Es sind turbulente Jahre für die KWK (Kraft-Wärme-Kopplung). Die Branche kommt nicht zur Ruhe. Wie Hersteller von BHKW (Blockheizkraftwerken) auf den Frühjahrsmessen in Essen, Nürnberg und Hannover berichten, würde die langwährende politische Unsicherheit in Bezug auf die sich häufig ändernde Gesetzes- und Förderlage vielfach Investoren abschrecken.
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Unsicherheit trübt den KWK-Markt
Politik verschreckt vielfach Investoren
Donnerstag, 19.07.2018
Welche Rolle nimmt die KWK (Kraft-Wärme-Kopplung) in der Energiewende ein? Wie wirken sich die Veränderungen in den Sektoren Strom und Wärme auf die Betriebsweise von KWK-Anlagen aus? Und verliert die KWK sogar ihre Existenzberechtigung als zentrale Technologie zur Kopplung der Sektoren Strom und Wärme?
Passend zu den Frühjahrsmessen SHK Essen, IFH/Intherm Nürnberg und Hannover Messe präsentierte der B.KWK (Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung) Mitte März 2018 Ergebnisse der Kurzstudie "Perspektiven der Kraft-Wärme-Kopplung in der Energiewende".
Für die Studie haben Forscher des IFAM (Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und angewandte Materialforschung) zwei Szenarien der Sektorenkopplung für Strom und Wärme in Bezug auf ein weit fortgeschrittenes Stadium der Energiewende im Jahr 2050 verglichen: eine weitgehende Ablösung von Heizkesseln durch Elektrowärmepumpen und einen verstärkten Ausbau von Systemen der KWK.
Vielfach werde Wärmepumpen in der Zukunft eine zentrale Rolle für die Wärmeversorgung von Haushalten, Gewerbe und Handel zugesprochen, mit der Begründung, dass Wärmepumpen mit Strom aus erneuerbaren Quellen betrieben werden. Dabei wird allerdings oft nicht ausreichend hinterfragt, zu welchen Zeiten und in welchen Mengen der Strom aus erneuerbaren Quellen tatsächlich zur Verfügung steht, gaben die Forscher zu bedenken.
Sie kamen denn auch zu dem Ergebnis, dass die auf dezentrale Elektrowärmepumpen setzende Strategie den Anspruch einer weitgehenden Dekarbonisierung des Wärmebereichs kaum einlösen kann. Ein Ausbau von gasbasierten KWK-Systemen mit Wärmespeichern, die ergänzend noch Elektrokessel und Großwärmepumpen als Power-to-Heat Technologien enthalten, würde hingegen zum Ausbau der Stromerzeugung aus fluktuierenden erneuerbaren Energien passen.
KWK-Anlagen könnten die Residuallast decken, wenn der Strom aus Wind und Sonne nicht ausreicht. Die Zahl ihrer Vollaststunden sinke zwar im Vergleich zu heute deutlich, aber sie liefern dann auch besonders wertvollen Strom. In Überschusszeiten könne mit Strom aus erneuerbaren Energien zum einen Wärme mittels der Power-to-Heat Komponenten der KWK-Systeme bereitgestellt werden, zum anderen könnten die Stromüberschüsse auch mit Power-to-Gas Technologien genutzt werden, um Brennstoff für die zuvor mit Erdgas betriebenen KWK-Anlagen regenerativ zu erzeugen.
Damit bekomme die KWK (samt vorhandener Gas-Infrastruktur) eine dauerhafte Perspektive in einem vollständig dekarbonisierten Energiesystem. "Die Ergebnisse der Studie belegen, dass ein intensiver Ausbau gasbasierter KWK mit Wärmenetzen für den Klimaschutz mittel- und langfristig eine zielführende Strategie ist", betonte denn auch Heinz Ullrich Brosziewski, Vizepräsident des B.KWK. "Die KWK-Anlagen können sowohl im kommunalen als auch im gewerblichen Bereich eine zentrale Rolle in der Wärmewende spielen und damit zur Entlastung und Stützung der Netze beitragen."
