"Regelkreis" mit undefinierten Dämpfungsgliedern
Der Wärmetransport im "Regelkreis" der Fußbodenheizung setzt sich aus allen Formen der Wärmeübergabe, Wärmeleitung, Wärmestrahlung und Konvektion zusammen. Diese Parameter sind indes in jedem Raum anders. Um die Raumluft, die im Wesentlichen den Raumthermostaten beeinflusst, aufzuheizen, werden in verschiedenen Wärmetransport-Phasen mehrere unterschiedliche "Heizflächen" bemüht – das ist der Weg der Heizenergie vom Heizwasser aus dem Heizungsrohr zum Raumthermostaten.
Phase 1:
Die Wärme aus dem Heizwasser wird durch die Rohrwandung, den Estrich und den Bodenbelag an die Bodenoberfläche geleitet (= Wärmeleitung). Der Heizestrich, inklusive Belag, wird zum "warmen Körper". Die Oberfläche dieses warmen Körpers, die Bodenoberfläche, wird zur Abstrahlfläche (s. Abb. 1, dunkelrot) – sie ist jedoch keine Heizfläche. Die einzig wirklich regelbare Heizfläche ist die Oberfläche des Heizungsrohres. Nur die Rohroberfläche wird in allen folgenden Phasen über den Raumthermostat (R) und Stellantrieb (M) direkt beeinflusst.
Phase 2:
In dieser Phase wird über die Abstrahlfläche (Bodenoberfläche) des "warmen Körpers" Energie im langwelligen Infrarotbereich an die kältere Umgebung abgestrahlt (s. Abb. 2, hellrot). Erst beim Auftreffen auf die kältere Umgebung (z. B. Wände, Decke, Möbel) wird die Strahlungsenergie wieder in Wärme umgewandelt. Die abgestrahlte Wärmeleistung hängt dabei von der Größe, der Beschaffenheit und der Temperatur der Abstrahlfläche und dem Temperaturunterschied zu den kälteren Umgebungsbereichen ab.
Die Oberflächen des abstrahlenden "Senders" und des angestrahlten "Empfängers" sollten einen möglichst hohen Absorptionsgrad haben. Die Oberflächentemperatur der angestrahlten Flächen soll zum Schluss etwa der der abstrahlenden Bodenoberfläche entsprechen. Kalte Flächen, wie beispielsweise schlecht wärmegedämmte Bauteile und insbesondere Fensterflächen, werden extrem angestrahlt und "vernichten" Energie durch Leitung und Strahlung nach draußen.
Die Wärmeleitfähigkeit des Estrichs und des Bodenbelags, die für die Strahlung relevante Oberflächenbeschaffenheit (Absorption bis Reflexion) sowie Größe, Art und Masse der Ab- und Anstrahlflächen eines jeden Raumes sind vielfältig und rechnerisch kaum darstellbar.
Phase 3:
In der dritten Phase strahlen alle vorher angestrahlten und inzwischen warmen Raumumschließungsflächen Heizenergie über langwellige Infrarotstrahlung an kältere Bereiche ab (s. Abb. 3).
Phase 4:
In der vierten Phase wird die Raumluft an den warmen Umschließungsflächen, wie Boden, Wänden, Decke, Möbel, über senkrechte und waagerechte Konvektion aufgeheizt (s. Abb. 4). Hier führen die Luftbewegung im Raum und die geringe spezifische Wärmekapazität der Luft zum konvektiven Aufheizen.
Nach diesem langen Weg des Wärmetransports erreicht die Raumluft-Temperatur schließlich den Soll-Wert – der Raumthermostat misst diese und schließt den Stellantrieb. Dieser ganze Prozess läuft außerdem raumweise unterschiedlich "schnell" ab und kann durchschnittlich sechs Stunden dauern. Dazu kommt das unterschiedliche Nutzerverhalten. Thermodynamisch muss man sich dabei vor Augen führen, dass die Überversorgung der Fußbodenheizkreise die Oberflächentemperaturen der Strahlungsflächen erhöht. Die Strahlungsleistung wiederum wächst mit der 4. Potenz der Oberflächentemperatur der Strahlungsfläche (vgl. Stefan-Boltzmann-Gesetz).
Wie kann nun sichergestellt werden, dass dem Raum/den Räumen über diesen "Irrweg" nicht zu viel Heizenergie zugeführt wird (Stichwort: Überversorgung)? Das System der raumweisen, bedarfsorientierten "Beimisch-Regelung" von Fußbodenheizungen liefert die Antwort.
Rolle des menschlichen Körpers
Apropos "Überversorgung": Warum wird die Überversorgung der "klassischen Fußbodenheizung" mit dem Resultat einer zu hohen Oberflächentemperatur der Strahlungsflächen von den Nutzern in der Regel nicht als störend empfunden?
Das liegt unter anderem daran, dass die Oberflächentemperaturen der Umschließungsflächen, an denen sich die Raumluft erwärmen soll, mit durchschnittlich unter 24 °C niedrig sind. Innerhalb des Raumes gibt der menschliche Körper (37 °C) also zwangsläufig Wärme über Strahlung an die kälteren Raumumschließungsflächen ab (s. Abb. 5). Gleichzeitig gibt der menschliche Körper auch Wärme über Konvektion an die kältere Raumluft (20 °C) ab.
Für ein positives Wärmeempfinden (vgl. Thermische Behaglichkeit) sind, neben den weiteren Faktoren Luftfeuchte und -geschwindigkeit, die Temperaturen der Raumluft und die der Raumumschließungsflächen wechselseitig verantwortlich. Kältere Umschließungsflächen müssen durch eine höhere Raumluft-Temperatur kompensiert werden und umgekehrt. Jeder Mensch empfindet diese sogenannte "operative Raumtemperatur" anders.
Fazit
Ein Regel- und Wirkkreis "Fußbodenheizung", in dem zwischen "Actio" und "Reactio" Stunden vergehen, ist gerade im digitalen Zeitalter gegenüber einem "Kunden von heute" nicht mehr vertretbar. Energieverschwendende Angebotsheizungen müssen deshalb dringend durch energieeffiziente Bedarfsheizungen ersetzt werden, um den Forderungen nach Energieeinsparung, Ressourcenschonung und thermischem Komfort gerecht zu werden.