Über die Niederländer hinaus? Mit wem konkret?
Das dürfen wir noch nicht sagen. Wenn wir aber den Überschuss in "Power to Gas" umwandeln, erhält selbst die Brennstoffzelle wieder neue Attraktivität. Weil wir uns erstens, darüber sprachen wir ja schon, diesen ganzen Reformeraufwand ersparen können. Zweitens rechnet sie sich aber nicht nur aus diesem Grund besser für den Eigentümer, sondern auch wegen des höheren Stromertrags.
Geeignet für Quartierslösungen
Können Sie das näher erläutern?
Die Wärme der Brennstoffzelle fällt sowohl beim Reformer als auch beim Stack an. Eine Brennstoffzelle ohne Reformer liefert mithin weniger Wärme, dafür mehr Strom. Bei 60 oder 70 Prozent Stromanteil und Eigenverbrauch amortisiert sie sich in wenigen Jahren.
Was halten Sie von Quartierslösungen, also ein Wasserstoffnetz in einer Siedlung mit vielleicht 50 oder 100 Häusern und einer zentralen Brennstoffzelle, die sowohl Nahwärme als auch Strom den Haushalten anbietet?
Sehr viel. Die Beimischung von Wasserstoff zu Erdgas ist ohnehin sehr schwierig. Die Automobilindustrie kommt damit noch nicht zurecht, wenn ein bestimmter Prozentsatz überschritten wird. Selbst Erdgasautos können dann nicht mit diesem Erdgas-Wasserstoff-Mix betankt werden. Das Problem ist, es gibt aktuell für diesen Zweck nicht genügend große Brennstoffzellen. Hier muss sich noch etwas entwickeln.
Kommen wir zurück zum Brennstoffzellensystem "eLecta 300". Sie haben zur Jahreswende 2019/2020 den Feldtest mit Seriengeräten gestartet. Wie geht es weiter?
Wir wollen in den ersten Monaten so 60 bis 70 Anlagen installiert haben. Wir müssen Heizungsbauer dafür gewinnen und sie vor allem schulen. Unsere Planung läuft auf insgesamt etwa 300 Auslieferungen im Jahr 2020 hinaus.
Wo bewegen sich die Kosten?
Wir rechnen ungefähr – eingebaut im Haus – zwischen 30.000 und 31.000 Euro. Davon gehen für den Käufer 11.000 Euro Förderung ab. Nach drei, vier oder fünf Jahren sollte das Produkt jedoch ohne Förderung leben können. Aktuell sind wir aufgrund der staatlichen Unterstützung nicht teurer als eine geothermische Wärmepumpe. Das KfW-Programm 433 regelt den Zuschuss für Brennstoffzellen in den Leistungsklassen von 0,25 bis 5,0 kW elektrischer Leistung. Und zwar sowohl für neue als auch bestehende Wohn- und Nichtwohngebäude, sowohl für das Brennstoffzellengerät selbst, für den Einbau, für den Vollwartungsvertrag in den ersten zehn Jahren und für die Leistungen des Energieberaters. Zudem ist es gleichgültig, ob es sich um Privatpersonen handelt, um Wohnungseigentümergemeinschaften, um Kommunen oder um Conctractinggeber.
Eine Brennstoffzelle ist ja ein beratungsintensives Produkt. Wie vertreiben Sie Ihre "eLecta"? Zweistufig, also direkt über interessierte Heizungsbauer, oder über den Großhandel?
Selbstverständlich bleiben wir mit der Brennstoffzelle im klassischen dreistufigen Vertriebsweg. Es gibt genügend Händler, die hier ausreichend Kompetenz haben.
Großer Feldtest in Großbritannien
Kurz zum Test im niederländischen Rozenburg. Nach Aussage Ihres Unternehmens handelt es sich um den ersten Wasserstoff betriebenen Heizungskessel weltweit. Den Wasserstoff liefert der Netzbetreiber über eine bestehende reguläre Erdgasleitung, die er vom Hauptstrang abgekoppelt hat und nun ausschließlich mit Wasserstoff füllt. Um unter anderem dabei auch die Verträglichkeit eines Erdgasnetzes mit H2 zu erkunden. Sie erwähnten kürzlich, Herr Jahn, dass Ähnliches ebenfalls in England geplant ist?