Ungeachtet solcher Erkenntnisse müssen die Hersteller von BHKW (Blockheizkraftwerken) mit einer verhaltenen Marktentwicklung klar kommen. Brosziewski sieht den Grund in einer Verunsicherungspolitik. Dadurch nehmen potentielle Investoren schnell Abstand von neuen Projekten. Nicht nur, dass die Regeln immer komplizierter, immer undurchschaubarer werden, auch nimmt die Bürokratie mit ihren Melde- und Berichtspflichten immer mehr zu. Dieser Dschungel in den Strukturen müsse gelichtet und wieder vereinfacht werden.
Besonders leidet sowohl die Branche als auch das Vertrauen der Investoren unter der Unstetigkeit bei den Rahmenbedingungen. Schon im Jahr 2016 fühlte sich die KWK-Branche nahezu lahmgelegt, weil das bereits in Kraft getretene KWK-Gesetz noch über Monate unter dem Vorbehalt der beihilferechtlichen Genehmigung durch die EU-Kommission stand.
Zum Jahresende 2017 wurde dann bekannt, dass die EU-Kommission für bestimmte Anlagensegmente die Ermäßigung der EEG-Umlage (Erneuerbare-Energien-Gesetz) auf 40 Prozent für selbst verbrauchten Strom aus KWK-Anlagen nicht weiter genehmigen wolle. Für Anlagen mit Eigenversorgung aus hocheffizienten KWK-Anlagen, die ab dem 1. August 2014 in Betrieb genommen wurden oder erstmals Eigenversorgung betrieben haben, fallen seit dem 1. Januar nun 100 Prozent statt 40 Prozent der EEG-Umlage an. Dies kann sich unter Umständen entscheidend auf die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung auswirken, berichten Hersteller. Viele Projekte, die im vergangen Sommer angeschoben wurden, liegen seitdem auf Halde.
Kaum waren die Frühjahrsmessen vorbei, drehte die Politik erneut an den regulatorischen Stellschrauben. Anfang Mai 2018 berichtete das BMWi (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie) über ein Treffen von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier und EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager. Dabei sei auch die Frage der EEG-Eigenversorgung für KWK-Neuanlagen (Anlagen ab August 2014) erörtert und eine Grundsatzeinigung zu einer teilweisen Rücknahme der Umlageerhöhung erzielt worden – vorbehaltlich einer abschließenden Prüfung und Entscheidung durch die EU-Kommission. "Wir haben eine gute Verständigung beim Thema Eigenversorgung bei KWK-Neuanlagen erzielt", konstatierte Altmaier. "Das ist ein wichtiges Ergebnis für die deutschen Unternehmen!"
"Die ersten Eckpunkte der Einigung sind positiv", bemerkte Matthias Zelinger, Geschäftsführer von VDMA Power Systems, ein Fachverband des VDMA (Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau). Nachdem die Reduzierung der EEG-Umlage für die Eigenversorgung aus KWK seit dem 1. Januar 2018 weggefallen ist und Unternehmen mit erhöhten Umlageforderungen konfrontiert wurden, sei das Neuanlagengeschäft deutlich eingebrochen.
"Die finale Genehmigung durch die EU-Kommission und die erforderliche gesetzliche Umsetzung muss nun schnellstmöglich erfolgen. Wichtig ist, dass es zukünftig nicht noch einmal zu einer solchen Hängepartie kommt. Um Investitionssicherheit für die Industrie zu gewährleisten, benötigen wir eine saubere Gesetzgebung anstelle von Schnellschüssen", unterstrich Zelinger.
Dramatisch zeigen sich jedenfalls die aktuellen Zahlen des BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) zum Marktgeschehen. Das BAFA informiert regelmäßig über die Zulassung von KWK-Anlagen nach dem KWK-Gesetz.
Die Anzahl der beim BAFA zugelassenen neuen, modernisierten und nachgerüsteten KWK-Anlagen, zu denen auch Motor-BHKW zählen, werden nach Größenklassen und Inbetriebnahmejahren differenziert. Zwar sind die ausgewiesenen Zulassungszahlen für 2017 nur eingeschränkt aussagekräftig, da Zulassungsanträge noch bis zum Ende 2018 eingereicht werden können, doch weisen die bislang (bis Februar) vorliegenden Zahlen noch einen Markteinbruch auf das Niveau des Jahres 2010 aus.
