von 25 Jahren bereits äquivalent zu weit mehr als der Hälfte der aktuellen MAP-Förderung einer solchen Anlage. Wüchse der CO2-Preis nur erst einmal auf 50 Euro/Tonne CO2, dann könnte man die MAP-Förderung solcher Anlagen sofort einstellen und nebenbei wäre der CO2-zertifikatehandelsbasierte Marktanreiz unendlich viel einfacher, transparenter und gerechter als alle Förderungen zuvor. Der wachsende CO2-Preis bewirkt bereits, dass sich EVUs zunehmend nach Solarthermie erkundigen.
Fazit
Die Ergebnisse von Senftenberg beweisen, dass die Technik für den Markt solarthermischer Unterstützungen deutscher Fernwärmeversorgungen mit hohen Vor- und Rücklauftemperaturen zu wettbewerbsfähigen Wärmepreisen reif ist. Wo sich der Klimawandel in mehr Sonnenscheindauer niederschlägt, werden davon Solarthermieanlagen überproportional profitieren. Von allen erneuerbaren Optionen ist die Hochleistungs-Solarthermie eine der naheliegendsten, ausgereiftesten und umweltschonendsten. Dürfte sie als gleichberechtigter Wärmeerzeuger am CO2-Zertifikatehandel teilnehmen, wäre sie sehr bald unabhängig von Subventionen.
Ergänzung
Das Vorbild Senftenberg sowie ähnliche, aber kleinere Solaranlagen für Bioenergie-Solardörfer motivierte bereits einige Nachahmer. Seit der öffentlichen Bekanntmachung des Baus dieser Anlage entstanden einige weitere Projekte mit dieser Technologie, unter anderem in den Städten Jena, Berlin, Dresden und Erfurt und im ländlichen Raum im fränkischen Hallerndorf, in den Gemeinden Neuerkirch und Külz sowie in Ellern im Hunsrück, in Randegg nahe dem Bodensee und im schleswig-holsteinischem Breklum.
Literatur
[1] Detlev Moschke, Rolf Meißner: MW-Solarthermie-Anlage Senftenberg – Ergebnisse des ersten Betriebsjahres (Fachbeitrag)
[2] Rolf Meißner: Thermische Solaranlagen für Wärmenetze (Fachbeitrag: Teil 1, Teil 2, Teil 3)