Noch viel Größeres. Nach dem ersten Pilotversuch in den Niederlanden wird sich BDR Thermea in Großbritannien an einem weiteren Feldversuch beteiligen. Dort wird an 400 Wasserstoffkessel gedacht. Im Prinzip laufen die Versuche, die Feldtests, aber auch Forschung und Entwicklung, darauf hinaus, in Schritten Wärmeerzeuger zu entwickeln, die von null bis 100 Prozent Wasserstoff fahren können. Flammenüberwachung, Düse, Dichtungen, all das muss mit Wasserstoff funktionieren. Wir wollen hier rasch zu Ergebnissen kommen, um solche wasserstoffresistenten Komponenten bei Bedarf später in bestehenden Anlagen einsetzen zu können. Wenn Sie eine Quartierslösung auf Wasserstoffbasis aufbauen, ist es illusorisch, zu hoffen, dass die Eigentümer und Betreiber ihren vielleicht fünf, sechs oder acht Jahre alten Erdgaskessel gegen einen H2-Kessel tauschen. Das funktioniert nicht. Entweder Sie als Hersteller, im Verbund mit dem Netzbetreiber, bezahlen ihn oder Sie rüsten um. Also müssen wir, wie jetzt bei der Marktraumumstellung von L- auf H-Gas, mit wenigen Eingriffen den neuen Energieträger für ältere Kessel einsetzbar machen. Wir wollen gerüstet sein, sollte Wasserstoff eine Alternative werden.
Wie sicher ist so ein Kessel? Wasserstoff birgt ja einige Risiken. Man denke nur an das Luftschiff "Hindenburg"…
Der Zeppelin ist nicht explodiert, der ist verbrannt. Wasserstoff explodiert eigentlich nicht. Insofern ähnelt das Risiko dem von Erdgas. Wir haben in unseren 28-kW-Kesseln aber mehrere Sensoren installiert. Mehr als nötig, eben unter dem Gesichtspunkt der Sicherheit. Wir mussten ihn ausreichend bestücken, weil es noch keine Norm für Wasserstoffkessel gibt. Das Produkt wurde durch die Prüfstelle "KIWA" in Holland auf Herz und Nieren geprüft und diese hatte gegen den Betrieb aus sicherheitstechnischen Gründen absolut keine Bedenken.
Die Unterstützung von Seiten der Automobilindustrie hält sich aktuell in Grenzen. Die kocht, zumindest was den Pkw angeht, Wasserstoff und Brennstoffzelle auf Sparflamme. Die Aktivitäten mit dieser Technologie und diesem Energieträger konzentrieren sich mehr auf Eisenbahnen, Diesel-Lkws, Boote, also auf größere Einheiten, wo der Batteriebetrieb Probleme machen würde. Hemmt das den Fortschritt?
Unterstützung erwarten wir von den Gasnetzbetreibern. Denen gehört das Netz und wenn in einigen Jahren Erdgas so verpönt ist, dass keiner mehr Erdgas verfeuern will, ist denen die Geschäftsgrundlage genommen. Sie kümmern sich deshalb um Wasserstoff. Wie gesagt, wenn das so kommen sollte, wollen wir gerüstet sein. Wir als Industrie können nicht erst anfangen, Produkte zu entwickeln, wenn das Medium schon fließt. Sie erwähnten gerade die Großzelle für Eisenbahnen und Lkws: Was die kleinen Cityflitzer angeht, bin ich mir auch nicht sicher. Aber im Güterverkehr und in Booten macht es Sinn. Wenn wir dann eines Tages mehrere 100-kW-Zellen haben, werden die auch mit hoher Wahrscheinlichkeit als Nahwärmelösung in der Gebäudetechnik Einzug halten. Wir hätten dann Brennstoffzellen für alle Objekte – Einfamilienhaus, Mehrfamilienhaus, Wärmenetze.