So wurden 2017 insgesamt 3.552 KWK-Anlagen zugelassen (nach 5.462 KWK-Anlagen 2016). So sanken die Zulassungszahlen von 2016 auf 2017 im Bereich bis zu 50 kW elektrische Leistung von rund 4.600 auf 3.400, im Bereich von 50 kW bis zu 1 MW elektrische Leistung von 675 auf 148, und im Bereich über 1 MW elektrische Leistung von 169 auf nur noch zwölf.
Speziell zu den kleinen Anlagen der Mikro- und Mini-KWK, sprich Brennstoffzellen, Stirlingmotoren und Verbrennungsmotoren mit einer elektrischen Leistung bis zu 50 kW, vermeldet der BDH (Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie) nach drei Jahren mit insgesamt rückläufigen Zahlen für 2017 immerhin ein Marktwachstum um 18 Prozent auf rund 6.000 Stück. Wobei aber bei dieser Zahl berücksichtigt werden muss, dass in 2017 die erste Förderperiode des Technologieeinführungsprogramms für die Brennstoffzellenheizung der KfW (Kreditanstalt für Wiederaufbau) zum Tragen kam – mit über 1.500 verkauften Brennstoffzellenheizgeräten.
Die allgemeine Verunsicherung im Markt scheint sich bei einigen BHKW-Herstellern auch in den diesjährigen Messeauftritten widerzuspiegeln. Teilweise wurde nicht mehr an allen Frühjahrsmessen teilgenommen oder zumindest der Präsenzrahmen reduziert. Nachfolgend (in alphabetischer Reihenfolge) ein kleiner Überblick über die Präsentationen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit.
Das Produktportfolio von 2G Energy umfasst derzeit Anlagen mit einer Leistung zwischen 20 kW bis 2 MW elektrisch und 44 kW bis rund 2 MW thermisch. Aktuell informierte man über das kleinste Modell, die g-box 20.
Heutzutage sei nahezu jeder Betrieb für die Nutzung von KWK geeignet. Ihre Stärken habe die g-box 20 bereits in Wohngebäuden, Büro- und Verwaltungsgebäuden, Kindergärten, Schulen, Hotels, Seniorenzentren, Krankenhäusern sowie in den unterschiedlichsten Industrie- und Gewerbebetrieben unter Beweis gestellt. Wie betont wurde, werde dies zunehmend auch von Mitbewerbern erkannt. So komme die g-box 20 als OEM-Produkt beispielsweise auch bei Vaillant, Remeha oder SenerTec zum Einsatz.
Die g-box bietet 2G Energy mit einer elektrischen Leistung von 20 kW (mit Motor von Toyota) oder 50 kW (mit Motor von MAN) an. Sie wird als anschlussfertiges Kompaktmodul geliefert. Der Schaltschrank ist für eine erleichterte Einbringung und Montage als separate Einheit am Modul ausgeführt. Alle Steuerungs- und Regelungsfunktionen sowie die Bedienelemente sind darin integriert.
Das KWK-Geschäft von Bosch Thermotechnik ist bei der Tochter Bosch KWK Systeme konzentriert. Das Angebotsspektrum motorbetriebener BHKW reicht von 12 kW bis 2 MW elektrische Leistung. BHKW Kompaktmodule mit elektrischer Leistung von 12 kW bis 400 kW sind zudem unter der Marke Buderus erhältlich.
Bei den Varianten mit 12 kW, 19 kW und 50 kW elektrische Leistung ist bereits ein Abgas-Brennwertwärmeübertrager in das Kompakt-modul integriert, bei den leistungsstärkeren Varianten ist er als optionales Zubehör für den externen Anschluss erhältlich.
Als klein und leistungsstark präsentierte Buderus das Einsteigermodell Loganova BHKW-Modul EN12 mit einer Leistung von 12 kW elektrisch und 28 kW thermisch.
Bei der Anlage wurde ein luftgekühlter, verschleißfreier Asynchrongenerator an einen Industriegasmotor gekoppelt. Der Schaltschrank ist bereits werkseitig an der Rahmenkonstruktion mit geschlossener Bodenplatte montiert. Das Modul verfügt über Drei-Wege-Katalysatortechnik und Lambdaregelung, einen geschlossenen Kühlwasserkreislauf mit integrierter Sicherheitstechnik sowie Druckhaltung und Plattenwärmeübertrager zur Systemtrennung. Buderus hebt den übersichtlichen Aufbau mit Standardkomponenten sowie einer geringen Zahl an Verschleißteilen hervor. So lägen die Wartungsintervalle bei 4.000 Betriebsstunden und der Motor müsse erst nach etwa 40.000 Betriebsstunden generalüberholt werden.
EC Power bot einen Überblick über das Spektrum seiner Mini-BHKW Anlagen vom Typ XRGI. Diese bestehen jeweils aus drei Hauptkomponenten – der Power Unit, dem Q-Wärmeverteiler und der iQ-Steuerungseinheit. Zusätzlich können sie um einen Wärmespeicher mit einer Kapazität von 500 l, 800 l oder 1.000 l erweitert werden. Die maximale Leistung der Geräte (modulierend) beträgt je nach Modell 6 kW, 9 kW, 15 kW oder 20 kW elektrisch sowie entsprechend 12,2 kW, 19,2 kW, 30,6 kW oder 38,7 kW thermisch. Besonderes Augenmerk lenkte Helmut M. Barsties, Business Development Manager von EC Power, in diesem Jahr auf den Flow Master.
Mit ihm werde die Wärme vom BHKW und vom Wärmespeicher dem Verbraucherkreis zugeführt. Durch die aktive Bewirtschaftung des Wärmespeichers könnten Wärmebedarfsspitzen mit dem XRGI bedient und so die Laufzeit verlängert sowie die Stromproduktion erhöht und die Amortisationszeiten verkürzt werden. Aktuell stünden vier Modelle des Flow Masters zur Verfügung, die eine Wärmeleistung von 50 kW bis 350 kW bedienen können.
Die erzielbare Laufzeitverlängerung hänge im Wesentlichen von der Größe des installierten Flow Masters, dem verfügbaren Volumen im Wärmespeicher und dem Tagesverlauf der Wärmenachfrage ab.
Erhebliche Effekte ergäben sich insbesondere in Wohngebäuden – da dort im Tagesverlauf durch die Nachtabsenkung und sporadische Warmwasserbereitung große Schwankungen in der Wärmenachfrage verzeichnet werden. "Üblicherweise können mit dem Flow Master Laufzeitverlängerungen der XRGI zwischen 800 Stunden bis 1.200 Stunden pro Jahr erzielt werden", konstatierte Barsties.
Energiewerkstatt informierte über seine Palette an ASV-BHKW. Das Leistungsspektrum der angebotenen sechs Modelle reicht von 14 kW bis 40 kW elektrisch und 32 kW bis 85 kW thermisch. Optisch fiel dabei besonders das Design der ASV 15 in der Urban Camo Edition 2018 auf.
Die Sonderausführung sei vorbereitet für effiziente Elektromobilität aus Eigenstromversorgung, inklusive Modbus-Schnittstelle zur Kommunikation mit der Elektromobilitäts-Ladestation und einer LCD-Außenanzeige zur Darstellung der erzeugten Energie und der CO2-Einsparung. Die elektrische Leistung der ASV 15 sei stufenlos modulierbar von 5 kW bis 15 kW, bei einer entsprechenden thermischen Leistung von 19 kW bis 34 kW.
Energiewerkstatt spricht bei seinen ASV-BHKW generell von "einer sicheren Investition in die Zukunft". Denn diese seien in Verbindung mit einem Energieeffizienzverstärker bereits heute für alle Bereiche der Sektorkopplung (Wärme, Strom und Mobilität) optimiert. In der finalen Ausbaustufe mit zusätzlichem Energiespeicher könne man nicht nur den Eigenstromverbrauch weiter optimieren, sondern man sei auch – in Zeiten der Energiewende mit schwankender Stromerzeugung aus Wind und Sonne – auf Netzausfälle vorbereitet.
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